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Zement

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Zement (lat. caementum: Bruchstein, Baustein) ist ein hydraulisches, künstlich hergestelltes Bindemittel für die Baustoffe Mörtel und Beton. Es ist ein meist graues Pulver, welches in großindustriellen Prozessen aus den Rohmaterialien Kalkstein, Ton, Sand und Eisenerz hergestellt wird. Aufgrund seiner hohen Festigkeit und der Dauerhaftigkeit von Beton ist Zement weltweit eines der wichtigsten Bindemittel. "Caementum" wurde bereits von den Römern verwendet, aus dessen Namen das Wort Zement abgeleitet ist. Dieser Baustoff bestand aus gebranntem Kalk, Wasser und Sand. 1835 wurde er von dem Ulmer Apotheker Dr. Ernst Gustav Leube wiederentdeckt.

Herstellungsprozess

Schema eines Zementwerkes (nicht maßstabsgetreu)

Zement wird heute in modernen Zementwerken in einem kontinuierlichen Prozess aus überwiegend natürlichen Rohstoffen hergestellt. Dabei erreichen die Anlagen eine Leistung von 3000 bis 10.000 Tonnen Klinker pro Tag.

Die Rohstoffe (in der Regel Kalkstein, Ton, Sand und Eisenerz) werden in Steinbrüchen abgebaut, in Brechern vorzerkleinert und in das Zementwerk befördert. In einer Rohmühle werden alle Rohmaterialien zusammen vermahlen und gleichzeitig getrocknet. Das dabei entstehende Rohmehl wird dann in einem Drehrohrofen bei Temperaturen von ca. 1450 °C zu sogenanntem Klinker gebrannt, welcher dann in einem Kühler auf eine Temperatur von unter 200 °C heruntergekühlt wird. Die entstehenden graubraunen Granalien werden anschließend in einer Kugelmühle zusammen mit Gips oder Anhydrit zum fertigen Produkt, dem Zement, vermahlen. Diese Zementsorte nannte der Engländer Joseph Aspdin in seinem Patent von 1824 Portland-Cement. Die Bezeichnung lehnte sich an den Portlandstein an, ein Kalkstein, der auf der Halbinsel (Portland) an der englischen Kanalküste als Werkstein abgebaut wurde und den aus Portlandzement gefertigten Kunstprodukten farblich ähnlich war.

Durch die Zumahlung von unterschiedlichen Zusatzstoffen wie Hüttensand, Puzzolan, Flugasche und Kalkstein können Zemente mit verschiedenen chemischen und physikalischen Eigenschaften hergestellt werden.

Hydraulische Eigenschaften

Zement ist, im Gegensatz zu Kalkmörtel, ein hydraulisches Bindemittel. Als hydraulisch werden Stoffe angesehen, die sowohl an der Luft als auch unter Wasser erhärten und auch beständig sind. Diese Eigenschaften erfüllt Zement. Er erhärtet nicht wie Kalk unter Aufnahme von Kohlenstoffdioxid aus der Luft, sondern reagiert mit Wasser unter Bildung unlöslicher, stabiler Verbindungen. Diese Verbindungen, die Calciumsilikathydrate, bilden feine nadelförmige Kristalle aus, welche sich untereinander verzahnen und so zur hohen Festigkeit eines Zementes führen. Diese Eigenschaften machen Zement zu einem Bindemittel, das den hohen Anforderungen im Baubereich entspricht.

Zusammensetzung und Eigenschaften

Festigkeitsklassen und Kennfarben nach DIN 1164
Festigkeits-
klasse
Druckfestigkeit
[N/mm²]
Kennfarbe
  nach 2 d nach 28 d Sack Sack-
aufdruck
32,5 - ≥32,5 hellbraun schwarz
32,5 R ≥10 ≥32,5 hellbraun rot
42,5 ≥10 ≥42,5 grün schwarz
42,5 R ≥20 ≥42,5 grün rot
52,5 ≥20 ≥52,5 rot schwarz
52,5 R ≥30 ≥52,5 rot weiß

Portlandzement, hergestellt durch die Vermahlung von Klinker und Gips bzw. Anhydrit, besteht chemisch gesehen aus cirka 58 bis 66 % Calciumoxid (CaO), 18 bis 26 % Siliciumdioxid (SiO2), 4 bis 10 % Aluminiumoxid (Al2O3) und 2 bis 5 % Eisenoxid (Fe2O3). Beim Brennprozess im Drehrohrofen bilden sich aus diesen Hauptbestandteilen Mineralien, die für die besonderen Eigenschaften von Zement von entscheidender Bedeutung sind. Die wichtigsten dieser Verbindungen sind das Tricalciumsilikat (3 CaO × SiO2), das Dicalciumsilikat (2 CaO × SiO2), das Tricalciumaluminat (3 CaO × Al2O3) und das Tetracalciumaluminatferrit (4 CaO × Al2O3 × Fe2O3).

Außer der chemischen und mineralogischen Zusammensetzung ist auch die Feinheit eines Zementes ausschlaggebend für seine Eigenschaften. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass ein Zement mit höherer Feinheit auch eine höhere Festigkeit entwickelt. Die spezifische Oberfläche (auch als Blaine bezeichnet) dient als Maß für die Feinheit und liegt normalerweise zwischen 2500 und 5000 cm²/g. Die in Europa gültige Norm für Zemente, die EN 197, unterscheidet zwischen drei verschiedenen Festigkeitsklassen (32,5, 42,5 und 52,5 N/mm²), welche wiederum in langsam- und schnellerhärtende (r = rapid) Zemente unterteilt ist, und fünf verschiedene Arten (CEM I = Portlandzement, CEM II = Portlandkompositzement, CEM III = Hochofenzement, CEM IV = Puzzolanzement, CEM V = Kompositzement).

Um Verwechselungen insbesondere auf der Baustelle vorzubeugen, sind den Zementen in Deutschland Kennfarben beim Papier der Zementsäcke und dem Aufdruck zugeordnet.

Die Qualität und Zusammensetzung eines Zementes wird heute ständig im Labor überwacht. Dazu werden in regelmäßigen Abständen automatisch Proben aus der laufenden Produktion entnommen und mit modernen Analysenmethoden hinsichtlich ihrer Eigenschaften untersucht. Dadurch wird gewährleistet, dass auch bei schwankenden Rohstoffeigenschaften ein durchgängig konstantes Produkt hergestellt werden kann.

Spezialzemente

Die hohen Anforderungen der Bauindustrie an den Baustoff Beton - und somit auch an das Bindemittel Zement - machen es notwendig, Zemente mit speziellen chemischen und physikalischen Eigenschaften herzustellen. Dies geschieht durch die Zumahlung verschiedener Stoffe wie Hüttensand, Puzzolan, Flugasche oder Kalkstein in unterschiedlich großen Mengen. Diese Zemente mit besonderen Eigenschaften beeinflussen die Hydratationsgeschwindigkeit (Zement mit niedriger Hydratationswärme (NW)), die Beständigkeit gegen chemische Stoffe (Zement mit hohem Sulfatwiderstand (HS)) oder Zement mit niedrigem wirksamen Alkaligehalt (NA)) oder auch die Verarbeitbarkeit und Festigkeit des Zementes.

Außer normalen grauen Zementen gibt es auch Weißzemente. Diese werden aus sehr eisenarmen Rohstoffen hergestellt (Fe2O3-Gehalt < 0,1 %) und hauptsächlich für Terrazzo, Sichtbeton und Putz eingesetzt. Weißzement eignet sich nicht nur für hellfarbige Zubereitungen, sondern lässt sich mit Farbpigmenten leichter einfärben als gewöhnlicher grauer Portlandzement. Dies macht man sich insbesondere bei der Herstellung farbiger Terrazzoplatten zunutze.

Umweltschutzaspekte

Bis in die 1960er Jahre galten Zementwerke als "Dreckschleudern", die eine große Menge an Staub und Abgasen in die Umwelt leiteten. Heute hat sich dieses Bild zu Gunsten der Umwelt verbessert. Durch modernere Filteranlagen ist die Staubemission drastisch gesenkt worden. Ebenso sind durch die Weiterentwicklung der Drehrohröfen und der Feuerungstechnologie der Ausstoß von schädlichen Abgasen wie Schwefeldioxid (SO2), Kohlenstoffdioxid (CO2) und Stickoxiden (NOx) gesenkt worden. Letztere werden durch sogenannte DENOX-Verfahren aus den Abgasen entfernt. Zur Einsparung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Erdgas und Erdöl werden zum Teil sogenannte Sekundärbrennstoffe eingesetzt. Dies sind Abfallstoffe wie Hausmüll, Autoreifen oder Altöl, welche im Zementwerk aufgrund der extrem hohen Temperaturen im Ofen (Flammentemperatur > 2000°C) ohne die Entstehung schädlicher Abgase verbrannt werden. Da ein Großteil der heute produzierten Zemente sogenannte Kompositzemente sind, in denen Klinker durch andere Zumahlstoffe ersetzt ist, werden die natürlichen Rohstoffe geschont. Außerdem handelt es sich bei diesen Zumahlstoffen beispielsweise beim Hüttensand und der Flugasche, um Abfallstoffe aus anderen Industriezweigen. Auch die Wärmeenergiebilanz hat sich durch die intensive Nutzung von Abwärme aus dem Drehrohrofen, beispielsweise zur Mahltrocknung und zum Vorwärmen des Rohmehls, enorm verbessert. Umweltschutzrichtlinien und die damit verbundenen gesetzlichen Emissionsgrenzwerte haben dazu geführt, dass moderne Zementwerke diese Faktoren zunehmend beachten.

Ein sich mit zunehmendem Treibhauseffekt verschärfendes Problem ist allerdings der hohe Ausstoß von Kohlendioxid. Weltweit werden jährlich 1,4 Milliarden Tonnen Zement hergestellt, der im Mittel etwa 60% CaO enthält. Damit ergibt sich selbst bei optimaler Prozessführung ein Ausstoß von mindestens einer Milliarde Tonne CO2 oder 4 % des jährlichen CO2-Ausstoßes.

Verbraucher

Den größten Bedarf an Zement hat die Volksrepublik China. Dort werden ungefähr 45 % der weltweiten Produktion verbaut.

Volkswirtschaftlich ist der Jahres-Zementverbrauch pro Kopf der Bevölkerung eine interessante Kenngröße. In Ländern wie Indonesien werden nur ca. 15 bis 20 kg pro Einwohner jährlich benötigt; in Ländern wie Singapur oder den arabischen Ländern kann der Verbrauch mehr als 2.000 kg pro Einwohner und Jahr betragen. Der Verbrauch in Deutschland hat Werte um etwa 350 kg pro Einwohner und Jahr. Der Jahresverbrauch an Zement ist so eine wichtige Kenngröße zur Intensität der Bautätigkeit in einer Region.

Liste der größten Zementproduzenten

In der folgenden Tabelle sind die größten Produzenten von Zement aufgeführt (in Millionen Tonnen).

Rang Land 1970 1980 1990 2000 2002
1. VR China 10,000 79,860 209,712 583,404 725,000
2. Indien 14,000 17,700 45,720 102,084 108,144
3. USA 67,700 67,884 70,944 87,846 91,266
4. Japan 57,200 87,957 84,444 81,070 72,012
5. Südkorea 8,200 15,636 33,912 51,420 56,820
6. Spanien 16,700 28,008 28,092 38,115 42,336
7. Brasilien 9,000 27,192 25,848 39,564 42,192
8. Italien 33,100 41,333 40,548 39,588 42,048
9. Russland 29,600 38,745 42,640 32,389 39,672
10. Mexiko 7,300 16,260 24,504 33,876 33,348
11. Türkei 6,400 12,876 24,636 35,796 32,508
12. Thailand 5,300 6,732 25,500 32,004 32,244
13. Indonesien 6,200 7,800 14,748 22,789 31,200
14. Deutschland 46,300 46,991 37,632 36,635 30,972
15. Frankreich 29,000 29,100 26,508 20,191 20,004
16. Taiwan 2,900 3,700 21,800 17,572 19,363
17. Ägypten 3,700 3,012 13,284 15,600 16,500
18. Griechenland 4,800 12,672 13,944 14,500 15,500
19. Malaysia 3,100 3,900 7,400 11,445 14,328
20. Kanada 7,300 10,349 11,808 12,612 13,200
... Welt 569,800 867,700 1.140,000 1.660,000 1.800,000