Geschichte des Wallis

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Antike

Die erste schriftliche Erwähnung des Wallis in der Ora Martima des römischen Dichters Rufius Festus Avienus enstand um die Mitte des 4. Jahrhundert n. Chr. Avienus bediente sich der griechischen Quelle der Phaenomena des Aratos aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. Hier beschreibt Avienus unter anderem den Verlauf und den Ursprung

des Rhodanus (Rhone), auch die Volksstämme die zu dieser Zeit das Wallis besiedelten werden erwähnt. An der Quelle des Rhodanus (Oberwallis) lebten die Tylangios, weiter westlich die Daliternos (der Name des Seitenfluss Dala scheint von diesem Stamm abzustammen), im Unterwallis die Clahilcorum und am Genfersee die Lemenicum (Der französische Name des Genfersees, Lac Leman, stammt von diesem Stamm ab). Die Ursprünge dieser Volksstämme sind im Dunkeln, waren sie die Urbevölkerung im 6. Jahrhundert v. Chr. bevor die Kelten einwanderten? Auch eine Verbindung zu den Ligurern wird vermutet. Die Namen Lemanus (Genfersee) und Rhodanus (Rhone) werden heute sprachlich dem Ligurischen zugerechnet.      

Das Wallis in römischer Zeit

Die Eroberung des Wallis (aus Cäsars Bello Gallico):

Das Wallis wurde in vorrömischer Zeit von vier Keltenstämmen bewohnt. Im Westen am Genfersee von den Nantuaten, am Rhoneknie von den Veragrern, im Mittelwallis von den Sedunern und im Oberwallis im Osten von den Uberern.

Gaius Julius Cäsar beschreibt in seinem Bello Gallico unter anderem die Eroberung des Wallis durch die Römer. Im Herbst des Jahres 57 v. Chr. schickte er die 12. Legion mit einer Reiterabteilung unter der Führung des Servius Galba in das Gebiet des Genfersees. Ziel Galbas war die Sicherung der Alpenübergänge, vor allem des Grossen St.-Bernhard-Passes. Galba näherte sich ohne grossen Widerstand von Norden her dem Wallis und unterwarf die Nantuaten und die Veragrer. Er beschloss, im Octodurus genannten Dorfe der Veragrer (das heutige Martigny/Martinach) das Winterquartier aufzuschlagen; zwei Kohorten liess er im Gebiet der Nantuaten zurück. Das Dorf Octodurus wurde von einem Fluss geteilt. In der einen Dorfhälfte errichteten die Römer ein befestigtes Lager, die andere Hälfte überliessen sie den Einwohnern. Unterdessen brachten die Veragrer Verstärkung von den Sedunern herbei und stürmten von allen Seiten auf das befestigte Lager. Nach einem sechs Stunden anhaltenden Abwehrkampf beschlossen die römischen Truppen den Ausfall. Beim darauf folgenden Gemetzel wurden die Gallier in die Flucht geschlagen; von den 30000 (?) Barbaren soll jeder dritte gefallen sein. Da sie knapp an Vorräten waren und der Winter vor der Tür stand, beschlossen die Römer trotz des Sieges über die Kelten, das Lager zu räumen und das Dorf niederzubrennen. Galba zog seine Legion ohne Verluste in das Gebiet der Nantuaten zurück und ging von dort zu den Allobrogern (Region Genf), wo er Winterquartier bezog.

Zeittabelle der Provinz Vallis Poenina (Wallis) 57 v. Chr.- 454 n. Chr.

  • 57 v. Chr. Schlacht bei Octodurus (Martigny). Der Versuch der Römer, durch Galba die direkte Verbindung zwischen Italien und Nordgallien (Grosser St.-Bernhard-Pass) zu sichern, scheitert.
(Anmerkung: Octodurus oder Octodurum ist der keltischer Name von Forum Claudii Vallensium, das heutige Martigny (deutsch: Martinach).)
  • 8-6 v. Chr. Erste Loyalitätsbezeugungen der Walliser Keltenstämme der Seduner und Nantuaten.
  • 7-6- v. Chr. Siegerdenkmal von La Turbie bei Monaco zu Ehren des Kaisers Augustus. Aufgeführt sind unter anderem die Walliser Volksstämme Uberi, Nantuates, Seduni, Veragri. Das Gebiet der Vallis Poenina wird in die Provinz Raetia-Vindelicum eingegliedert.
  • 23 n. Chr. Die vier Stammesgemeinschaften (civitates) der Vallis Poenina errichten Steindenkmäler zu Ehren des Drusus, Sohn des Tiberius und zu Ehren von Caligula .
  • 41-47 Kaiser Claudius erhebt das Wallis zur eigenen Provinz Vallis Poenina. Die Walliser erhalten das lateinische Bürgerrecht.

Es ist hierbei nicht sicher ob die Provinzen Vallis Poenina und Alpes Graiae (Grajischen Alpen) zusammen verwaltet oder möglicherweise eigenständige Provinzen waren. Die Hauptstadt von Alpes Graiae war Axima (Römischer Name: Forum Claudii Ceutronum), das heutige Aime-en-Tarentaise.

  • ca. 47 Gründung der Hauptstadt Forum Claudii Augusti am Orte von Octodurus. Nach dem Tode des Claudius wird die Stadt in Forum Claudii Vallensium umbenannt.
  • ab. 47 Ausbau der Passroute des Großen St. Bernhard, anlegen von Meilensteinen, die Meilensteine zählen ab Forum Claudii Vallensium.
  • 68 Ein Teil der Legionen des Usurpatros Vitellus überschreitet im Winter ! den Grossen St. Bernhard Pass.
  • 69 Caecina überquert im März mit seiner Armee den Pass.
  • ca. 100 Errichtung des Amphitheaters in Forum Claudii Vallensium.
 
Das Amphitheater von Martigny (F. Claudii Vallensium) im Jahre 2000
  • 275-277? Bei Acaunus werden wahrscheinlich die Alemannen zurückgeschlagen. Die Provinz bleibt von Zerstörungen verschont, Wirtschaft und Handel erleiden jedoch einen herben Rückschlag.
  • ca. 300 Publius Acilius Theodorus weiht dem Sonnengott Mithras in Forum Claudii Vallensium einen Altar.
  • 308-312 Entlang der Passstrasse über den Grossen St. Bernhard (Summus Poenius) werden neue Meilensteine aufgestellt.
  • 377 In Sitten (Drusumagnos?) bekennt sich der Provinzstatthalter Pontius Asclepiodotus offen zum Christentum. Das Christentum setzt sich allmählich gegen die gallo-römischen Religionen und den Mithraskult durch.
  • ca. 400-450 Erste christliche Kirche am Stadtrande von F. Claudii Vallensium. Hierbei wurde ein bestehendes römisches Gebäude umgenutzt.
  • um 450 Eucherius schickt die Passion der Märtyrer von Acaunus dem Walliser Bischof Slavius.


  • 454 Tod des Aëtius und Ende der römischen Herrschaft in Gallien. Das Wallis wird dem burgundischen Königreich eingegliedert.
 
Das Wallis in römischer Zeit

Das Wallis im Mittelalter

  • 515 Der Burgunderkönig Sigismund gründet das Kloster St. Maurice zu Ehren der Märtyrer der Thebäischen Legion und des Hl. Sankt Moritz. Der Ort Acaunus wird seither St. Maurice genannt. Das Kloster St. Maurice existiert heute noch und ist somit eines der ältesten Klöster in Europa.
  • Nach dem Untergang des Römischen Imperiums wird die Verwaltung des Landes von den Bischöfen übernommen. Bischof Heliodor verlegt den Bischofsitz nach dem Vandaleneinfall ab 585 von Octodurus (Martinach) nach Sitten. Die Kirche übernahm somit die Verwaltungstruktur des untergegangenen römischen Imperiums. Zu dieser Zeit wird in Sitten die Kirche im Soussex gebaut.

Das Bistum Sitten gehörte bis 1513 zum Erzbistum Tarentaise/Savoyen. Dieses

Erzbistum entsprach geografisch in etwa der antiken römischen Provinz Alpes Graiae und Vallis Poenina. 
  • ab 600 Christianisierung des Oberwallis, erste Kirche in Glis (Dorf beiBrig).
  • 888 König Rudolf I. gründet das Königreich Hochburgund. Dieses umfasst unter anderem die Grafschaft Wallis.
  • ab 900 n. Chr. Einwanderung der Alemannen über den Gemmi- und Lötschbergpass (Mundart: Walliser Höchstalemannisch Gruppe West) und über den Grimselpass ins Goms (Mundart: Walliser Höchstalemannisch Gruppe Ost).

Im Oberwallis spricht man zwei verschieden gefärbte alemannische Dialekte; diese sind durch die verschiedenen Einwanderungsrouten aus der Zentralschweiz (Gruppe Ost) und dem westlichen Berner Oberland (Gruppe West) zurückzuführen.

  • 939 Plünderung der Abtei St. Maurice durch die Sarazenen.
  • Im Jahre 999 überlässt der letzte Burgunderkönig Rudolf III die Grafschaft Wallis dem Bischof Hugo von Sitten als Lehen.
  • Im 11. Jahrhundert wird der Einfluss der Grafen aus Savoyen im Wallis immer grösser. Die savoyischen Grafen setzen ihre Bischöfe auf den Stuhl von Sitten. Etliche Gebiete der Grafschaft fallen an das savoyische Hausgut: neben der Grafschaft Chablais am Genfersee Conthey (Gundis), Ering, Ayent und Mörel.

Die Herren von Turn entwickeln sich zur wichtigsten Adelsfamilie im Wallis. Ihre Stammburg, die Gestelnburg bei Niedergesteln, wurde wahrscheinlich zwischen 1100 bis 1150 von Amadeus von Turn erbaut. Amadeus war auch Bischof von Sitten. Die Nachfolger Amadeus versuchten ihre Macht im Wallis auszubauen, dies im Gegensatz zur weltlichen Macht des Bischofs. Diese Spannungen gipfeln in Kriegen, die ab ca. 1260 das Wallis verwüsten und erst 1297 enden.

  • 1296 Schlacht auf der Seufzermatte in Leuk. Der mächtige Landadel unter Peter von Turn stellt sich mit Unterstützung der Savoyer und der Stadt Bern gegen Bischof Bonifaz von Challant in Sitten. Die Landleute unterstützen den Bischof und schlagen den Adel entscheident. Folgen dieses Krieges: Schwächung des Feudalwesens, die Landleute (vorallem Bauern) ringen dem Adel allmählich Rechte ab (Niedere Gerichtbarkeit, Gründung von Bauernzünften und Bruderschaften, aus denen sich die ersten selbstständigen Gemeinden entwickeln.) Die Landleute werden neben Adel und Bischof zur dritten politischen Kraft des Wallis.


Entstehung der Zenden

Aus den Grosspfarreien und den bischöflichen Verwaltungsbezirken des Wallis entstehen die sogenannten Zenden. Die genaue Entstehung der Zenden liegt im Dunkeln. Die Zenden entsprechen den heutigen Bezirken des Kantons. Im Mittelalter entwickelten sich die Zenden zu eigenständigen Kleinstaaten, mit eigenen Richter, Zendenräten, usw. die einzelnen Zenden schlossen zum Beispiel mit den Eidgenossen Verträge ab, mit Frankreich schloss jeder Zenden zum Beispiel seperat Söldnerverträge ab. Einzig das Münzwesen oblag dem Bischof von Sitten.

Die Walserzüge

  • Um 1200 scheint das Oberwallis sehr dicht bevölkert gewesen zu sein, wahrscheinlich durch Unterstützung des Adels beginnen die Walserzüge, zur Besiedlung des noch freien Alpenraumes.

Die Walser gründen im ganzen Alpengebiet Kolonnien zum Beispiel in Italien Pomatt (Valle Formazza), Macugnaga (Valle Anzasca), Gressoney (Val di Gressoney), im Tessin Bosco/Gurin, im Graubünden Obersaxen, Davos, Klosters, Vals und so weiter, in Voralberg, Österreich Galtür, Kleines- und Grosses Walsertal.


Literatur

  • Das Wallis in römischer Zeit, Kantonales Museum für Archäologie, Sitten, erschienen 1995.
  • Walliser Geschichte Band 1-3, Arthur Fibicher.