Als investigativen Journalismus (v. lat. investigare „untersuchen“) bezeichnet man die journalistische Recherche und Veröffentlichung von Skandalen. Im Englischen wird er als investigative journalism oder investigative reporting bezeichnet.
Gegenstand dieser Form der Berichterstattung sind meist Vorfälle oder bekannte Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft.
Siehe auch: Recherche, Netzwerk Recherche, rechtlich mögliche Probleme bei unwahren Berichten - siehe dazu u. a. "Chantage"
Beispiele
Ein nennenswertes internationales Beispiel ist die Aufdeckung der Watergate-Affäre durch die amerikanischen Journalisten Bob Woodward und Carl Bernstein in der Washington Post.
In Deutschland wurden die CDU-Spendenaffäre und die Flick-Affäre von Hans Leyendecker in der Süddeutschen Zeitung aufgedeckt. Weitere Beispiele sind die Kießling-Affäre (aufgedeckt von Udo Röbel) und die Barschel-Affäre (aufgedeckt vom Spiegel).
Ein schweizerischer Investigativjournalist war Niklaus Meienberg.
Umkehr- und Sonderfall:
Der "Investigative Journalismus" erfolgt nicht bedingungslos. Er kann den Journalisten im Umkehrfall sogar zu einem berufsuntypischen Handeln drängen, wenn die wahre Berichterstattung zwar die öffentlichen Interessen trifft, bedingt aber durch eine gegebene wirtschaftliche oder politischen Sonder- oder Ausnahmesituation, unverantwortlich erscheint (Gewissen/Moral des Journalisten).
Aufforderungen der US-Regierung - z.B. im September 2001 (Sonderfall) - vorsichtig und sorgsam mit Informationen bei der Berichterstattung umzugehen, gerade um weitere Panik in der übersensibilisierten Öffentlichkeit zu vermeiden, führte nicht nur bei den verantwortlichen großen Presseorganen, sondern auch bei den freien Journalisten zu einer solidarischen freiwilligen Selbstzensur oder gar Aussetzung ihrer eigenen Berichterstattung zu damals hochexplosiven Themen. Die - gerade für viele Unternehmen der Luftfahrtindustrie unverschuldete damals vorliegende Sondersituation, sollte mit Unterstützung der Presse beruhigt und nicht noch zusätzlich unnötig angeheizt werden. Aufgegriffene sicherheitsrelevante Recherchen wurden den Behörden und geschädigten Unternehmen direkt zur Prüfung zugeführt und erst später, wenn nicht andere Vereinbarungen getroffen wurden, veröffentlicht. Zu jenem Zeitpunkt trug die Presse im Sinne der Wirtschaft und Politik eine solidarische und ehrenvolle Mitverantwortung, die in dieser Form bisher nicht aufgetreten war und - ausschließlich - im Nachhinein in ihrer Umsetzung nur durch die allgegenwertige "Schockwirkung" des "Nine-Eleven" begründet werden kann. Niemals zuvor wurde von der Presse wie nach dem "Nine-Eleven" soviel Rücksicht [gerade gegenüber den international schwer gebeutelten Luftfahrtgesellschaften] geübt und die eigentliche Aufgabe der Presse - die Pflicht zur Veröffentlichung - in explosiven Teilbereichen ausgesetzt. Moralische Mitverantwortung erweiterte indirekt den anerkannten Pressekodex um diese Rücksichtnahme mit einer fast schon mysteriösen Selbstverständlichkeit, was sich in dem berufsuntypischen Verhalten der Journalisten international wiederspiegelte.
Literatur
- Johannes Ludwig: Investigativer Journalismus, Recherchestrategien - Quellen - Informanten. UVK 2002, ISBN 3-89669-348-4
Weblinks
- Interview u.a. mit Hans Leyendecker zur Recherche bei der CDU-Spendenaffäre
- Netzwerk Recherche e.V. - unterstützt Journalisten bei investigativen Recherchen
- Die Online-Version und laufende Ergänzungen zum Buch von J. Ludwig: Investigativer Journalismus