Enterprise-Resource-Planning
Enterprise-Resource-Planning (ERP) bezeichnet die unternehmerische Aufgabe, die in einem Unternehmen vorhandenen Ressourcen (wie z.B. Kapital, Betriebsmittel, Personal, ...) möglichst effizient für den betrieblichen Ablauf einzuplanen. Der ERP-Prozess wird in Unternehmen heute häufig durch mehr oder minder komplexe ERP-Systeme, d.h. Software unterstützt.
ERP-Systeme
ERP-Systeme bestehen aus komplexer Anwendungssoftware zur Unterstützung des Enterprise-Resource-Planning.
Die Systeme unterscheiden sich hauptsächlich in ihrer fachlichen Ausrichtung (Zielbranchen), der Unternehmensgröße und somit die Anzahl der benötigten User und den zum Einsatz kommenden Technologien (Datenbanken, Programmiersprache, unterstützte Software-Plattformen, etc.). Manche Systeme sind eine 100% Java-Lösung, während bei anderen Anbietern ein buntes Gemisch verschiedener, teilweise proprietärer Programmiersprachen zum Einsatz kommt. Genauso unterschiedlich sind die eingesetzten zugrunde liegenden Datenbanksysteme, die Spanne reicht von Microsofts Access und MSSQL über Oracle bis zu ebenfalls proprietären Datenbanken.
Außerdem lässt sich der Trend beobachten, dass immer mehr Anbieter auf webbasierte Produkte setzen. Hierbei handelt es sich um die Darstellung der System-Oberfläche in einem Browser-Fenster. Dies bietet die Möglichkeit auch unternehmensexternen Personen, (eingeschränkten) Zugriff auf das eigene System zu geben, ohne dort Software installieren zu müssen. So werden diese Personen direkt in die eigenen Geschäftsprozesse mit einbezogen, was einen wesentlichen Zeit- und damit Kostenvorteil bedeutet.
Dieser Ansatz, über die Unternehmensgrenzen hinaus zu sehen und zu agieren, ist der Grundgedanke von ERP II-Systemen.
Grundsätzlich bestimmt der Bedarf die zur Verfügung stehenden ERP-Anbieter. Ein Großunternehmen muss über eine ERP-Lösung auch seine Konzernstrukturen abbilden können, ggf. Tochterunternehmen direkt anbinden (Mandantenfähigkeit) und benötigt eine Vielzahl von finanzlastigen Funktionen (siehe unten). Im Gegensatz dazu ist der Einsatz einer solchen Lösung, z.B. SAP R/3, bei einem kleinen oder mittelständischen Unternehmen (KMU) aufgrund der Komplexität der Software sowie der zu erwartenden Kosten i. d. R. nicht realisierbar.
Funktionsbereiche einer ERP-Software
ERP-Systeme sollten weitgehend alle Geschäftsprozesse abbilden. Eine durchgehende Integration und eine Abkehr von Insellösungen führen zu einem re-zentralisierten System, in dem Ressourcen unternehmensweit verwaltet werden können.
Typische Funktionsbereiche einer ERP-Software sind:
- Materialwirtschaft (Beschaffung, Lagerhaltung, Disposition, Bewertung)
- Fertigung
- Finanz- und Rechnungswesen
- Controlling
- Personalwirtschaft
- Forschung und Entwicklung
- Verkauf und Marketing
- Stammdatenverwaltung
Die Größe des Unternehmens bestimmt oft den Bedarf an die oben aufgeführten Funktionsbereiche sowie das zur Verfügung stehende Investitionsvolumen für Hardware, Lizenzen und Implementierung. So genannte KMU benötigen z.B. oft keine integrierten Controlling- und Rechnungswesen-Module. Zusätzlich stellen unterschiedliche Wirtschaftszweige teils sehr stark abweichende Anforderungen an ein ERP-System, somit bieten die meisten großen Anbieter Branchenlösungen an, deren Teilpakete speziell auf bestimmte Branchen zugeschnitten sind. Alternativ stehen die Lösungen der über 100 kleineren ERP/PPS-Anbieter im deutschsprachigen Raum zur Verfügung, die oft nicht vollintegrativ sind, dafür aber in der Regel preislich deutlich niedriger anzusiedeln sind. Hinzu kommen derzeit auch immer mehr freie ERP-Systeme (siehe unten), die sich mit gewissen Einschränkungen inbesondere für kleinere Firmen und Neueinsteiger eignen.
Einführung einer ERP-Software
Die Einführung einer ERP-Software ist bei mittelständischen und größeren Unternehmen ein komplexes Projekt und lässt sich grob in zwei Phasen unterteilen.
Sondierung
Vor Einführung einer neuen Unternehmenssoftware erfolgt die Bedarfsermittlung und Auswahl der Software. Dieses erste Teilprojekt wird häufig in Eigenregie der Unternehmen durchgeführt, manchmal jedoch unterstützt von kleineren Management- bzw. Unternehmensberatungen. Bereits hier werden wichtige Entscheidungen für die weitere Vorgehensweise getroffen. Zur Bedarfsermittlung bieten einige bekannte Unternehmensberatungen Methoden an, aus welchen Pflichtenhefte zur Softwareauswahl entstehen. Hierzu werden die Geschäftsprozesse des jeweiligen Unternehmens, welches die Software einführen möchte, aufgenommen und daraus abgeleitet, was die in Frage kommende Software leisten muss. Dieses Anforderungsprofil wird in ein Pflichtenheft überführt und als solches für die ERP-Anbieter veröffentlicht. Nach einer Sichtung des Marktes und Anfragen an Anbieter, die in der Regel die Angabe von pflichtenheftbezogenen Erfüllungsgraden der jeweiligen Software verlangen, werden die geeignetsten Anbieter eingeladen, ihr Produkt zu präsentieren. Im Anschluss erfolgt die Erstellung einer Shortlist von nur noch wenigen (5-6) Anbietern, die eventuell zu einem Workshop für die Ausarbeitung des Dienstleistungsvertrags eingeladen werden. Schließlich wird ein Anbieter (nach zuvor festgelegten Auswahlkriterien beurteilt)ausgewählt.
Umsetzungsphase
Die eigentliche Softwareeinführung unterliegt in der Regel ebenfalls der Projekthoheit des Anwenderunternehmens, wird jedoch in der Praxis oft vom Anbieterunternehmen oder einem Dienstleistungspartner des Anbieters geleitet, da hier oftmals entsprechend hohe Praxiserfahrung vorliegt. In einem ersten Schritt werden alle Geschäftsprozesse des Unternehmens analysiert. Dann wird entschieden, ob der Prozess wie gehabt beibehalten oder verändert werden soll. Erst wenn alle Geschäftsprozesse samt ihrer Schnittstellen innerhalb der Firma oder zu Lieferanten und Kunden modelliert sind, werden diese Geschäftsprozesse in der ERP-Software abgebildet. Nach einer Testphase startet dann der Echtbetrieb der ERP-Lösung.
Lizenzgebundene ERP-Software
Ein großer Teil des weltweiten ERP Marktes ist zwischen den Anbietern SAP (R/3, ERP, mySAP), Oracle (E-Business Suite), PeopleSoft (von Oracle gekauft), Sage (in Deutschland Office Line und Classic Line), und Microsoft (Axapta und Navision) aufgeteilt. Die Marktanteile der großen Anbieter im Jahre 2003 waren laut einer Gartner Studie von 2004: SAP 26,7 % Oracle 6,8 %, Peoplesoft 6,9 % Sage 5,8 % und Microsoft 5,1 %, wobei Peoplesoft mittlerweile von Oracle übernommen wurde. Die restlichen ca. 50 % des Marktes teilt sich eine Vielzahl kleinerer ERP/PPS-Anbieter, die je nach Land und Marktsegment unterschiedlich sind.
Alle großen Anbieter bieten zu den oben genannten Funktionsbereichen (z.B. Finanzwesen und Materialwirtschaft) Module an, die von den Kunden auf ihre individuellen Bedürfnisse angepasst werden können (durch sogenanntes Customizing).
Lizenzgebundene ERP-Software wird von ERP-Anbietern angeboten, die Lizenzgebühren für die Installation und Nutzung der Software verlangen und darüber hinaus, auf Basis dieser Software, kostenpflichtige Dienstleistungen erbringen. Meist fallen für die Nutzung auch jährliche Wartungsgebühren an.
Allein die Preis- und Konditionenliste mancher ERP-Hersteller sind so komplex, dass eine Führungskraft sich mehrere Personentage einarbeiten müsste, um die Investitionsentscheidung halbwegs abzuschätzen. Es gibt keine unterschiedlich zu lizenzierenden Nutzerkategorien.
Freie ERP-Software
Seit einiger Zeit gibt es auch freie Software für ERP, zum Teil auch unter lizenzgebührenfreien Open Source Lizenzen. Freie ERP-Software wird von ERP-Anbietern angeboten, die auf Basis dieser Software kostenpflichtige Dienstleistungen erbringen.
Die Vorteile eines freien Systems liegen einerseits in der Möglichkeit, das Programm selbst seinen Bedürfnissen anzupassen oder Fehler zu beheben, andererseits kann das Investitionsvolumen deutlich gesenkt werden. Die entstehenden Freiräume innerhalb des Budgets können intensiver für die meist erforderlichen Anpassungen genutzt werden. Zudem steht ein lizenzkostenfreies System der Länge des gewählten Einführungszeitplans neutral gegenüber, da keinerlei Opportunitätskosten entstehen. Auch in der Folge der Investition ist die beliebige und prinzipiell kostenlose Skalierbarkeit des Systems von Vorteil.
Freie ERP-Systeme sind technisch gesehen durchaus konkurrenzfähig, von Bedeutung bei der Auswahl sind jedoch Fragen der Haftung sowie die Themen Weiterentwicklung, Wartung und Service. Durch die allgemeine Verfügbarkeit des Quellcodes bieten freie ERP-Systeme ansonsten prinzipiell eine größtmögliche Unabhängigkeit vom Hersteller und damit eine große Zukunftssicherheit, die ausschließlich von den dauerhaften Nutzenvorstellungen der Anbieter und Anwender abhängig ist.
Verfügbare ERP-Software Systeme mit offengelegtem Quellcode sind zurzeit: AvERP, Compiere, SQL-Ledger, IntarS und Lx-Office.
Generell gilt
Sowohl für die Einführung von lizenzgebundenen ERP-Systemen als auch für die Einführung freien ERP-Systemen ist es sehr risikoreich, ohne Anforderungsprofil, d.h. ohne vorheriger Bedarfsermittlung eine komplexe Unternehmenssoftware zu wählen, diese auszuwählen und sich an einen ERP-Anbieter zu binden, ohne einen detaillierten Dienstleistungsvertrag als Grundlage hierfür zu erstellen, in welchem geregelt ist, wer was zu leisten hat und welche Kosten hierfür dem Auftraggeber entstehen.
Bilanzsteuerliche Beurteilung
Zur "Bilanzsteuerlichen Beurteilung von Aufwendungen zur Einführung eines neuen Softwaresystems (ERP-Software)" liegt seit 10. Juni 2005 ein Entwurf eines BMF-Schreibens mit dem Aktenzeichen IV B 2 – S 2172 – 18/05 vor.
Siehe auch
Weblinks
- Competence Site: Thema Softwareauswahl: Differenzierter Blick auf ERP-Systeme im Unternehmensalltag.
- Competence Site: Thema ERP Systeme: Informationsportal mit Themen rund um ERP, Standardsoftware und Unternehmenssoftware
- IT-Matchmaker: Datenbank zur Recherche von ERP-Systemen nach Kriterien
- erp-logistics: Online-Vergleich von ERP-Systemen im Internet
- AIP-Institut: Online-Übersicht und Marktstudie über ERP-/ PPS-Systeme