Anagarika Govinda

deutscher Interpret des Buddhismus
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Lama Anagarika Govinda (* 17. Mai 1898 in Waldheim, Sachsen als Ernst Lothar Hoffmann, gestorben 14. Januar 1985 in Mill Valley, Kalifornien) war ein moderner deutscher Interpret des Buddhismus und Taoismus sowie Schriftsteller und Kunstmaler.

Biografie und Bedeutung

Der Sohn eines deutschen Vaters und einer bolivianischen Mutter befasste sich schon als Schüler mit vergleichenden Studien zu den Weltreligionen Christentum, Islam und Buddhismus. Er studierte Philosophie an der Universität Freiburg im Breisgau. 1920 bis 1928 betrieb er archäologische Studien in Neapel und Cagliari sowie umfangreiche Forschungsarbeiten über die Grabtumuli im Mittelmeerraum einschliesslich Nordafrika. Von 1920 bis 1928 lebt Ernst Lothar Hoffmann, der damals hauptsächlich als Maler arbeitete, in einer Künstlerkolonie auf Capri. Dort vollzog er durch Lektüre eine intensive Auseinandersetzung mit dem Buddhismus und begann zu meditieren. 1928 reiste er nach Ceylon, um buddhistischer Mönch zu werden. Er legte jedoch nur die Gelübde als Brahmacari ab, die ihm grössere Bewegungsfreiheit gestatteten als dem Vollmönch. In Ceylon und Burma betrieb er intensive Pali- und Abhidhamma-Studien. Von 1931 bis 1937 lehrte er an indischen Universitäten europäische Sprachen (Indira Gandhi war seine Studentin in Französisch), buddhistische Philosophie, Psychologie und Archäologie, von 1931-35 an der vom indischen Literaturnobelpreisträger Rabindranath Tagore gegründeten Visvabharati Universität in Shantiniketan, 1935-36 an der Universität von Patna. Er hielt auch Gastvorlesungen in Allahabad, Lucknow, Benares. Von 1935-45 war er der Generalsekretär der „International Buddhist University Association". 1931 traf er den tibetischen Lama Tomo Geshe Rinpoche, der ihn zum tibetischen Buddhismus brachte. Govindas Forschungs- und Pilgerreisen, die ihn durch das Buch "Der Weg der weissen Wolken" zum Bestsellerautor machen sollten, beginnen 1932. Er bereist Sikkim und das Chumbi-Tal in Südtibet, 1933 Ladakh und das Chang-thang in Westtibet, sowie 1938 wiederum Sikkim und das tibetische Grenzgebiet. Obwohl er inzwischen britisch-indischer Staatsbürger wurde, wird Govinda bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges von den Briten interniert, weil er der indischen Unabhängigkeitsbewegung um Mahatma Gandhi und Nehru nahestand. 1947-49 konnte er seine Forschungsreisen durch Süd-, Zentral- und Westtibet wieder aufnehmen. Es kam zur Expedition nach Tsaparang. Seit 1955 lebte Govinda als Schriftsteller und Einsiedler mit seiner indischen Frau Li Gotami im Kasar Devi Ashram in Almora, im Kumaon-Himalaya. Ab 1960 begann er ausgedehnte Vortragsreisen in den Westen, 1960 und 1965 nach Europa, 1968/69 nach den USA und Japan, 1971/72 nach Malaysia, den Philippinen, Kanada, Mexiko, die USA, Europa, Süd-Afrika, 1974/75 nach Südostasien, USA, Hawaii sowie 1977 Deutschland und den USA, wo er seit 1978 in Kalifornien seinen Wohnsitz nahm und unter anderem freundschaftliche Kontakte mit Alan Watts pflegte. Immer arbeitete Govinda auch als Kunstmaler. Wichtige Ausstellungen seiner Gemälde fanden statt in Kalkutta (1934), Allahabad und Lucknow (1936), Delhi (1939), Kalkutta (1945), Bombay (1946), Basel und Bonn (1977), Stuttgart (1984) sowie eine Retrospektive in Konstanz (1996). Govinda war als Interpret des Buddhismus und Taoismus von Einfluss auf Intellektuelle und Kulturschaffende, unter denen er auch Schüler hatte. Zu seinen wichtigen Schülern in Europa zählen Jack Austin, Karl-Heinz Gottmann, Ernst Pagenstecher, Harry Pieper und Volker Zotz. In seinem Buch "Auf den glückseligen Inseln" distanzierte sich Zotz allerdings nach dessen Tod von Govinda, dessen Buddhismus-Interpretation er kritisch beleuchtet.

Werke

  • Die Grundgedanken des Buddhismus (Leipzig 1920)
  • Rhythmische Aphorismen (Dresden 1926)
  • Gedanken und Gesichte (Dresden 1927)
  • Abhidhammattha Sangaha - Ein Compendium buddhistischer Philosophie und Psychologie (München 1931)
  • Art and Meditation (Allahabad 1936)
  • Die psychologische Haltung der frühbuddhistischen Philosophie (Allahabad 1939)
  • Stupa Symbolism (Allahabad, London 1940)
  • Grundlagen tibetischer Mystik (1956)
  • Der Stupa -Psychokosmisches Lebens- und Todessymbol (1976)
  • Mandala - Gedichte und Betrachtungen (1961)
  • Der Weg der weißen Wolken (1966)
  • Schöpferische Meditation und multidimensionales Bewußtsein (1977)
  • Die innere Struktur des I Ging (1981)
  • Buddhistische Reflexionen (1983)
  • Lebendiger Buddhismus im Abendland (1986)

Literatur

  • Ken Winkler: Lama Anagarika Govinda. Die Biographie. Grafing 1990
  • Volker Zotz: Auf den glückseligen Inseln. Buddhismus in der deutschen Kultur. Berlin 2000.