Eine einfache und kostengünstige Konstruktionsweise für ein Stauwehr bei kleineren Wasserläufen ist das Schlauchwehr. Durch die Verwendung eines mit Wasser oder Luft gefüllten Schlauches zur Behinderung des Wasserflusses und der Einstellung der Stauhöhe, entfallen eine aufwändige Konstruktion des Fundaments sowie zahlreiche, teure mechanische Teile wie sie bei anderen Wehrtypen erforderlich sind. Schlauchwehre eignen sich besonders zum Einsatz in kleinen und mittelgroßen Flüssen und werden beim Ersatz alter Anlagen zur Wasserstandsregulierung zunehmend verwendet.

Technik
In einem Betonfundament an der Flusssohle und den seitlichen Wänden, wird ein flexibler Schlauch befestigt, der mit Wasser, Luft oder einem heterogenen Gemisch beider Medien befüllt wird. Durch das Befüllen des Schlauches und die daraus resultierende Volumenzunahme, hebt sich die Schlauchoberkante und behindert den Wasserfluss. Dadurch erhöht sich der Pegel des Oberwassers. Das Schlauchmaterial besteht vorwiegend aus einer Elastomermembran mit eingelegtem Gewebe (z. B. aus Polyester oder Polyamid) zur Stabilisierung. Die Befestigung der Elastomermembran am Wehrkörper erfolgt über Klemmschienen, welche sich abhängig vom Hersteller sowohl innerhalb als auch außerhalb des Schlauches befinden können. Im unbefüllten Zustand faltet sich der Schlauch zusammen und legt sich fast flach auf den Wehrkörper ab. Dadurch können Schäden am Wehr im Hochwasserfall weitestgehend vermieden werden. Durch Entlüftungsventile, Entlüftungsleitungen sowie ggf. den Einsatz von Pumpen, wird sichergestellt, dass sich der Schlauch bei jedem Umweltzustand vollständig entleeren und zusammenfalten lässt.
Schlauchwehre werden inzwischen erfolgreich bis zu Gewässerbreiten (Staubreiten) von mehreren hundert und Stauhöhen bis zu zehn Metern (z. B. in Ramspol) eingesetzt. Zudem findet die Technologie Verwendung um den Stauraum von Talsperren zu erhöhen sowie als Notfalleinrichtung zum Hochwasserschutz.
Der Vorteil von Schlauchwehren gegenüber herkömmlichen höhenverstellbaren Wehren liegt in der vergleichsweise einfachen Konstruktionsweise und dem geringen Wartungsaufwand. Dies ist dadurch bedingt, dass ein Schlauchwehr ohne aufwändige Antriebstechnologie (z. B. Hydraulikzylinder oder Kettenantriebe) sowie Lager auskommt. Ein komplexes Fundament zur Versenkung des Wehres ist nicht notwendig.
Regulierung des Wasserstands
Der Wasserstand oberhalb des Wehres kann durch Befüllen oder Entleeren des Schlauches eingestellt werden. Hierbei liegt der Druck im Inneren des Schlauches bei Wasserbefüllten Wehren um etwa 20 bis 60 Prozent über der Druckhöhe des Oberwasserstands. Bei wasserbefüllten Wehren erfolgt die Einstellung des angestrebten Drucks zumeist durch einen Steuerschacht, welcher mit Hilfe einer Pumpe mit Wasser befüllt wird. Der Steuerschacht ist hydraulisch mit dem Schlauchinneren verbunden. Als Wirkung der Wassersäule im Steuerschacht ergibt sich somit der Innendruck im Schlauchwehr. Bei luftbefüllten Wehren, wird der Innendruck über einen Verdichter aufgebaut und reguliert.
Füllmedium
Neben dem Anwendungsbereich unterscheidet man Schlauchwehre bezüglich ihres Füllmediums. Im Folgenden werden einige Besonderheiten des jeweiligen Mediums aufgelistet.
Wasser
- Elyptische Schlauchform bedingt durch hohes Eigengewicht des Füllmediums. Daraus resultiert ein erhöhter Materialbedarf zum erreichen einer bestimmten Stauhöhe, verglichen mit dem Füllmedium Luft.
- Hohe Trägheit des gefüllten Schlauches, dadurch geringere Schwingungsneigung
- Geringe Kompressibilität des Füllmediums, dadurch erhöhte Formstabilität des Schlauches und gleichmäßigere Überströmung
- Möglicher Schaden durch einfrieren bei Temperaturen unterhalb des Gefrierpunkts. Diesem Risiko kann durch ein kontinuierliches Überströmen des Wehres sowie einer Zirkulation und ggf. einer Beheizung des Füllmediums entgegengewirkt werden.
- Aufwändigere Bauweise des Fundaments, bedingt durch Steuerschacht
- Gefahr einer Verschmutzung der Füllleitung
Luft
- Kreisähnliche Schlauchform bedingt durch das geringe Eigengewicht des Füllmediums. Daraus resultiert ein geringerer Materialbedarf zum erreichen einer bestimmten Stauhöhe, verglichen mit dem Füllmedium Wasser. Dies führt zu einer Reduktion der Materialkosten.
- Erhöhte Schwingungsanfälligkeit
- Aus der Kompressibilität des Füllmediums resultieren Verformungen des Schlauches bei Änderungen in der An- und Überströmung, bis zum Einknicken des Wehres.
- Wartung des Wehres durch Begehung des Schlauches möglich.
- Geringere Füll- und Entleerungszeiten
Luft-Wasser
- Bei der Verwendung von Luft und Wasser innerhalb eines Schlauchwehres ergeben sich die Vor- und Nachteile beider Medien.
Geschichte
Ein erstes wassergefülltes Schlauchwehr wurden bereits Mitte der fünfziger Jahre in den USA errichtet. Als Erfinder der Technologie gilt der beim Los Angeles Department of Water and Power arbeitende Ingenieur Norman Imbertson.
- 1956 ging das erste Wehr am Los Angeles River in Betrieb.
- 1978 stellte Bridgestone Corporation ein luftgefülltes Schlauchwehr vor
- Heute sind mehr als 2.500 Anlagen im Betrieb, davon über 2.000 in Japan
Beispiele
Quellen
- DIN 4048-2, Ausgabe: 1994-07, Wasserbau; Begriffe; Teil 2: Wasserkraftanlagen.
- Fotogalerie und Modelle - Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
- Michael Gebhardt; Stand der Schlauchwehrtechnik Anwendungsbeispiele und Betriebserfahrungen; Mitteilungsblatt der Bundesanstalt für Wasserbau Nr. 91 (2007)
- Floecksmühle Energietechnik
- Michael Gebhardt; Hydraulische und statische Bemessung von Schlauchwehren; Universitätsverlag Karlsruhe (2006)