Ludwig Feuerbach

deutscher Philosoph
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Ludwig Andreas Feuerbach (* 28. Juli 1804 in Landshut; † 13. September 1872 in Nürnberg-Rechenberg) war ein deutscher Philosoph und Religionskritiker.

Erinnerungstafel auf dem Rechenberg (Nürnberg)

Leben

Ludwig Andreas Feuerbach wurde als Sohn von Paul Johann Anselm Ritter von Feuerbach geboren. In seiner Jugend trennten sich die Eltern und Ludwig wurde eine Art Vermittler zwischen ihnen. In der Schule beschäftigte er sich stark mit der Religion.

Er studierte in Heidelberg Theologie und wurde durch die Vorlesungen Karl Daubs für die Philosophie Hegels gewonnen. Gegen den Willen des Vaters ging er 1824 nach Berlin und wurde dort Schüler Hegels.

Ab 1828 arbeitete er als Privatdozent der Philosophie in Erlangen, war jedoch wenig erfolgreich und wurde als Hegelianer angefeindet. Seine anonym erschienene Schrift Gedanken über Tod und Unsterblichkeit, in der er eine Religion, die ein Jenseits postulierte, für rückschrittlich erklärte, wurde beschlagnahmt und verboten. Gegen den Autor wurde polizeilich ermittelt. Schnell wurde der Verfasser bekannt. Nun waren seine Chancen auf eine akademische Karriere vertan, sein Gesuch um eine außerordentliche Professur wurde wiederholt (zuletzt 1836) abgeschlagen.

Er verzichtete auf die akademische Laufbahn und zog sich nach Ansbach und von dort (seit 1836) in das Dorf Bruckberg zurück. Dort wohnte er im schön gelegenen Schloss. 1837 heiratete er seine Lebensgefährtin Bertha Loew. 1860 bewogen ihn die Familienverhältnisse zur Übersiedlung in die Nähe von Nürnberg. Zwischenzeitlich entstanden fast alle seine Werke.

1841 entwickelte sich zwischen Johanna Kapp, der Tochter eines ihm befreundeten Philosophen, und ihm eine intensive Liebe. Feuerbach war fünf Jahre zwischen seiner Frau und Tochter und Johanna hin und her gerissen, bis er sich endlich doch für seine Familie entschied.

Feuerbachs äußere Verhältnisse hatten sich seit dem Fehlschlagen der Revolution von 1848 verschlechtert. 1860 verloren seine Frau und er das gesamtes Vermögen, das sie in Bruckberg in die Porzellanfabrik ihres Vaters investiert hatten, durch Bankrott des Unternehmens. Die Familie war gezwungen, den Wohnsitz im Schloss aufzugeben. Weiterhin musste er auf eine geringe Rente, die ihm bis dahin das Leben eines Privatgelehrten und Philosophen durch ein beschränktes, aber unabhängiges Einkommen gesichert hatte, verzichten. 1860 bis 1872 lebte die Familie auf dem Rechenberg in der Nähe von Nürnberg, wo Feuerbach sich wie ein Fluss ohne Bett vorkam. Sie lebten in ärmlichen Verhältnissen und konnten sich nur durch öffentliche Zuwendungen und Hilfe von Freunden erhalten, die wohl auch häufig zu Besuch kamen. Die Bekanntschaften Feuerbachs erstreckten sich durch alle Gesellschaftschichten und über viele Länder.

Ein Denkmal der für beide Teile charakteristischen Seelenfreundschaft, welche Feuerbach seit 1862 mit dem originellen oberösterreichischen Landmann und Schenkwirt Konrad Deubler in Goisern bei Ischl verband, ist in seinem im Nachlass unter dem Titel: Philosophisches Idyll oder Ludwig und Konrad herausgegebenen Briefwechsel mit diesem erhalten.

Das Ende Feuerbachs, der eine für damalige Philosophen ungewöhnliche und naturverbundene Lebensweise pflegte, und mehr den Kontakt mit Leuten aus dem Volk als mit Akademikern pflegte, wurde durch wiederholte Schlaganfälle herbeigeführt, deren letztem er am 13. September 1872 auf dem Rechenberg bei Nürnberg erlag.

Kinder:

Eleonore, geb. 6. Sept. 1839, gest. 23. Juni 1923 in München. Unverheiratet, keine Kinder. Mathilde geb. 24. März 1842, starb am 28. Okt. 1844 zu Bruckberg im dritten Lebensjahr.

Werk

Seine 1830 anonym erschienene Schrift Gedanken über Tod und Unsterblichkeit, in welcher er eine Religion, die sich ein Jenseits als Ziel setze, für einen Rückschritt erklärte, wurde konfisziert.

Unter dem Titel: Abälard und Heloise veröffentliche er 1833 in humoristisch-philosophischen Aphorismen eine Parallele zwischen der realen und idealen Seite des Lebens. Danach begann er mit seiner Darstellung der Geschichte der neuern Philosophie, die sich, wie seine Kritiken auf dem Gebiet der Philosophie, durch klassische Schärfe der Charakteristik auszeichnete, den Kampf der Vernunft gegen die Theologie, des Wissens gegen den Glauben, den er im dritten Band: Pierre Bayle nach seinen für die Geschichte der Philosophie und der Menschheit interessantesten Momenten in pikanter Weise fortsetzte, und wobei dieser selbst wie die vorgenannten Denker seinen persönlichen Ansichten zur Folie dienten.

Seit 1837 trat er in Verbindung mit Arnold Ruge (1802-1880) und den Halleschen Jahrbüchern, später Deutschen Jahrbüchern, in welchen sich sein Bruch nicht nur mit der Theologie, sondern auch mit der Hegelschen Philosophie vollzog. Zwar nahm er diese noch in der Schrift Über Philosophie und Christentum gegen die fanatischen Verketzerer aller Vernunftthätigkeit in Schutz; aber noch in demselben Jahr sagte er sich durch die Schrift Zur Kritik der Hegelschen Philosophie von der dialektischen Methode und deren Meister los, dessen Philosophie er in Naturalismus umbildete. Feuerbach erklärte in dieser Schrift alle Spekulation, die über die Natur und den Menschen hinaus will, mit dürren Worten für Eitelkeit, den absoluten Geist für eine Schöpfung des subjektiven Menschengeistes; in der Rückkehr zur Natur fand er die einzige Quelle des Heils.

Wie auf den Bruch mit der Theologie (besonders in der in den Jahrbüchern erschienenen Kritik des positiven Jacob Sengler) jener mit Hegel, so folgte auf diesen in Feuerbachs Hauptwerk: Das Wesen des Christentums (1841), der Zerfall mit der ganzen christlichen Philosophie. Der Satz, den auch Schleiermacher gelegentlich aufstellt, dass der angeblich nach Gottes Ebenbild geschaffene Mensch vielmehr umgekehrt das Göttliche nach seinem eignen Ebenbild schaffe, wird hier zum Ausgangspunkt der Naturgeschichte des Christentums. Nach Feuerbach entfremdet sich der Mensch von sich selbst, weil er seine eigene Beschränkheit erkennt, aber anders als das Tier in der Lage ist, mittels des Verstandes unbeschränkt zu denken, sich etwas vorzustellen. So kommt er zur Vorstellung eine idealen Geschöpfes, nämlich Gott. Dabei erkennt der Mensch jedoch nicht, dass in Gott letztlich der Mensch sein eigenes Wesen betrachtet und bewundert. In Gott ist das Wesen des Menschen vereinigt. Nicht das des einzelnen Menschen, aber das der Gesamtheit der, wie F. es nennt, Gattung Mensch. Dem einzelnen Menschen sind Grenzen gesetzt, aber nicht der Menscheit: "Einzeln ist die menschliche Kraft eine beschränkte, vereinigt eine unendliche Kraft." Erst durch die Unterscheidung des Menschen in Individuum und Gattung kommt es zur Vereinzelung, da der Mensch im Christentum sich auf sich selbst konzentriert so vom "Zusammenhang des Weltganzen" löst. Das Ganze aber, die Gattung ist unbeschränkt und trägt das Göttliche schon in sich. Dies gerät dem Menschen jedoch aus dem Blick. Die vereinigte unendliche Kraft sieht der Mensch stattdessen in einem selbst geschaffenen, künstlichen Wesen: in Gott oder in personifizierter Form in Christus. Feuerbach erklärt die Religion für einen Traum des Menschengeistes, Gott, Himmel, Seligkeit für durch die Macht der Fantasie realisierte Herzenswünsche; was der Mensch Gott nenne, sei das Wesen des Menschen selbst: "Homo Homini Deus!" (der Mensch soll dem Menschen Gott werden; siehe Projektionstheorie). Im Unterschied zu den beiden gleichzeitigen Kritikern des christlichen Dogmas, David Friedrich Strauß (1808-1874) und Bruno Bauer (1809-1882), war es Feuerbach weder, wie Strauß, darum zu tun, den wissenschaftlichen Wert desselben zu bestimmen, noch, wie B. Bauer, Angriffe auf die Konstitution und die Urkunden des Christentums zu machen; sein Ziel war die Beantwortung der Frage: welchen Sinn, welche Bedeutung, welchen Zweck und Ursprung im Geiste des Menschen hat die Religion überhaupt und die christliche insbesondere?

Zur Ergänzung derselben ließ er dem Wesen des Christentums die Schrift Das Wesen der Religion (1845), mehrere Aufsätze in den Deutschen Jahrbüchern, in Otto Wigands Vierteljahrsschrift, die kurze Schrift Das Wesen des Glaubens im Sinn Luthers (1844), die Grundsätze der Philosophie der Zukunft (1843) und die Vorlesungen über das Wesen der Religion folgen, welche sämtlich die Aufgabe der neuern Zeit, die Verwandlung und Auflösung der Theologie in die Anthropologie zu fördern bestimmt waren. Letztere wurden ursprünglich 1848 zu Heidelberg infolge einer an Feuerbach von seiten der dortigen Studentenschaft ergangenen Einladung gehalten und bezeichneten, wie das tolle Jahr selbst, einen Wendepunkt in Feuerbachs Leben.

Eine durchaus beschauliche Natur, fand er die handelnden Personen der Zeit unter seinem Maß und zog sich unter dem Eindruck der praktisch gewordenen Revolution ebenso wie unter jenem der brutalen Reaktion in sein philosophisches Asyl zurück. Während die Zeit unter den Nachwehen der misslungenen Umwälzung sich von dem spekulativ-theologischen Gebiet ab- und dem naturwissenschaftlich-materialistischen zuwandte, vollendete Feuerbach sein letztes religionsphilosophisches Werk und schuf gleichzeitig seinen anthropologischen Naturalismus zum offenen Materialismus um. Jenes, unter dem Titel: Theogonie oder von dem Ursprung der Götter nach den Quellen des klassischen, hebräischen und christlichen Altertums (1857), welches den Grundgedanken der Vorlesungen über das Wesen der Religion, dass die Götter personifizierte Wünsche seien, in erweiterter Form wiederholt, erregte nicht entfernt mehr das Aufsehen seiner literarischen Vorläufer. Dieser hat in einer berühmt gewordenen Rezension von Jacob Moleschotts Lehre der Nahrungsmittel für das Volk (1850) der neueren deutschen Materialistenschule das Schlagwort formuliert: der Mensch ist, was er ißt.

Diese letzte Gestalt seiner Philosophie enthält Feuerbachs letztes Werk, dessen Titel und Resultat jenem seines ersten verwandt, dessen philosophischer Standpunkt aber das gerade Gegenteil jenes des ersten ist, die Schrift Gottheit, Freiheit und Unsterblichkeit vom Standpunkt der Anthropologie (1866). Dasselbe sollte ursprünglich eine Grundlegung der Moral liefern, welch letztere Feuerbach als eine empirische Wissenschaft bezeichnete; da er jedoch im Verlauf von der Ethik abgekommen und auf sein Lieblingsthema, Kritik der spekulativen Philosophie durch Physiologie, geraten war, so schrieb er in seinen letzten Lebensjahren (1868 und 1869) ethische Betrachtungen nieder, die unvollendet geblieben und erst aus seinem Nachlass herausgegeben worden sind.

Nachwirkungen

 
Sarkophag in Nürnberg-Rechenberg, 2004-02-06

Feuerbachs Werk hatte große Auswirkungen auf seine Zeitgenossen, von Gottfried Keller und Richard Wagner bis zu Karl Marx ("Thesen über Feuerbach", 1845) und Friedrich Engels, aber auch auf Friedrich Nietzsche, den deutschen Realismus bis hin zu Martin Buber und Karl Löwith. Sein Einfluss auf die Bewegung der Freidenker war erheblich, nicht zuletzt wegen seiner wohl bekanntesten Maxime: „Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde.“ Feuerbachs Hauptleistung bestand darin, dem deutschen Idealismus mit seinem Kulminationspunkt Hegel den wahrhaft materialistischen Standpunkt entgegengesetzt zu haben. Feuerbach ist somit das notwendige Zwischenglied, ohne das auch die Marxsche "Umstülpung" und damit Aufhebung Hegels nicht möglich gewesen wäre.

Werke

Die Hauptwerke Ludwig Andreas Feuerbachs:

  • Das Wesen des Christentums, Leipzig 1841, 4. Aufl. 1883
  • Grundsätze der Philosophie der Zukunft, Leipzig 1843
  • Das Wesen der Religion, Leipzig 1845

Außerdem schrieb er:

  • Gedanken über Tod und Unsterblichkeit, Nürnberg 1830; 3. Aufl., Leipzig 1876
  • Abälard und Heloise, Ansbach 1833; 3. Aufl., Leipzig 1877
  • Darstellung der Geschichte der neuern Philosophie, Ansbach 1833-1837, 2 Bde.
  • Kritiken auf dem Gebiet der Philosophie, Ansbach 1835
  • Pierre Bayle nach seinen für die Geschichte der Philosophie und der Menschheit interessantesten Momenten, Ansbach 1838
  • Über Philosophie und Christentum, Ansbach 1839
  • Zur Kritik der Hegelschen Philosophie, 1839
  • Das Wesen des Glaubens im Sinn Luthers, Leipzig 1844, 2. Aufl. 1855
  • Vorlesungen über das Wesen der Religion, zuerst im Druck erschienen 1851
  • Theogonie oder von dem Ursprung der Götter nach den Quellen des klassischen, hebräischen und christlichen Altertums, Leipzig 1857, 2. Aufl. 1866
  • Gottheit, Freiheit und Unsterblichkeit vom Standpunkt der Anthropologie, Leipzig 1866
  • Feuerbachs sämtliche Werke sind in 10 Bänden, Leipzig 1846-66, erschienen; hier haben seine früheren Schriften viele Zusätze, aber auch merkliche Modifikationen im Sinne seiner späteren Einstellung erfahren;

Literatur

  • Beyer, Leben und Geist L. Feuerbachs, Leipzig 1872
  • Grün, Ludwig Feuerbach, in seinem Briefwechsel und Nachlaß dargestellt, Leipzig 1874, 2 Bde.
  • Grün, Briefwechsel zwischen L. F. und Christian Kapp, 1832-48, Leipzig 1876
  • Starcke, Ludwig Feuerbach, Stuttgart 1885
  • H.-J. Braun, Die Religionsphilosophie L. Feuerbachs, Stg. 1972
  • H. M. Saß, Ludwig Feuerbach in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Hamburg 1978
  • J. Winiger, Ludwig Feuerbach, Denker der Menschlichkeit. Eine Biographie, Aufbau Taschenbuch, Berlin 2004. ISBN 3-7466-2056-2

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