Edie Sedgwick

US-amerikanische Schauspielerin
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Edith „Edie” Minturn Sedgwick (* 20. April 1943; † 15. November 1971 ebd. in Santa Barbara, Kalifornien, USA) war eine Schauspielerin, Fotomodell, High Society-Partygirl und galt als Stil-Ikone der 60er; sie war kurzfristig auch Muse und Freundin von Andy Warhol.

Leben

Edie Sedgwick stammte aus einem traditionsreichen, wohlhabenden, aber psychotisch vorbelasteten Elternhaus mit 8 Kindern. Sie war das siebte Kind des patriachischen Ranchbesitzers und Bildhauers Francis Minturn Sedgwick und seiner eher introvertierten Ehefrau Alice Delano De Forest. Die Sedgwicks prägten die Geschichte von Massachusetts und galten als etablierte Familie mit einer eindrucksvollen Ahnenliste. Edith wurde nach der Schwester ihres Vaters benannt, welche gleich bei der Geburt verstarb; sie wurde aber bereits als Kind „Edie” gerufen.

Edie zählte wohl zu den schillerndsten wie tragischten Erscheinungen der „Upper Class” im New York der Mitt- bis Endsechziger. Sie war eine gutaussehende, intelligente, kultivierte und temperamentvolle Frau. Edie studierte zunächst in Cambridge, brach ihr Studium allerdings bereits nach einem Jahr ab um nach Manhattan zu ziehen. Von diesem Zeitpunkt an avancierte sie schnell zum ausgelassenen Partygirl und fehlte auf keiner Tanzfläche der angesagten Diskotheken New Yorks. Sie überzeugte durch geistreichen Witz, faszinierte mit rauchig-whiskeygeschwängerter Stimme und schien eine vielversprechende Nachwuchsschauspielerin zu werden. „Sie galt als unkompliziert und sympathisch. Doch sie hatte auch eine dunklere Seite ihrer Persönlichkeit...” meinte der Warhol Biograf David Bourdon.

Sedgwick prägte mit ihrem individuellen Stil die Modeszene der 1960er Jahre (unter anderem als Fotomodell für die New Yorker Modeschöpferin Betsey Johnson). 1964 wurde Edie von Diana Vreeland, der damaligen Chefredakteurin der Zeitschrift Vogue als Titelmodell engagiert. Sedgwicks Markenzeichen waren große braune Rehaugen, knabenhafte Figur, raffinierte Kurzhaarfrisuren, schwarze Balettstrumpfhosen, gestreifte T-Shirts und kurze Pelzmäntel, garniert mit überdimensionalen Ohrgehängen. Überdies kultivierte sie das „kleine Schwarze”. Warhol selbst meinte: „Edie hat den Minirock quasi mit erfunden...”.

Andy Warhol protegierte Sedgwick, schmückte sich mit ihr als Begleiterin und förderte Edies Werdegang: Er leistete seinen Teil, damit sie für den begehrten Titel „Mädchen des Jahres 1965” nominiert wurde und brachte sie in seinen Undergroundfilmen groß heraus. Einer von Sedgwicks faszinierendsten Auftritten ist wohl Warhols Film Beauty#2 (Schönheit Nr.2), einem siebzigminütigen Schwarzweißfilm, der in einer Wohnung auf der East Side aufgenommen wurde. Ende der 60er zählte die kühle Schönheit zu den angesagtesten Partylöwinnen und verkehrte mit Rockstars wie Bob Dylan, Mick Jagger und Jim Morrison.

Doch all der Glamour warf auch tiefe Schatten auf die zierliche, hochsensible Frau. Sie war psychisch instabil (ihre Eltern hatten sie bereits als Jugendliche in die Psychiatrie einweisen lassen), drogen- und magersüchtig und ihrer eigenen Person nicht sicher. Sie war als Zwanzigjährige schwanger, konnte aber aufgrund ihrer psychischen Vorgeschichte legal abtreiben lassen. Edie begann mit LSD zu experimentieren und gab Unmengen an Geld für Alkohol, Drogen, Partys, Makeup und Kleidung aus, ihre Telefonrechnungen sollen sich auf astronomische Summen belaufen haben. Ihre persönliche Apokalypse begann, als Warhol sie nicht mehr attraktiv genug für seine Film- und Kunstprojekte fand, sich von ihr abwandte und neue Superstars um sich „rekrutierte”. Edie verfiel immer mehr und betrieb exzessiven körperlichen Raubbau. „Was meinst du, wann wird sich Edie umbringen?” soll Warhol den Autoren Robert Heide einmal sarkastisch gefragt haben. Durch den ständigen Alkohol- und Drogenkonsum geistig verwirrt, steckte sie schließlich ihr Appartement in Brand und bezog ein Zimmer im legendären Chelsea Hotel in New York. Eine Odyssee aus Klinikaufenthalten und Entzugstherapien sollte für die junge Frau folgen.

Edies Untergang währte noch bis in die 1970er: Acid, Amphetamine, Alkohol und LSD radierten kontinuierlich den Verstand der einstigen Szeneschönheit aus. Sie hatte mittlerweile zahllose Drogenentziehungstherapien und Schockbehandlungen hinter sich. Außerhalb des Krankenhausgeländes war sie ständig auf der Suche nach Betäubungsmitteln und kaufte letztlich gegen sexuelle Gefälligkeiten Heroin und andere Drogen von Junkies um ihren Selbstzerstörungsprozess zu komplettieren.

Im Frühjahr 1971 wendete sich das Blatt noch einmal kurz zugunsten von Edie: Sie lernte den zweiundzwanzigjährigen drogensüchtigen Mitpatienten Michael Brett Post kennen und lieben. Sedgwick schien sich endlich zu fangen, war kurzzeitig clean und wollte mit Michael Post ein neues Leben beginnen. Die Beiden heirateten am 24. Juli 1971. Doch das Glück hielt nicht lange: Edie begann erneut zu trinken und Tabletten zu schlucken. Nach einem Partybesuch fand Michael Post seine Frau am Morgen des 16. November 1971 leblos im Schlafzimmer der gemeinsamen Wohnung vor. Todesursache war, nach ärztlichen Untersuchungsberichten, eine Überdosis Barbiturate, deren tödliche Wirkung vermutlich durch Unmengen von Alkohol noch verstärkt wurde. Edie Sedgwick war gerade mal 28 Jahre alt geworden. Sie wurde in einem schlichten Grab auf dem Oak Hill Friedhof in Ballard / Kalifornien beigesetzt.

„Sie war jemand, den man auf Anhieb wirklich lieb hatte.” (Andy Warhol)

Weitere Anmerkungen zur Person

  • Edie Sedgwicks Leben soll in dem Film «Factory Girl» mit Sienna Miller als Hauptdarstellerin verfilmt werden.
  • Edie war eine Cousine der Filmschauspielerin Kyra Sedgwick.
  • In einem ihrer letzten Filme «Ciao Manhattan» stellte sie ironischerweise ihre eigene Fallstudie in einer Krankenhausszene dar.
  • Der Song «Femme Fatale» von Lou Reed auf dem Album «The Velvet Underground & Nico» bezieht sich auf Edie Segdwick.

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