Stehwellenverhältnis
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Das Stehwellenverhältnis (englisch standing wave ratio, SWR) ist ein Maß für die stehende Welle, die auf einem Wellenleiter durch Reflexion entsteht. Mit den Amplituden V und R der vor- und rücklaufenden Welle ist es definiert als
Ohne Reflexion (R = 0) ist das SWR 1, bei vollständiger Reflexion (R = V) ist es unendlich. Bei einem hohen Stehwellenverhältnis wird ein hoher Anteil der eingespeisten Leistung am Verbraucher reflektiert und über den Wellenleiter zur Quelle zurück geleitet. Bei einem Stehwellenverhältnis nahe dem Wert eins wird nahezu die gesamte eingespeiste Leistung in den Verbraucher übertragen. Dies ist der angestrebte Zustand, wenn die Leitung der Energieübertragung dient. Dieser Zustand wird erreicht, wenn der Ausgangswiderstand der Quelle, der Eingangswiderstand des Verbrauchers und der Wellenwiderstand der Übertragungsleitung übereinstimmen.
Ursachen
Wo sich im Laufe der Ausbreitung einer Welle die Impedanz des Mediums steil ändert, wird ein Teil der Welle reflektiert. Die reflektierte Welle überlagert sich mit der einlaufenden Welle. Die entstehende Interferenz lässt sich als Summe aus einer verminderten einlaufenden Welle und einer Stehwelle deuten. Die Amplitude des nicht reflektierten, also transmittierten Anteils der Welle ist gleich groß wie die Amplitude der verminderten einlaufenden Welle.
Je mehr von der einlaufenden Welle reflektiert wird, desto größer ist die Stehwelle. Im Gegenzug ist die Amplitude der verminderten einlaufenden Welle um so geringer, je mehr reflektiert wird. Wenn die die einlaufende Welle vollständig reflektiert wurde, dann hat die reflektierte Welle die gleiche Amplitude, wie die einlaufende Welle. In diesem Fall besteht die Interferenz nur aus einer Stehwelle. Umgekehrt verschwindet die Stehwelle bei Abwesenheit von Reflexion. Dann wird die Welle vollständig transmittiert.
Kontinuierliche Welle
Im Frequenzbereich oberhalb einiger 100 MHz lässt sich der Zeitverlauf von Signalen nur schwer messen. Die Amplitude an einem bestimmten Punkt der Leitung zu bestimmen, ist dagegen vergleichsweise einfach. Während eine Wanderwelle längs der Leitung überall die gleiche Amplitude W hat, variiert der Messwert bei einer Stehwelle zwischen Null an den Knoten und einem Maximum S mittig zwischen den Knoten.
Für eine Überlagerung aus Steh- und Wanderwelle misst man ein Minimum von W = V − R und ein Maximum von S + W = V + R und identifiziert deren Verhältnis
als das Stehwellenverhältnis SWR.
Stehwellverhältnis von Impulsen und Wellenpaketen
Die Größe des reflektierten Anteils einer Welle hängt weder von der Frequenz noch von der Amplitude der Welle ab. Kurze Pulse, oder Wellenpakete lassen sich darstellen als Überlagerung von Wellen unterschiedlicher Frequenz. Das bedeutet, dass für die Amplitude des reflektierten und des einlaufenden Impuls, oder Wellenpaket das Gleiche gilt wie für kontinuierliche Wellen. Bei ihnen bildet sich zwar keine stationäre Stehwelle aus. Dennoch lässt sich für sie ein Stehwellenverhältnis angeben, indem direkt auf die Definition mit der Amplitude der einlaufenden und der reflektierten Welle zurückgeriffen wird.
Auswirkungen auf das Kabel
Der Wert des Stehwellenverhältnisses erlaubt eine Aussage über die Übertragungsverluste im Kabel. Es wird nur durch Kabel und den Wert des Abschlusswiderstandes (z.B. eine Antenne) bestimmt und kann durch keine Maßnahmen am Sender geändert werden.
- SWR = 1. Bei diesem Idealfall tritt keine Reflexion am Kabelende auf, weil der Abschlusswiderstand den korrekten Wert von beispielsweise 50 Ω besitzt. Die in das Kabel eingespeiste Leistung wird vollständig im Abschlusswiderstand verbraucht. Spannungen und Ströme haben überall auf dem Kabel den gleichen Wert. Die Energieverluste im Kabel sind minimal. Daraus folgt aber nicht, dass die Antenne besonders gut abstrahlt; denn wenn man die Antenne durch eine Dummy-Load mit korrektem Widerstand ersetzt, wird bei SWR = 1 keine Leistung abgestrahlt.
- SWR ≈ 2. Ein gutes SWR bedeutet nur, dass zwischen Kabel und Antenne fast Leistungsanpassung vorliegt. Es liefert keine Aussage, ob die Antenne die zugeführte Leistung gut abstrahlt. Spannungen und Ströme unterscheiden sich an unterschiedlichen Stellen des Kabels geringfügig. Die Energieverluste im Kabel sind leicht erhöht.
- SWR > 5. Ein schlechtes SWR bedeutet, dass sich die Wellenimpedanz des Kabels stark vom Wert des Abschlusswiderstandes unterscheidet. Nur ein geringer Teil der gelieferten Energie wird darin verbraucht, der Großteil wird zum Sender reflektiert. Spannungen und Ströme unterscheiden sich an unterschiedlichen Stellen des Kabels sehr stark. Im Kabel entstehen unnötig hohe Wärmeverluste. Bei bestimmten Bauarten, beispielsweise der in der Anfangszeit der Funktechnik verwendeten „Hühnerleiter“ (einer zwischen Sender und Antenne frei aufgehängten, luftisolierten Doppelleitung genau definierter Länge), waren die Verluste trotz hohem SWR relativ gering. Grund dafür ist, dass Luft auch bei hohen Spannungen kaum dielektrische Verluste erzeugt.
- SWR = ∞. Bei offenem oder kurzgeschlossenen Kabelende tritt vollständige Reflexion der Leistung auf. Das Kabel wirkt wie ein Schwingkreis, dessen Resonanzwellenlängen und -frequenzen nur von der Länge und vom Aufbau des Kabels abhängen (siehe Leitungstheorie#Sonderfall_Kurzschluss).
Auswirkungen auf den Sender
Jeder Sender muss zwischen Endstufe und Antennenbuchse ein selektives Netzwerk aus verlustarmen Kondensatoren und Spulen besitzen, das die Oberwellen ausreichend dämpft. Zugleich ist dieses Netzwerk ein Resonanztransformator, der die notwendige Widerstandstransformation zwischen dem optimalen Belastungswiderstand des aktiven Bauelementes (Röhre oder Transistor) und der Kabelimpedanz herstellt.
Oft kann das Transformationsverhältnis in engen Grenzen variiert werden, was man als Abstimmung bezeichnet. Wenn jedoch die tatsächliche Kabelimpedanz zu stark vom Sollwert (meist 50 Ω) abweicht und zusätzliche induktive oder kapazitive Blindwiderstände aufweist, kann das Netzwerk die tatsächliche Belastungsimpedanz (fehlangepasstes Kabel) nicht mehr in den Toleranzbereich des Endstufentransistors transformieren. Deshalb kann die Maximalspannung oder der Maximalstrom des Transistors überschritten werden (SOAR-Diagramm) und der Verstärker ist zerstört.
Messung mit einem Dauersignal
Zur Messung mit Spannungssonden legt man in die Verbindung Sender – Abschlusswiderstand eine teilweise offene Koaxialleitung und sucht die Position, an der die Spannung besonders groß wird (Umax = V + R), und misst dann im Abstand λ/4 eine besonders geringe Spannung Umin = V − R.
Alternativ verwendet man Richtkoppler, die aus vor- und rücklaufender Welle Bruchteile auskoppeln, die getrennt gemessen werden, in einem Stehwellenmessgerät als V und R. Bei sehr hohen Frequenzen werden statt der Spannungen die Leistungen gemessen. Dann gilt:
Messung mit Impulsen
Ein Impulsgenerator erzeugt eine Folge von sehr kurzen Rechteckimpulsen von jeweils etwa 20 ns Dauer, die in so großem Abstand folgen, dass die Echos aller früheren Impulse abgeklungen sind. Die Impulse werden über einen relativ großen Widerstand an den Kabelanfang angeschlossen. Ein Oszilloskop wird über kapazitätsarme Tastköpfe an beide Kabelenden angeschlossen. Wenn das Kabelende mit dem korrekten ohmschen Widerstand (meist 60 Ω) belastet ist, werden keine Impulse reflektiert. Diese Messung darf nicht unmittelbar an Antennen durchgeführt werden, weil jeder Impuls ein sehr breitbandiges Spektrum besitzt und daher Funkstörungen entstehen können.
Literatur
- Otto Zinke, Heinrich Brunswig: Hochfrequenztechnik 1: Hochfrequenzfilter, Leitungen, Antennen. 6. Auflage. Springer, 1999, ISBN 978-3-540-66405-5.