IP-Telefonie

Technologie zur Übertragung von Sprache und anderen Daten über IP-Netzwerke
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. April 2004 um 01:03 Uhr durch Koala (Diskussion | Beiträge) (=Einfachere Verkabelung in Firmen= Links eingefügt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

IP-Telefonie ist das Telefonieren über ein Netzwerk auf der Grundlage des Internet Protocol.

Um die IP-Telefonie zu nutzen, gibt es zwei Varianten:

  1. Die Verwendung eines Headsets oder eines speziellen Telefonhörers, die an einen Computer angeschlossen werden. Außerdem wird ein Programm benötigt, das die Anwahl des gewünschten Kommunikationspartners übernimmt.
  2. Die Verwendung eines speziellen IP-Telefons oder Adapters, das sich als unabhängiger Client in ein Netzwerk einfügt. Hierzu können kabelgebundene oder kabellose (WLAN) Verbindungen genutzt werden.

Die IP-Telefonie kann folgende Wege einschlagen:

  • vom Internet zum Festnetz: dazu wird ein Vermittlungsrechner von Internetanbietern benutzt; meist kostenpflichtig.
  • vom Festnetz zum Internet: man ruft einen Vermittlungsrechner an, der den Anruf weiterleitet, sofern der empfangende PC empfangsbereit ist.
  • vom Internet zum Internet: derzeit über viele proprietäre Protokolle oder Standards wie H.323 realisiert.

Viele Instant Messenger wie zum Beispiel iChat verschmelzen immer mehr zu IP-Telefonie- und Bildtelefonie-Angeboten (dazu benötigt zusätzlich eine Webcam). Leider benutzen die Anbieter dazu noch oft eigene Formate. Auch einige E-Mail-Anbieter ermöglichen IP-Telefonie.

Funktionsprinzip

  • Die Sprache wird durch ein Mikrofon in elektrische Signale umgewandelt. Diese werden mit einem Analog-Digital-Wandler und einem Codec in einen digitalen Datenstrom verwandelt.
  • Der digitale Datenstrom wird aufgeteilt und in IP-Pakete verpackt.
  • Die IP-Pakete werden über ein Netzwerk übertragen.
  • Die ankommenden Pakete werden wieder zu einem digitalen Datenstrom zusammengefasst.
  • Ein Codec und ein Digital-Analog-Wandler wandeln den Datenstrom wieder in ein analoges Signal um. Ein Lautsprecher wandelt dieses Signal in Sprache zurück.

Um Telefonieren zu können, muss den Teilnehmern das gleichzeitige Sprechen und Hören ermöglicht werden. Der wesentliche Unterschied zu herkömmlicher digitaler Telefonie (ISDN) besteht darin, das die Daten über ein Netzwerk und nicht eine geschaltete Verbindung in einem Telefonnetz übertragen werden. Bei dem Netzwerk kann es sich um ein LAN, WAN oder das Internet handeln. Die IP-Pakete enthalten zwar Audiodaten, unterliegen aber den üblichen Regeln in Netzwerk: Sie können über verschiedene Wege laufen und werden von Routern zum Ziel geleitet.

Technik

Für eine Verbindung zwischen den Teilnehmern müssen die IP-Adressen bekannt sein. Da die meisten Rechner keine statischen IP-Adressen verwenden, werden die aktuellen IP-Adressen über einen Server ausgetauscht, an dem sich die Teilnehmer anmelden. Ist das nicht möglich, müssen die IP-Adressen über eine bekannte Verbindung (Email, Telefon ...) ausgetauscht und manuell eingetragen werden.

Die Sprachinformationen werden von den Endgeräten über Codecs in IP-Pakete umgewandelt. Dabei werden die Daten unterschiedlich stark komprimiert, was zu unterschiedlichen Bandbreiten bei der Übertragung führt. Je nach Codec variiert auch die Sprachqualität. Auch durch die Verzögerungen, die beim Transfer von IP-Paketen bei entsprechendem Verkehr im Netz auftreten, wird die Sprachqualität beeinträchtigt, was im Extremfall zur völligen Unverständlichkeit führt.

Eine Weiterentwicklung des Internet soll die notwendige Übertragungsqualität zur Verfügung stellen, damit die IP-Telefonie in dieser Hinsicht konkurrenzfähig wird zur herkömmlichen Telefonie. Dazu muß aber die Mehrzahl der Router, Server, Multiplexer, etc. die heute das Internet bilden, gegen neue Geräte ausgetauscht werden, was nicht unbeträchtliche Kosten verursachen wird. Die einschlägigen Standardisierungsgremien (IETF, ITU, ETSI,...) arbeiten an Festlegungen, die von allen Herstellern eingehalten werden sollen, damit die Geräte auch kompatibel werden. Bis dahin sind nur Insellösungen möglich, wobei Inseln unterschiedlicher Technik über Gateways miteinander verbunden werden können.

Populäre Codecs

(benötigte netto-Bandbreite in Klammern)

  • G.711a bzw. G.711u - ITU-T-Standard (64kbit/s)
  • GSM - (13,2kbit/s)
  • G.723 - (5,4kbit/s oder 6,3kbit/s)
  • G.729 - (8kbit/s)
  • iLBC - Internet Low Bandwith Codec - IETF draft (13,9kbit/s)
  • SpeeX - Teil des Xiph.org-Projekts (variable Bitraten)

Populäre Signalisierungsprotokolle

Der Rufauf- und abbau erfolgt über ein von der Sprachkommunikation getrenntes Protokoll. Auch die Aushandlung der Parameter für die Sprachübertragung erfolgt über diese Protokolle. Populäre Signalisierungsprotokolle sind:

  • SIP - Session Initiation Protocol, IETF RFC 3261
  • H.323 - eine ITU-T Empfehlung

Vorteile der IP-Telefonie

Niedrigere Verbindungpreise möglich

Da die Benutzung von IP-Netzen preiswerter ist als die Verwendung von Telefonnetzen, kann die Verwendung der IP-Telefonie Kosten sparen. Dabei muss ein möglichst großer Teil der Strecke über eine IP-Verbindung abgewickelt werden. Enorme Kostenvorteile entstehen beispielsweise bei Auslandsgesprächen oder wenn beide Teilnehmer IP-Netze nutzen. Da aber oft ein Übergang ins herkömmliche Telefonnetz nötig ist, ergeben sich nicht immer Kostenvorteile. Die Benutzung des öffentlichen Telefonnetzes muß beim Betreiber des Gateways bezahlt werden. Die Gesamtkosten berechnen sich dann aus der Summe der Entgelte, die für die Benutzung der IP-Verbindung und der Telefonverbindung zu zahlen sind.

Einfachere Verkabelung in Firmen

Viele Firmen haben bisher zwei verschiedene Kommunikationseinrichtungen: das Telefonnetz zur Sprachübertragung und das Computernetzwerk zur Datenübertragung. Dadurch ist eine doppelte Verkabelung notwendig und beide Systeme müssen separat gewartet werden. Bei einer Lösung mit IP-Telefonie kann die Telefonverkabelung entfallen. Dafür muss ein Übergang vom Netzwerk ins öffentliche Telefonnetz geschaffen werden. Auch ein schrittweiser Übergang ist möglich, indem nur neue Arbeitsplätze mit IP-Telefonen ausstattet werden.

Zusätzliche Dienste im Telefon

Beim Einsatz von Telefonen mit LC-Display können diese weitere Informationen auf Abruf anzeigen, z.B. kann der aktuelle Kantinenplan online zur Verfügung gestellt werden oder auf ein konzernweites Telefonbuch zugreifen.

Integration von Computer und Telefon

Bei der Integration von IP-Telefonie und Computer wird die Oberfläche eines Telefons durch ein Programm nachgebildet. Diese Oberfläche kann oft den individuellen Bedürfnissen angepaßt werden. Telefonummern können direkt aus den Anwendungen (Emailprogramm, Adressbuch ...) heraus gewählt werden. Das Emailprogramm kann durch Verwendung von VoiceMail als Anrufbeantworter genutzt werden.

Nachteile der IP-Telefonie

Keine gesicherte Übertragungsqualität

Da das Internet paketorientiert ist und Daten auf verschiedensten Wegen überträgt, aber nicht immer schnell genug ist, kann es zu Übertragungsverlusten oder Verzerrungen kommen. Um den Übertraungsverlusten oder Verzerrungen entgegenzuwirken, gibt es Router mit VoIP-Priorisierung und auch entsprechende Software.

Kein Rufnummernplan

Es gibt keinen internationalen oder auch nur nationalen Rufnummernplan, ebensowenig übergreifende Auskunftsdienste.

Entwicklung

Nach mehreren Anläufen Ende der 90er Jahre, in denen sich die IP-Telefonie nicht durchsetzten konnte, scheinen nunmehr mit der Verbreitung von Internet-Verbindungen mit hoher Bandbreite, z.B. DSL, und dem Vorliegen internationaler Standards die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Einsatz gegeben zu sein. Einige Anbieter stellen hierfür kostenlose Software zur Verfügung, Netzbetreiber bieten Services ohne oder mit niedriger Grundgebühr an.

In jüngster Zeit (2003/4) sind Programme auf den Markt gekommen, die durch die Nutzung des SIP-Standards (Session Initiation Protocol) in Verbindung mit Dienstleistungsunternehmen die Brücke zwischen IP-Telefonie und Festnetz schlagen können. Gratis angeboten wird zur Zeit das Programm x-lite, grundgebührenfreien Service bietet Sipgate.

Schon seit einigen Monaten ist die Gratissoftware Skype erhältlich, mit welcher man mit erstaunlicher Qualität - laut den Entwicklern besser als Festnetzqualität - über das Internet telefonieren kann. Die Software wurde von den gleichen Leuten entwickelt, welche auch schon KaZaA programmiert haben und basiert ebenfalls auf der P2P Technologie. Im Moment sind leider nur Anrufe von PC zu PC möglich, doch noch in diesem soll es möglich werden über Skype auch Festnetztelefone zu erreichen.

Zukunft

T-Com, die Festnetzsparte der Deutschen Telekom, plant, ihr Telefonnetz bereits "deutlich vor dem Jahr 2020" aus Kostengründen vollständig auf Internet-Übertragungstechnik umstellen.