
Die Geschichte des Tennis begann wahrscheinlich um das 12. Jahrhundert in französischen Klöstern. Nachdem der Vorläufer Jeu de Paume vor allem im 16. und 17. Jahrhundert eine Blütezeit erlebte, wurde in den 1870er Jahren in Großbritannien das moderne Tennis entwickelt.
Tennis in Mittelalter und Renaissance
Anfänge
Der Ursprung des Tennissports geht vermutlich auf mittelalterlichen Klöster in Nordfrankreich zurück. Die erste anerkannte Erwähnung findet es im zwischen 1219 und 1223 vom Zisterziensermönch Caesarius von Heisterbach verfassten Dialogus miraculorum. Darin beschreibt Caesarius eine sich in der Hölle abspielende Szene, in der zwei Mannschaften von Dämonen sich den Ball, eine Menschenseele, wie bei einem Tennisspiel zuschlagen. Bereits in den vor 1165 entstandenen Summa de ecclesiasticis officcis beklagt der Theologe Johannes Beleth eine um sich greifende „Unsitte“ in französischen Klöstern, das Ballspiel, dem sich nun auch Bischöfe und Erzbischöfe hingeben würden.
Das Spiel wurde zunächst ohne Schläger, ausschließlich mit der flachen Hand oder einem übergestreiften Handschuh gespielt. Der Spieler musste zu Angabe den Ball auf ein abgeschrägtes Dach der Galerie spielen. Punkte konnten erzielt werden, indem der Ball durch einen Torbogen der Galerie, oder auch gegen weitere Stellen wie bspw. die Craticula, ein Gitterfenster, gespielt wurde. Ein Netz war zum damaligen Zeitpunkt noch unbekannt.
Jeu de Paume
Entwicklung
Das Spiel verbreitete sich in ganz Frankreich unter dem Namen Jeu de Paume („Spiel mit der Handinnenfläche“; kurz auch A la paume), bald darauf erreichte es Flandern und England, wo es unter dem Namen „Tenesse” oder „Tenys” bekannt wurde. Es ist vermutlich mit dem friesischen Kaatsen (eine Verballhornung von cache, wie Jeu de Paume in Nordfrankreich auch bezeichnet wurde) und dem Pärkspel, das noch heute auf Gotland gespielt wird, verwandt. Der französische König Ludwig X. soll im Jahre 1316 gestorben sein, als er nach einem anstrengenden Spiel eine große Menge eiskalten Weins zu sich nahm. Der burgundische Herzog Philipp III. holte 1427 eine gewisse Margot aus Hennegau an seinen Hof, damit sie gegen Bezahlung für ihn spielte. Von Karl VIII. (1470–89) ist überliefert, dass er sich auf dem Weg zu einem Spiels den Kopf so heftig an einem Türsturz stieß, dass er kurz darauf verstarb.
Ab 1450 ist Tennis in Deutschland, zuerst in der Gegend um Köln, belegt, wo es von Mönchen unter dem Namen caetschen oder khatsen erwähnt wird. Es handelte sich dabei um eine Art Straßentennis auf öffentlichen Plätzen. Im Gegensatz zu heute wurde das Spiel häufig nicht nur zum reinen Zeitvertreib oder zur körperlichen Ertüchtigung, sondern um hohe Wetteinsätze gespielt.
Um 1495 wurden die ersten Schläger verwendet, um die stark beanspruchten Handflächen zu entlasten. Sie bestanden zunächst aus massivem Holz (ähnlich dem heutigen Beach-Tennis). Reiche Adlige bauten in ihre Schlössern eigene Tennis-Säle ein, daneben wurden insbesondere ab dem 16. Jahrhundert eigene Gebäude (Ballhäuser) eröffnet. Im einfachen Volk wurde Jeu de Paume weiterhin in der Öffentlichkeit gespielt. Die Bälle bestanden aus Leder und waren mit Wolle, Haaren, oder auch Sand oder Erde gefüllt.
1555 verfasste der italienische Priester Antonio Scaino aus Salò ein Buch unter dem Titel Trattato del Giuoco della Palla, in dem er fünf Ballspiele, darunter auch Jeu de Paume, beschreibt. Scaino fertigte darin detaillierte Skizzen von Tennisplätzen, u. a. eines Saals im Louvre, an.
Die Blütezeit erlebte Jeu de Palme im 16. und 17. Jahrhundert und wurde in ganz Europa gespielt. Tennisspieler waren unter anderem der französische König Franz I. (1515–47) und sein Nachfolger Heinrich II. (1519–59). In Paris gab es spezialisierte Handwerker (Paumiers), die zunächst Bälle, später auch Schläger herstellten und die Zunft der Paumier-Raquetier bildeten. In England wurde Tennis von Heinrich V. (1387–1422) und Heinrich VIII. (1491–1547) gespielt. Im Hampton Court Palace ist ein Tennisplatz von Heinrich VIII. (später von Karl II. in seine heutige Form umgebaut) erhalten. Während der Regentschaft von Jakob I. (1566–1625) gab es in London 14 Tennisplätze. Auch an Universitäten wurden eigene Ballhäuser eingerichtet.
Ab etwa 1630 wurden in Paris die ersten Plätze mit Schnüren oder Kordeln ausgestattet, die quer über die Mitte des Platzes gespannt wurden und die Vorläufer des heutigen Netzes bilden. Es galt nun die Zusatzregel, dass der Ball über die Schnur gespielt werden musste. Um Streit zu vermeiden, ob ein Ball über- oder unterhalb der Schnur gespielt worden war, begann man damit, an der Schnur kleinere Kordeln, die zum Boden reichten, zu befestigen.
Auch in Shakespeares Heinrich V. (1599) findet Tennis Erwähnung. König Heinrich erhält vom französischen Kronprinz einen Korb mit Tennisbällen, der damit Heinrichs Anspruch auf den französischen Thron angesichts seines jugendlichen Alters verspottet. Heinrichs wütende Antwort enthält eine Reihe von Anspielungen auf das mittelalterliche Tennis: „When we have match'd our rackets to these balls, we will, in France, by God's grace, play a set [that] shall strike his father's crown into the hazard. Tell him he hath made a match with such a wrangler that all the courts of France will be disturb'd with chaces.“ (1. Aufzug, 2. Szene). „Set“ ist der heute noch gebräuchliche Satz, als „hazard“ wurde die Seite der retournierenden Mannschaft bezeichnet und bei „chace“ handelte es sich um eine Besonderheit des Jeu de Paume, die Schassenregel (s.u.).
Die Ausübung des Jeu de Paume wurde von den Herrschenden mehrfach verboten, darunter in England zuletzt unter Oliver Cromwell und in Frankreich im Zuge der Französischen Revolution. Im Laufe des 18. Jahrhunderts verlor es schließlich an Bedeutung.
Heute wird das Spiel in angelsächsischen Ländern noch gespielt, wo es, in Abgrenzung zum modernen Tennis, unter der Bezeichnung Real Tennis (auch Royal Tennis) bekannt ist.
Regeln
Die Regeln des Jeu de Paume unterschieden sich in mehrerlei Hinsicht vom heutigen Tennis. In Ballhäusern bzw. in entsprechenden Sälen erfolgte der Aufschlag immer von der gleichen Seite des Platzes (engl. service side). Der Ball musste zur Angabe auf das Dach der seitlich befindlichen Galerie, in der häufig Zuschauer saßen, gespielt werden. Hinter der aufschlagenden Mannschaft befand sich eine große Öffnung, das dédans. Die retournierende Mannschaft musste nun versuchen, den Ball an den Gegnern vorbei in das dédans zu schlagen. Die aufschlagende Mannschaft hingegen konnte Punkte erzielen, indem sie den Ball in verschiedene kleinere Öffnungen, wie die sogenannte grille (zugleich französische Bezeichnung der Craticula, des Gitterfensters eines Klosters), die lune, das ais oder den trou, in der Wand hinter der rückschlagenden Mannschaft beförderte.
Daneben war die Schassenregel (frz. chasse, engl. chase) von Bedeutung. Wenn ein Ball zum zweiten Mal hintereinander auf dem Boden aufsprang, dann wurde dies im Gegensatz zu heute nicht als Fehler gewertet; stattdessen musste ein Spieler musste den Ball – in seinem Interesse möglichst früh – fangen und die als Schasse bezeichnete Stelle, an der er den Ball gefangen hatte (nach anderen Quellen auch diejenige, an der der Ball zum zweiten Mal auf dem Boden aufkam), wurde markiert. Anschließend wurden die Seiten gewechselt, und jetzt musste die Mannschaft, die vorher den Ball gefangen hatte, eine längere Schasse erreichen, d.h. den Ball so spielen, dass er nach zweimaligem Aufspringen auf dem Boden erst hinter der Markierung aus dem vorherigen Ballwechsel gefangen werden konnte. Gelang dies, erhielt sie einen Punkt, konnte die gegnerische Mannschaft dies verhindern, dann wurde dieser ein Punkt gutgeschrieben.
Das dédans, die große Öffnung hinter den Aufschlägern, wurde bei einigen Plätzen auch weggelassen, was dann als jeu de carré bezeichnet wurde. Man sprach bei Plätzen auch von courte carré (ohne entsprechende Öffnung) und courte dédans (mit Öffnung).
Beim im Freien vom einfache Volk gespielten Tennis erfolgte der Aufschlag ebenfalls auf ein seitliches Schrägdach, wobei später anstatt des Dachs häufig ein Getreidesieb, den man auf einen Waschbottich oder Holzpflöcke stellte, oder eine ähnliche Dachattrappe zum Einsatz kam. Das Spiel wurde daher auch jeu de tamis („Spiel mit dem Getreidesieb”) genannt. Neben erfolgreichen Schassen konnte man vermutlich Punkte erzielen, indem man den Ball hinter den letzten Spieler der gegnerischen Mannschaft spielte; möglicherweise wurde zu diesem Zweck auch eine Linie hinter den Mannschaften gezogen und sobald der Ball diese überquerte, ein Punkt vergeben.
Modernes Tennis
Erfindung des Lawn Tennis
Eine Voraussetzung für die Entstehung des modernen Tennis war die Industrialisierung, und insbesondere die Entdeckung der Vulkanisierung durch Charles Goodyear im Jahre 1839. Erst jetzt war es möglich, relativ kleine Bälle herzustellen, die Feuchtigkeit und Schmutz gegenüber unempfindlich und allgemein robust waren sowie gleichzeitig gute Sprungeigenschaften aufwiesen. Die Mechanisierung der Arbeitsschritte und der Einsatz von Maschinen ermöglichte es, diese Bälle in großen Stückzahlen zu produzieren.
Die Geburtsstunde des modernen Tennis lässt sich in der Folgezeit auf zwei Gegebenheiten zurückführen.
Um 1859 kombinierten der Anwalt Harry Gem und sein Freund Augurio Perera, ein spanischer Kaufmann, verschiedene Teile des Spiels Rackets und des spanischen Pelota miteinander und spielten es auf einem Croquetfeld in Birmingham. 1872 zogen beide nach Leamington Spa, wo sie zwei Jahre später zusammen mit zwei Ärzten aus dem örtlichen Krankenhaus den ersten Tennisclub der Welt gründeten, den Lemmington Lawn Tennis Club. Dieser existierte etwa 15 Jahre und veranstaltete ab 1870 sogar eigene Turniere.
Im Dezember 1873 erfand der englische Major Walter Clopton Wingfield ein ähnliches Spiel zur Unterhaltung der Gäste seiner Gartenparty. Er nannte das Spiel zunächst Sphairistikè (Σφάίρίστική, von griechisch sphairistikos, „zum Ballspiel gehörig“), was später zu Stické oder Sticky abgekürzt wurde. Im Februar 1874 meldete er seine Erfindung als Patent an und gab kurz darauf ein achtseitiges Regelbuch unter dem Titel „Sphairistikè or Lawn Tennis“ heraus. Die Regeln des Lawn Tennis waren dem modernen Tennis bereits sehr ähnlich, Punkte konnten allerdings nur von der aufschlagenden Mannschaft erzielt werden. Das Spielfeld war mit einer Fläche von 60 mal 30 Fuß kleiner als heute sowie an den Grundlinien etwas breiter als am Netz, wodurch der gesamte Platz an die Form einer Sanduhr erinnerte. Das Netz war dagegen 1 Fuss (ca. 30 cm) höher als heute üblich.
In den Folgejahren wurden Tennissets, bestehend aus Schlägern, Bällen und einem Netz, unter Wingfields Lizenz von der Firma French and Co. in Großbritannien verkauft und erfreuten sich so großer Beliebtheit, dass bald Konkurrenzhersteller ebenfalls Sets herausbrachten. 1877 unterließ es Wingfield, sein Patent zu verlängern. Das Spiel wurde in der Anfangszeit meist auf Croquet- oder Cricketfeldern gespielt, die dafür sehr gut geeignet waren. In Armeezeitschriften wie der Army and Navy Gazette oder The Field wurde das Spiel mehrfach beworben und in Beiträgen intensiv besprochen.
Überarbeitung der Regeln
Da das neue Tennisspiel in der Anfangszeit nach verschiedenen Regeln gespielt wurde, bildeten sich in der Folge mehrere Initiativen zur Vereinheitlichung der Regeln heraus. Ab März 1875 wurde von einer Kommission des Marylebone Cricket Club eine neue Version der Regeln veröffentlicht, nach denen zum ersten Mal der Aufschlag in besondere Felder am Netz erfolgen musste. Im April 1877 kündigte der All England Croquet Club – gleichzeitig mit seiner Umbenennung in All England Lawn Tennis and Croquet Club – an, im Juli desselben Jahres auf seinem Gelände ein großes Lawn Tennis-Turnier (später unter Wimbledon Championships bekannt) zu veranstalten. Zu diesem Zweck wurden die Regeln erneut überarbeitet; so wurde der Tennisplatz auf die heutigen Maße von 27 mal 78 Fuss (Einzel) bzw. 36 mal 78 Fuss (Doppel) vergrößert und nahm rechteckige Form an, die Höhe des Netzes wurde verkleinert. Nach mehreren Überarbeitungen in der Folgezeit nahmen Tennisplatz und Netz 1880 die Maße an, wie sie noch heute üblich sind. Während anfangs noch Einzel und Doppel auf verschiedenen Plätzen gespielt wurde, vereinte man im Laufe der 1890er Jahre die für beide Spielarten notwendigen Linien auf einem Platz.
Verbreitung außerhalb Großbritanniens
USA
Der spätere siebenmalige US-Meister Richard Sears berichtete, dass er schon im August 1874 eines von Wingfields Tennissets kaufte und es mit seinem Bruder sowie James Dwight an einem Ferienhaus in Nahant bei Boston spielte. Als „Mutter des amerikanischen Tennis” wird allerdings häufig Mary Outerbridge bezeichnet. Diese lernte Lawn Tennis bei einem Aufenthalt auf Bermuda durch englische Soldaten kennen. Nach ihrer Rückkehr in die USA, vermutlich im Frühjahr 1875, baute sie auf dem Gelände des Staten Island Cricket Club in New York ein Tennisfeld auf. Der Geschäftsführer des Cricketvereins war ihr Bruder.
Im September 1880 wurde dort die erste amerikanische Meisterschaft ausgerichtet, die ein Engländer names O. E. Woodhouse gewann. Dieser hatte bereits beim Turnier in Wimbledon im selben Jahr gespielt und hatte bei seinem Aufenthalt in den USA zufällig aus der Zeitung vom Turnier erfahren.
Im Mai 1881 wurde die United States National Lawn Tennis Association (USNLTA), gegründet, aus der später die United States Tennis Association (USTA) hervorging. Gleichzeitig beschloss man, die Meisterschaften jährlich Ende August in Newport in Rhode Island abzuhalten. Die erste Ausrichtung fand noch im selben Jahr statt und wurde von Richard Sears gewonnen. 1916 wurden die US Open nach Forest Hills im New Yorker Stadtteil Queens verlegt, bevor sie 1978 in das neu errichtete National Tennis Center im Flushing-Meadows-Park umzogen.
Frankreich
Die ersten Tennissets wurden vermutlich von englischen Urlaubern nach Frankreich gebracht. Der nachweislich älteste Verein für Lawn Tennis in Frankreich ist der Décimal Club, der 1877 von zehn Engländern in Paris gegründet wurde. 1878 wurde in Dinard ein weiterer Tennisclub von englischen Urlaubern gegründet, die es zunächst am Strand spielten. Mit der Zeit richteten sie sieben Hartplätze ein und hielten bis 1898 Turniere ab.
1882 wurde der Racing Club von einer Gruppe sportbegeisterter junger Männer in Paris gegründet. Die ehemaligen Schüler des Lycée Condorcet hatten sich ab 1880 regelmäßig Wettrennen im Bahnhof Saint-Lazare geliefert, die sich zeitweise zu einer Pariser Attraktion mit Berichterstattung in diversen Boulevardmagazinen entwickelt hatten. Ab 1885 nahm der Club Lawn Tennis ins Programm, wofür die Stadt Paris ein Jahr später ein Areal im Bois de Boulogne zur Verfügung stellte. Nachdem man zunächst Rasenplätze eingerichtet hatte, wandelte man diese bald in Hartplätze um, da diese wesentlich weniger Pflege benötigten.
Der Pariser Sportverein Stade Français wurde 1883 gegründet. Zunächst spielten die Mitglieder ab 1889 Tennis in der Halle, bevor 1899 bei Saint-Cloud mehrere Tennisplätze errichtet wurden.
Ab 1891 wurde das Championnat de France, die französischen Meisterschaften und Vorläufer der French Open, abwechselnd auf der Anlage des Racing Club und von Stade Français ausgetragen. Der erste Sieger war der Engländer H. Briggs.
Australien
Ab etwa 1878 wurde auf dem Gelände des Melbourne Cricket Club ein erstes Tennisfeld errichtet, auf dem im Januar 1880 ein erstes Turnier stattfand. 1904, drei Jahre nach der Unabhängigkeit Australiens vom Vereinigten Königreich, wurde in Vorbereitung von Australiens Teilnahme am Davis Cup die Australasian Lawn Tennis Association, der Vorläufer von Tennis Australia, gegründet. 1905 wurde auf dem Warehouseman's Cricket Ground in Melbourne die ersten Australasian Championships ausgetragen, die sich später zu den Australian Open entwickelten. Die Australian Open wurden über lange Zeit in unterschiedlichen Städten in Australien und Neuseeland ausgetragen, bis sie 1972 auf die Tennisanlage des Kooyong Lawn Tennis Club in Melbourne verlegt wurden. Seit 1988 ist die Austragungsstätte der eigens dafür angelegte Melbourne Park. Bis in die 1980er Jahre hinein nahmen aufgrund des langen Anreisewegs nur wenige Profispieler aus Europa und Amerika an den Australian Open teil.
Deutschland
Wie in Frankreich, so wurde auch in Deutschland das Lawn Tennis von Urlaubern aus Großbritannien eingeführt. Im August 1874 bestellte sich ein englischer Lord Pettersham ein Tennisset in sein Hotel nach Bad Homburg. In einer Notiz auf einer 1876 in Bad Homburg aufgenommenen Fotografie, die ein Tennisspiel zeigt, wird dem Schotten Sir Robert Anstruther zugeschrieben, das Tennisspiel nach Deutschland gebracht zu haben.
Im Kurort Baden-Baden gründete 1881 der anglikanische Pastor Thomas Archibald Starnes White den ersten deutschen Tennisverein, den Baden-Baden L. T. C. Ein Jahr später wurde der Verein in Internationaler L. T. C. umbenannt, was darauf hinweist, dass nun auch Nicht-Engländer in den Verein aufgenommen wurden.
In Hamburg wurden in den 1880er Jahren zwei Eisenbahnvereine gegründet, Vor dem Dammtor (1886) und Auf dem Uhlenhorst (1888), die in Hamburg-Rotherbaum eine größere Wiese zur sportlichen Ertüchtigung pachteten. Ein Vorstandsmitglied, Carl August von der Meden, hatte bei einem Aufenthalt in England das Lawn Tennis kennengelernt und ließ auf dem Gelände die ersten Tennisplätze errichten.
1892 fand an der Tennisanlage am Hamburger Dammtor das erste große Turnier auf deutschem Boden statt, die „Meisterschaft von Deutschland“; zugelassen wurden allerdings nur Spieler aus Deutschland und Österreich. Aufgrund einer Choleraepidemie sagten jedoch die meisten auswärtigen Teilnehmer kurzfristig ab. Das Turnier gewann der 19-jährige Walter Bonne aus Hamburg. 1897 wurden bei den nun umbenannten „Internationalen Meisterschaften von Deutschland“ auch Teilnehmer anderer Länder zugelassen, die der Brite George Hillyard als erster gewinnen konnte.
1901 wurde in Hamburg die Hamburger Lawn Tennis-Gilde gegründet, aus der im Mai 1902 der Deutsche Lawn Tennis Bund (später Deutscher Tennis Bund) hervorgeht. Erster Präsident wurde Carl August von der Meden, dem zu Ehren die Ligaspiele im Tennis noch heute als Medenspiele bezeichnet werden.
Tennis bei den Olympischen Spielen
Bei den ersten Olympischen Spielen 1896 wurde sowohl Jeu de Paume (in der Form des französischen Longue paume, das sich aus dem jeu de tamis entwickelt hatte) als auch Lawn Tennis ins Programm genommen. Da jedoch die bekannten Spieler aus Frankreich, England und den USA nicht daran teilnehmen wollten, bestand das Teilnehmerfeld des Lawn Tennis überwiegend aus unbekannten Spielern aus Griechenland; daneben wurden Sportler anderer Disziplinen wie der englische Hammerwerfer George Stuart Robertson oder der ungarische Gewichtheber Momcsilló Tapavicza rekrutiert. Der Deutsche 800 m-Läufer Friedrich Adolph Traun soll vom Iren John Pius Boland (dem späteren Goldmedaillengewinner im Einzel und im Doppel) in einem Athener Geschäft beim Kauf eines Tennisschlägers zur Teilnahme am Turnier überredet worden sein.
Nach den Spielen 1924 wurde jedoch die Amateurregel bei Olympia wesentlich verschärft, und in der Folge Tennis aus dem olympischen Programm gestrichen. 1968 in Mexico City noch Demonstrationssportart, wurde es erst bei den Olympischen Spielen 1988 – nach Abschaffung der Amateurregel – wieder eine reguläre Disziplin.
Gründung des internationalen Dachverbands ITF
Am 1. März 1913 wurde in Genf die International Lawn Tennis Federation (später International Tennis Federation, ITF), der internationale Dachverband für das Tennis, gegründet. Die USA lehnten zunächst den Beitritt ab, da der englische Tennisverband sich neben anderen Privilegien insbesondere das Recht vorbehielt, die Wimbledon Championships als Tennis-Weltmeisterschaften zu bezeichnen, während die Amerikaner bereits 1900 mit dem Davis Cup eine Weltmeisterschaft ins Leben gerufen hatten. Zum ersten Präsidenten des ITF wurde der Vertreter des Deutschen Lawn Tennis Bundes, H. O. Behrens, gewählt.
Erst 1923 wurden die USA Mitglied der ITF, nachdem der englische Verband auf sein Vorrecht, die Tennisweltmeisterschaften auszurichten, verzichtet hatte. Man einigte sich stattdessen darauf, die Meisterschaften von England, den USA, Australien und Frankreich in Zukunft als offizielle Weltmeisterschaften zu betrachten, die Geburtsstunde der heutigen Grand Slam-Turniere.
Professionalisierung ab 1968
Bereits in der Anfangszeit des Tennissports im 19. Jahrhundert wurde darauf Wert gelegt, dass ausschließlich Amateure am Turnier teilnehmen durften. Hierbei handelte es sich jedoch nicht um Hobbysportler im heutigen Sinn, sondern es waren Mitglieder der englischen Oberschicht (Gentlemen) gemeint, die im Gegensatz zu den Professionals keiner handwerklichen Arbeit nachgehen mussten. Preisgelder durften allerdings bezahlt werden. Nachdem 1928 aus diesem Grund Tennis aus dem olympischen Programm verbannt worden war, änderte sich die Politik der ITF dahingehend, dass bei Turnieren den Spielern keine Preisgelder, sondern lediglich eine Aufwandsentschädigung gezahlt wurde. Dadurch bildeten sich bald eine Reihe eigenständiger Turniere (wie die U.S. Pro Tennis Championships in den USA, das Wembley Championship in England oder das Championnat International de France Professionnel in Frankreich), die bekannte Spieler durch lukrative Startgagen und Preisgelder anzulocken versuchten. Nahm ein Spieler jedoch an einem solchen Turnier teil, entzog ihm die ITF die Startberechtigung für die von ihr organisierten Turniere, darunter die prestigeträchtigen Grand-Slam-Turniere. Eine professionielle Turnierserie existierte nicht, sondern Profispieler wie beispielsweise Jack Kramer oder Pancho Gonzáles reisten, geführt von Promotern oder unter eigener Regie, von einem Turnier zum nächsten. Die Profiturniere wurden im Gegensatz zum heute üblichen K.-o.-System im Modus „Jeder gegen jeden“ (Round-Robin) ausgetragen, so dass alle teuer bezahlten Spieler möglichst häufig in Spielen zu sehen waren.
Im Laufe der 1960er Jahre änderte sich dies, als zunächst in den USA mit der National Tennis League (NTL, für Turniere in den USA) und später mit der World Championship Tennis (WCT) zwei Turnierserien für Profis entstanden, die mit der Zeit die meisten bekannten Spieler vertraglich an sich gebunden hatten. Vor dem Hintergrund, dass nun keiner dieser Spieler mehr bei ihren Turnieren antreten würde, ließ die ITF 1968 die Amateurregelung fallen (sog. Beginn der Open Era), und begann gleichzeitig damit, eine eigene Serie für Profis, den Tennis Grand Prix, ins Leben zu rufen. Zusätzlich wurde mit der Aufnahme des Tie-Breaks ins offizielle Regelwerk und der Einführung von neongelben Bällen der Tennissport für Fernsehübertragungen attraktiver gestaltet.
1970 erfolgte die Übernahme der National Tennis League durch die WCT, so dass sich im Anschluss Grand Prix und WCT mit eigenen Turnieren und eigenen Spielern gegenüberstanden. 1972 schloss die ITF alle Spieler der WCT von der Teilnahme an Grand-Slam-Turnieren im selben Jahr aus. Daraufhin wurde von den Spielern im Juni 1972 die Association of Tennis Professionals (ATP) gegründet, um mehr Einfluss und Mitsprache zu erlangen. 1973 wurde die Tennis-Weltrangliste von der ATP aus der Taufe gehoben. Im selben Jahr bildete sich im Damenbereich auf Initiative von Billie Jean King die Women's Tennis Association (WTA), unter anderem, um die damals enormen Unterschiede im Preisgeld zwischen Damen und Herren zu beseitigen. Die WTA organisierte bald eine eigene Turnierserie für Damen, die WTA Tour. Die Konkurrenz der beiden Herrenserien endete dagegen erst 1977, als das WCT eingestellt wurde und der Grand Prix dessen Turniere übernahm.
1988 erklärten Vertreter der ATP nach einem Streit mit den Verantwortlichen des Grand Prix während den US Open 1988, dass sie ab 1990 eine eigene Herren-Turnierserie veranstalten würden. Schließlich übernahm die ATP 1990 die Turniere der WCT und startete die ATP Tour.
Begriffsgeschichte
Tennis
Der Ursprung des Begriffs Tennis ist unbekannt. Eine der frühesten Erwähnungen findet sich in einem Dokument der Stadt Canterbury aus dem Jahr 1396; darin wird ein gewisser William Terrey angeklagt, weil er es zugelassen hatte, dass auf seinem Grundstück „le Closhe and le Tenesse“ gespielt wird. Ballspiele waren dem Volk im England unter Eduard III. und Richard II. strikt verboten. Daneben taucht der Begriff in einem zwischen 1367 und 1370 erstellten Bericht des italienischen Chronisten Donato Velluti auf. Dieser schildert die Schlacht bei Altospacio am 23. September 1325, und enthält den Hinweis, dass man in jener Zeit dort mit dem Tennisspiel begonnen habe („in quello tempo si cominciò di qua giucare a tenes“).
Heute gilt es als wahrscheinlich, dass sich „Tennis“ vom französischen Tenez! im Sinne von „Nehmt/Haltet den Ball!“ ableitet. Dies war vermutlich in früher Zeit ein Warnruf, um seinem Gegner den Aufschlag anzukündigen, ähnlich dem Fore! im Golf. Unterstützt wird diese These insbesondere durch die mittelalterliche Ballade eines unbekannten Autors über die Schlacht von Azincourt (1415), die in mehreren Versionen erhalten ist. In dieser Handschrift, die die Schlacht mit einem Tennisspiel vergleicht, wurde Begriff „Holde“ (Haltet!) in einer späteren Version durch „Tenys“ ersetzt.
Zählweise
Es ist belegt, dass bereits um 1415 der Spielstand im Tennis in 15er-Schritten gezählt wurde. Zum Gewinn eines Spiels musste man, wie noch heute, vier Punkte erzielen, was dem Spielstand 60 entsprach. Bereits Mitte des 16. Jahrhunderts war der Grund für diese Zählweise in Vergessenheit geraten und bildete Nährboden für verschiedenste Spekulationen. Heute wird vermutet, dass die Zählweise auf damals übliche Wettbeträge zurückgeht. Mehrere Münzen im mittelalterlichen Frankreich (z.B. der gros denier tournois) waren in 15 Sous unterteilt. Die Zahl 60 bildet im Französischen eine Zählgrenze (70, 80 und 90 werden durch Kombinationen von kleineren Zahlen ausgedrückt), was darauf hindeutet, dass der größte Teil der Bevölkerung damals nur bis 60 zählen konnte. Des Weiteren ist von mehreren Städten im Mittelalter (u. a. Nürnberg und München) bekannt, dass dort ein Wetteinsatz eines Bürgers pro Tag 60 Pfennige nicht überschreiten durfte.
Bereits aus dem 15. Jahrhundert ist auch bekannt, dass bei einem Spielstand von 45:45 diejenige Mannschaft das Spiel gewann, die zwei Schassen hintereinander für sich entscheiden konnte. Sobald eine Mannschaft die erste Schasse gewann, musste sie laut „Vorteil“ (engl. advantage, frz. avantage) rufen. Daraus entstand der heutige Spielstand Vorteil. Im Laufe der Zeit wurde vermutlich 45 zu 40 vereinfacht, wodurch die Spielstände im Französischen kurzen Wörtern (quinze - trente - quarante) entsprachen.
Das im englischen Sprachraum verwendete Deuce für den Einstand ist eine Verballhornung des französischen „à deux (points) du jeu” („noch zwei Punkte zum Spiel”).
Ein weiterer im angelsächsischem Raum verbreiteter Begriff – Love für den Spielstand 0 – wird häufig ebenfalls auf die französche Sprache zurückgeführt: „l'œuf“ (das Ei) soll dessen Ursprung sein, aufgrund der Tatsache, dass die Ziffer Null einem Ei ähnelt. Allerdings wurden die Laute bei ähnlichen aus dem Französischen stammenden Wörtern in anderer Form in die englische Sprache umgeformt; So wurde aus dem französischen „bœuf” das englische „beef”. Eine andere Theorie ist, dass der Ausdruck auf einen sprichwörtlichen Zusammenhang zwischen Erfolg im Spiel und bei der Liebe anspielt. So gibt es zum Beispiel im Englischen die Redewendung „neither for love, nor for money” (weder aus reiner (Nächsten-)Liebe noch für Geld) oder auch „Unlucky in cards, lucky in love”, im deutschen Sprachraum unter „Pech im Spiel, Glück in der Liebe” bekannt. Eine dritte Möglichkeit ist, dass Love vom niederländischen lof (Ehre) abstammt; dieser Ausdruck – „omme lof”, um die Ehre spielen – ist im mittelalterlichen Tennis in den Niederlanden belegt. Auch wurden die Ausdrücke anderer Spiele (bspw. im Backgammon) vom Englischen aus dem Niederländischen übernommen.
Weitere Begriffe
- Grand Slam: Der Begriff stammt aus dem Kartenspiel Bridge, wo er im deutschen Sprachraum auch als „großer Schlemm“, französisch als „Grand Chelem“ bezeichnet wird und für den Gewinn aller dreizehn möglichen Stiche steht. Die erste Verwendung mit Tennisbezug geht auf John F. Kieran, Kolumnist bei der New York Times, zurück. Kieran schrieb 1933 über Jack Crawford nach dessen Sieg bei Australian Open, den French Open und Wimbledon im selben Jahr, wenn dieser nun auch die US Open gewinnen würde, sei dies wie ein „Grand Slam on courts“ (ein „Grand Slam auf den Tennisplätzen“)[1]
- Center Court: Heutzutage die Bezeichnung für den Platz, auf dem die wichtigsten Spiele ausgetragen werden und der die meisten Zuschauerplätze bietet. Bis 1922 befand sich dieser bei den Wimbledon Championships tatsächlich imitten der anderen Plätze.
Literatur
- Gillmeister, H.: Kulturgeschichte des Tennis. Willhelm Fink Verlag, München 1990. ISBN 3-7705-2618-X.
Einzelnachweise
- ↑ Collins, B.: Total Tennis: The Ultimate Tennis Encyclopedia. Sport Media Publishing, Kingston 2003. ISBN 0-9731443-4-3.