Rainer Wendt

ehemaliger Polizist, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft
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Rainer Wendt (* 29. November 1956 in Duisburg) ist ein deutscher Polizeibeamter und seit 2007 Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG).

Leben

Wendt ist seit 1973[1] aktiv im Polizeidienst tätig und führt den Dienstgrad Polizeihauptkommissar. Zuletzt arbeitete er als Dienstgruppenleiter bei der Schutzpolizei.

Auf dem Bundeskongreß (16.–19. September 2007) wurde Wendt als Nachfolger von Wolfgang Speck erstmals zum Bundesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft gewählt.[1][2] Auf dem Bundeskongress 2011 wurde er am 4. April im Amt bestätigt. Er ist seit den 1970er Jahren Mitglied der CDU.[3]

Wendt ist verheiratet und hat fünf Kinder.[4]

Kontroversen

Äußerungen

Rainer Wendt wird im Zusammenhang mit dem Unwort des Jahres 2008 von der Jury gerügt, da er Kritiker des BKA-Gesetzes als „Karlsruhe-Touristen“ bezeichnete. Dies wurde als „bedenkliches Verständnis der Grundrechte“ gewertet.[5]

Nach einem Interview in der Leipziger Volkszeitung vom 21. Februar 2009[6] wurde gegen ihn die Verpflichtung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung erwirkt, der er am 17. April 2009 nachkam. Wendt hatte behauptet, während der Auseinandersetzungen zwischen Kriminellen und Leipziger Sicherheitsfirmen, dass auch innerhalb der Leipziger Sicherheitsfirma „P.E.A.S. GmbH“ „etliche Verbrecher“[7] arbeiten würden und dass sie eine „Unsicherheitsfirma“[7] wäre. Diese Behauptungen darf er seitdem nicht mehr öffentlich äußern.[8]

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz, das das Racial Profiling für nicht rechtens erklärte, nannte Wendt eine "schöngeistige Rechtspflege" und es "richte sich nicht an der Praxis aus."[9]

Kritik an Verfassungsorganen und Politikern

Im Jahr 2010 bezeichnete Wendt den ehemaligen Präsident des Deutschen Bundestages Wolfgang Thierse als „die personifizierte Beschädigung des Ansehens des deutschen Parlaments“,[10] weil dieser sich am 1. Mai 2010 in Berlin-Prenzlauer Berg an einer Sitzblockade gegen einen Aufzug von rund 700 Rechtsextremisten beteiligt hatte.[10] Am 23. Februar 2011 bezeichnete Wendt in der neurechten Zeitung Junge Freiheit Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse als „Totalausfall“ und forderte dessen Rücktritt. Thierse hatte das Vorgehen der Polizei gegen linke und rechte Demonstranten in Dresden kritisiert.

Am 24. Februar 2012 äußert sich Wendt in der Neue Osnabrücker Zeitung nach dem Urteil den Bundesverfassungsgerichts zur Kontrolle des Zugriffs auf Telekommunikationsdaten mit den Worten "Es darf nicht sein, dass die Politik tatenlos zusieht, wie uns das Gericht die Hände bindet." und stellt sich damit gegen die Gewaltenteilung in der Bundesrepublik Deutschland. Darüber hinaus fordert er "Die Ermittler sollten jetzt spähen, so viel es geht, sonst werden der Polizei später fehlende Ermittlungserkenntnisse vorgeworfen." .

Polizeitaktische Forderungen

Demonstrationen

Am 1. Oktober 2010 sagte er zu dem Einsatz von Wasserwerfern, Pfefferspray und Schlagstöcken bei den Demos zu Stuttgart 21: „Polizeiliche Einsatzmittel müssen Waffen sein, die weh tun, nur dann wirken sie.“[11]

In Folge der Krawalle bei einer in Hamburg stattgefundenen Anti-Nazi-Demo sagte Wendt am 4. Juni 2012 der BILD-Zeitung: "Sicherer für die Einsatzkräfte wäre eine Waffe, die bereits aus der Distanz eingesetzt werden könnte. Wenn Wasserwerfer nicht mehr reichten, müssen die Beamten Gummigeschosse einsetzen."[12] Auf den Tag genau fünf Jahre zuvor, am 4. Juni 2007, hatte Wendt mit der gleichen Begründung in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung den zukünftigen Einsatz von Gummiwucht- und Gummischrotgeschosse gefordert.[13]
Die Gewerkschaft der Polizei reagierte mit scharfer Kritik auf die Forderung Wendts. Frank Richter erklärte in diesem Zusammenhang: "Die Polizei muss bei Demonstrationen mit aller Entschiedenheit gegen militante Gewalttäter vorgehen, aber wir leben in Deutschland nicht in einem Bürgerkrieg. Wir sollten ihn auch nicht herbeireden."[14] Richter betonte weiterhin „Wer Gummigeschosse einsetzen will, nimmt bewusst in Kauf, dass es zu Toten und Schwerverletzten kommt. Das ist in einer Demokratie nicht hinnehmbar“ Die GdP wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Gummigeschosse in der Vergangenheit in Europa vor allem in Krisenregionen zum Einsatz gekommen seien. Allein in Nordirland wurden zwischen 1970 und 2005 durch Gummigeschosse 17 Menschen getötet. Zudem gebe es immer wieder Schwerverletzte zu beklagen. Wegen der fehlenden Zielgenauigkeit fänden sich unter den Opfern oft auch Unbeteiligte.[15]

Fußballstadien

Am 29. Mai 2012 forderte Wendt die Abschaffung aller Stehplätze in deutschen Stadien. "Die Stehplätze gehören abgeschafft, die Zäune erhöht, und bei jeder Ausschreitung sollten für den Verein 100.000 Euro fällig werden. Wem zudem strenge Leibesvisitationen nicht passen, der soll vor dem Stadion bleiben müssen."[16] Doch die Retour der größeren Gewerkschaft der Polizei und auch der Fußballvereine folgte schnell. Die GdP aus Bremen kritisierte Wendts Vorstoß und wertete ihn als Populismus und "wenig sinnvoll" in der gesamten Situation.[17] Auch die Vereine sehen in den Stehplätzen nicht das Problem. "Ich finde es anmaßend, dass Herr Wendt glaubt, Forderungen aufstellen zu müssen, die den Spielbetrieb in den Stadien betreffen" sagte beispielsweise Harald Strutz vom FSV Mainz 05 und betonte ebenfalls, dass die Forderungen populistisch seien.[18]

Racial Profiling

Im Oktober 2012 traf das Oberverwaltungsgericht Koblenz die Entscheidung, dass die Polizei kein "Racial Profiling" betreiben, d.h. bei Stichproben-Kontrollen zielgerichtet dunkelhäutigen Menschen überprüfen darf. Das Gericht begründete dies unter anderem damit, dass ein solches Vorgehen gegen das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes verstoße. In Folge kritisierte Wendt das Urteil scharf. Er erklärte: "Man sieht wieder einmal, die Gerichte machen schöngeistige Rechtspflege, aber richten sich nicht an der Praxis aus".[19][20] Die Äußerungen Wendts stießen auf Kritik. Heribert Prantl erklärte in der Süddeutschen Zeitung: „Das heißt nichts anders als das: Die Polizei hat Menschen anderer Hautfarbe auf dem Kieker. Es gibt den polizeilichen Pauschalverdacht gegen Farbige. Das aber verstößt gegen mehr Gesetze und Konventionen, als hier aufgezählt werden können. Sie beginnen mit Artikel 3 Grundgesetz und enden mit dem Schengener Grenzkodex noch lange nicht. Wenn nun Polizeivertreter diese Artikel und Paragrafen für untauglichen Firlefanz halten, ist das, vorsichtig gesagt, befremdlich. Man hätte es schon ganz gern, wenn die Polizei in einem Rechtsstaat auf dem Boden des Rechts steht.“[21]

Einzelnachweise

  1. a b „Rainer Wendt ist Bundesvorsitzender“ auf dpolg-mettmann.de (Polizeigewerkschaft Kreisverband Mettmann), Meldung ohne Datum, abgerufen am 20. Juli 2011
  2. „DPolG Bundeskongress 2007“, abgerufen 20. Juli 2011
  3. „CDU: Polizeigewerkschaft für Parteiausschluss von Geißler“ focus.de vom 4. Juni 2007: „... seit mehr als 30 Jahren ...“, abgerufen am 20. Juli 2011
  4. „Rainer Wendt“ auf dpolg.de, abgerufen am 20. Juli 2011
  5. „Die Unwörter der Jahre 1991 bis 2010“ Abschnitt „2008“, abgerufen am 20. Juli 2011
  6. Am 20. Juli 2011 nicht mehr im Original auf LVZ-online zu finden
  7. a b Da der Artikel nicht mehr im Original zu finden ist, aus der Unterlassungserklärung zitiert
  8. Unterlassungserklärung (PDF), abgerufen am 20. Juli 2011
  9. Lob und Kritik für Urteil zu Kontrollen nach Hautfarbe. tagesschau.de, 30. Oktober 2012, abgerufen am 30. Oktober 2012.
  10. a b „Ärger um Thierses Sitzblockade“ vom 4. Mai 2010 auf Welt.de, abgerufen am 20. Juli 2011
  11. „Polizeichef traute eigenen Beamten nicht“ vom 2. Oktober 2010 auf Spiegel.de, abgerufen am 20. Juli 2011
  12. "Polizeigewerkschaft befürwortet Gummigeschosse" vom 04. Juni 2012, abgerufen am 5. Juni 2012
  13. sueddeutsche.de: Wir brauchen Gummigeschosse sueddeutsche.de, 04. Juni 2007, abgerufen am 5. Juni 2012
  14. Gewerkschaft der Polizei gegen Einsatz von Gummigeschossen zeit.de, 5. Juni 2012, abgerufen am 5. Juni 2012
  15. GdP NRW: Einsatz von Gummigeschossen ist unverantwortlich gdp.de, 5. Juni 2012, abgerufen am 5. Juni 2012
  16. Polizei-Gewerkschafter will Stehplätze abschaffen 30. Oktober 2010 auf Spiegel.de, abgerufen am 31. Mai 2012
  17. "Bremer lehnen Stehplatzverbot ab" vom 30. Mai 2012, abgerufen am 31. Mai 2012
  18. "Bundesligavertreter gegen Abschaffung der Stehplätze" vom 31. Mai 2012 auf ftd.de, abgerufen am 31. Mai 2012
  19. vgl. z.B. Lob und Kritik für Urteil zu Kontrollen nach Hautfarbe, tagesschau, 30. Oktober 2012
  20. vgl. z.B. Ein Polizist, der zu viel redet, fr-online.de, 31. Oktober 2012
  21. Pauschalverdacht gegen Farbige, sueddeutsche.de, 31. Oktober 2012