Fußball-Weltmeisterschaft 1930
Die 1. Fußball-Weltmeisterschaft, offiziell Weltpokal[1], wurde vom 13. bis zum 30. Juli 1930 in Uruguay ausgetragen.
FIFA-Fußball-Weltmeisterschaft 1930 | |
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Campeonato Mundial De Futbol – Uruguay 1930 | |
Datei:Uruguay 1930 Worl Cup.jpg Plakat der Fußball-Weltmeisterschaft 1930 | |
Anzahl Nationen | 13 (von 13 Bewerbern) |
Weltmeister | ![]() |
Austragungsort | ![]() |
Eröffnungsspiel | 13. Juli 1930 |
Endspiel | 30. Juli 1930 |
Spiele | 18 |
Tore | 70 (⌀: 3,89 pro Spiel) |
Zuschauer | 450.000 (⌀: 25.000 pro Spiel) |
Torschützenkönig | ![]() |
Platzverweise | 1 (⌀: 0,06 pro Spiel) |

Geschichte
Bereits früh wurde der Fußball in das Programm der Olympischen Spiele der Neuzeit aufgenommen. Nahezu sämtliche Teilnehmer stammten zunächst vom europäischen Kontinent, da die Spiele abgesehen von denen in St. Louis ausnahmslos in Europa stattfanden und es außereuropäischen Mannschaften finanziell nicht möglich war, die lange Reise anzutreten. In der Fußball-Disziplin nahm mit Uruguay erstmals bei den Olympischen Spielen 1924 in Paris eine südamerikanische Mannschaft teil. Finanziert wurde die mehrwöchige Schiffsreise nach Europa von einem Zahnarzt aus Montevideo. Er ließ 15 der besten Fußballspieler seines Landes zusammenstellen.
Dänemark, Großbritannien, Österreich und Ungarn waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts die erfolgreichsten Fußball-Nationen Europas. Dass Fußball auch in anderen Erdteilen praktiziert wurde, war bekannt, wurde aber nicht besonders beachtet und so beschäftigte sich niemand mit der außereuropäischen Entwicklung des Sports, etwa in Südamerika. Dort war der Fußball aber ebenso beliebt und wurde bereits sehr viel früher als Kontinentaleuropa professionell betrieben. Profiligen gab es in Südamerika bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Die bei den Olympischen Sommerspielen 1924 zunächst belächelte Mannschaft aus Uruguay war der Konkurrenz läuferisch, taktisch und technisch überlegen. Uruguay gewann nach vier Spielen mit 18:1 Treffern die Goldmedaille.
Bei Olympischen Spielen konnten europäische Mannschaften kaum mehr mit südamerikanischen Mannschaften mithalten. Bei den Olympischen Sommerspielen 1928 zeigte sich wiederholt die Dominanz der Südamerikaner: Argentinien und Uruguay trafen im Finale aufeinander. Letztere Mannschaft gewann im Wiederholungsspiel und war Doppelolympiasieger.
In der Folge beschäftigte man sich in Europa ernsthafter mit der neuen außereuropäischen Konkurrenz und stellte fest, dass in Südamerika längst gut organisierte Fußballligen existierten, wo echte Profis gegen Bezahlung kickten. Südamerikas „geldgierige“ Fußballer wurden in Europa verachtet. Ihr Benehmen empfand man als Brüskierung gegenüber dem olympischen Gedanken. Fortan sollten sie daher von den Spielen ausgeschlossen werden. Der französische Sportmäzen Jules Rimet hatte den Konflikt bereits kurz nach dem ersten Erfolg Uruguays 1924 geahnt und schon damals mit Enrique Buero, einem wohlhabenden Rinderzüchter aus Montevideo, Pläne für ein Fußball-Weltturnier geschmiedet. Diese wurden 1928 dem Fußball-Weltverband vorgelegt, der schließlich akzeptierte. Für die Premiere standen Italien und Uruguay als Austragungsorte zur Diskussion. Da man Uruguays Leistungen würdigen wollte und die beiden Mäzene Rimet und Buero großzügig spendeten, wurde das erste Turnier nach Südamerika vergeben. Außerdem fanden im Jahre 1930 die Feierlichkeiten zur hundertjährigen Unabhängigkeit Uruguays statt.[2] Italien wurde auf die nächste Weltmeisterschaft vertröstet.
Spielorte
Alle Spiele der ersten Weltmeisterschaft wurden in nur einer Stadt ausgetragen, in Montevideo, der Hauptstadt Uruguays. Ursprünglich sollten alle Spiele im neu gebauten Estadio Centenario stattfinden. Es konnte aber nicht rechtzeitig fertig gestellt werden, weil eine lang anhaltende Regenperiode die Bauarbeiten stark beeinträchtigte. Als am 18. Juli 1930, fünf Tage nach der Eröffnung dieser WM, endlich das erste Spiel in diesem Stadion stattfinden konnte, befand sich die Nordtribüne zum Teil noch im Bau. Zu diesem Zeitpunkt bot die Betonschüssel bereits 80.000 Zuschauern Platz. Nach der Fertigstellung wies es für damalige Verhältnisse gleich drei Besonderheiten auf: Erstens war es mit fast 100.000 Plätzen das größte Stadion Südamerikas. Zweitens war es ohne Laufbahn, als reines Fußballstadion konzipiert und drittens war das Stadion nicht oval, sondern beinahe rund. Durch die verspätete Eröffnung des Riesenstadions musste man zunächst auf zwei andere Plätze ausweichen: das Estadio Gran Parque Central und das Estadio Pocitos, damalige Heimstätte von Peñarol Montevideo. Das Auftaktspiel fand am 13. Juli im Estadio Pocitos vor 4.444 Zuschauern statt, wie der FIFA-Spielbericht ausweist.[3]
Stadt | Stadion-Name* | Eröffnet | Zustand* | Plätze* | Spiele |
---|---|---|---|---|---|
Montevideo | Estadio Centenario | 18. Juli 1930 | Neubau | 93.000 | 10 |
Montevideo | Estadio Gran Parque Central | 25. Mai 1900 | Bestand | 25.000 | 6 |
Montevideo | Estadio Pocitos | April 1921 | Bestand | 15.000 | 2 |
* zum Zeitpunkt der Weltmeisterschaft, Juli 1930 |
Teilnehmer
4 aus Europa | Belgien | Frankreich | Jugoslawien | Rumänien |
7 aus Südamerika | Argentinien | Brasilien | Bolivien | Chile |
Paraguay | Peru | Uruguay | ||
2 aus Nord- und Mittelamerika | Vorlage:MEX-1918 | Vereinigte Staaten |
Die Auslosung der Gruppen fand erst statt, nachdem alle 13 Teilnehmer in Uruguay angekommen waren.
Verlauf
Nur vier Mannschaften aus Europa machten sich auf zu einer dreiwöchigen Schiffsfahrt mit anschließendem Fußballturnier, drei von ihnen gemeinsam mit dem Weltpokal und dem FIFA-Präsidenten Jules Rimet mit dem italienischen Luxusliner Conte Verde. Die Rumänen wurden von ihrem König gesponsert, der daraufhin den Beinamen „Der Fußballer“ bekam. Andere starke europäische Nationen wie Deutschland, Österreich, Spanien und England nahmen nicht an der WM teil. Die britischen Verbände waren zudem erst 1928 aus der FIFA ausgetreten, nachdem es zu einem Disput über den Amateurstatus bei den Olympischen Spielen kam. Es war die einzige Weltmeisterschaft, bei der es keine Qualifikation gab. Ursprünglich war eine sofortige K.o.-Runde geplant. Doch wegen der geringen Teilnehmerzahl entschied man sich, die WM in einer Mischung aus Gruppen- und Ausscheidungsspielen auszutragen, da man vermeiden wollte, dass die europäischen Teams möglicherweise nach nur einem Spiel wieder heimreisen mussten. In den Gruppen wurden die vermeintlich stärksten amerikanischen Mannschaften gesetzt: Argentinien, Brasilien und Uruguay, dazu in Gruppe 4 die USA und Paraguay gemeinsam, da zwischen beiden Mannschaften keine Vergleichsergebnisse vorlagen. Die vier europäischen Teams und die verbliebenen drei amerikanischen Mannschaften wurden diesen Gruppen zugelost.[4]
Das erste Spiel fand vor nur 1.000 Zuschauern und im Schneegestöber am 13. Juli statt. Nach 19 Minuten erzielte Laurent mit einem Distanzschuss das erste Tor des Turniers und legte damit den Grundstein für Frankreichs 4:1-Sieg gegen Mexiko. Der Favorit aus Uruguay, der auch schon das olympische Fußballturnier in Paris 1924, sowie das in Amsterdam 1928 gewonnen hatte, setzte sich in seiner Gruppe souverän durch, ebenso Jugoslawien und Argentinien.
Die Überraschung des Turniers waren die US-Amerikaner, die Gruppensieger wurden und das Halbfinale komplettierten. Argentinien und Uruguay gewannen im Halbfinale jeweils 6:1 gegen die Vereinigten Staaten bzw. Jugoslawien. Argentinien profitierte übrigens im gesamten Turnier von den vielen Fehlern der Schiedsrichter: Gegen Frankreich führten sie 1:0, als Langiller für Frankreich alleine auf das argentinische Tor zulief, pfiff der brasilianische Schiedsrichter Rego ab – vier Minuten zu früh. Die restlichen vier Minuten wurden zwar dann doch noch nachgespielt, aber eine ähnliche Chance ergab sich nicht mehr.
Vor dem Finale konnte man sich nicht auf das Spielgerät einigen. Also spielte man in der ersten Hälfte mit einem argentinischen Ball und in der zweiten mit einem uruguayischen. Zur Halbzeit führte Argentinien überraschend 2:1. Doch dank Ball und des herausragenden Andrade gewann Uruguay verdient mit 4:2. Die Argentinier hatten dafür mit Guillermo Stábile den ersten WM-Torschützenkönig in ihren Reihen. Auf Wunsch des Schiedsrichters wurde es den Zuschauern beim WM-Finale 1930 untersagt, Revolver zu tragen. Dies hatte zur Folge, dass vor dem Spiel 1600 Revolver im Zuge von durchgeführten Leibesvisitationen eingesammelt wurden.[5]
Es gab in Uruguay pro Spiel im Schnitt 23.263 Zuschauer. Kein Spiel endete unentschieden. Im Endspiel trafen zum einzigen Mal in der Geschichte der Weltmeisterschaften zwei Mannschaften aus Südamerika aufeinander, Olympiasieger Uruguay und der Südamerikameister Argentinien. Zwar wurde die Weltmeisterschaft 1950 ebenfalls zwischen zwei südamerikanischen Mannschaften entschieden, allerdings handelte es sich dabei um Gruppenspiele und nicht um ein Finale.
Ein Spiel der beiden Halbfinalverlierer um den dritten Platz, ein sogenanntes „kleines Finale“, wurde 1930 nicht ausgetragen.
Spielergebnisse
Vorrunde
Gruppe 1
Rang | Land | Sp. | S | U | N | Tore | Diff. | Punkte |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | Argentinien | 3 | 3 | 0 | 0 | 10: | 4+6 | 6:0 |
2 | Chile | 3 | 2 | 0 | 1 | 5: 3 | +2 | 4:2 |
3 | Frankreich | 3 | 1 | 0 | 2 | 4: 3 | +1 | 2:4 |
4 | Vorlage:MEX-1918 Mexiko | 3 | 0 | 0 | 3 | 4:13 | -9 | 0:6 |
13. Juli 1930 | |||
Frankreich | – | Mexiko | 4:1 (3:0) |
15. Juli 1930 | |||
Argentinien | – | Frankreich | 1:0 (0:0) |
16. Juli 1930 | |||
Chile | – | Mexiko | 3:0 (1:0) |
19. Juli 1930 | |||
Chile | – | Frankreich | 1:0 (0:0) |
Argentinien | – | Mexiko | 6:3 (3:1) |
22. Juli 1930 | |||
Argentinien | – | Chile | 3:1 (2:1) |
Gruppe 2
Rang | Land | Sp. | S | U | N | Tore | Diff. | Punkte |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | Jugoslawien | 2 | 2 | 0 | 0 | 6:1 | +5 | 4:0 |
2 | Brasilien | 2 | 1 | 0 | 1 | 5:2 | +3 | 2:2 |
3 | Bolivien | 2 | 0 | 0 | 2 | 0:8 | -8 | 0:4 |
14. Juli 1930 | |||
Jugoslawien | – | Brasilien | 2:1 (2:0) |
17. Juli 1930 | |||
Jugoslawien | – | Bolivien | 4:0 (0:0) |
20. Juli 1930 | |||
Brasilien | – | Bolivien | 4:0 (1:0) |
Gruppe 3
Rang | Land | Sp. | S | U | N | Tore | Diff. | Punkte |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | Uruguay | 2 | 2 | 0 | 0 | 5:0 | +5 | 4:0 |
2 | Rumänien | 2 | 1 | 0 | 1 | 3:5 | -2 | 2:2 |
3 | Peru | 2 | 0 | 0 | 2 | 1:4 | -3 | 0:4 |
14. Juli 1930 | |||
Rumänien | – | Peru | 3:1 (1:0) |
18. Juli 1930 | |||
Uruguay | – | Peru | 1:0 (0:0) |
21. Juli 1930 | |||
Uruguay | – | Rumänien | 4:0 (4:0) |
Gruppe 4
Rang | Land | Sp. | S | U | N | Tore | Diff. | Punkte |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | Vereinigte Staaten | 2 | 2 | 0 | 0 | 6:0 | +6 | 4:0 |
2 | Paraguay | 2 | 1 | 0 | 1 | 1:3 | -2 | 2:2 |
3 | Belgien | 2 | 0 | 0 | 2 | 0:4 | -4 | 0:4 |
13. Juli 1930 | |||
Vereinigte Staaten | – | Belgien | 3:0 (2:0) |
17. Juli 1930 | |||
Vereinigte Staaten | – | Paraguay | 3:0 (2:0) |
20. Juli 1930 | |||
Paraguay | – | Belgien | 1:0 (1:0) |
Finalrunde
Halbfinale
26. Juli 1930 in Montevideo | |||
Argentinien | – | Vereinigte Staaten | 6:1 (1:0) |
27. Juli 1930 in Montevideo | |||
Uruguay | – | Jugoslawien | 6:1 (3:1) |
Finale
30. Juli 1930 in Montevideo | |||
Uruguay | – | Argentinien | 4:2 (1:2) |
Meistermannschaft
Die Weltmeistermannschaft: Enrique Ballesteros; José Nasazzi, Ernesto Mascheroni, José Leandro Andrade, Lorenzo Fernández, Alvaro Gestido, Pablo Dorado, Héctor Scarone, Héctor Castro, José Pedro Cea, Santos Iriarte.
Trainer: Alberto Suppici (jüngster Trainer, der je den Weltmeistertitel gewonnen hat)
Die Siegesfeierlichkeiten sollen sich über mehrere Tage und Nächte erstreckt haben[6]. Jedoch gab es auch negative Begleiterscheinungen des Finales. So fühlten die Argentinier sich schlecht behandelt und äußerten sich dahingehend, dass einige ihrer Spieler bedroht worden seien. Es folgte der vorübergehende Abbruch der Beziehungen zum uruguayischen Fußballverband AUF. Auch politische Spannungen zwischen den beiden Ländern kamen auf, als nach gewalttätigen Übergriffen auf die uruguayische Botschaft in Buenos Aires ebenfalls auf politischer, zwischenstaatlicher Ebene ein vorübergehender Abbruch der Beziehungen folgte. Bis 1935 fand daher auch keine weitere südamerikanische Meisterschaft (Campeonato Sudamericano) statt, da keines der beiden Länder an einem solchen Turnier teilnehmen wollte, bei dem auch der Nachbar zugegen war.[7]
Torschützenliste
Die Stars der Weltmeisterschaft
- José Leandro Andrade (Uruguay) – "La Maravilla Negra" (dt. „Das schwarze Wunder“)
- José Nasazzi (Uruguay) – Kapitän der Weltmeistermannschaft
- Guillermo Stábile (Argentinien) – Torschützenkönig
Literatur
- R. Keifu: Erste Fußball-Weltmeisterschaft 1930 in Uruguay, 2000, ISBN 3-89784-014-6
- Folke Havekost, Volker Stahl: Fußballweltmeisterschaft 1930 in Uruguay, Juni 2005, ISBN 3-89784-245-9
- IFFHS: Weltmeisterschaft 1930 – World Cup 1930. In: Fußball-Weltzeitschrift, Kassel, 25/26 (1994) 1-124
- Hardy Grüne: Fußball-WM-Enzyklopädie 1930-2006, AGON-Sportverlag, Kassel, 2004, ISBN 3-89784-261-0
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ FIFA Statutenheft, Montevideo 1930
- ↑ http://www.worldcupportal.de/1930/index.htm
- ↑ FIFA.com: Match-Report 1930, abgefragt am 1. September 2011
- ↑ Keifu, S. 32
- ↑ 1600 Revolver fürs Finale auf spiegel.de vom 19. Juni 2010
- ↑ http://www.worldcupportal.de/1930/index.htm
- ↑ Detaillierter Spielbericht zum Finale, der in der uruguayischen Presse anlässlich des 81. Jubiläums des Finales erschien (spanisch), abgerufen am 7. Februar 2012
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