Entstehung und Gedankengut
Der als Sektenführer in die Kritik geratene Philosophieprofessor Osho propagierte unter dem Begriff Tantra die Verbindung von Spiritualität und Sexualität. Diese Lehre besagt, dass mittels Meditation die sexuelle Energie des Beckenbereiches zur Erlangung einer höherem, vollständigen Extase genutzt werden werden könne. Weitere Theorie und Methoden, insbesondere zu Sexualität und therapeutischen Methoden, sind den Lehren Wilhelm Reichs entnommen. Darüber hinaus finden sich auch meditative Ideen des Yoga und der Körpertherapie. Die heutige deutsche Tantraszene nahm ihrem Anfang um 1977 mit Andros Tantraschule in Berlin.
Tantraseminare sind von den Krankenkassen nicht als Therapie anerkannt und müssen daher privat finanziert werden.
Siehe hierzu auch Tantra (Symbolik, Körperarbeit).
Tantraszene
Die Tantraszene steht geschichtlich in der Tradition des Esoterikmilieus. Auch ist eine Einordnung in die New Age Kultur der neuen sozialen Bewegungen richtig. Im weiteren Sinn wäre vielleicht noch eine Nähe zur alternativen Szene und entfernt zum Zegg anzumerken, wobei Tantra aber unpolitisch bleibt. Obwohl erotische Rituale im Neotantra eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen (s.u.), ist die Überschneidung mit der Swingerszene äußerst gering bzw. fast nicht gegeben. Im Vergleich zur letztgenannten Szene ist die Tantraszene bedeutend kleiner.
Tantrainstitute
Abgrenzung Es gibt in Deutschland ca. 15-20 Tantraschulen. Deren Angebot kann klar abgegrenzt werden von demjenigen der Tantamassageanbieter. Während an den Schulen (auch: Instituten) das Angebot hauptsächlich mehrtätige Kurse in gemischten Gruppen umfasst und die Seminarleitung die Übungen der Gruppenteilnehmer anleitet, bieten Tantramassageanbieter der Kundschaft (zumeist erotische) Ganzkörpermassage, wobei die Kunden beiderlei Geschlechts allerdings auf die Rolle des passiven Empfängers beschränkt bleiben.- Beide Bereich sind ihrer Kundschaft deutlich getrennt.
Dieser Artikel bezieht sich auf Tantraschulen, zu Massageanboten siehe Tantramassage.
Themen Die genauen Thematiken der Seminare sind konkret nur schwer fassbar. Gemein ist den Tantrainstituten ein therapeutscher Anspruch. Die Seminare versprechen, insbesondere partnerschaftliche und sexuelle Probleme verarbeiten zu helfen und Traumatisierungen bis hin zum sexuellen Missbrauch zu lindern. Auch soll "persönlichem" und "spirituellem" Wachstum sowie "natürlicherem" Erleben der Sinnlichkeit Raum gegeben werden. Die Lehren des traditionellen Tantra, aber auch die Grundlagen des Neotantra selbst (s.o.), werden in dem Seminare zumeist zumeist nicht konkret thematisiert. Es gibt auch Massageseminare, die aber keine Dienstleistungen im obigen Sinne darstellen.
Anbgebot Im Vordergrund der Seminare, die zumeinst in Kur- oder Wellnesshotels mit entsprechenden Gruppenräumen statt finden, steht oft das Gruppenerlebnis. Diese Veranstaltungen werden zumeist sowohl von Paaren als auch von Singles gemeinsam besucht, wobei seitens der Veranstalter meist auf ein augeglichenes Geschlechterverhältnis geachtet wird. Es gibt aber auch reine Paar-, Single-, Männer- oder Frauenseminare und Verstaltungen speziell für Anfänger oder Fortgeschrittene. Das Angebot reicht von Abendgruppen über einzelne Wochenenden über mehrtägigen Veranstaltungen, Jahresgruppen, Urlaubsreisen bis hin zu "Ausbildungen" zum Tantralehrer . Jahresgruppen sind dabei Veranstaltungen, die mehrmals im Jahr jeweils mehrere Tage lang dauern und deren Teilnehmer in der Regel eine abgeschlossene Gruppe bilden.
Der Ablauf der Seminartage wird häuptsächlich von Meditationen (insbesondere Chakren-Meditationen), Begegnungsübungen, Körperarbeit und Partnerübungen bestimmt. Eine einzelne Übung kann mitunter mehrere Stunden andauern. Oft kulminiert ein Seminar in einem erotischen Partnerritual, das ein Mann und eine Frau zumeist nackt miteinander ausführen (es gibt aber auch schwules Tantra).
Zur Sexualität in Tantragruppen Sexuelle Vereinigung wird, zumindest in Anfängergruppen, nicht angeleitet. Dennoch kann man feststellen, dass die erotische Begegnung der Geschlechter Hauptthema vieler Seminare darstellt.
Anmerkungen und Bewertungen
Sexuelle Motivationen sind daher auch eine wichtiger Beweggrund der Teilnehmer. Daneben rangieren Sehnsüchte nach Spiritualität, Gemeinschaftserlebnissen und Geborgenheit. Das Geschehen unterscheidet sich zwar deutlich von dem eines Swingerclubs, der leichte Zugang zum anderen Geschlecht und der lockere Umgang mit Nacktheit, Erotik und Sexualität stellt aber einen bedeutenden Anreiz dar. Die sexuelle Vereinigung wird zwar oft nicht angeleitet, aber nach den offiziellen Seminarzeiten gerade in längeren Seminaren doch manches Mal praktiziert.
Befürworter der Seminare sagen, dass Tantra den Seminarteilnehmern durchaus nützliche Anregungen für ein intensiveres Erleben von Sexualität und Sinnlichkeit im Allgemeinen liefern könne und die entspannte, lockere und gesellige Atmosphäre der Seminare mag darüber hinaus zum Stressabbau diene. Außerdem trage Tantra positiv zur Persönlichkeitsentwicklung bei und trage zu Zufriedenheit und Ausgeglichenheit bei.
Kritiker merken allerdings an, die therapeutischen Belange oftmals nur ein Vorwand seien, der das Ausleben sexueller Bedürfnisse in den Seminaren verschleiere. Zudem seien die angewandten Methoden und dere Begründung unter Rückgriff auf Osho und Wilhelm Reich Pseudowissenschaft, die in dem Seminaren auch nicht hinterfragt werde. Daraus folge auch, dass die Qualifikation und therapeutische Eignung der Seminarleitung fragwürdig sei und dies der Scharlatanerie Vorschub leiste. Dies sei insbesondere kritisch, da in den Seminaren nicht selten starke Gefühlsschwankungen und psychischen Belastungen der Teilnehmer aufträten. Zudem könne es zu einer Abhängigkeit der Seminarteilnehmer von den kostspieligen Seminaren bzw. von den Leitern kommen.