Jakobsweg

klassischer katholischer Pilgerweg in Europa
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Jakobsweg - auch Jakobusweg - ist ein ganzes Wege-System. Verschiedene Wege aus ganz Europa führen nach Spanien. In Spanien führt ein Hauptweg, der camino francés, von den Pyrenäen bis nach Santiago de Compostela in Nordwestspanien und noch weiter bis ans Cap Finisterre am Atlantik.

Die korrekte Bezeichnung müsste eigentlich Jakobswege heißen, denn auf die Frage, wo der Jakobsweg beginnt gibt es nur eine einzige Antwort: "Gerade dort, wo Du jetzt stehst!" So handelt es sich bei dem Jakobsweg primär um eine Idee, im Mittelalter war es eine Volksbewegung, ein Aufbruch. Natürlich entstanden überall unterwegs zahlreiche Einrichtungen für die Betreuung und Begleitung der Pilger. Es entstanden Klöster, Herbergen, Hospize, Spitäler, Gasthäuser und Kirchen. Kapellen, Klöster, Kathedralen, zahlreiche andere Orte bemühten sich mehr oder weniger erfolgreich an diesem Streben teilzunehmen, wenigstens einen Teil der Wallfahrer zu sich zu locken. Viele Prediger, Bekehrer, Ketzer und Tugendwächter, Gastgeber, Wirte und Neider, Räuber und Trittbrettfahrer warteten auf diesen frühen Touristenstrom und auch auf den wirtschaftlichen Segen aus dieser frommen Wallfahrt.

Der Name Jakobusweg bezieht sich auf den Apostel Jakobus den Älteren. Er war zusammen mit seinem Bruder Johannes einer der zwölf Apostel Jesu Christi. Die Legende besagt, dass die Gebeine von Jakobus in Santiago begraben liegen. Ans Jakobusgrab setzte parallel zur spanischen Reconquista eine grosse Pilgerschaft ein.

Santiago de Compostela gehörte im Mittelalter mit Rom und Jerusalem zu den drei Hauptorten der christlichen Pilgerfahrt. Wer diese Wallfahrt auf sich nahm, dem wurden seine Sünden verziehen, abgelassen, wer auf der Reise sterben sollte, kam auf der Überholspur in den Himmelreich. Man konnte selbst stellvertretend für einen anderen Sündner diese Wallfahrt behegen - um im Gegensatz, man konnte, im Verhinderungsfalle, auch jemanden anderen bis auf das Ende der Welt senden, wenn er zurückkam, übergab er dem Auftragsgeber den Ablass. Daraus ist dann auch ein handelbares Gut geworden, was dann wieder neue Folgen in der Kirche des Mittelalter haben sollte. Siehe auch: Jan Hus und Reformation.

Durch die Schweiz führt ein Weg, der sogenannte Schwabenweg, ab Konstanz, der andere ab Rorschach am Bodensee nach Einsiedeln. Von dort geht's weiter entweder über Luzern oder den Brünigpass nach Fribourg, Lausanne und Genf. Die Luftdistanz von der Ostschweiz bis Santiago beträgt gut 2000 km. Die durchschnittliche Pilgerzeit für diesen Weg beträgt etwa drei Monate (ohne den Heimweg). Und es gab sogar Pilger aus Polen und Litauen und Ukraine, vom Balkan und aus Skandinavien, manche brauchten für den Weg hin und zurück ein ganzes Jahr, viele kamen nie an, so Macher auch nie zurück. Es war im Mittelalter buchstäblich und symbolisch wirklich eine Reise bis auf das Ende der Welt!

Jakobsbruderschaften kümmerten sich, ob mit oder ganz ohne Eigennutz, um das seelische und leibliche Wohl und um den Schutz der Wanderer, die Pilger, der sich durch bestimmte äussere Kennzeichen - Wanderstaab, Hut und relativ reglementierte Bekleidung - und auch durch sein frommes Verhalten zu erkennen gab, galt als hochachtungs- und schützeswert. Ihm zu helfen, ihm den Obdach für eine Nacht zu bieten, auch Speis und Trank, galt als allgemeine Christenpflicht. Die zahlreichen Jakobskirchen und besonders in Frankreich auch eine, bis heute prächtige gotische Kirchenschar, zeugen von der Kraft dieser frommen Massenbewegung im Mittelalter und auch danach.

Aufschwung der Pilgerschaft auf dem Jakobsweg

In den letzten dreissig Jahren hat die Pilgerschaft auf dem Jakobsweg einen grossen Aufschwung erlebt. Der Europarat erklärte 1987 den Weg zum ersten europäischen Kulturweg. Wurden damals gut 5000 Pilger pro Jahr registriert, sind es momentan bald 50'000 aus allen Ländern der Erde. Sie haben entweder den ganzen Weg ab zuhause oder durch ganz Spanien, mindestens aber 150 km der Strecke zu Fuss, per Fahrrad oder zu Pferd zurückzugelegen. Dies wird mit Stempeln von einzelnen Stationen in einem Pilgerbuch verzeichnet und berechtigt zum entsprechenden Abzeichen, doch das Wandererlebnis und die Landschaftsschönheit, vom Bayerischen Wald bis nach Finisterre am Atlantik (galt im Mittelalter als das Ende der Welt) brauchen keine Stempel.


siehe auch: Pilger, Wallfahrer, Pilgerfahrt, Wallfahrt, Pilgerort, Wallfahrtsort, Pilgerstätte, Wallfahrtskirche