Boudicca-Aufstand

Aufstand keltischer Stämme gegen die römische Besatzungsmacht in Britannien
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 28. November 2005 um 18:37 Uhr durch FlaBot (Diskussion | Beiträge) (Bot: Ändere: ca). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Boudicca (auch Boudica, Boadicea, Bodvica) war eine britannische Königin und Heerführerin, die in den frühen Jahren der römischen Besetzung Britanniens (61 n. Chr.) einen letztlich erfolglosen Aufstand anführte.

Vorlage:Schlacht

Vorgeschichte

Boudicca war die Frau von Prasutagus, König der Icener, eines keltischen Stammes im Gebiet des heutigen East Anglia (Norfolk und Suffolk). Archäologische Funde zeugen von einer ausgeprägten Kultur und hoch entwickelten sozialen Struktur dieses Volkes.

Prasutagus entschied sich für den Frieden mit Rom. Als Ergebnis eines Vertrags konnte er sein Land als Klientelkönig der Römer weiter regieren. Er starb im Jahre 60 n. Chr. und vererbte sein Königreich zu gleichen Teilen an seine beiden Töchter und den römischen Kaiser Nero, um dadurch den Fortbestand seines Reiches sicherzustellen und seine Familie vor Übergriffen der Römer zu schützen. Doch das genaue Gegenteil trat ein: Die Römer behandelten das Land des bisherigen Klientelkönigs nunmehr als Provinzland, beschlagnahmten den Reichtum der Icener, misshandelten Königin Boudicca, vergewaltigten ihre Töchter (vor ihren Augen) und entführten sie.

Boudicca zog daraufhin ein Heer zusammen - neben den Icenern schlossen sich ihr die benachbarten Trinovanten und anderen Stämmen an, denen die Römer auch übel mitgespielt hatten, als sie für die Errichtung einer Siedlung für ehemalige Legionäre von ihrem Land vertrieben wurden.

Ihr Weg führte sie zunächst zur Veteranenkolonie Camulodunum, dem heutigen Colchester. Sie zerstörte den damaligem Hauptsitz der römischen Besatzungsmacht. Der römische Feldherr und Statthalter Britanniens Gaius Suetonius Paulinus, der zu der Zeit in Mona (Wales) die Druiden bekämpfte, eilte zurück, konnte jedoch nicht verhindern, dass sie ihren Zug nach Londinium (London) fortsetzte. Er mußte die Londinium wie auch Verulamium (Saint Albans) aufgeben. Der dort lebende pro-römische Stamm der Catavaloni fiel Boudiccas plündernden Horden zum Opfer. Ihr Heer soll nun bereits 200.000 Mann umfasst haben und stellte eine ernsthafte Bedrohung des römischen Imperiums in Britannien dar. Etwa 70.000 römische Bürger wurden laut Tacitus durch die Angriffe Boudiccas getötet. Suetonius blieb nur die Möglichkeit einer offenen Feldschlacht.

Schlachtverlauf

Suetonius, dem etwa 10.000 Mann - bestehend aus der XIV. Legion, Detachements der XX. Legion sowie Hilfstruppen der Bundesgenossen - zur Verfügung standen, wählte als Kampfplatz eine Ebene mit engen Schluchten und Wald im Hintergrund, so dass er die Feinde auf einer offenen Ebene vor sich hatte und keinen Hinterhalt befürchten musste. Die Legionssoldaten wurden in dichten Reihen aufgestellt, auf beiden Seiten die Hilfstruppen und auf den äußersten Flügeln die Reiterei. Die Britannier dagegen schwärmten allenthalben in Haufen und Schwadronen umher. Voller Siegeszuversicht hatten sie ihre Frauen mitgebracht, die auf Wagen am äußersten Rand der Ebene saßen. Nach den Reden, die die beiden Heerführer (Boudicca und Suetonius) an ihre Heere gehalten hatten, begann die Schlacht: Die Legion blieb zu Anfang unbeweglich stehen und benutzte die Schluchten als Deckung. Nachdem sie dann auf die anrückenden Britannier ihre Speere geworfen hatte, brach sie wie ein Keil vor. Auch die Hilfstruppen und die Reiterei brachen vor und die Britannier konnten nicht mehr standhalten. Sie wandten sich zur Flucht, doch war das Entkommen schwierig, da die Wege von den umherstehenden britannischen Wagen versperrt waren. So wurden die Fliehenden samt Frauen von den Römern niedergemetzelt. Die Römer errangen einen vollständigen Sieg. Das Ergebnis dieser Schlacht hat Tacitus treffend zusammengefasst: "Der glückliche Ausgang einer einzigen Schlacht brachte die Provinz in ihre alte Unterwürfigkeit" (Agricola 16,2). Unklar ist, wie groß die Chancen Boudiccas und ihre Truppen waren, die Römer entscheidend zu schlagen und damit die Geschichte der Eroberung Britanniens in völlig neue Bahnen zu lenken. Wie so oft in der keltisch-römischen Geschichte war es der undisziplinierte Kampfstil der Kelten, durch den sie gegen die disziplinierten und taktisch gut aufgestellten Römer unterlagen.

Über das weitere Schicksal Boudiccas gibt es zwei Versionen: Tacitus berichtet, dass Boudicca sich ihr Leben durch Gift nahm (Annalen 14,37,3), Cassius Dio hingegen meint, dass Boudicca erkrankte und starb (62,12,6).

Quellen

Unsere Hauptquelle sind die Annalen der römischen Historiker Tacitus und Cassius Dio. Beide berichten ausführlich über den Aufstand. Beide bieten wertvolle Informationen, doch gilt allgemein Tacitus als zuverlässiger. Die von den beiden Schriftstellern überlieferten Reden, die die Heerführer vor der Entscheidungsschlacht gehalten haben, sind nicht authentisch. Hier gilt das thukydideische Prinzip, welches besagt, dass der Geschichtsschreiber die Reden so niederschreiben darf, wie sie gehalten worden sein könnten.

  • Tacitus: Annalen (Übersetzung von E. Heller), Düsseldorf 1997
  • Tacitus, Agricola: Germania, Dialogus (Übersetzung von K. Büchner, R. Häußler), Stuttgart 1985
  • Cassius Dio: (Übersetzung von O. Veh), Zürich, München 1985-1987

Nachleben

Nachdem Boudicca während des Mittelalters in Vergessenheit geraten war, gelangte sie mit der Wiederentdeckung der antiken Quellen in der frühen Neuzeit (oft in der Namensform Boadicea oder Bonduca) wieder in das historische Bewusstsein. John Fletcher und Francis Beaumont schrieben 1610 die Tragödie Bonduca. Vor allem im 19. Jahrhundert wurde Boudicca (in implizierter Parallelisierung zur Königin Victoria) oft dargestellt, so von Alfred Tennyson in seinem Gedicht Boadicea oder vom Bildhauer Thomas Thornycroft in einer Statuengruppe, die sie zusammen mit ihren Töchtern auf einem Streitwagen zeigt und die am Themseufer in London an der Westminster Bridge steht. Außerdem gibt es zahlreiche historische Romane und Jugendbücher über Boudicca.

Literatur

  • H. Bellen: Grundzüge der römischen Geschichte Bd.2, Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian, Darmstadt 1998
  • K. Brodersen: Das römische Britannien, Darmstadt 1998
  • K. Christ: Geschichte der römischen Kaiserzeit, München 1995
  • M. Clauss: Die römischen Kaiser, München 1997

Siehe auch