[[Image:190448 siddur. Handlung vieler Religionen. Im Gebet wendet sich der Mensch an eine Gottheit.

In theistischen Religionen unterscheidet sich das Gebet durch seine deutlich persönliche und kommunikative Komponente von anderen religiösen Praktiken wie Meditation, Beschwörung oder Magie. Im Buddhismus und Hinduismus entspricht ein Gebet oftmals einer Meditation. Im Konfuzianismus und Taoismus spielen Gebete eine eher untergeordnete Rolle; in indigenen Religionen zum Beispiel Australiens sind Gebetspraktiken bisher kaum erforscht worden.
Viele Religionsgelehrte und Theologen haben das Paradox zu lösen versucht, den unveränderlichen Willen der Gottheit durch menschliche Gebete ändern zu wollen. Es gilt als allgemein anerkannt, dass der göttliche, das Gute erstrebende Wille nicht zu ändern ist, dass aber die Gebetstätigkeit in der Lage ist, den Willen des Menschen zu stärken, seine Seele zu läutern und somit eine ganzheitliche Änderung zum Guten zu bewirken. So kann das Gebet dem betenden Menschen neue Erkenntnisquellen öffnen und ihm inneren Antrieb zur Erfüllung seiner Bitten und Wünsche verleihen.
Gebetet werden kann im Gottesdienst, in einer Gruppe oder allein. Ganze Gottesdienste können als Gebet verstanden werden, wie der jüdische Gottesdienst am Shabbat in der Synagoge, die Eucharistiefeier der orthodoxen Kirchen, das christliche Stundengebet oder das Freitagsgebet der Muslime. Viele Religionen kennen festgesetzte Gebetszeiten.
Gebete können gesungen, laut ausgesprochen oder im stillen für sich formuliert werden. Es gibt dabei je nach Religion und Konfession unterschiedliche Körperhaltungen und Gesten: stehen, knien, niederwerfen, den Kopf senken, die Hände erheben oder falten. Ebenso mag die Haltung individuell völlig frei gewählt werden. Im Zusammenhang mit Gebeten werden oftmals Symbole verwendet, wie zum Beispiel der Rosenkranz im katholischen Gottesdienst, im Islam und Buddhismus oder das Kreuz in christlichen Gebeten.
Es gibt tradierte liturgische Gebete mit feststehenden Wortfolgen, manchmal mit Rede und Antwort in Form einer Litanei, Gebete mit Vorlagen oder spontan formulierte Gebete. (Siehe auch: Inkantation)
Judentum
Gebete (hebr. תפלה, Tefilah)
Das Judentum ist eine Religion der Tat. Das tägliche Gebet ruft jedem Juden dies in Erinnerung. Religiöse Juden – Männer wie Frauen - beten drei Mal täglich: morgens Schacharit, nachmittags Mincha und abends Maariv. Beim Gebet bedecken Juden den Kopf mit einer Kippa oder einer anderen Kopfbedeckung (die Kippa ist eine moderne Erscheinung!) und benutzen beim werktäglichen Morgengebet Tefillin (Gebetsriemen) und Tallit (Gebetsschal) - letzterer wird auch am Shabbat und an Festtagen verwendet.
Die Gebete werden nach einem Grundmuster gebetet, das je nach Wochentag oder Festtag leicht variiert. Das Gebetbuch, das diese Gebete enthält, heißt Siddur. Das Gebetbuch für einen Festtag heißt Machsor. Zu den Gebeten gehören Tehillim (Psalmen), das Schma Jisrael (Höre, Israel), Amida oder Achtzehnbittengebet (Schmone Esre). In orthodoxen und konservativen Synagogen wird alles in hebräischer Sprache gebetet, im liberalen Judentum werden einige Gebete in der Landessprache gesagt.
Struktur des jüdischen Morgengebets (Schacharit)
- Morgenlobsprüche (ברכת השחר Birkat HaSchachar) - private Brachot und Studientexte, die zwar in den privaten Bereich gehören, aber traditionell in der Synagoge von jedem für sich gesagt werden.
- Psalmverse (פסוקי דזמרא Psuke de Simra) - Psalmen und andere poetische Texte vor allem aus der Bibel zur Vorbereitung auf das Gebet. An Festtagen - dazu gehört auch der Schabbat - wird dieser Gottesdienstteil erheblich erweitert. In liberalen Gemeinden wurde er - bereits im 19. Jh. - drastisch gekürzt und besteht in heutigen liberalen Gebetbüchern vor allem aus Liedern und Meditationstexten, die zum Gottesdienst hinführen sollen.
- Barchu - Aufruf zum Gebet: "Lasst und Gott preisen".
- Schma und seine Brachot (שמע וברכתה) - Das Schma besteht aus drei Tora-Texten, die jeden morgen und abend vor dem Gebet studiert werden: Dewarim (5. Buch Mose) 6,4-9; Dewarim (5. Buch Mose) 11, 13-21 und Bemidbar (4. Buch Mose) 15,37-41. Das Studium von Toratexten wird mit Lobsprüchen begonnen und beendet, daher sagt man Lobsprüche vor und nach dem Schma. Es sind morgens andere Texte als abends.
- Amida (עמידה), auch Schmone Esre (שמנה עשרי) oder Tefilla (תפילה). Das eigentliche Gebet im Judentum. Mit ihm wird das Gebot des täglichen Opfers Opfer (Religion) erfüllt. Es besteht aus einem Anfangsteil aus drei Brachot (Awot "Vorfahren", Gewurot "Machterweise" und Keduschat ha-Schem "Heiligung Gottes"), einem Hauptteil und einem Schluss aus wiederum drei Brachot (Awoda "Kultischer Dienst", Hoda'a "Dank" und Birkat Schalom "Priestersegen und Friedensbitte") Der Hauptteil bezieht sich auf konkrete Anliegen des Tages. An Wochentagen besteht er aus 13 Bitten für ein jüdisches Leben, am Schabbat aus einer Bitte für einen guten Ruhetag, an Festen entsprechend für das jeweilige Fest.
- Ordnung der Toralesung - Am Schabbatmorgen, sowie im Wochentagsgebet am Montag- und Donnerstagmorgen folgt die Aushebung der Torarolle (Sefer Tora) aus dem Toraschrein (Aron), eine Prozession der Rolle durch die Gemeinde, die öffentliche Vorlesung aus der Rolle und die Rückbringung der Rolle in den Schrein. Am Schabbat und an Festtagen wird die Toralesung mit einem Abschnitt aus den Propheten ("Haftara" = Abschluss) beendet. Es folgen Gebete für die Gemeinde, die Regierung, den Staat Israel, etc.
- Mussaf-Amida - An Festtagen - dazu zählt auch der Schabbat - wird in orthodoxen und konservativen Gemeinden entsprechend dem im der Tora gebotenen Zusatzopfer an einem Fest eine zusätzliche Amida gebetet. Sie enthält in ihrem Hauptteil die Rezitation der Opferanweisungen für das jeweilige Fest. In liberalen Gemeinden ist eine Mussaf-Amida klassisch nicht üblich. In letzter Zeit werden aber an ihrer Stelle Meditiationen oder alternative Formulierungen eingeführt.
- Schlussteil - Das Ende des Gottesdienstes ist traditionell vor allem durch das Kaddisch geprägt. In orthodoxen Gemeinden endet der Gottesdienst mit einer Reihe von Studientexten, auf die ein Kaddisch der Trauernden (Kaddisch Jatom) gesagt wird. Das Alenu-Gebet oder der Tagesspalm ist einer dieser Studientexte. In liberalen Gemeinden hat man die vielen Kaddisch-Wiederholungen abgeschafft, um eine erhöhte Konzentration auf Text und Situation für dieses Gebet zu schaffen. Hier gibt es daher nur das Alenu und ein Kaddisch Jatom, dass von allen Trauernden gemeinsam gesprochen wird.
Struktur des jüdischen Nachmittag und Abendgebets (Mincha und Ma'ariw)
- Psalmverse - Einen Eingangsteil gibt es zwar auch im Nachmittag- und Abendgebet, jedoch nicht in vergleichbarer Ausgestaltung wie im Morgengebet. Das Minchagebet beginnt mit Psalm 145, das Abendgebet mit Psalm 134. Eine Ausnahme bildet das Abendgebet zu Beginn des Schabbat (Erew Schabbat), das einen eigenen, ausgeführten Eingangsteil hat (Kabbalat Schabbat "Empfang des Schabbat". Dieser Teil enstand im 16. Jahrhundert bei Mystikern in Sefat. Man studiert sechs Psalmen in Analogie zu den sechs Wochentagen. (Diese Psalmen sind Psalm 95-99 und Psalm 29. Vor dem siebten Psalm, Psalm 92 "Lied für den Schabbattag", mit dem der Schabbat liturgisch beginnt, singt man eine Hymne zur Begrüßung des Schabbat (Lecha Dodi likrat Kallah).
Für Festtage gibt es weitere besondere Texte, an Jom Kippur zum Beispiel das Gebet Kol Nidre.
- Barchu - Aufruf zum Gebet: "Lasst und Gott preisen".
- NUR IM ABENDGEBET: Schma und seine Brachot (שמע וברכתה) - siehe oben.
MINCHA Schabbat und Fasttage: Toralesung
AN ALLEN ANDEREN TAGEN, d.h. den normalen Wochentagen folgt in einem Nachmittagsgebet auf Barchu unmittelbar die Amida.
- Amida (עמידה), auch Schmone Esre (שמנה עשרי) oder Tefilla (תפילה). - siehe oben.
- Schlussteil - Alenu, Kaddisch, eventuell ein Hymnus.
Neben den Gebeten sagen religiöse Juden zu vielen Gelegenheiten Lobsprüche, so u.a. über das Essen oder vor der Ausübung einer Mizwa (hebr. מצות, Gebote). Diese Mini-Gebet heißen "Lobsprüche" (Brachot), weil als "Gebet" nur die Amida verstanden wird.
Zum häuslichen Schabbat, höchster Feiertag des Judentums und Zeichen des Bundes Gottes mit dem Volk Israel (Geschenk der Liebe Gottes) in der Familie gehören der Segensspruch über das Licht der zwei Kerzen, der von der Mutter gesprochen wird, und der Kiddusch über den Schabbatwein, der vom Vater gesprochen wird. Es liegen zwei zopfartig geflochtene Schabbatbrote (hebr. Challah, jidd. Barches) auf dem Tisch.
Literatur
- Rabb. Chaijm Donin: Jüdisches Gebet
- Rabb. Jakob J. Petuchowski: Gottesdienst des Herzens
- Annette Böckler. Jüdischer Gottesdienst. Wesen und Struktur, Berlin: Jüdische Verlagsanstalt 2000, ISBN 3-934658-9
Das Gebet gehörte von Anfang an zu den wichtigsten Ausdrucksformen des christlichen Glaubens. Bereits im Neuen Testament sind viele verschiedene Gebetsformen erwähnt: Psalmen, Bitte, Dank, Fürbitte, Anbetung. Einige der am häufigsten gebrauchten christlichen Gebete stammen aus dem Neuen Testament, z.B. das Vaterunser und das Magnificat. Besonders viele Lobeshymnen sind in der Offenbarung des Johannes enthalten.
Bis heute hat das Gebet einen zentralen Platz in der Praxis aller christlichen Konfessionen.
Alle kennen das Vaterunser und die Psalmen ebenso wie persönlich formulierte Gebete und Kirchenlieder in Gebetsform. Die orthodoxen, katholischen und anglikanischen Kirchen haben eine reiche Tradition von vorformulierten Gebeten für den liturgischen und persönlichen Gebrauch (siehe liturgische Gebete), im Pietismus und im freikirchlichen Raum sind die Gebete in der Regel spontan formuliert.
Alle christlichen Konfessionen wenden sich im Gebet direkt an Gott und gehen davon aus, dass Gott Gebete hört. Christen wenden sich im Gebet an den Dreieinigen Gott, beten zu Gott dem Vater, zu Jesus Christus und manche auch direkt zum Heiligen Geist, wobei es in den meisten Konfessionen, von fest formulierten liturgischen Gebeten abgesehen, dem einzelnen überlassen ist, an wen er sich im Gebet wendet. In der katholischen und der orthodoxen Kirche können Gebete auch an Maria und an Heilige gerichtet werden, wobei diese Gebete eine Bitte um Fürsprache beim dreieinigen Gott sind.
Christen glauben, dass Gott Gebete erhört, wobei es über die Art und Häufigkeit der Gebets-Erhörung sehr unterschiedliche Erkenntnis bzw. Sichtweisen gibt.
Ebenso glauben viele Christen, dass Gott im Gebet durch den Heiligen Geist zum Beter reden kann. Dabei kann es sich um Prophetie, Erleuchtung und persönliche Eingebungen handeln, aber ebenso um alltägliches, wie dass Gott z.B. die Aufmerksamkeit auf einen Bibelvers lenkt, der in die Situation passt, oder ein allgemeines Gefühl des Getröstetseins gibt. Praktisch alle Konfessionen, bei denen Prophetie oder Erleuchtung als Geistesgabe anerkannt sind, haben allerdings gewisse Sicherheitsregeln, um allzu wilde Fantasie in Grenzen zu halten, z.B. Beurteilung durch erfahrene Christen oder Gemeindeleiter, Beurteilung durch die Gemeinschaft anhand der Bibel, Beurteilung durch die kirchliche Lehre.
Das Christentum kennt viele Gebetsformen.
- Im Gottesdienst: bei fast allen Konfessionen gehört das Vaterunser zum Gottesdienstablauf, entweder vom Liturgen oder gemeinsam gesprochen. Daneben gibt es je nach Konfession liturgische Gebete, oft im Wechsel zwischen Einzelnen und der Gemeinde, freie oder vorformulierte Gebete des Gottesdienstleiters oder gemeinsames freies Gebet der Gemeinde.
- In Gruppen: Es gibt feststehende Gebetsliturgien, z. B. das Trisagion der orthodoxen Kirche, der Rosenkranz in der katholischen Kirche, der Evensong in der anglikanischen Kirche oder das Stundengebet. Im März gibt es jedes Jahr einen ökumenischen Frauengebetstag, an dem jedes Jahr überall die gleiche Liturgie gebetet wird, die von Frauen eines bestimmten Landes zusammengestellt wurde. Die Evangelische Allianz hat im Januar jeweils eine Gebetswoche und regelmäßige überkonfessionelle Gebetsabende, die reihum in den Gemeinden der Allianz stattfinden.
- 24 Stunden Gebet vorwiegend im Umfeld der charismatischen Bewegung im Rahmen des Wächterrufs aber auch in der Herrnhuter Brüdergemeine [1] vorhanden geht es darum, dass jeden Tag über 24 Stunden am Stück in verschiedenen Schichten im Verbund gebetet wird.
- Themengebete gibt es ebenfalls zahlreiche Gebetsgruppen, darunter das auch solche, die für ganz spezifische Anliegen beten, z.B. Friedensgebete.
- In der Familie: in manchen christlichen Familien sind noch Tischgebete üblich, häufiger noch gibt es ein Nachtgebet mit den Kindern. Gemeinsame Familienandachten sind heute eher selten. Meist beschränken sich die Eltern auf das Vorlesen der Herrnhuter Losungen oder eines christlichen (Kinder-)Kalenders wie z.B. die "Helle Straße".
- Kindergebete: Sind meist in Reimform vorformulierte Gebete wie z.B.: "Ich bin Klein, mein Herz mach (ist) rein, soll niemand darin wohnen als Jesus (Gott) allein." Doch beten Kinder oft auch ohne Anleitung selbstformulierte Gebete.
- Tischgebete, weit verbreitet ist z.B. "Alle gute Gaben, alles was wir haben, kommt oh Gott von Dir, wir Danken dir dafür."
- Abendgebete dienen dazu den Tag mit Gott zu beschließen.
- Bibeltextbeten - hierbei werden Bibeltexte vorwiegend die Psalmen aus dem AT oder Gebete aus den Briefen des NT im Wortlaut oder in eigene Worte übertragen als Gebet an Gott rezitiert.
- Gebetslieder - Wurden schon zu Biblischer Zeit gesungen und sind in den Psalmen überliefert. Lobpreis sind an Gott gerichtete Lieder, die ihn und seine Eigenschaften und/oder Taten preisen.
- Einzelne: Hier geht das Spektrum von einem Vaterunser vor dem Einschlafen über eine tägliche Stille Zeit bis zu den Exerzitien des Ignatius von Loyola; oder - ziemlich schlicht - freie Gespräche mit Gott, nicht vorformuliert, Eingaben des Heiligen Geistes dialogisieren wiederum mit Gott selber - vorgegebene Rituale dabei außer Acht lassend, wobei die Seele Erquickung im nach außerhalb meist nonverbalen Vorgang erfährt, dabei dennoch unwillkürlich oft die Hände gefaltet (besonders bei Dank) für genaue Beobachter zu erkennen sind.
Das Gebet beinhaltet nicht nur Dank und Bitte oder Fürbitte, der Bittcharakter bildet oft nur ein Aspekt des Gebetes.
Beispielsweise sehen die Mystiker im Gebet vielmehr eine Kontaktaufnahme oder gar ein Zwiegespräch mit Gott, da sie auf das Bibelwort vertrauen, dass Gott selbstverständlich genauestens weiß, was der Betende benötigt: »Denn euer Vater weiß, was ihr nötig habt, ehe ihr ihn bittet« (Mt. 6, 8).
Gebetshaltung/Symbole
In der Kirche wird meist stehend (Ausdruck des Respekts) oder kniend (Ausdruck der Unterwerfung) gebetet, während im persönlichen Gebet (im Kämmerlein, außerhalb der Kirche) keine bestimmte Körperhaltung verbindlich ist.
Typisch für das christliche Beten ist das Falten der Hände. Diese Geste soll verdeutlichen, dass sich der Beter nur auf Gott konzentriert und nicht mit anderen Dingen beschäftigt ist.
Katholische Christen beginnen das Gebet stets mit den Worten "Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes". Außerdem bezeichnen sie sich bei Beginn und Abschluss eines jeden Gebetes mit dem Zeichen des Kreuzes. Orthodoxe Christen bekreuzigen sich ebenfalls, wobei bei denen sogar die Haltung der Finger eine wesentliche Rolle spielt (siehe Kreuzzeichen). Protestantische Christen bekreuzigen sich grundsätzlich nicht. Nach evangelischem Verständnis sind solch äußere Formen nicht notwendig, da Gott in die Herzen der Menschen schauen kann.
Siehe Hauptartikel: Salat (Gebet)
In der Baha'i Religion spielt Gebet eine wichtige Rolle, so wurden von den drei Zentralgestalten der Baha'i Religion zahlreiche Gebete geoffenbart. Abdul Baha sagt: "Es ist die Sprache des Geistes, die zu Gott spricht. Wenn wir uns, befreit von allen äußerlichen Dingen, im Gebet zu Gott wenden, dann ist es, als hörten wir die Stimme Gottes in unserem Herzen. Ohne Worte zu reden, treten wir in Verbindung, sprechen wir mit Gott und vernehmen die Antwort ... Wir alle, wenn wir zu einem wahrhaft geistigen Zustand gelangen, können die Stimme Gottes vernehmen."
Ein Beispiel für ein Baha'i-Gebet, geschrieben von Abdul Baha: O Du gütiger Herr! Du hast die ganze Menschheit aus dem gleichen Stamm erschaffen. Du hast bestimmt, dass alle der gleichen Familie angehören. In Deiner heiligen Gegenwart sind alle Deine Diener, die ganze Menschheit findet Schutz in Deinem Heiligtum. Alle sind um Deinen Gabentisch versammelt; alle sind erleuchtet vom Lichte Deiner Vorsehung. O Gott! Du bist gütig zu allen, Du sorgst für alle, Du beschützest alle, Du verleihst allen Leben. Du hast einen jeden mit Gaben und Fähigkeiten ausgestattet, und alle sind in das Meer Deines Erbarmens getaucht. O Du gütiger Herr! Vereinige alle. Gib, dass die Religionen in Einklang kommen und vereinige die Völker, aufdass sie einander ansehen wie eine Familie und die ganze Erde wie eine Heimat. O dass sie doch in vollkommener Harmonie zusammenlebten! O Gott! Erhebe das Banner der Einheit der Menschheit. O Gott! Errichte den Größten Frieden. Schmiede Du, o Gott, die Herzen zusammen. O Du gütiger Vater, Gott! Erfreue unsere Herzen durch den Duft Deiner Liebe. Erhelle unsere Augen durch das Licht Deiner Führung. Erquicke unsere Ohren mit dem Wohlklang Deines Wortes und beschütze uns alle in der Feste Deiner Vorsehung. Du bist der Mächtige und der Kraftvolle, Du bist der Vergebende und Du bist der, welcher die Mängel der ganzen Menschheit übersieht.
Hinduismus
In der Frühzeit des Hinduismus, der vedischen Zeit (1200 v.Chr.), wurden Hymnen an die Götter gerichtet, die oft mit Bitten verbunden waren und einen durchaus utilitaristischen Charakter hatten. Die Rezitation von Mantras (wörtl.: Mittel zum Denken) war von frühester Zeit an ein wichtiges Mittel religiöser Versenkung. Oft dient das Aufsagen von Mantras der Verehrung eines Gottes; meist werden sie gesungen.
Heute ist vor allem im Bhakti Yoga die persönliche Hingabe an einen Gott wichtig und somit die Kommunikation mit Gott. Ein Weg ist die Gotteschau (Darshan), bei der der Gläubige u.a. durch die Versenkung in ein Bild eines Gottes (Bilderverehrung) danach strebt, die Gegenwart des Gottes in sich zu realisieren.
Gebet hat im Hinduismus eine starke Affinität zu Meditation und Versenkung. Es gibt keine allgemeingültigen Vorschriften für Gebete, die für alle Hindus gelten; es gibt jedoch sehr unterschiedliche, gelebte Familientraditionen.
Mrityunjaya-Mantra:
Wir verehren den Dreiäugigen (Gott Shiva), der duftet und alle Wesen nährt.
Wie eine reife Gurke von ihrer Bindung (am Stängel) gelöst wird, möge er uns vom Tod befreien in die Unsterblichkeit.
Zitate
- Opfer Gottes sind ein zerbrochener Geist, ein gebrochenes und reuiges Herz wirst du, Gott, nicht verachten. - (Psalm 51,19)
- Das Werk gibt dem Wort innere Stärke, doch das Gebet erwirbt für Taten und Worte innere Kraft. - Bernhard von Clairvaux
- Der Mensch ist von Gott nie weiter entfernt als ein Gebet. - Mutter Teresa
- Wenn ihr betet, macht es nicht so wie die Heuchler, die sich dazu gern in die Synagogen und an die Straßenecken stellen, damit sie von den Leuten gesehen werden. Ich versichere euch: Mit dieser Ehrung haben sie ihren Lohn schon kassiert. Wenn du betest, geh in dein Zimmer, schließ die Tür und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Dann wird dein Vater, der ins Verborgene sieht, dich belohnen. Beim Beten sollt ihr nicht plappern wie die Menschen, die Gott nicht kennen. Sie denken, dass sie erhört werden, wenn sie viele Worte machen. Macht es nicht wie sie! Denn euer Vater weiß ja, was ihr braucht, noch bevor ihr ihn bittet. - Jesus Christus in der Bergpredigt über das Beten, Matthäus 6,5-8; zitiert nach der Neuen evangelistischen Übersetzung (NeÜ) der Bibel
- Gott bitten heißt, sich mit der Hoffnung schmeicheln, durch Worte könne man die ganze Natur ändern. - Voltaire
Gebet und Heilung
Es gibt Hinweise für gesundheitsfördernde Wirkungen des Betens, für andere Menschen wie auch für den Betenden selbst. Wissenschaftliche Untersuchungen hierüber sind jedoch selten.
- Der amerikanische Kardiologe M. Krucoff von der Duke University beispielsweise veröffentlichte 2001 eine Machbarkeitsstudie und im Juli 2005 in der Zeitschrift Lancet eine größere Studie mit 750 Patienten, in der eine bessere Genesung derjenigen, für die unter anderem gebetet worden war, nicht nachgewiesen werden konnte.
- 1988 hat der amerikanische Kardiologe Dr.Randolph Byrd eine Doppelstudie druchgeführt die den positiven Einfluss von Gebet nachgewiesen haben soll. Die Fakten der Untersuchung sollen von der American Heart Association als Vortrag angenommen worden sein. Aus: Medical Tribune, 14.3.1986
- Nach einer Studie der Universität Witten-Herdecke an 112 Krebspatienten und 57 an Multipler Sklerose Erkrankter seien 40 Prozent der Befragten überzeugt gewesen, mit Hilfe spiritueller Quellen ihre Krankheit günstig beeinflussen zu können.
- An der Columbia Universität (New York) wurde unter 219 Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch eine Doppelblindstudie durchgeführt. Für die Hälfte wurde gebetet, ohne daß die Frauen und die Ärzte davon wußten. Die Hälfte der Frauen in der „Betgruppe“ wurden schwanger. Das das waren doppelt so viele wie in der Kontrollgruppe.
Besser untersucht ist, dass betende Menschen selbst häufig einen gesundheitsfördernden Lebensstil haben. Dies könnte auch erklären dass Patienten, die glauben und beten, über ein stärkeres Immunsystem verfügten und sich nach Operationen schneller erholen.
Siehe auch:
Literatur
- M. Krucoff, S. Crater, D. Gallup, J. Blankenship, M. Cuffe, M. Guarneri, R. Krieger, V. Kshettry, K. Morris, M. Oz: Music, imagery, touch, and prayer as adjuncts to interventional cardiac care: the Monitoring and Actualisation of Noetic Trainings (MANTRA) II randomised study. The Lancet, Volume 366, Issue 9481, Pages 211-217
- Krucoff MW, Crater SW, Green CL, Maas AC, Seskevich JE, Lane JD, Loeffler KA, Morris K, Bashore TM, Koenig HG.: Integrative noetic therapies as adjuncts to percutaneous intervention during unstable coronary syndromes: Monitoring and Actualization of Noetic Training (MANTRA) feasibility pilot. PMID 11685160
- O'Connor PJ, Pronk NP, Tan A, Whitebird RR.:Characteristics of adults who use prayer as an alternative therapy PMID 15895540
Weblinks
- Projekt Beten Online: Alles Rund ums Gebet
- katholische Kirche im Internet: Gebete
- traditionelle katholische Gebete Lateinisch-Englisch
- Tagesgebet bei mailgebet.de (viele schöne Gebete, auch Gebetstheorie)
- Gedanken zum Beten und zum Gebet (mehrere Seiten)
- Jüdisches Leben talmud.de
- Bahá'í Gebete
- Die Welt,18.6.05 Können Gebete heilen?
- Aktuelle Literatur zum Gebet
http://www.gesundheitstrends.de/gesundheitstrends/interviews/gebet.php