Enrico Lübbe (* 1975 in Schwerin, Deutschland) ist ein deutscher Theaterregisseur.
Biografie
Enrico Lübbe wurde 1975 in Schwerin geboren. Als 11-jähriger spielte er dort in der sechsteiligen DDR-Fernsehserie "Alfons Zitterbacke" die Titelrolle. Lübbe studierte von 1993 bis 1999 Kommunikations-, Medien- und Theaterwissenschaften an der Universität Leipzig und begann dann als Regieassistent am Schauspiel Leipzig. 1999 folgte dort sein Regiedebüt mit „Disco Pigs“, nachdem er ab 1998 am Schauspiel Leipzig mit Regisseuren wie Wolfgang Engel, Armin Petras, Thomas Bischoff und Kazuko Watanabe zusammenarbeitete. In Leipzig war er zwischen 2000 und 2004 als fester Hausregisseur tätig. Seit 2004 inszeniert er regelmäßig am Staatstheater Schauspiel Stuttgart und als Gast in Köln, Magdeburg, Oldenburg. Im Januar 2006 wird er sein Debüt als Oper-Regisseur mit Peter Maxwell Davies' Der Leuchtturm am Staatstheater Oldenburg geben.
Enrico Lübbe ist ein Künstler, der zu jedem Bild den perfekten Rahmen findet: Das arme, süße Mädchen Christine aus Schnitzlers "Liebelei" stellte er in Leipzig vor eine geblümte Tapete, in deren Muster er anatomisch korrekte Herzen verstecke. Romeo und Julia begegneten sich bei ihm im simplen Sperrholzkasten, der ihrer Liebe keine Zuflucht bot. Und die Antigone des Sophpkles süerrte er in Magdeburg in eine kalte Stahlstadt, an deren glatten Wände selbst König Kreon vergeblich Halt suchte. Das alles sind Orte, an denen man friert - und deren Temperatur auch ihre Bewohner lähmt. Immer wieder läßt Lübbe seine Figuren mit leerem Blick in die Stille starren, als lauschten sie dem Hall ihrer eigenen Worte nach. Und oft sind es - wie etwas in der Magdeburger Inszenierung von Ibsens "Wildente" - gerade die älteren und scheinbar längst durchschauten Schauspieler, die in den stummen Augenblicken ein ganzes Leben erzählen. (...) Wichtig sei ihm, sagt Lübbe, vor allem die angemessene Form und die Temperatur eines jeden Stückes. Und da ihn die einsamen Menschen bei Anton Tschechow oder Ödön von Horvath nun mal mehr interessieren als bunte Pop-Petitessen, hält er auch wenig von modiscer Zerstreuung. Das hat freilich nichts mit schmallippiger Verweigerung zu tun: Wer seine Leipziger Inszenierung von Werner Schwabs "Übergewicht, unwichtig: Unform" gesehn hat, kann die Fülle der Spielideen am Stammtisch der Verlierer kaum vergessen - ebenso wenig wie die dekadenten Orgien zum Auftakt der "Liebelei", bei der jeder neuen Weinflasche ihr Korkenzieher schon im Halse steckt. (...) Bei Lübbe entsteht Aufklärung eben nicht durch Belehrung, sondern durch Anschauung. Das kann man auch in seiner "Antigone" erkennen: (...) Und wieder tut Lübbe wenig mehr, als seine Schauspieler präzise zu führen und in stillen Momenten auf ihren eigenen, verknappten Text hören zu lassen. Das aber ist wirklich so subversiv, wie andere gerne wären.
Quelle: Andreas Hillger: "Junger Meister der Stille". In: Mitteldeutsche Zeitung, März 2005
Enrico Lübbe, knapp achtundzwanzig Jahre alt und als Hausregisseur in Leipzig engagiert, stützt den Bogen seiner Inszenierung auf intelligente Beobachtungen und eine große Zuneigung zu den Figuren. Ob Marco Albrecht sich als Mercutio wie die Ziffer Zwei in die Landschaft biegt und auf den Fersen wippend doppelte Selbstsicherheit demonstriert, ob Aurel Manthei als Tybald die Gegner schwindelig ficht und sich danach in der spiegelnden Klinge die Frisur richtet, ob sich Ellen Hellwig als Julias Amme wie ein kokettes Mauerblümchen die Antworten in Sachen Romeo aus der Nase ziehen lässt, Lübbe zeichnet alle mit schwungvoller Sympathie: ein Menschenfreund, der sich Shakespeare wie einen Zeitgenossen anverwandelt, ohne Romeo und Julia deswegen zum Shoppen und Ficken zu schicken.
Quelle: Irene Bazinger: "Herz auf Eis. Abgebrüht und abgekühlt - Zweimal "Romeo und Julia", aber Leipzig schlägt Berlin." In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Januar 2003.
Inszenierungen (Auswahl)
am Schauspiel Leipzig:
- "Übergewicht, unwichtig: Unform" von Werner Schwab, 2001
- "Die Glasmenagerie" von Tennessee Williams, 2001
- "bash" von Neil La Bute, 2002
- "Romeo und Julia" von William Shakespeare, 2003
- "Liebelei" von Arthur Schnitzler, 2003
- "Entenvariationen" von David Mamet, 2004
am Schauspiel Köln:
- "Vor dem Ruhestand" von Thomas Bernhard, 2002
am Schauspiel Magdeburg:
- "Fräulein Julie" von August Strindberg, 2002
- "Die Wildente" von Henrik Ibsen, 2003
- "Antigone" von Sophokles, 2005
am Schauspiel Stuttgart:
- "Volksvernichtung oder Meine Leber ist sinnlos" von Werner Schwab, 2004
- "Glückliche Tage" von Samuel Beckett, 2004
- "Die sieben Raben" nach den Gebrüdern Grimm, 2005
am neuen theater halle:
- "Zur schönen Aussicht" von Ödön von Horvath, 2005
Personendaten | |
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NAME | Lübbe, Enrico |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Theaterregisseur |
GEBURTSDATUM | 1975 |
GEBURTSORT | Schwerin |