Vulkan (oder Vulcanus) ist der Name eines hypothetischen Planeten, der die Sonne noch innerhalb der Merkurbahn umkreisen soll.
Die Hypothese für die Existenz von Vulkan
Im 19. Jahrhundert stellte man bei Bahnbeobachtungen des Merkur fest, dass seine tatsächliche Bahn von der nach der klassischen Himmelsmechanik vorhergesagten abweicht. Während jedes Bahnumlaufs vergrößert sich das Perihel des Merkur (Periheldrehung, siehe auch Apsis (Astronomie)). Die Abweichung beträgt zirka 42 Bogensekunden pro Jahrhundert. Auch wenn dieser Betrag sehr klein ist, bleibt das Ergebnis unvereinbar mit den newtonschen und den keplerschen Gesetzen. Erst mit der Allgemeinen Relativitätstheorie von Einstein ist dieser Effekt der Periheldrehung vollständig erklärbar.
Die Existenz eines intramerkuriellen Himmelskörpers wurde 1859 von dem französischen Mathematiker und Astronom Urbain Leverrier postuliert, um diese Abweichung zu erklären. 1854 hatte Leverrier bereits die Bahn des damals noch unentdeckten Planeten Neptun durch Beobachtungen der Bahnstörungen des Uranus berechnet. Zwei Jahre später entdeckte Johann Gottfried Galle den Planeten nur ein Grad von der vorhergesagten Position. Vor diesem Hintergrund erschien die Existenz von Vulkan plausibel und zahlreiche Astronomen in aller Welt versuchten ihn zu finden.
Die Suche nach Vulkan
Beobachtungen eines Objekts innerhalb der Merkurbahn sind sehr schwierig, da das Teleskop auf einen Punkt gerichtet werden muss, der sehr dicht an der Sonne liegt, wo der Himmel niemals schwarz ist. Zudem kann ein Fehler in der Ausrichtung des Teleskops die Optik beschädigen und beim Beobachter schwere, irreversible Schäden verursachen. Die extreme Helligkeit kann außerdem Lichtreflexe in der Optik hervorrufen, die den Beobachter verwirren und ihn Objekte sehen lassen, die gar nicht existieren.
Über ein halbes Jahrhundert versuchten Astronomen den hypothetischen Planeten Vulkan aufzuspüren – vor allem während Sonnenfinsternissen. Dabei gab es zahlreiche falsche Alarme und Verwechslungen, oder optisch sonnennahe Sterne wurden für Planeten gehalten. So erging es unter anderem dem Asteroidenforscher James Craig Watson.
Als Leverrier 1877 starb, war er immer noch davon überzeugt, Vulkan gefunden zu haben. Mit seinem Tod ging die Suche nach der Planetenfiktion stark zurück, da die meisten Astronomen deren Existenz nach Jahren ergebnisloser Suche inzwischen anzweifelten. Der 123-fache Asteroiden-Entdecker Johann Palisa versuchte es nochmals bei einer Tahiti-Expedition 1883.
Als schließlich Albert Einstein 1916 seine Allgemeine Relativitätstheorie veröffentlichte, konnte die im newtonschen Gravitationsgesetz unverständliche Bahndrehung des Merkur mit der theoretischen Wirkung der nahen Sonne auf die Raumstruktur fast genau erklärt werden. Seitdem ist die Vulkan-Hypothese zwar überflüssig, doch manche Forscher postulieren nun einen dünnen Vulcanoiden-Gürtel.
Eine frühere Erklärung für die Anomalien der Merkurbahn war eine Abplattung der Sonne, die aber nicht im „erforderlichen“ Maße nachzuweisen war.
Vulkantransit
Man bezeichnet damit die vor allem im 18. und 19. Jahrhundert immer wieder gemachte Beobachtung des Durchgangs eines unbekannten Objektes vor der Sonnenscheibe.
Es konnte nie geklärt werden, was die Beobachter im 18. und 19. Jahrhundert vor der Sonnenscheibe vorbeiziehen sahen. Zwar dürfte es sich in einigen Fällen um Fehler in der Optik gehandelt haben, doch ist zumindest ein Fall aus dem 18. Jahrhundert bekannt, an dem zwei Beobachter an verschiedenen Orten den Vorbeizug eines unbekannten Objektes vor der Sonne notierten. Hierbei könnte es sich um einen Asteroiden gehandelt haben. Allerdings ist bis heute noch kein Transit eines Asteroiden vor der Sonne registriert worden.
Vulkan in der Science Fiction
Der Name Vulkan wurde auch von Science-Fiction-Autoren verwendet, wobei einige dieser fiktiven Planeten außerhalb unseres Sonnensystems liegen:
Im Universum der Star-Trek-Filme und -Fernsehserien existiert ein Planet Vulkan, allerdings in einem anderen Sonnensystem. Er liegt im „Alpha-Quadranten“ der Star-Trek-Galaxis, ca. 16 Lichtjahre von der Erde entfernt. Siehe auch Vulkanier.
In den Sten-Chroniken von Alan Cole und Chris Bunch ist Vulkan ein künstlicher Planet. Vulkan war ursprünglich eine industrielle Raumstation, die durch Hinzufügen neuer Fabrikationsanlagen immer mehr wuchs und dadurch planetenähnliche Ausmaße annahm.
Die Vulkan-Theorie inspirierte einige Autoren (zum Beispiel Nikolai von Michalewsky) zur Wiederbelebung der pythagoreischen Idee einer Gegenerde, einem Planeten, der die Sonne auf der gleichen Umlaufbahn umkreist wie die Erde, ihr aber ständig in Konjunktion gegenübersteht.