Pietro Aretino

italienischer Schriftsteller der Renaissance
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Pietro Aretino (*20. April 1492 in Arezzo; †21. Oktober 1556) war ein italienischer Schriftsteller und Dichter der Renaissance.

Pietro Aretino

Er verfasste Theaterstücke, religiöse Erbauungsbücher, die berühmt-berüchtigten erotischen Sonette zu den modi des Marcantonio Raimondi sowie ein große Zahl von literarisch brillanten und kulturhistorisch ergiebigen Briefen. Aretino verkörpert den Typus eines unabhängigen, allein auf der Grundlage seiner geistigen Leistungen in einer höfischen Gesellschaft erfolgreichen sozialen Aufsteigers.

Leben

Jugend

Aretino wurde 1492 in Arezzo (Aretino heißt "aus Arezzo") als Sohn eines Schusters und der Margherita (Tita) Bonci geboren, nach seinen eigenen Angaben war er Sohn eines Edelmannes. Über seine Jugend sind keine sicheren Daten bekannt. Er erhielt offenbar keine gute Schulausbildung und auch keinen Unterricht in der lateinischen Sprache. Im Alter von etwa 14 Jahren hat er sich in Perugia aufgehalten, wo er möglicherweise Malerei studierte, die örtliche Universität besuchte und erste literarische Werke verfasste. 1512 wurden Sonette von ihm zum ersten mal in Venedig veröffentlicht.

Rom

Um 1517 ging er nach Rom, wo er auf Vermittlung des Bankiers Agostino Chigi eine Stelle bei Kardinal Giulio de' Medici bekam und auch Zugang zum Hof von Papst Leo X. erhielt. In den folgen Jahren gewann er immer mehr an Einfluss und schloss Freundschaft unter anderem mit Raffael und Giulio Romano. Während des Konklaves von 1521 schrieb er die ersten seiner berüchtigten und gefürchteten Spottverse, genannt Pasquinate nach der Statue des Pasquino auf der Piazza Navona in Rom, an die solche anonymen Verse üblicherweise von Studenten angeheftet wurden. Aretino nutze hier eine überlieferte Einrichtung, die sich bisher eher auf akademische und gelehrte Themen beschränkt hatte und gab ihr eine neue, satirische und antiklerikale Ausrichtung.
1522 bestieg der fromme und sittenstrenge Adrian von Utrecht als Papst Hadrian VI. den Thron, und Aretino zog es vor, sich einen Mäzen weit weg von Rom zu suchen. Die Wahl seines alten Förderers Giulio de' Medici als Papst Clemens VII. im Jahre 1523 veranlasste ihn zu einer Rückkehr nach Rom. Sein erster großer Erfolg als Autor kam 1525 mit der Veröffentlichung seiner obszönen Sonette, den sonetti lussuriosi, zu den Kupferstichen des Marcantonio Raimondi nach Giulio Romanos Zeichnungen. Sie kosteten ihn allerdings die Patronage des Papstes. Nach Todesdrohungen von Seiten der Opfer seiner lästerlichen Spott- und Schmähschriften und nach einem fehlgeschlagenen Attentat des Achille della Volta im Juli 1525 verließ Aretino Rom für immer. In der Folge hielt er sich im Umkreis des Federico II. Gonzaga in Mantua und des Condottiere Giovanni de' Medici, genannt Giovanni delle Bande Nere auf. Um sich die Gunst des Papstes für die Kardinalsernennung seines Bruders zu sichern, plant der Gonzaga ein Attentat auf Aretino. Aretino floh daraufhin nach Venedig, wo er eine Wohnung in einem Palast am Canal Grande bezog.

Venedig

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Tizian: Pietro Aretino, 1545 (Palazzo Pitti, Florenz)

Dort verfasste er zunächst eine gegen den Papst gerichtete satirische Schrift über den Sacco di Roma und einen Friedensappell an Kaiser Karl V.. In Venedig bekam er schnell Zugang zur Oberschicht, er genoss die Protektion des Dogen Andrea Gritti und schloss Freundschaft mit Tizian und Sansovino. Die im Venedig des frühen 16. Jahrhunderts blühende Druckkunst schuf für Aretinos literarische Tätigkeit und die schnelle und allgemeine Verbreitung seiner Schriften und Briefe die idealen Bedingungen. Er mischte sich mit seiner spitzen Feder in die politischen Angelegenheit der verschiedenen Republiken und Staaten ein und hatte Kontakte sowohl zum deutschen Kaiser als auch zum französischen König Franz I. Von Venedig aus startete er Bettelaktionen unter anderem an die politischen Kontrahenten, die ihn beide in der Hoffnung, er möge dem politischen Gegner möglichst viel Schaden zufügen, den jeweiligen Mäzen aber schonen, großzügig subventionierten. Dieser Mischung von Schmeicheleien, gezielten Enthüllungen, Schmähungen, versteckter und offener Drohungen in seinen Briefen und Aufsätzen, die gelegentlich den Tatbestand der Erpressung erfüllen, zirkulierten überall in Italien. Ab 1535 versah er seine Druckerzeugnisse mit dem Motto: Veritas odium parit (die Wahrheit brütet Hass aus.)

Ab 1538 gab er in Abständen Sammlungen diese Briefe als Bücher heraus. Daneben veröffentlichte er Viten von Heiligen, für die er im Zusammenhang mit der Auseinandersetzungen Roms mit der Reformation Luthers einen Markt erkannte. Außerdem gab es eine reiche Produktion von Satiren, Polemiken und Theaterstücken. Aretino gelang es, allein durch seine literarische Tätigkeit ein beachtliches Einkommen zu erwirtschaften. Zwischen 1550 und 1551 verfasste er die ternali zum Ruhm des Papstes Julius III. und macht sich Hoffnungen auf einen Kardinalshut, die sich aber nicht erfüllten.

Aretino ist am 21. Oktober 1556 in Venedig gestorben, wahrscheinlich an einem Schlaganfall, der Legende nach soll er bei einem Lachanfall vom Stuhl gefallen sein und sich dabei den Hals gebrochen haben.
Nach seinem Tod wurden seine Werke von Papst Paul IV. auf die erstmals zusammengestellte Liste der verbotenen Bücher Index Librorum Prohibitorum gestellt.

Das literarische Werk

Aretino schrieb fünf Komödien (darunter "Die Kurtisane", 1525/34 und "Der Stallmeister", 1533) und die Tragödie "Die Horatier" (1546). Er gab auch seine Briefe heraus und war deswegen als die "Geißel der Mächtigen" berüchtigt. Weiters war er für seine "Gespräche" (1534 und 1536) bekannt, die auch in Deutschland im 17. Jahrhundert rezipiert wurden (in der lateinischen Fassung als "Pornodidascalus" oder deutsch als "Italiänischer Huren-Spiegel"). Weitere solche Dialoge erschienen 1538 ("Gespräch über die Höfe") und 1543 ("Gespräch über das Kartenspiel"). Seine Werke wurden wegen ihres gewagten Inhalts oft unter dem Pseudonym "Partenio Etiro" (ein Anagramm) herausgegeben. Daneben schrieb Aretino aber auch Heiligenlegenden.

Werke

 
Illustration zu "Gespräche der Götter" von Agostino Carracci
  • Sonetti lussuriosi,
  • Dubbi amorosi
  • Ragionamenti [1533, 1536], Hetärengespräche zwischen den Prostituierten Nanna und Antonia über die Zukunft und um die optimale Lebensweise von Nannas Tochter. Nanna, die in ihrem Leben Nonne, Ehefrau und Dirne gewesen ist, kommt während des Gesprächs zu dem Schluss, dass sich die Fähigkeiten und Begabungen einer Frau nur in einem Leben als Dirne ausreichend entfalten könnten, nur hier ergäbe sich für die Frau die optimale Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Wichtigste Voraussetzung für ein erfolgreiches Leben sei es aber, sich nicht in die Männer zu verlieben, um nicht von diesen betrogen und ausgenutzt zu werden. Aretino parodiert in seinen Ragionamenti zeitgenössische Tugendlehren und mokiert sich über die Idealisierung der Frau, wie sie in der Nachfolge Petrarcas in der in Italien verbreiteten Literatur des Petrakismus üblich war.
  • Lettere [1537-1557]; Briefe
  • Fraza
  • La cortigiana [1526] ist eine Parodie auf Castigliones Buch Il Cortegiano und beschreibt die Abeneuer von Messer Maco aus Siena, der nach Rom reist, um Kardinal zu werden. Als er sich dort in eine Frau verliebt, muss er feststellen, dass er nur als cortegiano, als Mann des Hofs, bei ihre eine Chance hat. Er nimmt Unterricht bei einem Schwindler, der ihn die Tugenden eines Hofmanns lehrt: Er lernt zu täuschen und zu betrügen und sitzt für Stunden vor dem Spiegel.
  • Il marescalco [1533]
  • La talanta [1542]
  • Lo ipocrito [1542]
  • Il filosofo [1546]
  • L'Orazia, [1546] , Verstragödie

Siehe auch: Thomas Hettche

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