Die Hof- und Garnisonkirche zu Potsdam war die bedeutendste Barockkirche von Potsdam. Sie wurde von 1730 bis 1735 auf Anordnung des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. von Preußen in seiner Sommerresidenz für die Angehörigen des Hofstaats und der Garnison errichtet. Die spätere Begräbnisstätte Friedrich Wilhelms und seines Sohnes Friedrichs des Großen war über die Abschaffung der Monarchie im Jahre 1918 hinaus eine Stätte der Verehrung Preußens und seines Königtums.

Das Innere des Kirchenschiffs brannte beim Luftangriff auf Potsdam am 14. April 1945 aus. Nachdem bereits Wiederaufbauarbeiten begonnen hatten, fand infolge von Beschlüssen der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) etwa zeitgleich mit der Sprengung der Leipziger Universitätskirche im Mai und Juni 1968 in Potsdam die Sprengung der Ruine der Garnisonkirche statt. An ihrer Stelle steht seit 1971 ein Rechenzentrum.
Die 2004 gegründete Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche Potsdam e.V. strebt eine Rekonstruktion der Garnisonkirche an.
Das Bauwerk
Der Turm
Der Turm der Garnisonkirche mit einer Gesamthöhe von 88,43 Metern ragte in die Breite Straße hinein und prägte so ihr Erscheinungsbild. Die Seitenwände des Turmes wurden an jeder Seite von schmalen Längsfenstern durchbrochen, zusätzlich trugen die Ecken Figurenschmuck. Über dem Hauptportal zur Breiten Straße befand sich eine Inschrifttafel mit goldenen Buchstaben. Darauf war zu lesen: „Friedrich Wilhelm, König in Preußen, hat diesen Thurm nebst der Guarnison-Kirche zur Ehre Gottes erbauen lassen. Anno 1735.“ Ein Teil der Buchstaben ist heute noch vorhanden.
Der Turm wurde im Untergeschoss wuchtig aufgeführt und verjüngte sich in den oberen Etagen. Die Turmspitze bildete ein aus Eiche konstruiertes Geschoss, auf dem eine Wetterfahne angebracht war. Es enthielt das aus der 1722 eingeweihten ersten Garnisonkirche stammende Glockenspiel, ergänzt durch fünf neue, von Paul Meurer geschaffene Bassglocken. Nachdem das Glockenspiel bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zur vollen Stunde verschiedene Choräle und zur halben Stunde weltliche Lieder abgespielt hatte, spielte es ab 1797 bis 1945 alle 7 ½ Minuten den Choral „Lobe den Herrn“ im Wechsel mit dem Lied „Üb' immer Treu und Redlichkeit“ von Ludwig Hölty, dessen Melodie der Papageno-Arie aus Mozarts „Zauberflöte“ entlehnt war.
Das Kirchenschiff
Das Kirchenschiff, wie sein Vorgänger ein quadratischer, in Querachse ausgerichteter Bau, schloss in nördlicher Richtung an den Turm der Garnisonkirche an. Auf dem spitz zulaufenden Dach waren auf West- und Ostseite jeweils zwei Gauben aufgesetzt. Die Fenster des Kirchenschiffes wurden groß ausgeführt und dominierten das Fassadenbild, wobei die zwei mittleren Fenster von einem Dreiecksgiebel bekrönt wurden. Weiterhin befanden sich am Übergang zum Kirchturm Sandsteinaufsätze, die in einer Rundung an das Dach anschlossen. Sie wurden zur Breiten Straße mit Säulenpilastern ausgeführt und bildeten so mit dem Turm die repräsentative Eingangsfront.
Der Innenraum
Der Innenraum der Garnisonkirche war klar gegliedert. Massive Pfeiler waren durch Bogengewölbe miteinander verbunden, die sich wiederum an eine flache Decke anschlossen. Zwischen den Pfeilern befanden sich zweigeschossige Emporen. Da es sich um eine Militärkirche handelte, wurde der Innenraum zunächst schmucklos, mit einfacher Holzausstattung, ausgestattet. Die Zivilgemeinde saß auf den Bänken im Kirchenschiff, die Soldaten auf den Emporen. Eine Kanzel, zunächst aus Holz, wurde auf der Südseite aufgestellt. 1737 ließ Friedrich Wilhelm I. sie durch einen farbenprächtigen, mit Barockformen verzierten Kanzelaltar ersetzen und eine darunterliegende, ebenerdige Gruft anlegen („Königliches Monument“). Die Entwürfe lieferte Christian Friedrich Feldmann, Ausführende waren Johann Christian Angermann, Johann Konrad Koch und der Bildhauer Johann Georg Glume, der auch die Marmorfiguren „Mars“ und „Bellona“ am Eingang zur Gruft schuf.
Der aus der Vorgängerkirche stammende sog. Feldaltar war einfach in Holz gehalten und diente dem Abendmahl. Joachim Wagner schuf 1731 eine große Orgel für die Garnisonkirche mit 25 Registern und drei Manualen, die Carl Ludwig Gesell 1862 auf 42 Register erweiterte.[1] Sie befand sich über der Kanzel und besaß einen reich geschnitzten Prospekt mit einem Spielwerk aus posaunenblasenden und paukenschlagenden Engeln, sich drehenden Sonnen (Zimbelsterne) und einem flügelschlagenden Adler.
Geschichte der Garnisonkirche
Das erste Bauwerk
1720 bis 1722 wurde die erste Potsdamer Garnisonkirche als quadratischer Fachwerkbau auf der Plantage zwischen der Breiten Straße, Dortustraße und der Yorkstraße errichtet. Ein auf das steile Zeltdach aufgesetzter, eingeschossiger Turm erhielt ein 35stimmiges Glockenspiel des Amsterdamers Jan Albert de Grave. Nach der Fertigstellung der Kirche zogen die Militärgemeinde, hauptsächlich Angehörige des Leibregiments der Langen Kerle und die deutsch-reformierte Gemeinde ein. Es fanden regelmäßig Gottesdienste statt.
Das zweite Bauwerk, die Garnisonkirche
Das sumpfige Bauland in Potsdam und die ungenügende Gründung des Bauwerkes ließen bereits wenige Jahre später Setzungsrisse entstehen, und das Gebäude begann abzusacken. Nach dem Auslagern des Glockenspiels begann 1730 der Abbau und Abriss von Turm und Kirchenschiff. Da der König, Friedrich Wilhelm I., ein Interesse am Wohle seines Militärs hatte und seine Soldaten auf ihre Aufgabe einschwören wollte, beauftragte er den Architekten Philipp Gerlach mit dem Bau einer neuen Kirche. Fasziniert von den hohen Kirchtürmen, die er bei einem Hollandbesuch gesehen hatte, sollte die Garnisonkirche ebenfalls einen hohen Turm erhalten. Die Bauarbeiten begannen 1731 und konnten bereits am 17. August 1732 mit der feierlichen Einweihung durch den Hofprediger Christian Johann Cochius und Garnisonprediger Johann Gottfried Hornejus abgeschlossen werden. Der Turm wurde erst 1735 fertiggestellt, vorausgegangen war der aufwendige Bau der Fundamente im weichen, sumpfigen Untergrund. Auf dem Portalgiebel wurde die Inschrift, „Friedrich Wilhelm König in Preußen hat diesen Turm nebst der Garnisonkirche zur Ehre Gottes erbauen lassen“, angebracht.
Von der Einweihung bis zur Weimarer Republik
Friedrich Wilhelm I. hatte sich 1737, drei Jahre vor seinem Tode, unter der Kanzel der Garnisonkirche eine Gruft anlegen lassen. Er starb am 31. Mai 1740 und wurde am 1. Juni in ihr beigesetzt. Auf Einladung seines Nachfolgers Friedrich II. besuchte Johann Sebastian Bach 1747 Potsdam und die Garnisonkirche. Er spielte auf der Orgel und war sehr angetan. Seiner Meinung nach sei sie ein „gar prächtig Werck“. Die am 28. Juni 1757 verstorbene Frau Friedrich Wilhelms I., Sophie Dorothea, wählte in ihrem Testament den traditionell als Gruftkirche der reformierten Hohenzollern dienenden Berliner Dom als Begräbnisort. Ihr Platz in der Gruft blieb somit frei. Auch ihr Sohn Friedrich II. hatte in seinem Testament nicht die Garnisonkirche sondern die Terrasse von Sanssouci zum Begräbnisort bestimmt. Er wurde jedoch bereits am Abend des Todestags, am 18. August 1786, in der Garnisonkirche neben seinem Vater beigesetzt. Die Trauerfeier fand erst am 9. September 1786 statt.
Nach dem Wunsch Königin Luises erklang ab 1797 zu jeder vollen Stunde der Choral „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“ und zu jeder halben Stunde „Üb’ immer Treu’ und Redlichkeit“ vom Glockenspiel. Vorher wechselten die Melodien, wie es auch in Holland üblich war. Im November 1805 besuchte das Königspaar Friedrich Wilhelm III. und Luise gemeinsam mit dem russischen Kaiser Alexander I. die Königsgruft zur Festigung ihres Bündnisses gegen Napoléon. Dieser kam nach seinem Sieg über die preußische Armee bei Jena und Auerstedt auf seinem Marsch nach Berlin am 25. Oktober 1806 durch Potsdam. Napoléon besuchte die Königsgruft in der Garnisonkirche und ließ sich Friedrichs II. Wohnung im Stadtschloss zeigen. Seine Worte, man würde nicht bis hierher gekommen sein, wenn Friedrich noch lebe, fielen wahrscheinlich dort und nicht, wie oft behauptet, am Grab in der Kirche.[2] Aus Respekt vor der Persönlichkeit Friedrichs des Großen stellte Napoleon die Garnisonkirche unter seinen persönlichen Schutz, während die Französische Kirche und die Heiliggeistkirche als Fouragemagazine der französischen Kavallerie zweckentfremdet wurden.
Auch für die Potsdamer Geschichte war die Garnisonkirche bedeutend. Es wurde die Amtseinführung des ersten frei gewählten Potsdamer Magistrats am 3. August 1809 dort vollzogen.
Um Platz für die Fahnen der in den Befreiungskriegen besiegten französischen Truppen zu machen, wurden 1816 die links und rechts neben dem Altar stehenden Figuren Mars und Bellona (Bildhauerarbeit: Johann Georg Glume) in das Treppenhaus des Stadtschlosses gebracht. Die Emporenbrüstungen bespannte man mit rotem und goldbesetztem Tuch, des Weiteren wurden Gedenktafeln für die gefallenen Soldaten aufgestellt. Bei den Feierlichkeiten zum 300jährigen Jubiläum der Reformation fand am 31. Oktober 1817 erstmals ein gemeinsamer Gottesdienst von Reformierten (Kalvinisten) und Lutheranern statt. Die dabei gezeigten Gemälde blieben jedoch nicht lange in der Garnisonkirche.
Schon in seiner Kronprinzenzeit hatte Friedrich Wilhelm IV. Entwürfe zur Umgestaltung der Garnisonkirche erarbeitet. Vorschläge wie ein Neubau in Form einer fünfschiffigen Basilika, deren Ausmaße rund das Zehnfache der bisherigen Kirche eingenommen hätten, wurden jedoch nie realisiert. Einzige größere Veränderung in seiner Amtszeit war der Einbau einer zehneckigen Taufkapelle in den südlichen Vorraum (1856), die später noch unter dem Namen Heilig-Kreuz-Kapelle bekannt werden sollte. Es folgten Renovierungsarbeiten im Kirchenschiff (ebenfalls 1856) sowie die Instandsetzung des Turmes (1880). Die folgende Zeit wurde durch das „wilhelminische“ Bedürfnis nach Repräsentation geprägt. Die Garnisonkirche, einst karg ausgestattet, erfuhr nun eine völlig neue Innenausstattung nach Entwürfen von Friedrich Laske. Neben einem neuen Gestühl aus Zypressenholz, das jetzt anders angeordnet wurde, entstand eine Kaiserloge auf der ersten Empore. Die Emporen selbst schmückte man mit feinprofilierten Verzierungen, Kartuschen und einer Vergoldung. In den Einigungskriegen war die Zahl der Trophäen auf 117 französische, 25 dänische Fahnen und 7 österreichische Feldzeichen angewachsen. Die Wagnersche Orgel wurde von 25 auf 46 Register vergrößert, in ihrem Prospekt jedoch nicht verändert. Kaiser Wilhelm II. stiftete der Kirche 1907 ein schmiedeeisernen Portalgitters und 1910 einen prächtigen Altartisch. Damit waren die baulichen Veränderungen abgeschlossen. Weil nach Artikel 245 des Versailler Vertrages die französischen Trophäen zurück erstattet werden sollten, wurden sie von unbekannter Hand im Juli 1919 entfernt und blieben bis heute verschwunden. An ihrer Stelle wurden Fahnen der nunmehr untergegangenen preußischen Regimenter angebracht. Ungeachtet dessen war die Garnisonkirche längst als Stätte der Kirchenmusikpflege bekannt und sollte sich insbesondere im 20. Jahrhundert darin etablieren. Besonders dazu bei trug Professor Otto Becker (1870–1954), der von 1910 bis 1945 als Organist wirkte und das Glockenspiel bediente. Während dieser Zeit erklangen über 2000 Glockenkonzerte, es fanden Orgelkonzerte, Oratorienaufführungen, geistliche Konzerte sowie Kammermusiken statt.
Von der Zeit des Nationalsozialismus bis zur Sprengung
Als die Nationalsozialisten im März 1933 für die Eröffnung des am 5. März gewählten Reichstags eine perfekte Kulisse suchten, stießen sie auf die dem Heeresministerium unterstellte Garnisonkirche. Am 21. März 1933, der als Tag von Potsdam in die Geschichte einging, kamen Reichspräsident Paul von Hindenburg nach einem Gottesdienst in der Nikolaikirche und der neue Reichskanzler Adolf Hitler, der in Berlin Gräber von SA-Männern besucht hatte, mit den Reichstagsabgeordneten, sofern sie nicht für die KPD oder SPD gewählt waren, in der Garnisonkirche zusammen. Deren Hausherr, der altpreußische Evangelische Oberkirchenrat hatte zuvor versucht, dies zu verhindern, erreichte aber nur, dass die Sitzung des Reichstages in die Krolloper (das Reichstagsgebäude war zerstört) verlegt wurde. Vor den versammelten Abgeordneten begann nun der greise Reichspräsident Paul von Hindenburg mit den Worten „Möge der alte Geist dieser Ruhmesstätte auch das heutige Geschlecht beseelen, möge es uns frei machen von Eigensucht und Parteizank und uns in nationaler Selbstbesinnung und seelischer Erneuerung zusammenführen zum Segen eines in sich geeinten, freien, stolzen Deutschlands“, Reichskanzler Adolf Hitler zu vereidigen. Danach drückten sie einander die Hand, was die Verbindung von Militär (Reichswehr) und Nationalsozialismus symbolisieren sollte. Eine gemeinsame Parade der Reichswehr, der Polizei, der SA, der SS und des Stahlhelms schloss den Staatsakt ab.
Die Herrschaft der Nationalsozialisten führte Deutschland in den Zweiten Weltkrieg, der auch in Potsdam schwere Schäden hinterließ. Aus Angst vor Angriffen auf die Stadt wurden 1943 die Särge Friedrichs des Großen und seines Vaters, Friedrich Wilhelms I., aus der Garnisonkirche entfernt und durch Attrappen ersetzt.
Bei dem Luftangriff auf Potsdam vom 14. April 1945 sah es lange so aus, als würde die Kirche unbeschädigt bleiben. Dann jedoch begann der benachbarte Lange Stall zu brennen. Es entstand ein Funkenflug, der zunächst vom Sandstein und Kupfer der Kirche immer wieder abprallte und schließlich den Turm erreichte. Hier befanden sich hölzerne Klappen zur Belüftung der Walze des Glockenspiels, die dem Feuer reichlich Nahrung boten. Aufgrund des geringen Wasserdrucks in den Schläuchen der herannahenden Löschtruppen blieb der Brandherd unerreichbar und man konnte nur noch zusehen, wie der Turm langsam von oben nach unten durchbrannte bis schließlich die gesamte Kirche in Flammen stand. Es gelang noch, den Feldaltar, Paramente, Altarbibeln und Kirchengeräte in Sicherheit zu bringen, ehe zudem ein Blindgänger durch seine Explosion das Kirchenschiff zerstörte. Die einzelnen Glocken des Glockenspiels begannen sich in Folge der enormen Hitze zu lösen und stürzten fast 80 Meter in die Tiefe. Als die lichterloh brennende Turmspitze aus Eichenholz vom Turm stürzte, war das wohl berühmteste Potsdamer Musikwerk dann endgültig verloren. Von der Kirche blieb lediglich eine Ruine, bestehend aus den Umfassungsmauern des Kirchenschiffs und dem Turmstumpf.
Am 25. Juli 1949 erfolgte die Umbenennung der Kirche in Heilig-Kreuz-Kirche. Ein Jahr später zog die Heilig-Kreuz-Gemeinde in eine im Turm hergerichtete Kapelle ein. Mit Hilfe von zwei neugegossenen Glocken wurde zum Gottesdienst gerufen. In den 1960er Jahren begann man mit der Herrichtung der Kirche. In den 1960er Jahren konnten Besucher nach Anmeldung beim Küster den etwa 60 Meter hohen Turm besteigen.[3] Die ersten Bauarbeiten für neue Zwischendecken im Turm wurden durch einen 1966 verhängten Baustopp unterbrochen. Am 12. August 1966 beschloss die Bezirksparteileitung Potsdam der SED die Beseitigung der Ruine.[4] Walter Ulbricht, der erste Sekretär des Zentralkomitees der SED, besuchte 1967 die Stadt und erklärte, dass die Garnisonkirche wie die übrigen Potsdamer Kriegsruinen beseitigt werden müsse. Hintergrund dieses Entschlusses war die antipreußische und kirchenfeindliche Haltung der DDR-Führung und der Wunsch, in Potsdam einen sozialistisch geprägten Stadtkern entstehen zu lassen. Bemerkenswert ist indes, dass die Stadtverordneten die Sprengung nicht, wie seinerzeit in der DDR üblich, einstimmig beschlossen, sondern mit vier Gegenstimmen. Anfang Mai 1968 wurde zunächst das Kirchenschiff gesprengt. Der Turm fiel nach einem missglückten Sprengversuch am 14. Mai 1968, bei dem eine Hälfte stehen blieb, erst am 23. Juni 1968 endgültig zusammen. Im Anschluss an die Beseitigung wurde, um einige Meter zurückversetzt, auf dem Grundstück das Rechenzentrum für den Bezirk Potsdam errichtet.
Geschichte der Wiederaufbaubemühungen
Nun soll zunächst der Kirchturm, später die ganze Kirche wieder vollständig aufgebaut werden. Die Grundsteinlegung, bei der zahlreiche Prominente wie Richard von Weizsäcker und Manfred Stolpe, aber auch Aufbaugegner anwesend waren, fand am 14. April 2005 statt. Sie wurde unter massiven Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt, um ein Aufeinandertreffen von Befürwortern und Gegnern zu vermeiden. Das Grundstück, welches damals der ARAG-Versicherung gehörte, wird der Stadt Potsdam kostenlos überlassen. In dem derzeit auf dem Gelände stehenden Gebäude ist unter anderem der Brandenburgische IT-Dienstleister Mieter.
Bereits im Jahre 1987 ließ die aus den Iserlohner Fallschirmjägern hervorgegangene Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel e.V. (TPG) das Glockenspiel des Kirchturmes neu gießen. Dabei erhielten die für 470.000 Mark angeschafften insgesamt 40 Glocken die Namen der Spender (Privatpersonen und militärische Verbände), einige auch die verlorener Ostgebiete wie Ostpreußen (Königsberg), Schlesien (Breslau), Pommern (Stettin) und Westpreußen. Am 14. April 1991 wurde das Glockenspiel an die Stadt Potsdam übergeben und in einer Stahlkonstruktion hängend auf dem Plantage genannten Platz nördlich des Standorts der Kirche aufgestellt. Seitdem werden wieder wie seit 1797 abwechselnd "Lobe den Herren" und "Üb’ immer Treu und Redlichkeit" gespielt. Der neue Standort wurde jedoch als vorläufig bezeichnet, denn als nächste Aufgabe stellte sich die Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel e.V. den Wiederaufbau der Garnisonkirche, die – so deren Vorsitzender Max Klaar – Deutschland nach der formellen Wiedervereinigung wieder innerlich zusammenführen solle.
Kontroverse um den Wiederaufbau
Der Wiederaufbau ist in der Öffentlichkeit umstritten. Der Wiederaufbau des Kirchengebäudes wurde zur Projektionsfläche unterschiedlicher politischer Auffassungen. Der durch die TPG initiierte Wiederaufbau der Kirche stieß zunächst auf starken Widerstand linker evangelisch-kirchlicher Kreise. Diese waren zunächst bestrebt, den Kirchenwiederaufbau grundsätzlich zu verhindern, da sie in der Garnisonkirche ein Symbol des preußischen Militarismus sahen. Nachdem der Wiederaufbau der Kirche auf ein großes Interesse der Öffentlichkeit traf, wandelte sich die Diskussion von der grundsätzlichen Frage des Wiederaufbaus bis hin zur Frage der Ausgestaltung. Die Evangelische Kirche plädierte für den Aufbau mit einer Nutzung als Stadtkirche und Versöhnungszentrum. Dies stieß auf massiven Widerstand der TPG, die die bereits von ihr gesammelten 6 Millionen Euro nur unter der Auflage eines originalgetreuen Wiederaufbaus und einer „ideologiefreien“ Nutzung, d. h. ohne Distanz zu der Funktion dieser Kirche im militaristisch geprägten Preußen, freigeben wollte. Dies wurde jedoch von der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz als inakzeptabel angesehen. Insbesondere lehnte die TPG das von der Kirche favorisierte Nutzungskonzept (Versöhnungszentrum) sowie die von der Kirche angestrebten nicht original-rekonstruierter Wiederaufbauelemente (Anbringung des sogenannten Coventry-Nagelkreuzes anstatt der Wetterfahne mit Adler, Sonne und königl. Initialen auf der Kirchturmspitze) und weiterer nichtoriginalgetreuer Gestaltungselemente, die die Kirche als bewusstes Zeichen der Diskontinuität verwirklicht sehen wollte, ab. Ziel der TPG war ein originalgetreuer Wiederaufbau im Inneren und Äußeren des Gebäudes, ohne Bezüge auf die Vergangenheit im Aussehen oder im Nutzungskonzept. Dies lehnt die evangelische Kirche ab, unter Verweis darauf, welches Signal vom Nachbau eines Symbols des preußischen Militarismus ausgehen könnte. Wiederaufbaugegner aus nicht nur linken evangelisch-kirchlichen Kreisen befürchten unter anderem die Entstehung eines preußisch-militaristischen Wallfahrtsortes („Yasukuni-Schrein von Deutschland“).
Im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen TPG und evangelischer Kirche beendete die TPG im März 2005 vorläufig ihre Aktivitäten zum Wiederaufbau, um die weitere Entwicklung abzuwarten. Die bis dahin gesammelten Gelder wurden aus formaljuristischen Gründen in die Stiftung „Preußisches Kulturerbe“ eingebracht. In Potsdam wurde eine neue Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche Potsdam e. V. gegründet, die nun das Projekt mit einem „Internationalen Versöhnungszentrum“ umsetzen soll. Die wiederaufgebaute Garnisonkirche soll am 31. Oktober 2017[veraltet] (dem 500. Jahrestag der Reformation) feierlich eingeweiht werden. Der Wiederaufbau im neuen Nutzungskonzept bis 2017[veraltet] bleibt jedoch aus Sicht der TPG fraglich, da für das neue Konzept bisher nur wenige Spenden eingegangen sind.
Ende 2010 veröffentlichte die TPG einen Rundbrief, in dem sie Gedenkveranstaltungen am ehemaligen Standort der Garnisonkirche zum Beginn des Zweiten Weltkriegs, zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus und zur Reichspogromnacht als Missbrauch bezeichnet.[5]
Kritik am geplanten Wiederaufbau der Garnisonkirche äußerte auch Detlef Karg, Direktor des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege. Er kritisierte, dass sich die Evangelische Landeskirche am Wiederaufbau der Garnisonkirche beteiligen wolle, zugleich aber die 1.164 Dorfkirchen und 700 Stadtpfarrkirchen in Brandenburg ernsthaft gefährdet seien. Es sei „nicht Aufgabe der Denkmalpflege, einen verlorenen Bau wieder aufzurichten. … Wenn man in Potsdam am alten Standort eine Kirche bauen will, kann man das auch in der heutigen Architektursprache tun.“[6][7]
Literatur
- Reinhard Appel, Andreas Kitschke: Der Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche. Lingen Verlag, Köln 2006, ISBN 3-937490-70-1.
- Ludwig Bamberg: Die Potsdamer Garnisonkirche. Baugeschichte – Ausstattung – Bedeutung. Lukas Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-936872-86-4.
- Karl Gass: Der Militärtempel der Hohenzollern. Aus der Geschichte „unserer lieben“ Garnisonkirche zu Potsdam. Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1999, ISBN 3-360008-84-7.
- Andreas Kitschke: Die Potsdamer Garnisonkirche. »NEC SOLI CEDIT«. Potsdamer Verlagsbuchhandlung, Potsdam 1991, ISBN 3-910196-00-4.
- Werner Schwipps: Die Königliche Hof- und Garnisonkirche zu Potsdam. 1. Auflage, Berlin 1991.
- Werner Schwipps: Die Garnisonkirchen von Berlin und Potsdam. Berlin 1964.
- Eugen Thiele (Hrsg.): Die Baugeschichte der Hof- und Garnisonkirche zu Potsdam. Berlin(-Charlottenburg) 1932.
Tonaufzeichnung
- Potsdam Glockengeläut (Glockenspiel der Garnisonkirche Potsdam), gespielt 1911 vermutlich von Otto Becker auf Grammophon Concert Record 949284 und Schallplatte „Grammophon“ 10642
- Glockenspiel der Garnisonkirche Potsdam, 1929 gespielt von Otto Becker: Lobet den Herrn; Üb´ immer Treu und Redlichkeit; O Täler weit, oh Höhen; Rosen und Lorbeer auf Homocord 3272, Waldandacht und Wir treten zum Beten vor Gott auf Homocord 3273
Einzelnachweise
- ↑ Werkverzeichnis der Alexander Schuke Potsdam Orgelbau GmbH
- ↑ Tillmann Bendikowski: Friedrich der Große. C. Bertelsmann Verlag, München 2011, ISBN: 978-3-570-01131-7, S. 156, zur Kontroverse S. 311, Anm. 18
- ↑ Friedrich Schlotterbeck widmet seinem Besuch ein Kapitel in: Im Rosengarten von Sanssouci, Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 1968
- ↑ Zur Geschichte der Abrissbemühungen siehe Hans Berg: Die verlorene Potsdamer Mitte, Eigenverlag Hans Berg, Berlin 1999, S. 14–19, hier S. 16
- ↑ Rundbrief der „Stiftung Preußisches Kulturerbe“ von Dezember 2010
- ↑ Brandenburgs oberster Denkmalschützer kritisiert Wiederaufbau der Garnisonkirche, Potsdame Neueste Nachrichten, 2. Februar 2012
- ↑ Kirchenbestand akut gefährdet, Märkische Oderzeitung, 1. Februar 2012
Weblinks
- Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche Potsdam e. V.
- Nutzungskonzept der evangl. Kirche Potsdam
- Stiftung preußisches Kulturerbe (vormals Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel e.V.)
- Bürgerinititive für ein Potsdam ohne Garnisonkirche
- Glockenspiel der Garnisonkirche
- Üb immer Treu und Redlichkeit
- Sprengung der Garnisonkirche
Koordinaten: 52° 23′ 45″ N, 13° 3′ 13″ O