Günther Schwarz (* 12. Februar 1928 in Hamburg; † 9. Juli 2009 in Wagenfeld[1]) war ein deutscher evangelischer Theologe, Pfarrer und Philologe der Aramaistik. Er veröffentlichte acht Bücher über Varianten der Übersetzungen der Worte Jesu und erarbeitete eine in der Fachwelt allerdings nicht rezipierte „Rückübersetzung“ aus dem Griechischen ins Aramäische, das Jesus-Evangelium.
Leben
Nach dem Schulbesuch in Berlin und Hamburg absolvierte Schwarz eine Maschinenschlosserlehre bei AEG in Berlin. Anschließend war er bis Kriegsende Marinehelfer in Gotenhafen (Gdingen) und kurz in Kriegsgefangenschaft. Von 1945 bis 1964 ging er in Berlin, der DDR und schließlich in Westdeutschland BRD verschiedenen Erwerbstätigkeiten nach. 1964–1968 studierte er evangelische Theologie an der Theologischen Akademie in Hermannsburg und Celle. Neben dem neutestamentlichen Griechisch legte er einen Schwerpunkt auf die Beschäftigung mit dem Aramäischen, der Muttersprache Jesu. Er wurde Pfarrer in Elze-Bennemühlen, in Estebrügge und in St.-Hülfe-Wetschen. Seit 1988 ging er in den Ruhestand.
Im Jahr 1986 wurde Schwarz an der Universität Osnabrück mit der Arbeit Jesus, der Menschensohn promoviert.
Er war verheiratet und hatte einen Sohn und zwei Töchter.
Untersuchungen über die „Sprache Jesu“
Methode
Die Umgangssprache Jesu und seiner Jünger war das galiläische Westaramäisch; Hebräisch war seit der Rückkehr des Volkes Israel aus dem babylonischen Exil nicht mehr Umgangssprache, sondern nur noch Kultsprache bei Gottesdiensten. Die in den vier Evangelien überlieferten Texte waren daher ursprünglich aramäisch gedacht und nach Schwarz auch aramäisch niedergeschrieben. Sie wurden im Laufe der Verbreitung der Lehre Jesu in die damalige Welt- und Handelssprache Griechisch übersetzt.
Schwarz’ Methode der Bearbeitung der Worte Jesu ist der Weg der Rückübersetzung vom Griechischen ins Aramäische und ihre anschließende Neubearbeitung und -übersetzung. Wissenschaftlicher Hintergrund dafür sind aramäische Bibelstellen im Neuen sowie im Alten Testament, Übersetzungen alttestamentlicher Schriften ins Aramäische, aramäische Stücke im rabbinischen Schrifttum, aramäische Inschriften jener Zeit, aramäische Qumran-Funde und die dem Aramäischen eng verwandte syrische Peschitta-Bibel.
Ergebnisse der Untersuchung
Seine Methode der Rück- und Neuübersetzung führte Günther Schwarz zu folgenden Schlüssen:
- Jesus habe alle seine Worte, Spruchgruppen, Lehrgedichte und Gleichnisse poetisch geformt, wobei er aus dem Alten Testament bekannte poetische Formen aufgegriffen und weiterentwickelt habe, wie Reim, Wortspiel, Rhythmus sowie verschiedene Arten der Übereinstimmung von Satzgliedern.
- Die ursprüngliche Übersetzung aus dem Aramäischen ins Griechische sei an vielen Stellen falsch. Es sei willkürlich weggelassen und hinzugefügt worden, was heute noch durch einen Vergleich der Evangelientexte zu erkennen sei. So entstanden nach Schwarz’ These die christliche „Drohbotschaft“ mit ewiger Verdammnis, Hölle, Sündenvergebung durch Priester oder Zölibat sowie eine Vielzahl von Ge- und Verboten. Die ursprüngliche Lehre Jesu wurde nach seiner These dabei immer mehr verschüttet und entstellt.
Die Ergebnisse seiner Untersuchungen dokumentierte er in seiner Neuübersetzung neutestamentlicher Texte von 1993, Das Jesus-Evangelium[2] Beispiele:
- Der Heilige Geist, der wie eine Taube auf Jesus herabkommt, beruhe auf einer bestimmten Vokalisation des Aramäischen. Eine alternative Vokalisation ergebe, nun verständlich, daß der Heilige Geist geradewegs auf den Herrn herabkomme[3]
- Das Abendmahl beruhe auf einer Fehlübersetzung: Statt des präsentischen Das ist mein Leib sei futurisch zu übersetzen:
„Gerade dieses "ist" aber bot die Möglichkeit, das Wortpaar Fleisch und Blut sakramental zu deuten ("Dies ist mein Fleisch / mein Blut"), statt wie es Jesus meinte, das Brechen des Brotes und das Vergießen des Weines zu deuten ("Dies wird meinem Fleisch / meinem Blut geschehen").[4]“
Werke
- Jesus, der Menschensohn. Aramaistische Untersuchungen zu den synoptischen Menschensohnworten Jesu. Stuttgart 1986, ISBN 3-17-009268-5.
- Und Jesus sprach. Untersuchungen zur aramäischen Urgestalt der Worte Jesu. Stuttgart 1987, ISBN 3-17-009713-X.
- Jesus und Judas. Aramaistische Untersuchungen zur Jesus-Judas-Überlieferung der Evangelien und der Apostelgeschichte. Stuttgart 1988, ISBN 3-17-009663-X.
- Die Poesie der frühen Christen, die Erkenntnisse und Bekenntnisse ihres Glaubens. Entnommen und übersetzt aus dem syrischen Neuen Testament. München 1990, ISBN 3-927950-02-5.
- Wenn die Worte nicht stimmen. Dreißig entstellte Evangelientexte wiederhergestellt. München 1990, ISBN 3-927950-01-7.
- Fehler in der Bibel. Wie sie zu erkennen und wie sie zu korrigieren sind. München 1990, ISBN 3-927950-00-9.
- Die Bergpredigt, eine Fälschung? Die Worte der Berglehre im Originalton Jesu. München 1991, ISBN 3-927950-03-3.
- Das Jesus-Evangelium. Zusammengesetzt und übersetzt aus griechischen und altsyrischen Vorlagen und aus außerbiblischen Quellen. München 1993, ISBN 3-927950-04-1.
- Die Worte des Rabbi Jeschu. Eine Wiederherstellung. Darmstadt 2003, ISBN 3-222-13132-5.
- Glaubenswürdiges Credo?: Rückfragen zum Credobuch von Benedikt XVI. und zum Glaubensbekenntnis der Kirche. Münster 2006, ISBN 3-8258-9427-4.
Weblinks
- Literatur von und über Günther Schwarz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Syrisch-Aramäische Peshitta-Bibel (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ Faksimiles von Todesanzeigen in der Kreiszeitung Syke
- ↑ Günther Schwarz: Das Jesus-Evangelium, München 1993.
- ↑ Ebd., S. 455.
- ↑ Ebd., S. 384.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Schwarz, Günther |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Philologe und evangelischer Theologe |
GEBURTSDATUM | 12. Februar 1928 |
GEBURTSORT | Hamburg |
STERBEDATUM | 9. Juli 2009 |
STERBEORT | Wagenfeld |