Bürgerenergiegenossenschaft
Bürgerenergiegenossenschaften (oft auch einfach Energiegenossenschaft) sind Akteure der Energiewirtschaft in der Rechtsform einer Genossenschaft mit dem Ziel einer dezentralen, konzernunabhängigen und ökologischen Energiegewinnung. Sie sind eine Form der Bürgerbeteiligung, vorwiegend auf kommunaler Ebene. Sie bieten Bürgern die Möglichkeit, zur Energiewende und zum Klimaschutz beizutragen. Sie bieten darüber hinaus auch Anlage- und Investitionsmöglichkeiten in lokale und regionale Energieprojekte. Der Geschäftsbetrieb betrifft häufig die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur Gewinnung von erneuerbaren Energien oder die Beteiligung an solchen Anlagen. Die Vergütung ist im Erneuerbare-Energien-Gesetz geregelt. Weitere Aktivitäten betreffen die Errichtung und den Betrieb von Blockheizkraftwerken (Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung), die Bürgerbeteiligung an Stadtwerken und die Beratung der Mitglieder in Energiefragen.
Geschichte
Als es noch keine flächendeckenden Energieverteilungsnetze gab, wurden vielfach Insellösungen der Energieversorgung, insbesondere der Stromversorgung durch genossenschaftliche Unternehmen, gewährleistet. Daraus haben sich die Stadtwerke entwickelt, die später durch wenige Großunternehmen des Energiesektors verdrängt wurden. Mit der Öffnung der Energiemärkte und damit der Möglichkeit für Kunden den Stromanbieter zu wählen hat sich eine Wiederbelebung genossenschaftlicher Strukturen im Energiesektor ergeben. Dies führte dazu, dass sich eine Reihe von Stromhändlern gründete, darunter auch genossenschaftlich geprägte, wie beispielsweise die 1999 gegründete Greenpeace Energy eG.
In Verbindung mit der Energiewende und gefördert durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz stieg die Zahl der genossenschaftlich organisierten Energieproduzenten, insbesondere der Bürgersolaranlagenbetreiber deutlich seit Anfang der 2000er Jahre[1]. Mehr als die Hälfte aller Genossenschafts-Neugründungen findet derzeit im Bereich Energie, Umwelt, Wasser statt. Seit 2008 nahm die Anzahl der Bürgerenergiegenossenschaften rasant zu[2]. Von 2008 bis 2011 hat sich die Anzahl von Energiegenossenschaften mit erneuerbaren Energien vervierfacht. Mehr als 150 Energiegenossenschaften wurden allein im Jahr 2011 gegründet. Insgesamt gibt es schon rund 450 Energiegenossenschaften, von denen etwa 80 Prozent in der Stromproduktion aktiv sind.[3] Regional gibt es die meisten Energiegenossenschaften in den großen Flächenländern Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen.[4] Allein unter dem Dach des Verbandes der Bürgerenergie-Genossenschaften in Baden-Württemberg gibt es 50 Bürgerenergiegenossenschaften (Stand 2012)[5]. Genossenschaftliche Bioenergiedörfer gehen im ländlichen Bereich noch einen Schritt weiter, indem sie das Ziel verfolgen, die gesamte Strom- und Wärmeversorgung in Eigenregie zu realisieren. In Städten werden Bürgerenergiegenossenschaften auch gegründet, um bürgerschaftliche Beteiligung an Stadtwerken zu ermöglichen.[6][7] Als erste Großstadt in Deutschland beschloss Jena, 2 % der Energiesparte der Stadtwerke an die Bürgerenergie Jena e.G. zu verkaufen.[8]
Im Jahr 2012 engagierten sich über 80.000 Bürger in genossenschaftlichen Bürgerkraftwerken und investierten ca. 800 Millionen Euro in die Energiewende. Zumeist handelt es sich um gemeinsame Solaranlagen, an denen bereits kleine Beteiligungen möglich sind. Nach Ansicht des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbands sind Energiegenossenschaften der Treiber der Energiewende, da sie Bürgern einen idealen Rahmen schaffen, sich vor Ort für den Umbau der Energieversorgung zu engagieren und die Akzeptanz für Energieprojekte in der Region steigern.[9]
Literatur
- Jürgen Staab: Erneuerbare Energien in Kommunen. Energiegenossenschaften gründen, führen und beraten. Gabler 2011.
Weblinks
Allgemein
- Infoseite des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbands zu Energiegenossenschaften
- Kommunal Erneuerbar – Portal für Energiekommunen
- Föderal Erneuerbar – Bundesländervergleich bezüglich des Ausbaus erneuerbarer Energien
- Grafik-Dossier: Energiegenossenschaften in Deutschland
- VDI nachrichten: Erneuerbare Energien beleben Genossenschaftsmodell
Einzelne Bürgerenergiegenossenschaften
- Energie in Bürgerhand eG
- BürgerEnergie Jena eG
- BürgerEnergieGenossenschaft Wolfhagen eG
- Mainzer Energiegenossenschaft eG
- BürgerEnergie Berlin eG i.G.
- Energiegenossenschaft Starkenburg eG
- Oldenburger Energie-Genossenschaft eG
- Energiegenossenschaft Odenwald eG
- MEG - Mittelbadische Energiegenossenschaft eG
- Enercoop (fr)
Einzelnachweise
- ↑ http://www.energiegenossenschaften-gruenden.de
- ↑ Agentur für Erneuerbare Energien e.V. und Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband: Energiegenossenschaften, 2011
- ↑ Meldung bei der Agentur für Erneuerbare Energien, 16. März 2012
- ↑ Grafik-Dossier: Energiegenossenschaften in Deutschland
- ↑ Verband der Bürgerenergie-Genossenschaften in Baden-Württemberg
- ↑ Teckwerke Bürgerenergie eG i.G.
- ↑ BürgerEnergieGenossenschaft Wolfhagen
- ↑ http://www.jenapolis.de/2012/02/stadtrat-jena-beschliest-verkauf-von-stadtwerkeanteilen-an-die-burgerenergie-genossenschaft/
- ↑ Pressemitteilung Agentur für Erneuerbare Energien, 19. Juli 2012