Perle

runder Fremdkörper aus Perlmutt
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Eine Perle ist ein fester, oft runder Fremdkörper der - vom Muschelfleisch umschlossen - im Inneren einiger See- und Flussmuschelarten vorkommt.

japanische Perlen

Entstehung

Perlen bilden sich in der Natur unter nicht genau geklärten Umständen. Die frühere Vermutung, ein in die Muschel eingedrungenes Sandkorn sei der Auslöser zur Bildung einer Perle wird heute von der Wissenschaft mehrheitlich verworfen. Man geht davon aus, dass ein Sandkorn, einem dem Leben am Boden angepassten Tier wie der Muschel, keinerlei Schwierigkeiten bereitet.

== Zusammensetzung ==

 
Bruchfläche von Perlmutt im Rasterelektronenmikroskop

Die Perle hat eine kristalline Struktur und besteht wie die Muschelschale zu 80 -92% aus Calciumcarbonat (CaCO3) in seiner primären Form des sogenannten Aragonit. Sekundär ist Calciumcarbonat als Calcit vertreten hinzu kommt ein kleiner Prozentsatz an Wasser. Die Kristalle wachsen in Form von Plättchen, sind schichtweise geordnet und werden von einer organischen Mischung aus Proteinen und sogenanntem "Conchin" (bzw. "Conchiolin") gewissermaßen lose miteinander "verkittet". Dadurch entsteht eine hohe Bruch- und stoßfestigkeit. Die Bestandteile von Perlmutt und die Bestandteile der Perlen sind identisch jedoch ist das "Rezept" bzw. die respektiven Prozente der "Zutaten" etwas anders. Perlmutt enthält z.B. etwas mehr Wasser im "Rezept". Perlen sind härter bzw. widerstandsfähiger als Perlmutt. Ihre Mohs'sche Härte beträgt 3,5-4. Sie wachsen in Schichten, die bei einer durchgesägten Perle ähnlich wie Baumringe zu sehen sind.

Der Glanz der Perle, Lüster genannt, entsteht durch die LichtReflexion und -Brechung an den Kristallgrenzen des Calciumcarbonats wie an den dort eingelagerten Wassermolekülen und wird um so feiner, je dünner und zahlreicher die Schichten sind. (Interferenz) Durch das "Austrocknen" und eine Veränderung der organischen Bestandteile kann ein Alterungsprozess bei Perlen eintreten.

Die Farbe der Perle ist abhängig von der Art der Muschel, ihrem Lebensraum und der Wassertemperatur. Sie reicht von Weis über Gelb, Rosa bis Grau. Perlen können nachdem sie aus der Muschel genommen wurden in nahezu allen Farben gefärbt werden. Sie vertragen jedoch weder Hitze, Laugen noch Säuren. (Man denke an Cleopatra und ihre legendäre Wette mit Marcus Antonius)

Bezeichnungen

Natürliche, also nicht gezüchtete Perlen werden Orient-Perlen genannt. Unregelmäßig geformte Perlen nennt man Barock-Perlen. Als Biwa-Perlen werden Japanische Süßwasserperlen bezeichnet. Buton-oder Mabé-Perlen sind cabochonförmige Perlen, die an der Muschelschaleninnenseite gewachsen sind und aus der Schale herausgesägt werden. Keshi-Perlen entstehen ohne menschliches Zutun, zusätzlich bei der Zucht.

== Zuchtperlen ==

 

Fast alle Perlen, die heutzutage für die Schmuckherstellung verwendet werden, werden gezüchtet, indem man einen Nukleus in Form eines gedrechselten runden Kerns aus der Schale der Mississippi-Muschel zusammen mit einem Stück Mantelgewebe einer Spendermuschel in das Tier opperiert, worauf es einige Jahre in frei hängenden Muschelkörben im Meer heranwächst. Diese Art der Aquakultur wurde von den Japanern Kokichi Mikimoto und Tatsuhei Mise unabhängig von einander entdeckt und entwickelt, und bereits 1896 patentiert. Die Muscheln können etwa zwei Jahre lang eine Perlmuttschicht um den Nukleus ausbilden. Nicht jede Muschel nimmt dabei den Nukleus an, oder überlebt die Opperation. Nur 30% der Muscheln produzieren Perlen. 10% sind kommerziell Nutzbar, lediglich 3% sind perfekt Rund. Und nur 0,5% erreichen die höchste Qualitätsstufe. Das bedeutet: Rund 25 000 Nukleus-Einsetzungen ergeben etwa 125 perfekte Perlen. Neben der Zuchtperle kann die Muschel in dieser Zeit auch eine Reihe sehr kleiner Perlen, den sogenannten Saatperlen ausbilden. Die Perlmuschel kann in ihrem Leben unter Umständen mehrmals "geimpft" werden. Nur einige wenige von weltweit 10.000 Muschelarten können Schmuckperlen hervorbringen. Bei der Zucht kommen Muscheln der Gattung Pinctada, der Perlauster zum Einsatz. Sie sind allerdings nicht mit den als Delikatesse geltenden europäischen Austern, Ostrea edulis oder den Pazifischen Austern (Crassostrea gigas) zu verwechseln.

Der Wert der Perle wird auf Grund von Lüster, Farbe, Größe, Makellosigkeit und Symmetrie ermittelt. Das Gewicht der Perle wird in Grain angegeben (1 Grain= 0,06479891 gr.) Nicht handelbare Perlen werden bereits in den Perlfarmen aussortiert und geshredert. Das Pulver wird von der Kosmetikindustrie weiter verarbeitet.

Perlaustern

  • Pinctada maxima (Jameson, 1901) Bei der Perlausternart Pinctada maxima handelt es sich um eine ausserordentlich große Auster. Sie kann über 5 kg wiegen. Sie kommt im Ostindischen Ozean bis hin zum tropischen westlichen Pazifik vor. Die Perlen dieser gut zur Zucht geeigneten Auster können bis 20 mm. groß werden.
  • Pinctada margaritifera (Linnaeus, 1758) Diese Auster ist an der Ostküste Afrikas, dem Roten Meer, im Persischen Golf, Indischen Ozean, westlichen und mittleren pazifischen Raum beheimatet. es handelt sich bei Pinctada margaritifera eher um eine Gruppe ähnlicher, jedoch leicht unterschiedlicher Austern. So wird z.B. die berühmte "Schwarzlippige Perlauster aus dem polynesischen Raum als "Pinctada margaritifera cumingi" geordnet. Kulturhistorisch dürften die kostbarsten und berühmtesten Perlen der Antike (wie z.B. die legendären Perlen-Ohrringe der Königin Cleopatra) von dieser Austernart stammen.
  • Pinctada radiata (Leach, 1814) Ist im Persischen Golf, Roten Meer, Indischen Ozean und, seit dem Bau des Suez Kanals, stellenweise nun auch im Mittelmeer beheimatet. Die meisten Perlen der Antike dürften dieser Austernart zu verdanken gewesen sein. Der Umfang der Kultivierung dieser Austernart im Sinne der Zuchtperlen gilt als unbemerkenswert. Ihre Naturperlen genießen jedoch noch heute einen hohen Stellenwert.
  • Pinctada imbricata (Röding, 1798) Bei der Austernart Pinctada imbricata handelt es um jene Perlauster, welche für die ersten Perlen aus der "Neuen Welt" (Amerika) sorgte. Der Weltentdecker Kolumbus hatte Perlen dieser Austernart bei Indianern an der Küste Venezuelas vorgefunden. Sie wird auch als "Atlantische Perlauster" bezeichnet, da sie im westlichen Atlantik beheimatet ist (Bermuda, Florida und nördliches Südamerika). Die natürlichen Bestände dieser Austernart gelten durch Überfischung vielerorts als ausgerottet oder sehr gefährdet, zumal diese Austernart im Sinne der Zuchtperlen nicht kultiviert wird.
  • Pinctada fucata (Gould, 1857) Die Perlausternart Pinctada fucata könnte als die bedeutenste Austernart in der Geschichte der Perlenzucht gelten. Mit dieser Austernart eröffnete der japanische Perlenzüchter Mikimoto bereits Anfang des 20. Jahrhunderts den Weltmarkt der Zuchtperlen. Sie ist auch als die "Akoya-Auster" bekannt. Die Bezeichnung "Pinctada fucada" ist wissenschaftlich noch etwas unstabil. Sie ist in den Meeresgewässern von Japan, China, Taiwan, Vietnam und Australien beheimatet.
  • Pinctada mazatlanica ((Hanley, 1855) Die Perlausternart Pinctada mazatlanica wird manchmal auch als die "La Paz Perlauster" bezeichnet. Die wohl berühmteste tropfenförmige (halbbarocke) Perle aller Zeiten, La Peregrina, dürfte vermutlich von dieser Austernart stammen. Das Verbreitungsgebiet dieser ostpazifischen Austernart erstreckt sich von der Westküste Mexikos (Baja California) bis nach Peru. Sie kann eine Größe von über 20 cm erreichen. Natürliche Perlen können über 10 mm groß sein. Neben weissen Perlen bringt diese Austernart auch dunkelfarbige Perlen hervor.

Schwarze Perle

Eine der bekanntesten schwarzen Orient-Perlen ist die berühmte "Azra". Sie ist das Herzstück einer Kette der russischen Kronjuwelen. Schätzungen zufolge müssen mehr als 15.000 Perlaustern aus der Natur geöffnet werden, um eine dieser erlesenen Perlen zu finden.

Legenden um die schwarze Perle

Einer polynesischen Legende nach wurde die Perlauster den Menschen von "Oro" (dem Gott des Friedens und der Fruchtbarkeit) gegeben, der über einen Regenbogen auf die Erde hinabstieg. Es geht auch die Geschichte um, dass er dieses Geschenk aus Liebe zur schönen Prinzessin der Insel Bora-Bora machte.

Im Kaiserreich China wurde die schwarze Perle - ein Symbol der Weisheit - von den Zähnen eines Drachen gehalten, den es zu besiegen galt, um die Perle und damit Weisheit zu erringen. Den Chinesischen Kaisern wurde bei deren Ableben eine große Perle in den Mund gelegt.

Flussperlen

Die Flussperlmuschel (Margaritifera (M.) margaritifera (L.,1758)) ist maximal 14 cm groß. Sie bildet meist kleine nicht ganz runde Perlen mit einem etwas schwacheren Lüster als bei Meerwasserperlen aus und kommt in den Flüssen und Bächen der nördlichen Hemisphäre vor. Für das Wachstum einer Perle von 4 mm wird mit einer Wachstumszeit von 20 bis 25 Jahren gerechnet, für Perlen von 6–7 mm mit 40 bis 50 Jahren. Die Muschel benötigt absolut saubere, kalkarme Gewässer, die im Urgestein entspringen und gilt deshalb als bester "Umweltindikator". Die Muschel hat einen sehr komplizierten Fortpflanzungsmechanismus. Das Perlmuschelweibchen sendet bis zu vier Millionen Glochidien ins Wasser, die 0,05 mm groß sind. Diese müssen von den Bachforellen eingeatmet werden. Bis zu 350 setzen sich in den Kiemen der meist einjährigen Fische fest.(Das Tier nimmt die Parasiten nur ein- bis zweimal auf, später entwickelt der Fisch Antikörper gegen das Larven-Eiweiß.) In einigen Monaten entwickeln sie sich hier zu Perlmuscheln und fallen ab - in den Bachboden.

 
Kette aus Bayrischen Flussperlen

Vorkommen

In Deutschland sind noch Vorkommen in Bayern, Sachsen und der Lüneburger Heide zu finden. In Bayern konzentrierte die Muschel sich ursprünglich auf drei Gebiete, von denen heute der Bayerische Wald und Oberfranken noch eine Bedeutung haben. In der Oberpfalz gibt es keine Perlmuscheln mehr. Im Bayerischen Wald ist das Gebiet der linken Donauzuflüsse zwischen Regensburg und Passau zu nennen, die Einzugsgebiete des Regen und der Ilz im ehemaligen Fürstbistum Passau haben besonders reiche Erträge geliefert.

Verwendung

Der Bestand der Flussperlmuschel war bereits zu stark dezimiert als sich das Wissen um die Zucht entwickelte, sodass diese Perlen nie gezüchtet wurden. Eine Zucht wäre auch auf Grund des sehr langsamen Wachstums wahrscheinlich nicht rentabel gewesen. So waren die Perlen immer sehr rar und damit überaus kostbar. Bereits Plinius und Tacitus beschrieben die Flussperle, die aber bei beiden keine große Begeisterung erkennen ließ. Suetonius, der Sekretär von Kaiser Hadrian, schreibt allerdings in seiner Geschichte der römischen Kaiser, dass die britischen Perlen seinerzeit den »göttlichen Julius zum Englandfeldzug bewogen hatten«.

Die Geschichte der sächsischen Perlenfischerei beginnt im 16. Jahrhundert und hält bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts an. Zwischen 1719 und 1879 wurden insgesamt 22.732 Perlen gefunden, im Grünen Gewölbe in Dresden liegt eine Kette aus Flussperlen, die Berühmtheit erlangt hat, sie geht auf das Jahr 1734 zurück.

In Russland hat es in den vergangenen Jahrhunderten die reichhaltigsten Perlenfunde gegeben. Die sakrale Goldschmiedekunst griff früh auf Perlen zurück, und einzigartige Exemplare sind heute in der Rüstkammer des Kreml in Moskau und in den Museen von St. Petersburg und Nowgorod und anderen Städten zu sehen.

Kunsthandwerliche Arbeiten mit Flussperlen besitzen in Deutschland u.a. die Schatzkammer der Residenz in München, die Schatzkammer Altötting, das Bayerische Nationalmuseum in München, das Schloß Kronburg südlich von Memmingen, der Hildesheimer Domschatz, das Kloster Ebstorf in der Lüneburger Heide, das Grünen Gewölbe in Dresden sowie das Kestnermuseum in Hannover.

Kulturgeschichte

Plinius der Ältere berichtete über die berühmten tropfenförmigen Perlen an den Ohrringen der ägyptischen Königin Cleopatra. Er schätzte den Wert dieses Perlen-Sets auf ca. 60 Mio. Sesterzen (also ca. 1,9 Mio. Unzen feines Silber). Er erzählt, daß Cleopatra, um ihre Liebe dem römischen Feldherrn Marcus Antonius zu beweisen, mit ihm eines Tages wettete, ihm das teuerste Festessen aller Zeiten bereiten zu können. Marcus Antonius nahm die Wette an. Verblüfft war der berühmte Feldherr, als er nur leere Teller und zwei Gläser Wein bei diesem Festessen vorfand. Die Königin löste eine der beiden Perlen ihrer Ohrringe in ihrem Glas Wein auf und trank es. Dann reichte sie Marcus Antonius die zweite Perle um selbiges zu tun. Er gab sich augenscheinlich geschlagen und reichte der Königin die verbleibende Perle zurück.

Der berühmt-berüchtigte römische Kaiser Gaius Caligula (12 - 41 n. Chr) beförderte sein Lieblingspferd Incitatus zynisch zum Amt eines Senators und schmückte es anschließend mit einer Perlenkette. Seine dritte Ehefrau, Lollia Paulina, war ein regelrechter Perlenfanatiker. Plinius erzählt von einer eher peinlichen Begegnung mit ihr bei einem völlig informellen Anlass. Sie war am Kopf, Hals, Ohren, Handgelenken und Fingern mit Perlen und Smaragden im Werte von 40 Mio. Sesterzen ausgestattet. Er erwähnt, daß sie sogar Quittungen von diversen Schmuckhändlern mit sich trug um zu beweisen, wie wertvoll ihr Schmuck tatsächlich war.