Antizionismus

Ablehnung des Zionismus
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Als Antizionismus bezeichnet man eine Einstellung gegen die Ziele des Zionismus. Der Antizionismus teilt sich in verschiedene Argumentationslinien auf.

Jüdischer und israelischer Antizionismus

Der jüdisch-orthodoxe Antizionismus empfindet die Schaffung eines jüdischen Staates als Gotteslästerung. Allein Jehova sei es gestattet, die Juden aus ihrer Verbannung zu befreien. Teilweise wird jegliche politische Bestätigung von ihnen abgelehnt, teilweise verhalten sie sich dazu paradox, weil sie selbst politisch aktiv sind gegen den Zionismus.

Als weitere jüdische antizionistische Fraktion können säkulare Juden zusammengefasst werden, die aus einer politischen Überzeugung heraus entweder bereits die Gründung des Staates Israel ablehnen, oder die nachfolgende Politik als Grund für eine Fundamentalopposition nehmen. Diese Fraktion ist relativ klein und wird in der Regel verwechselt mit postzionistischen Strömungen. Diese vertritt als prominentester Moshe Zuckermann. Er geht davon aus, dass Israel entweder demokratisch bleibt, dann aber den israelischen Palästinensern volle Rechte zugestehen muss und in absehbarer Zeit kein mehrheitlich jüdischer Staat mehr sei, also damit auch kein zionistischer Staat. Oder Israel verhalte sich undemokratisch und gerate dadurch in einen inneren Konflikt, an dem es zerbreche.

Den meisten Postzionisten geht es nicht um eine Abschaffung Israels, oder um die Anzweiflung des Existenzrechts. Jüdische Anti- und PostzionistInnen werden stets auch von nichtjüdischen AntizionistInnen aufgegriffen, was ersteren oft die Bezeichnung eines Mosser einträgt, eines Zuträgers des Antisemitismus, eine der schlimmsten Bezeichnungen für einen Juden. Es gibt säkulare Juden, deren Antizionismus von weiten Teilen als antisemitisch interpretiert wird. Dabei entsteht oft das Phänomen, dass antizionistische Publizisten wie Uri Avnery, Noam Chomsky und Norman Finkelstein in Israel von einer überwältigenden Mehrheit belächelt oder als Antisemiten geächtet werden, im Ausland aber ein großes Publikum haben und zahlreiche Podiumsdiskussionen besuchen dürfen. Zuletzt fiel Judith Butler mit ihrem Buch „gefährdetes Leben“ als von antizionistischen und antisemitischen Kreisen begeistert aufgegriffene Intellektuelle auf.

Arabischer Antizionismus in der Frühphase

Größten Anteil hat allerdings der arabische Antizionismus. Wurde die Gründung Israels anfänglich noch von vielen arabischen Staatsoberhäuptern freudig begrüßt, änderte sich dies je nach Staat mehr oder weniger schnell. Zunächst wurde von Christen in Palästina Antizionismus bei der palästinensischen Bevölkerung geschürt, v.a. aus religiösen Gründen. Landkäufe führten oftmals zu Streitigkeiten mit palästinensischen Bauern. Der Großmufti Amin al-Husseini führte dann erste Aufstände durch, die sich vor allem gegen die Vorherrschaft der Nashashibies, einem palästinensischen Clan richtete, der mit den ZionistInnen kooperierte. V.a. aber durch die Muslimbruderschaften und den damit einhergehenden Panarabismus bekam der Antizionismus seine wesentliche Prägung, die er bis heute erhalten hat. In den Schriften Qutbs und anderer Islamisten wurden Juden mit verschiedenen Begründungen wie Koranversen und dem Zionismus als verantwortlich für alle denkbaren und scheinbaren Übel markiert. So wurden Juden von den ägyptischen Bruderschaften ausgehend vor allem beschuldigt, Prostitution, Glücksspiel, Musik, Radio, Kino ins Land gebracht zu haben und so die islamischen Werte zu korrumpieren. Als Dokumente wurden Fälschungen wie die „Protokolle der Weisen von Zion" und Fotomontagen über angebliche Massaker in Palästina verwendet. Dadurch gelang es in Ägypten, einem zunächst prozionistischen, judenfreundlichen Land Pogrome zu veranstalten und zahllose Attentate auf jüdische Einrichtungen zu verüben. Die Vermischung eines islamistischen Antijudaismus oder auch arabischer Antisemitismus mit dem Antizionismus ist vielen Autoren zufolge von Anfang an gegeben und seither kaum zu trennen. Augenfällig erscheint ihnen dass 1929 mit dem Pogrom von Hebron, einer Jahrhundertealten jüdischen, nichtzionistischen, Siedlung, Antizionismus dem Palästinenserführer und Großmufti al-Husseini als Vorwand diente. Auch das Verhalten der Muftibanden während des Palästinenseraufstandes 1938 verdeutlichte dies: Gegnerische Palästinensergruppen wurden eliminiert und letztlich mehr Palästinenser ermordet als Juden und Briten zusammen. Dies führte zur Allianz von Palästinensergruppen mit britischen Truppen.

Auch heute ist Antizionismus in Palästina nicht von einem gesellschaftlich akzeptierten Antisemitismus zu trennen, beide Ideologien bedingen einander und sind größtenteils als eine zu sehen.

Moderner arabischer Antizionismus

Yassir Arafat schaffte es schließlich, den Antizionismus sowohl innerhalb der UN als auch in der antiimperialistischen Bewegung zu installieren. Mit der Begründung, Israel sei „imperialistischer“ Brückenkopf der USA, und der Unterstützung der arabischen Nationalisten durch die UdSSR konnte Antizionismus mit dem Antikapitalismus der Linken amalgamiert werden, was rhetorisch und ideologisch zu frappanten Überschneidungen von antikapitalistischem Antisemitismus und antiimperialistischen Antizionismus führte.

Die RAF verwendete schließlich mit als erste linke Organisation den Nazivergleich mit Israel. Von Israel wurde fortan als faschistischem Staat gesprochen, teilweise sei er „schlimmer als die Nazis“, wie es im Kommunique der RAF zum Olympiaanschlag in München hieß. Von anderen linken Terrorgruppen sind u.a. Anschläge auf Synagogen verübt worden.

Besonderen Aufschwung fand dieses Erklärungsmuster nach den Anschlägen vom 11. September 2001, welche als Reaktion auf die US-Politik im Nahen Osten gedeutet wurden.

Gegenwärtig ist der Antizionismus insbesondere in islamischen Staaten in Ausbreitung begriffen und wird oft auch als moderne Form des Antisemitismus betrachtet. V.a. über Verschwörungstheorien im Internet schafft es dieser in vielfältigsten Changierungen in die öffentliche Meinung einzudringen. Dennoch gibt es kritische Gegenbewegungen im arabischen Raum. Kurden im Nordirak als auch iranische Oppositionelle und KommunistInnen sind oftmals ausgesprochen prozionistisch eingestellt. Innerisraelische Meinungen über israelische Politik argumentieren seltener antizionistisch als angenommen.

Die Argumente des Antizionismus reichen von staatsphilospohischen Analysen über religiöse Ansprüche von jüdischer, christlicher und islamischer Seite hin zu moralischer Empörung über israelische politische Maßnahmen, deren Diskussion hier nicht stattfinden kann.

Wer sich ausführlicher mit diesem Thema beschäftigen möchte, sollte sich der Sensibilität bewußt sein und sich objektiv informieren.


Literatur

  • Gilbert, Martin: Das jüdische Jahrhundert. Bertelsmann. ISBN 3-570-00554-2
  • Martin Dietzsch / Alfred Schobert: Ein »jüdischer David Irving«? Norman G. Finkelstein im Diskurs der Rechten - Erinnerungsabwehr und Antizionismus. ISBN 3-927388-76-9
  • Selent, Karl: Ein Gläschen Yarden-Wein auf den israelischen Golan. ca-ira Freiburg. ISBN 3-924627-18-5

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