Freistellungsauftrag

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Ein Freistellungsauftrag für Kapitalerträge (FSA) ist in Deutschland die Anweisung eines Steuerpflichtigen an sein Kreditinstitut, Kapitalerträge vom automatischen Steuerabzug der Kapitalertragsteuer freizustellen (§ 44a EStG). Er kann nur von natürlichen Personen erteilt werden. Wird kein solcher Auftrag erteilt oder sind die Kapitalerträge höher als der Sparer-Pauschbetrag, führt das Kreditinstitut vom übersteigenden Betrag 25 Prozent Einkommensteuer (plus Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer) an das Finanzamt ab. Die Einrichtung und Änderung von Freistellungsaufträgen ist immer kostenlos.

Freibeträge

Der steuerliche Freibetrag kann auf mehrere Kreditinstitute aufgeteilt werden. Die Summe aller erteilten Freistellungsaufträge darf jedoch den insgesamt zur Verfügung stehenden Steuerfreibetrag (siehe unten) nicht überschreiten. Auf die Einhaltung der Höchstgrenze und auf die für sie günstigste Verteilung müssen Steuerpflichtige selbst achten.

Eheleute, die dauerhaft getrennt leben, haben ein gemeinsames Freistellungsvolumen und können seit 2010 entweder gemeinschaftliche oder aber weiterhin Einzel-Freistellungsauftrgäge erteilen. Letztere können jedoch nicht für gemeinsame Konten erteilt werden, während erstere sowohl für Gemeinschaftskonten als auch für Konten, die auf den Namen nur eines Ehegatten geführt werden, möglich sind.[1]

Ein Freistellungsauftrag musste bis zum Jahr 2006 unterschrieben beim Kreditinstitut eingereicht werden, ggf. auch per Fax. Seit Juli 2006, nach einer Vereinbarung mit den Steuerbehörden Ende 2005, wenden einige Kreditinstitute ein Verfahren zur Übermittlung der Auftragsdaten per Online-Banking mit PIN/TAN-Authentifizierung.

Steuerfreibeträge bis 2006

Ab 1993 bis zum 31. Dezember 1999 galt ein Freibetrag in Höhe von 6.100 DM für Ledige und 12.200 DM für Verheiratete, der sich aus 6.000 DM Sparerfreibetrag sowie 100 DM Werbungskostenpauschbetrag je Person zusammensetzte. Ab dem Jahr 2000 wurde der Sparerfreibetrag auf 3.100 bzw. 6.200 DM halbiert. Seit 1. Januar 2002 betragen Sparerfreibetrag und Werbungskostenpauschbetrag zusammen 1.601 bzw. 3.202 Euro. Ab 2004 wurde der Sparerfreibetrag auf 1.421 bzw. 2.842 Euro gesenkt.

Steuerfreibeträge ab 2007

Ab dem 1. Januar 2007 galten Sparerfreibeträge von 750 bzw. 1.500 Euro zuzüglich der Werbungskostenpauschbetrag von je 51 Euro. Ab 2009 wurden die Freibeträge durch den neuen Sparer-Pauschbetrag ersetzt; seither gelten folgende Freibeträge:

  • 0 Euro bei ehegattenübergreifender Verlustrechnung
  • 801 Euro für Alleinstehende
  • 1.602 Euro für Verheiratete.

Sofern Steuerpflichtige nicht selbst aktiv wurden, haben die Kreditinstitute die vorhandenen Freistellungsaufträge automatisch zum Stichtag 1. Januar 2007 auf 56,37 % (dies entspricht der prozentualen Kürzung der Gesamtsumme und somit auch der freigestellten Teilbeträge) gekürzt. Eine Glättung auf den nächsthöheren Euro-Betrag wird von den Finanzbehörden nicht beanstandet.[2]

Abgeltungsteuer ab 2009

Mit Einführung der [[Abgeltungsteuer am 1. Januar 2009 wurden die bisherigen Regelungen in ihrer Höhe übernommen. Allerdings werden Freistellungaufträge seitdem nicht mehr je Konto oder Depot, sondern jeweils für alle Konten und Depots einer Person oder eines Ehepaares bei einer Bank erteilt.

Gültigkeit

Freistellungsaufträge beziehen sich prinzipiell auf einen Veranlagungszeitraum, also ein Kalenderjahr. Sie können für das laufende und für künftige, nicht aber zurückliegende Jahre, erteilt sowie auf ein oder mehrere Jahre befristet oder nicht befristet werden. Unbefristete Aufträge gelten so lange fort, bis sie durch einen neuen Auftrag geändert oder widerrrufen werden.[1][3] Wird die Geschäftsbeziehung beendet, gilt ein Freistellungsauftrag dennoch bis zum Jahresende fort.

Freistellungsaufträge können nur „mit Wirkung zum Kalenderjahresende“ befristet oder widerrufen werden.[1][3] Sie können vor Beginn und während des betroffenen Jahres beliebig oft geändert werden, nicht aber für zurückliegende Jahre.[1] Für ein Kalenderjahr gilt dann die jeweils letzte Fassung. Stichtag für die letzte Berücksichtigung von Änderungen ist spätestens der letzte Bankarbeitstag, üblicherweise der 28. Dezember. Aufgrund des formalen Aufwandes (Berücksichtigung beim Jahresabschluss, Kontrollverfahren) geben Kreditinstitute oft frühere Eingangsfristen vor, zum Beispiel den 15. Dezember.

Ein Freistellungsauftrag muss sowohl erstmalig als auch bei jeder Änderung „nach amtlich vorgeschriebenen Muster erteilt werden.“ Für eine Änderung kommen, neben persönlichen Angaben wie Name, Adresse und Familienstand, in erster Linie Geltungszeitraum (Befristung) und Höhe in Frage. Eine Herabsetzung ist dabei nur bis zu dem im laufenden Kalenderjahr noch nicht ausgenutzten Betrag zulässig, was vom Kreditinstitug vor Annahme zu überprüfen ist.[1]

Im Jahr einer Eheschließung kann ein gemeinsamer Freistellungsauftrag erteilt werden, der mindestens so hoch sein muss, wie die Summe der Kapitalerträge, die aufgrund vorher einzeln erteilter Äufträge bereits vom Steuerabzug freigestellt worden sind.[1] Gemeinsame Konten der Ehegatten können nur durch einen gemeinsamer Auftrag freigestellt werden. Die Ehegatten dürfen nicht dauernd getrennt leben. Kreditinstitute dürfen den Angaben der Ehegatten grundsätzlich vertrauen, haften jedoch bei „grob fahrlässiger Unkenntnis“.[1] Wird kein gemeinsamer Auftrag erteilt, können Ehegatten jedoch Einzel-Freistellungsaufträge beibehalten, ändern oder neu erteilen.

Im Jahr einer Scheidung oder dauernder Trennung oder beim Tod eines Ehegatten gelten gemeinsame Freistellungsaufträge noch bis zum Jahresende fort, aber nicht mehr für darauf folgende Jahre. Sie können im Trennungs- oder Todesjahr auch noch erteilt oder geändert werden.[1]

Minderjährige müssen für ihre Kapitalerträge eigene Freistellungsaufträge erteilen, da diese Kapitalerträge durch die Freistellungsaufträge der Erziehungsberechtigten nicht abgedeckt sind.

Ein Freistellungsauftrag für Treuhandkonten (also bei Kontoführung im Auftrag bzw. auf fremdem Namen) kann nicht erteilt werden.

Wirkungen

Der Freistellungsauftrag dient der Vereinfachung, da Einnahmen aus Kapitalvermögen bis zur Höhe des Sparer-Pauschbetrags und des Werbungskostenpauschbetrags nicht der Einkommensteuer unterliegen.

Wer es versäumt, den Freibetrag auszuschöpfen oder sinnvoll zu verteilen, gibt seine Einkünfte aus Kapitalvermögen und die einbehaltene Steuer in seiner Einkommensteuererklärung an. Die einbehaltene Steuer wird dann wie eine Einkommensteuervorauszahlung auf die Steuerschuld angerechnet.

Sonderfälle

Der Steuerabzug kann auch bei sogenannten „losen Personenvereinigungen“, also z. B. Schulklassen oder Sportgruppen unterbleiben, wenn die Kapitalerträge 10 € pro Mitglied und Jahr, maximal 300 €, nicht übersteigt, die Kontobezeichnung auf die Personenvereinigung hinweist und jährlich vor dem ersten Zufluss eine Erklärung über die Mitglieder bei der Bank eingereicht wird.[1]

Folgende frühere Befreiungsgründe gibt es dagegen nicht mehr. Die Erträge werden ohne Freistellung oder Nichtveranlagungsbescheinigung steuerpflichtig:

  • Bagatellregelung 10 €
  • 1 %-Regelung im Sichteinlagenbereich
  • 51 €-Regelung bei Geschäftsguthaben
  • Bis zum 1. Januar 2009 unterblieb der Steuerabzug bei Zinsgutschriften auf Bausparverträgen, wenn der Steuerpflichtige Wohnungsbauprämie oder Arbeitnehmersparzulage erhielt.

Ein Freistellungsauftrag kann nicht für Konten von Wohnungseigentümer- oder Erbengemeinschaften und Gemeinschaftskonten nichtehelicher Lebensgemeinschaften erteilt werden, auch nicht bei einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.

Kontrollverfahren

Um zu verhindern, dass Steuerpflichtige bei verschiedenen Banken einen Freistellungsauftrag stellen und damit in der Summe den Freibetrag überschreiten, müssen die Banken dem Bundeszentralamt für Steuern die Höhe der vom Quellensteuerabzug freigestellten Kapitalerträge jährlich elektronisch mitteilen (§ 45d EStG). Im Gegensatz dazu wurde bis zum Jahr 1999 die Höhe des erteilten Freistellungsauftrags mitgeteilt, unabhängig davon, ob und in welchem Umfang tatsächlich Kapitalerträge zugeflossen sind.

Ab 2011 nur mit Steuer-ID möglich

Ab 2011 gibt es eine wichtige Änderung bei neu gestellten Freistellungsaufträgen: Die Steueridentifikationsnummer (kurz Steuer-ID) muss angegeben werden, welche alle Steuerpflichtigen im Jahr 2008 vom Bundeszentralamt für Steuern erhalten haben. Bestehende Aufträge sind ohne Angabe der Steuer-ID noch bis Ende 2014 gültig.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Einzelfragen zur Abgeltungsteuer. (PDF, 624 kB) Bundesministerium der Finanzen, 22. Dezember 2009, abgerufen am 19. September 2012.
  2. Änderung der Freistellungsaufträge aufgrund des Steueränderungsgesetzes 2007. (PDF, 32 kB) Bundesministerium der Finanzen, 4. August 2006, abgerufen am 19. September 2012.
  3. a b Einzelfragen zur Abgeltungsteuer; Ergänzung des BMF-Schreibens vom 18. Dezember 2009. (PDF, 77 kB) Bundesministerium der Finanzen, 16. November 2010, abgerufen am 19. September 2012.