Editio princeps (Urheberrecht)

Urheberrechtsbestimmung: Schutzrechte aus Erstveröffentlichung nachgelassener Werke
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Als editio princeps wird die gedruckte Erstausgabe eines Werks bezeichnet.

Von der editio princeps spricht die Editionswissenschaft meist in Bezug auf Klassikerausgaben.

Seit 1965 kennt das deutsche Urheberrecht in § 71 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG), der die sogenannten Nachgelassenen Werke regelt, eine rechtliche Regelung über den Schutz der editio princeps. Mit der Schutzdauerrichtlinie der EU von 1993 wurde dieses 25-jährige Leistungsschutzrecht europaweit eingeführt. Die Schweiz kennt bis dato kein solches Recht.

Praktische Bedeutung besaß § 71 UrhG bislang vor allem im Bereich der Musikedition. Neuerdings wurde aber auch die vom Land Sachsen-Anhalt veranlaßte Veröffentlichung der Himmelsscheibe von Nebra vom Landgericht Magdeburg als editio princeps gewertet mit der Folge, dass das Land Sachsen-Anhalt 25 Jahre nach dem ersten Erscheinen von Abbildungen, die von ihm als Eigentümer autorisiert wurden, wie ein Urheber jegliche Verwertung der Himmelsscheibe kontrollieren kann. Das Landgericht hat dem Land Sachsen-Anhalt als Eigentümer solche Rechte für die am 4. Juli 1999 entdeckte, gut 3.600 Jahre alte Himmelsscheibe von Nebra zugesprochen, obwohl deren Urheber tausende Jahre tot ist (LG Magdeburg, Urteil vom 16. Oktober 2003, Az. 7 O 847/03; Berufung vor dem Oberlandesgericht Naumburg, Az. 7 U 136/03 am 8. April 2004 beigelegt). Über den Einwand einer früheren öffentlichen kultischen Nutzung setzte sich das Gericht hinweg. Hintergrund des Rechtsstreits war, dass das Land nach § 12 Abs. 1 des Denkmalschutzgesetzes Sachsen-Anhalts Eigentümer der Scheibe war, sich die Stadt Querfurt jedoch Markenrechte hatte sichern wollen.

Im Juli 2005 ließ die Sing-Akademie zu Berlin mittels einstweiliger Verfügung unter Berufung auf § 71 UrhG die Aufführung einer jüngst in ihrem Archiv wiederentdeckten Vivaldi-Oper verbieten. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Presseerklärung) hob dieses Verbot jedoch im August 2005 wieder auf. Entscheidend war dabei, dass das Gericht es als nicht erwiesen ansah, dass das Werk nicht erschienen ist.