Sexuelle Gewalt im Zweiten Weltkrieg

sexualisierte Gewalt während des Zweiten Weltkriegs
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Als alliierte Verbände deutsches Hoheitsgebiet gegen Ende des Zweiten Weltkrieges besetzten, kam es zu massenhaften Vergewaltigungen kurz nach Eroberungen und zu zahlreichen Vergewaltigungen in den Jahren der Okkupation. Daneben kam es auch zu anderen Kriegsverbrechen.

Grenzveränderungen und Besatzungszonen nach der Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg inklusive der Demarkationslinie entlang der Elbe, von der sich die US-Army im Juli 1945 zurückzog

Sowjetische Streitkräfte

In Mitteleuropa kam es 1944/1945 zu einer Welle von Vergewaltigungen, als die Westalliierten und die Sowjetunion sich auf das Gebiet des Deutschen Reiches vorkämpften.[1] Der Großteil der Verbrechen fand in den sowjetisch besetzten Gebieten statt. Schätzungen nennen zwischen einigen hunderttausend bis zu zwei Millionen vergewaltigter Frauen.[2][3][4][5][6] In vielen Fällen wurden Frauen Opfer mehrfacher Vergewaltigung, einige wurden zwischen 60 bis 70-mal missbraucht.[7] Es wird von mindestens 100.000 vergewaltigten Frauen in Berlin ausgegangen, basierend auf anziehenden Abtreibungsraten und Augenzeugenberichten in Krankenhäusern.[4] Etwa 10.000 dieser Frauen starben an den Folgen.[8] Die Gesamtzahl weiblicher Todesopfer durch Vergewaltigungen wird in ganz Deutschland auf 240.000 geschätzt.[9][10] Antony Beevor beschreibt die Vorgänge als „größte Massenvergewaltigung der Geschichte“ und geht von mindestens 1,4 Millionen vergewaltigter Frauen allein in Ostpreußen, Pommern und Schlesien aus.[11]

Ein Buch von Svetlana Aleksievich schildert die Erinnerungen sowjetischer Armeeangehöriger im besetzten Deutschland. Ein Offizier berichtet:

„Wir waren jung, stark, und seit vier Jahren ohne Frauen. Also versuchten wir, uns deutsche Frauen zu besorgen ... Zehn Männer vergewaltigten ein Mädchen. Es gab nicht genügend Mädchen; die gesamte Bevölkerung war auf der Flucht vor der Sowjetischen Armee. Also mussten wir junge (Mädchen) nehmen, zwölf oder dreizehn Jahre alt. Und wenn sie schrie stopften wir etwas in ihren Mund. Wir dachten es sei Spaß. Heute kann ich nicht verstehen, was ich da getan habe. Ein Junge aus gutem Haus... Aber so war ich.“[12]

Eine weibliche Telefonistin der Roten Armee sagte aus:

„Wenn wir ein Dorf eroberten, hatten wir zuerst drei Tage für ... Vergewaltigungen. Das war natürlich inoffiziell. Nach drei Tagen konnte man dafür vor ein Militärgericht gestellt werden. ... Ich erinnere mich, dass eine vergewaltigte deutsche Frau nackt dalag, mit einer Handgranate zwischen ihren Beinen. Heute fühle ich Scham, aber damals fühlte ich keine Scham ... Glauben Sie, es war leicht den Deutschen zu vergeben? Wir hassten den Anblick ihrer reinlichen, unzerstörten weißen Häuser. Mit Rosen. Ich wollte, dass sie leiden. Ich wollte ihre Tränen sehen. ... Jahrzehnte mussten vergehen, bevor ich anfing Mitleid mit ihnen zu haben.“[13]

Natalya Gesse berichtete, dass russische Soldaten weibliche Deutsche im Alter von acht bis achtzig Jahren vergewaltigten. Russische Frauen wurden ebenfalls nicht verschont.[14][15][16] Im Gegensatz dazu erinnert sich der russische Kriegsveteran Vsevolod Olimpiev:

„Die Beziehungen der sowjetischen Soldaten zur deutschen Bevölkerung, wo sie geblieben war, waren indifferent bis neutral. Niemand, zumindest von unserem Regiment, belästigte oder berührte sie. Vielmehr, als wir auf eine offensichtlich verhungernde deutsche Familie stießen, teilten wir unseren Proviant ohne überflüssige Worte.“[17]

Nach dem Sommer 1945 wurden sowjetische Soldaten, die sich an Vergewaltigungen beteiligten, normalerweise bestraft (Strafen zwischen Arrest und Exekution).[18] Trotzdem gingen die Vergewaltigungen bis zum Winter 1947–48 weiter, als die sowjetischen Befehlshaber ihren Truppen Wachposten und Lager zuwiesen, die sie von der Zivilbevölkerung der Sowjetbesatzungszone trennten.[19]

Alexander Statiev zufolge sahen sich die sowjetischen Soldaten, die respektvoll mit ihren eigenen Landsleuten und den Bevölkerungen verbündeter Staaten umgingen, eher als Eroberer denn als Befreier feindlichen Gebietes. Sie sahen Gewalt gegen Zivilisten als das Recht der Sieger an. Statiev belegt diese Einstellung mit einem Zitat eines sowjetischen Soldaten:

„Räche! Du bist ein Rächer-Soldat! … Töte den Deutschen, und dann bespringe das Weib des Deutschen! So feiert ein Soldat seinen Sieg!“[20]

Kontroverse in Russland

 
Foto aufgenommen durch die Sicherheitspolizei; der Untertitel besagt, dass die Leichen Zeichen von Vergewaltigung aufwiesen.

In Russland gibt es eine Debatte über den Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen.[21] Ihnen begnegnet anhaltende Kritik russischer Historiker und der russischen Regierung.[22] Russische Historiker argumentieren, dass, obwohl es Fälle von Exzess und mangelnder Bestrafung gab, die Rote Armee die Bevölkerung des „Reiches“ mit Respekt behandelt habe. In seiner Rezension von Berlin. Der Untergang 1945 klagt O.A. Rzheshevsky, ein Professor und Vorsitzender der Russischen Vereinigung 2. Weltkriegs-Historiker, Beevor an, lediglich die rassistisch verzerrten Ansichten von Neo-Nazi-Historikern wiederzugeben, welche die russische Armee als untermenschliche „asiatische Horden“ darstellen.[23] In einem Interview mit BBC News Online gibt Rzheshevsky allerdings zu, dass er nur Teile des Buches gelesen und sich nicht mit dessen Quellen beschäftigt habe. Er beklagt aber, dass Beevors Benutzung von Phrasen wie „Berliner erinnern sich“ und „die Erfahrungen vergewaltigter deutscher Frauen“ nicht zu wissenschaftlichen Recherchen passten. Rzheshevsky verteidigte auch die sowjetischen Vergeltungsmaßnahmen gegen Deutsche, da die Deutschen eine „Lawine der Rache“ hätten erwarten müssen.[21]

Rzheshevsky sagt aus, dass er Akte des Diebstahls und der Gewalt als unvermeidlichen Teil des Krieges sehe, und dass sowjetische und verbündete Soldaten sie begangen hätten. Aber insgesamt hätten sowjetische Soldaten friedliche Deutsche human behandelt.[24]

Oberst Ivan Busik, Direktor des Russischen Instituts für Militärgeschichte, schrieb, dass der Held der sowjetischen Armee, General Ivan Tretiak zu ihm gesagt habe, es habe nicht einen einzigen Fall von Gewalt in seinem Regiment gegeben. Tretiak sagte, trotz seines Wunsches nach Rache habe man Stalins Befehlen zur humanen Behandlung der deutschen Bevölkerung Folge geleistet. Tretiak wies auch darauf hin, dass es in einer solch großen Armee wie der sowjetischen in Deutschland Vorfälle sexueller Belästigung gegeben habe müsse, da die Männer seit Jahren von ihren Frauen getrennt gewesen waren. Er erklärt, dass die sexuellen Beziehungen meistens gegenseitiges Einverständnis beinhaltet hätten. Die Arbeit Beevors und andere Schilderungen von Massenvergewaltigungen werden von Tretiak als „schmutziger Zynismus“ gebranntmarkt, da „der Großteil der Beschuldigten diesen Lügnern nicht mehr antworten kann.“[25]

Unter Betrachtung der Abtreibungen in Berlin und den darauf basierenden angenommenen Vergewaltigungsfällen gibt es auch alternative Erklärungen, die keine Vergewaltigung durch sowjetische Soldaten einbeziehen. Atina Grossman beschreibt in ihrem Artikel Oktober[26], dass Abtreibungen bis 1945 in Deutschland illegal waren (ausgenommen aus medizinischen und eugenischen Gründen). Als deutsche Kliniken sich für Vergewaltigungsopfer öffneten (für die eine Frau nur eine eidesstattliche Versicherung abgeben musste), gaben viele Frauen an, vergewaltigt worden zu sein, aber ihre Angaben waren ungewöhnlich gleichförmig, meistens wurden Vergewaltiger als „mongoloid“ oder „von asiatischem Typus“ beschrieben.

Richard Overy, ein Historiker des King's College London, hat russische Historiker für ihre Ansicht kritisiert und wirft ihnen vor, die Existenz der Verbrechen der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg zu leugnen. „Teilweise erklärt sich das aus dem Gefühl, gegenüber einem Feind, der viel Schlimmeres begangen hatte, im Recht zu sein, teilweise aus dem Umstand, dass sie die Geschichte der Sieger schrieben.“[21]

Analyse

Von Stalin wird behauptet, er habe gesagt, das Volk müsse verstehen, wenn ein Soldat, der tausende Kilometer durch Blut und Feuer und Tod gegangen ist, Spaß mit einer Frau habe.[27] Zu anderer Gelegenheit, als ihm berichtet wurde, die russische Armee misshandle deutsche Flüchtlinge sexuell, sagte er: „Wir belehren unsere Soldaten zu viel; lasst sie die Initiative ergreifen.“[28]

In Russland herrscht eine hitzige Debatte über die Kriegsverbrechen an Deutschen. Makhmud Gareyev, Präsident der Akademie für Militärwissenschaft, der am Ostpreußen-Feldzug teilnahm, bekundete, dass er nichts von sexueller Gewalt gehört habe. Er gab zu bedenken, dass nach dem, was die Nazis in Russland getan hätten, es leicht zu Exzessen habe kommen können, dass solches Verhalten aber bestraft und unterdrückt wurde und nicht weit verbreitet war. Er weist darauf hin, dass das sowjetische Oberkommando am 19. Januar 1945 einen Befehl zur Vermeidung unverhältnismäßiger Behandlung der deutschen Bevölkerung herausgab. Gareyev beschwert sich, dass Beevor Goebbels' Propaganda über die „aggressive Sexualität russischer Soldaten“ kopiere.[29] Dem russischen Historiker[30][31] A. Dyukov zufolge „…erlitten die Deutschen nicht einen Bruchteil der Gewalt, die ihre Soldaten im Osten ausgeübt hatten. Abgesehen von einigen Exzessen, die durch die Befehlshaber aufs stärkste bekämpft wurden, verhielt sich die Rote Armee der Bevölkerung des Reichs gegenüber human“. Die russischen Soldaten hatten eine Reputation für das Durchfüttern deutscher Familien, das Retten von Kindern und der Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung.[32]

In seiner Analyse der Motive für die exzessiven Vergewaltigungen stellt Norman Naimark „Hasspropaganda, leidvolle Erfahrungen in den Heimatländern und ein erniedrigendes Bild deutscher Frauen in der Presse und unter den Soldaten“ heraus.[33] Naimark verweist auch auf die russische Tendenz zum Alkohol-Exzess und den verbreiteten Mord nach der Vergewaltigung.[34] Naimark stellt auch den patriarchischen Aufbau der russischen und angrenzenden asiatischen Gesellschaften heraus, in denen Ehrlosigkeit in der Vergangenheit durch die Vergewaltigung feindlicher Frauen wettgemacht werden konnte.[35] Da die deutsche Bevölkerung in der Regel einen viel höheren Lebensstandard besaß (z.B. Toiletten im Haus), der sich sogar an den Ruinen ablesen ließ, „mag dies zu einem nationalen Minderwertigkeitskomplex unter den Russen geführt haben“. Die Kombination aus Minderwertigkeitsgefühlen sowie dem Wunsch nach Rache könnte ein Grund für die Vergewaltigungen gewesen sein.[35]

Nach Anthony Beevor spielte Rache nur eine kleine Rolle; die Vergewaltigungen ließen sich eher durch das Gefühl der russischen Soldaten, ein Anrecht auf Beute, also auch Frauen, zu haben, zurückführen. Beevor verdeutlicht dies mit seiner Entdeckung, dass sowjetische Soldaten auch russische und polnische Frauen nach der Befreiung von Konzentrationslagern vergewaltigten.[36]

Diskurs

In Nachkriegs-Deutschland, besonders in Westdeutschland, wurden die Vergewaltigungen ein wesentlicher Bestandteil des politischen Diskurses.[2] Die Vergewaltigung deutscher Frauen (zusammen mit der Vertreibung aus den deutschen Ostgebieten und die alliierte Besatzung) wurden zur Stilisierung des gesamten deutschen Volkes als Opfernation gebraucht.[2] Dieser Ansatz wurde aber ab den 1960er Jahren verworfen; seit den 1970ern bis heute wird von deutschen Linken der Fokus auf eine kritische Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit und den Unwillen der älteren Generation, sich auch als Angehörige einer Täternation zu empfinden, gelegt.[37] Deshalb kam es zum wiederholten Missverständnis, in der Nachkriegszeit seien die Vergewaltigungen totgeschwiegen worden.[9][37][38]

Die Art, in der die Vergewaltigungen bei Sander und Johr in BeFreier und Befreite[9] behandelt wird, wurde von mehreren Wissenschaftlern kritisiert. Für Grossmann liegt das Problem des Buches in der unpolitischen Sichtweise auf die Vergewaltigungen.[8] Ein solcher Versuch, den historischen Kontext der Vergewaltigungen zu verdrängen, ist nach Stuart Liebman und Annette Michelson eine Unterschlagung wichtiger Details[39] und nach Pascale Bos ein Beispiel für eine ahistorische, feministische und sexistische Herangehensweise an die kriegsbedingte Vergewaltigung.[37]

Nach Pascale Bos geriet der feministisch motivierte Versuch, die Vergewaltigung von deutschen Frauen zu verallgemeinern, in Konflikt mit Sanders und Johrs eigener Beschreibung als einer Form der genozidartigen Vergewaltigung: der Vergewaltigung von rassisch überlegenen deutschen Frauen durch rassisch unterlegene sowjetische Soldaten, wodurch impliziert wurde, dass solch ein Missbrauch besonders grausam für die Opfer war. Im Vergleich dazu werden die Vergewaltigungen von sowjetischen Frauen durch Wehrmachtsoldaten, die laut einigen Schätzungen mehrere Hunderttausend – wenn nicht Millionen – betrugen, von den Autoren nicht als etwas besonders erwähnenswertes behandelt.

Soziale Folgen

Eine Anzahl von „Russenkindern“ wurde während der Besatzung geboren, viele von ihnen als Ergebnis einer Vergewaltigung.

Norman Naimark schreibt über die sozialen Folgen der Vergewaltigung:

„In jedem Fall, so wie das Vergewaltigungsopfer die Folgen des Verbrechens sein Lebtag mit sich herumtrug, so war die gemeinsam empfundene Pein fast unerträglich. Die Sozialpsychologie von Männern und Frauen in der Sowjetzone wurde durch die Verbrechen in den ersten Tagen der Besatzung über die Gründung der DDR im Herbst 1949 bis heute geprägt.“

Frauen der ostdeutschen Erlebnisgeneration nennen das Sowjetische Ehrenmal im Treptower Park in Berlin auch das "Grab des unbekannten Vergewaltigers".[40][41][42][43][44]

Sowjetische Literatur

Der sowjetische Dissident Aleksandr Solzhenitsyn beteiligte sich an der Invasion Deutschlands und schrieb ein Gedicht darüber: Ostpreußische Nächte. „Höringstrasse 22. Es wurde nicht verbrannt, nur geplündert, geschossen. Ein Klagen in den Mauern, halb erstickt: die Mutter ist verwundet, halb lebendig. Die kleine Tochter ist auf der Matratze, tot. Wie viele lagen auf ihr? Ein Zug, eine Kompanie vielleicht? Ein Mädchen wurde zur Frau gemacht, eine Frau zur Leiche… Die Mutter fleht, ‚Soldat, töte mich!‘“[45]

Deutsche Literatur und Filme

In der DDR waren die Vergewaltigungen durch Soldaten der Roten Armee ein Tabu.[46] Christa Wolf hat in ihrer Erzählung Blickwechsel (1970) das Thema – wie später auch Werner Heiduczek – nur kurz angedeutet, dessen Roman Tod am Meer (1977) nach der zweiten Auflage jedoch verboten wurde.[47][48] Im April 1978, als die Veröffentlichung des letzten Bandes seiner Trilogie Der Wundertäter bevorstand, notierte Erwin Strittmatter: „Der Roman ist abgegeben, aber ich gehe umher wie ein Mörder, der bangt, daß man seine Tat bald entdecken wird“ und war diversen Repressionen wie zum Beispiel Vorladungen und „stilistischen Änderungswünschen“ ausgesetzt.[49] Wulf Kirsten beschreibt in dem autobiographischen Erzählungenband Die Prinzessinnen im Krautgarten (2000) die mehrmalige Vergewaltigung eines 17-jährigen Mädchens in seinem Heimatdorf Klipphausen.[47]

Jüngere deutsche Filme wie Der Untergang haben auf die Massenvergewaltigungen durch die Rote Armee angespielt, sie aber nicht direkt erwähnt. Mit dem Vergehen der Zeit wurden weitere Werke produziert, die die Verbrechen direkt ansprechen (z.B.Eine Mittelgewichts-Ehe oder der Film Joy Division von 2006 sowie The Good German – In den Ruinen von Berlin. Das Thema war Anlass zu vielen feministischen Debatten.[50] Das erste autobiografische Buch war Eine Frau in Berlin von 1954, das 2008 als Anonyma – Eine Frau in Berlin verfilmt wurde. Das Buch wurde zuerst von den meisten Deutschen zurückgewiesen, erfährt heute aber eine neue Akzeptanz und ermutigt viele Frauen, von der eigenen Vergangenheit zu sprechen.[51][52][53]

Vereinigte Staaten

Im Buch Taken by Force schätzt J. Robert Lilly die Zahl durch amerikanische Soldaten vergewaltigter Frauen in Deutschland auf 11.040.[54] Wie nach der amerikanischen Besetzung Frankreichs nach dem D-Day waren die meisten Angriffe Gruppenvergewaltigungen.[55]

Obwohl für amerikanische Streitkräfte in Deutschland das so genannte Fraternisierungsverbot galt, wurde von US-Soldaten die Phrase „copulation without conversation is not fraternization“ („Geschlechtsverkehr ohne Konversation ist keine Fraternisierung“) sprichwörtlich benutzt.[56] Der Journalist Osmar White, ein Kriegsberichterstatter aus Australien, der sich mit den amerikanischen Verbänden bewegte, schrieb:

„Nachdem sich das Kämpfen auf deutschen Boden verlagerte, kam es zu etlichen Vergewaltigungen durch Einsatztruppen und welche, die ihnen folgten. Die Häufigkeit schwankte zwischen den Einheiten, viel hing von der Einstellung des Befehlshabers ab. In einigen Fällen wurden Straftäter identifiziert, vor ein Militärgericht gestellt und bestraft. Die Rechtsabteilung des Militärs war wortkarg, gab aber zu, dass in Fällen sexueller Brutalität oder Perversion gegen deutsche Frauen die betreffenden Soldaten erschossen worden waren, besonders wenn sie Neger waren. Aber ich weiß zuverlässig, dass viele Frauen von weißen Amerikanern vergewaltigt wurden. Keinerlei Maßnahmen wurde gegen die Schuldigen ergriffen. In einem Sektor erreichte uns der Bericht, dass ein sehr eigenwilliger Kommandeur die Witzelei ‚Geschlechtsverkehr ohne Konversation ist keine Fraternisierung‘ gemacht hatte.“[57]

Eine typische Schikane mit sexuellen Übergriffen durch betrunkene Amerikaner, die durch besetztes Gebiet marschierten, bestand darin, eine deutsche Familie mit Waffen zu bedrohen, eine oder mehrere Frauen zum Sex zu zwingen und danach die gesamte Familie auf die Straße zu befördern.[56]

Wie in der östlichen Besatzungszone erreichte die Anzahl der Vergewaltigungen 1945 ihren Höchststand, blieb aber bis ins Frühjahr 1946 hoch. Allein im Mai und Juni 1946 gab es fünf Fälle, in denen tote deutsche Frauen in amerikanischen Kasernen gefunden wurden.[55]

Carol Huntington schreibt, dass einige amerikanische Vergewaltiger nach der Tat Geschenke oder Lebensmittel für die Opfer hinterließen, so dass sie selbst die Tat eher als einen Akt der Prostitution ansahen. Dasselbe Verhalten ist auch in Japan belegt.

Die schwarzen amerikanischen Soldaten waren wegen der herrschenden Rassentrennung einer höheren Gefahr der Bestrafung ausgesetzt.[55] Heide Fehrenbach schreibt:

„Der Punkt ist vielmehr, dass die Amerikanischen Offiziere ein explizites Interesse an der Rasse des Soldaten zeigten und nur wenn er schwarz war fürchteten, dass die Meldung eines Vergehens entweder den Status oder die politischen Ziele des U.S. Militärs in Deutschland unterminieren würden.“[58]

Frankreich

Französische Truppen nahmen am Einmarsch in Deutschland teil, und Frankreich wurde eine Besatzungszone in Deutschland zugesprochen. Perry Biddiscombe zufolge begingen die Franzosen „385 Vergewaltigungen im Gebiet von Konstanz; 600 in Bruchsal; und 500 in Freudenstadt.“[59] Die französischen Soldaten begingen eine Vergewaltigungsorgie im Landkreis Höfingen bei Leonberg.[60]

Norman Naimark zufolge glichen die marokkanischen Goumiers in ihrem Verhalten den Sowjettruppen im Bezug auf Vergewaltigungen, besonders während der frühen Besatzung von Baden und Württemberg.[61]

Einzelnachweise

  1. Perry Biddiscombe: Dangerous Liaisons: The Anti-Fraternization Movement in the U.S. Occupation Zones of Germany and Austria, 1945-1948. In: Journal of Social History. 34. Jahrgang, Nr. 3, 2001, S. 611–647, JSTOR:3789820.
  2. a b c Elizabeth Heineman: The Hour of the Woman: Memories of Germany's "Crisis Years" and West German National Identity. In: American Historical Review. 101. Jahrgang, Nr. 2, 1996, S. 354–395, JSTOR:2170395.
  3. P. Kuwert, H. Freyberger: The unspoken secret: Sexual violence in World War II. In: International Psychogeriatrics. 19. Jahrgang, Nr. 4, 2007, S. 782–784, doi:10.1017/S1041610207005376.
  4. a b http://www.bbc.co.uk/history/worldwars/wwtwo/berlin_01.shtml
  5. Hanna Schissler: The Miracle Years: A Cultural History of West Germany, 1949-1968. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  6. http://www.npr.org/templates/story/story.php?storyId=106687768
  7. William I. Hitchcock The Struggle for Europe The Turbulent History of a Divided Continent 1945 to the Present ISBN 978-0-385-49799-2.
  8. a b Atina Grossmann. A Question of Silence: The Rape of German Women by Occupation Soldiers October, Vol. 72, Berlin 1945: War and Rape "Liberators Take Liberties" (Spring, 1995), S. 42–63 MIT Press. Stable URL: http://www.jstor.org/stable/778926
  9. a b c Helke Sander/Barbara Johr: BeFreier und Befreite. Fischer, Frankfurt 2005.
  10. Seidler/Zayas: Kriegsverbrechen in Europa und im Nahen Osten im 20. Jahrhundert, Mittler, Hamburg Berlin Bonn 2002.
  11. Paul Sheehan: An orgy of denial in Hitler's bunker In: The Sydney Morning Herald, 17. Mai 2003. Abgerufen am 7. Dezember 2010 
  12. Svetlana Aleksievich, War’s Unwomanly Face, Moscow : Vremja publishers, 2008, ISBN 978-5-9691-0331-3, S. 33.
  13. Svetlana Aleksievich, War’s Unwomanly Face, Moscow : Vremja publishers, 2008, ISBN 978-5-9691-0331-3, S. 386.
  14. Antony Beevor: They raped every German female from eight to 80 In: The Guardian, 1. Mai 2002 
  15. Antony Beevor, The Fall of Berlin 1945.
  16. Richard Bessel, Germany 1945.
  17. Duncan Rogers, Sarah Williams: On the bloody road to Berlin, frontline accounts from North-West Europe and the Eastern Front, 1944 - 45. 2005, ISBN 1-874622-08-6, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  18. Norman M. Naimark. The Russians in Germany: A History of the Soviet Zone of Occupation, 1945-1949. Cambridge: Belknap, 1995, ISBN 0-674-78405-7, S. 92.
  19. Naimark. The Russians in Germany, S. 79.
  20. Alexander Statiev: The Soviet Counterinsurgency in the Western Borderlands. Cambridge University Press, 2010, S. 277.
  21. a b c Chris Summers: Red Army rapists exposed In: BBC News Online, 29. April 2002. Abgerufen am 27. Mai 2010 
  22. Daniel Johnson: Russians angry at war rape claims In: The Daily Telegraph, 25. Januar 2002. Abgerufen am 7. Dezember 2010 
  23. Review of Berlin: 1945 }
  24. Секс-Освобождение: эротические мифы Второй мировой
  25. http://svpressa.ru/war/article/8271/
  26. JSTOR: October, Vol. 72 (Spring, 1995), S. 42–63
  27. Joseph Stalin
  28. Andrew Roberts: Stalin's army of rapists: The brutal war crime that Russia and Germany tried to ignore In: Daily Mail, 24. Oktober 2008 
  29. Erotic Myths of the Second World War
  30. http://rt.com/news/khalkhin-gol-battle-anniversary/
  31. http://rt.com/programs/spotlight/estonia-genocide-that-never-was/
  32. http://militera.lib.ru/research/dukov_ar/24.html
  33. Norman M. Naimark: The Russians in Germany: A History of the Soviet Zone of Occupation, 1945-1949. Harvard University Press, 1995, ISBN 0-674-78405-7, S. 108–109.
  34. Norman M. Naimark: The Russians in Germany: A History of the Soviet Zone of Occupation, 1945-1949. Harvard University Press, 1995, ISBN 0-674-78405-7, S. 112.
  35. a b Norman M. Naimark. The Russians in Germany: A History of the Soviet Zone of Occupation, 1945-1949. Harvard University Press, 1995, ISBN 0-674-78405-7, S. 114–115.
  36. [1] Red Army troops raped even Russian women as they freed them from camps, 24 Jan 2002, The Telegraph
  37. a b c Pascale R. Bos: Feminists Interpreting the Politics of Wartime Rape: Berlin, 1945; Yugoslavia, 1992–1993. Journal of Women in Culture and Society, 2006, vol. 31, no. 4, S. 996–1025.
  38. [2][3]See also
  39. Stuart Liebman and Annette Michelson. After the Fall: Women in the House of the Hangmen, October, Vol. 72, (Spring, 1995) S. 4–14.
  40. Daniel Johnson: Red Army troops raped even Russian women as they freed them from camps, The Daily Telegraph, 25. Januar 2002. Abgerufen am 30. März 2009 
  41. Antony Beevor, Berlin - The Downfall 1945
  42. Ksenija Bilbija, Jo Ellen Fair, Cynthia E., The art of truth-telling about authoritarian rule, Univ of Wisconsin Press, 2005, p70
  43. Allan Cochrane, Making Up Meanings in a Capital City: Power, Memory and Monuments in Berlin, European Urban and Regional Studies, Vol. 13, No. 1, 5-24 (2006)
  44. J.M. Dennis, Rise and Fall of the German Democratic Republic 1945-1990. Longman, ISBN 0-582-24562-1, S. 9.
  45. Aleksandr Solzhenitsyn: Preußische Nächte: Ein Gedicht [Prusskie nochi]. Robert Conquest, trans. (New York: Farrar, Straus and Giroux, 1977).
  46. Matthias Biskupek: Kleewunsch und Willenbrock. In: Eulenspiegel, 47./55. Jg., Nr. 03/01, ISSN 0423-5975, S. 49.
  47. a b Volker Hage: Die Russen kommen. In: Der Spiegel, Nr. 3/2001, 15. Januar 2001, S. 180 f., abgerufen am 27. Mai 2012.
  48. Jörg B. Bilke: Heiduczek, Werner. In: Ostdeutsche Biografie (Kulturportal West-Ost), abgerufen am 27. Mai 2012.
  49. Im Osten läuft der Laden. In: Der Spiegel, Nr. 45/1992, 2. November 1992, S. 272–279, hier S. 277, abgerufen am 27. Mai 2012.
  50. http://dir.salon.com/story/books/review/2005/08/18/berlin/index.html
  51. http://www.npr.org/templates/story/story.php?storyId=106557039
  52. German women break their silence on the rape of Berlin In: The Age, 25. Oktober 2008 
  53. Ursula Hegi: After the Fall In: The Washington Post, 4. September 2005 
  54. J. Robert Lilly: Taken by Force: Rape and American GIs in Europe during World War II. ISBN 978-0-230-50647-3, S. 12.
  55. a b c Carol Harrington: Politicization of Sexual Violence: From Abolitionism to Peacekeeping. Ashgate, London 2010, ISBN 978-0-7546-7458-0, S. 80–81, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  56. a b Peter Schrijvers: The Crash of Ruin: American Combat Soldiers in Europe During World War II. New York: New York University Press 1998, ISBN 0-8147-8089-X, S. 183.
  57. White, Osmar (1996). Conquerors' Road: An Eyewitness Report of Germany 1945. Cambridge and New York: Cambridge University Press, ISBN 0521830516, S. 97–98.
  58. Fehrenbach, Heide (2005). Race After Hitler: Black Occupation Children in Postwar Germany and America. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, ISBN 978-0-691-11906-9, S. 64.
  59. Perry Biddiscombe, Dangerous Liaisons: The Anti-Fraternization Movement in the U.S. Occupation Zones of Germany and Austria, 1945-1948. In: Journal of Social History, Vol. 34, No. 3, (2001), S. 635.
  60. Jill Stephenson: Hitler's Home Front: Württemberg under the Nazis. Continuum, London 2006, ISBN 1-85285-442-1, S. 289, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  61. Norman M. Naimark: The Russians in Germany: A History of the Soviet Zone of Occupation, 1945-1949. Harvard University Press, 1995, ISBN 0-674-78405-7, S. 106–107.