Arbitrage

risikofreie Ausnutzung von Kurs-, Zins- oder Preisunterschieden zur Gewinnmitnahme am Kapitalmarkt
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Arbitrage (von lat. Arbitratus, Gutdünken, freie Wahl, freies Ermessen) bezeichnet den Handel, der Preisunterschiede für gleiche Handlungsalternativen (Marktgegenstände) in verschiedenen Märkten zum Zwecke einer beabsichtigten risikoarmen Gewinnerzielung nutzt. Infolge der ausgleichenden Wirkung der Arbitrage passen sich die Preise in verschiedenen Märkten einander an, der Vorteil existiert nur zeitlich begrenzt.

Bei der praktischen Durchführung der Arbitrage kauft der Arbitrageur (meist unter Einsatz hoher Volumina) das billigere Instrument, bei (theoretisch) simultanem Verkauf des teureren Instruments, ohne dass es für ihn dabei zu nennenswerten Nettoausgaben kommt. Jede Arbitrage beruht hierbei auf dem ökonomischen "Gesetz des einheitlichen Preises" ("Law of One Price") (siehe unten), das für gleichwertige Handlungsalternativen gleiche Preise postuliert.

In einer strengeren Definition gilt Arbitrage nur dann als möglich, wenn die Gewinnerzielung nicht nur risikoarm, sondern risikolos, also sicher erfolgen kann.

Arten der Arbitrage

Im Allgemeinen werden 4 Arten der Arbitrage unterschieden:

  • Kulturelle Arbitrage: Kulturbedingte Eigenheiten werden genutzt um Handelsvorteile zu erzielen. Beispielsweise können Produkte mit den Attributen „deutsche Qualität/ Made in Germany“, „Parmaschinken“, „Französische Lebensart“ zu einem höheren Preis verkauft werden. Zum Teil werden die Begriffe rechtlich geschützt.
  • Administrative Arbitrage: Rechtliche, institutionelle oder politische Vorteile werden genutzt. Naheliegend sind Steuervorteile oder rechtliche Freiheiten in einem Land.
  • Geografische Arbitrage: Geographische Vorteile können weltweit genutzt werden, beispielsweise durch reduzierte Transportkosten. Durch sofortige Kommunikation und minimale Kommunikationskosten werden im Börsengeschäft die Kursunterschiede eines Wertpapiers an verschiedenen Börsen zu Gewinnvorteilen genutzt.
  • Ökonomische Arbitrage: Letztendlich sind alle Formen der Arbitrage ökonomischer Natur. Der Begriff wird verwendet um Formen der Arbitrage zu beschreiben, die ihren Ursprung nicht in Kultur, Administration oder Geographie haben. Bekannt sind unterschiedliche Kosten der Arbeit oder des Kapitals. So werden arbeitsintensive Produktionsprozesse in Länder mit niedrigen Lohnkosten verlegt (Textilindustrie). Dies ist seit einigen Jahren auch bei hochqualifizierten Arbeitsplätzen zu beobachten (Outsourcing im IT-Bereich).
  • Mathematische Arbitrage: Die zentrale Forderung in der Finanzmathematik ist no arbitrage. Es ist also nicht möglich, sichere Gewinne zu machen. Alleine auf Grund dieser Annahme lassen sich (modellfrei!) Preise von bestimmten Derivaten bestimmen: Zinsswaps, Futures usw. Aber auch für die Modelle ist es eine wichtige Forderung.
    Etwas formaler kann die no-arbitrage Bedingung so beschrieben werden: Es gibt kein Portfolio mit dem Wert null zum Zeitpunkt t=0, das an T>t sicher nichtnegativen Wert hat und mit positiver Wahrscheinlichkeit einen positiven Wert.

Arbitrage und ihre ökonomischen Auswirkungen

Der österreichische Wirtschaftswissenschaftler Joseph Schumpeter schuf den Begriff des wenig innovativen Arbitrage-Unternehmers, der im Gegensatz zum innovativen schöpferischen Unternehmer nichts neues schaffe. Die Möglichkeit des Erlangens von individuellem Wohlstand über die Ausnutzung von Preisdifferenzen binde volkswirtschaftliche Kräfte, die andernfalls in die innovative Neukombination von Produktionsfaktoren fließen würden.

Arbitragefreiheit

Unter der Arbitragefreiheit wird das Fehlen jeder Möglichkeit zur (ökonomischen) Arbitrage verstanden. Diese Begriff wurde insbesondere für die Finanzmärkte geprägt. Durch den internationalen, elektronischen Handel an diesen Märkten und die schnelle, weltweite Verbreitung von neuen Informationen passen die Marktteilnehmer die Preise ihrer Produkte so schnell an, das Arbitragemöglichkeiten in der Regel nur für sehr kurze Zeiträume bestehen. Meist sind jedoch die Transaktionskosten höher als die durch Arbitrage erzielbaren Gewinne. Die Arbitragefreiheit ist eine der Grundannahmen der Finanzmathematik.

Eigenschaften

  • Jeder vollkommene Kapitalmarkt ist (per Definion) arbitragefrei.
  • Gesetz des Einheitspreises:
    • Satz: Für jeden arbitragefreien vollkommenen Kapitalmarkt gilt: Für jeden gehandelten Finanzierungstitel   gibt es nur einen Preis  .
    • Beweisskizze: Würde es mindestens zwei verschiedene Preise für das selbe Gut geben, so könnte ein Arbitrageur das Gut zum billigen Preis einkaufen und gleichzeitig es zum teueren Preis verkaufen. Es wäre also Arbitrage möglich. Aus der Implikationsumkehrung folgt: Ist also keine Arbitrage möglich, so kann es für jedes Gut auf dem selben Markt nicht mehr als einen Preis geben.
  • Modigliani-Miller-Theorem
  • Wertadditivität:
    • Satz: Aus dem Gesetz des Einheitspreises folgt: Für zwei Zahlungsströme   und   gilt:  .

Literatur