Deichkind ist eine Hamburger Hip-Hop- und Electropunk-Formation. Neben Sänger und MC Philipp Grütering, Bassist und MC Sebastian „Porky“ Dürre ist seit Mitte 2008 Ferris MC als „Ferris Hilton“ Teil der Band.[2] Bei ihren Shows wird die Band von ihrem Tour-DJ DJ Phono unterstützt.
Deichkind | |
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![]() Deichkind (2009) | |
Allgemeine Informationen | |
Genre(s) | Hip-Hop, Electropunk[1] |
Gründung | 1997 |
Website | www.deichkind.de |
Aktuelle Besetzung | |
MC, Beats |
Kryptic Joe (Philipp Grütering) |
MC |
Ferris Hilton (Ferris MC) (seit 2008) |
DJ Phono | |
Bass, MC |
Sebastian „Porky“ Dürre (seit 2005) |
Ehemalige Mitglieder | |
MC |
Malte (Malte Pittner) (bis 2006) |
MC, Beats |
Buddy Inflagranti (Bartosch Jeznach) (bis 2008) |
Sebastian „Sebi“ Hackert († 2009) |

Die Band hatte ihre ersten Erfolge um die Jahrtausendwende mit der Single Bon Voyage. Im Verlauf der 2000er griff ihr Stil immer mehr elektronische Elemente auf. Die bekanntesten Beispiele für diesen Elektro-angelehnten Hip-Hop-Sound sind die beiden Singles Remmidemmi (Yippie Yippie Yeah) (2006) und Arbeit nervt (2008), die sich beide in den Charts platzierten.[3][4]
Geschichte und Stilistik
Charakteristisch für die Hamburg-Bergedorfer Band sind die Texte, die meist ironisch-humorvoll bzw. prollig, aber von Zeit zu Zeit auch ernst bis hin zu melancholisch sind[5]. Auf den beiden ersten Alben haben hörspielartige Zwischenspiele, sogenannte Skits[5], ihren festen Platz, bei denen es sich meist um nachgespielte Szenen aus dem Hamburger Alltag (spontaner MiniDisc-Mitschnitt auf der Hamburger Reeperbahn, ein Beschwerdeanruf des missmutigen Nachbarn Günther etc.) handelt.
Deichkinds Durchbruch im Mainstream markierte das 2000 erschienene Bon Voyage (mit Nina)[6], dessen Video auf MTV und VIVA sehr häufig zu sehen war. 2002 knüpfte man mit der Single Limit an diesen Erfolg an[7].
Mit dem Stück Electric Super Dance Band nahm Deichkind für Mecklenburg-Vorpommern am Bundesvision Song Contest 2005 teil.[8] Sie belegten letztlich den 14. Rang unter den 16 Bundesländern.[9] Die Single zeichnete sich erstmals durch schnelle, elektronische Beats aus und läutete so einen Stil ein, den Deichkind selbst als „Tech-Rap“ bezeichneten[10]. Die Band setzte weiter auf schräge bis groteske Texte und eine ebensolche Bühnenshow, in der sie mit Klarsichtfolie, Plastiksäcken, grünleuchtenden Knicklichtern und einer Menge Klebeband bekleidet auftreten.[10] Konzeptionell wie musikalisch wurden auch Punk-Einflüsse immer deutlicher.[11] Der Klang war wesentlich schneller und Break-lastiger als bisher, was sich auch auf dem Album Aufstand im Schlaraffenland (Mai 2006) fortsetzte. Dies zeigte sich auch in den Remixen der Single Remmidemmi (Yippie! Yippie! Yeah), die vom Produzenten-Duo Egoexpress und Scooter beigesteuert wurden[12]. Der Hang der Band zum Experimentieren zeigte sich beispielsweise auf dem Album Noch Fünf Minuten, Mutti, das einen Titel (Da Wo) enthält, der zusammen mit dem Countrygeiger Lucious von Truck Stop aufgenommen wurde.[13]
Zuletzt feierte Deichkind als Vorreiter des Elektro-lastigen Sounds in Deutschland wieder größere Erfolge und galten als „Inspiration vieler deutscher Hip-Hop-Protagonisten, die sich in jüngster Vergangenheit dem Elektro zuwenden.“[3]
Seit 2005 ist der Bassist Sebastian „Porky“ Dürre Mitglied[14], seit 2007 festes Mitglied[15] von Deichkind.
2006 musste Malte Pittner wegen privater Streitigkeiten die Band verlassen.[16] Seit 2009 ist er Gitarrist bei Texas Lightning.
Im April 2008 gab Buddy Inflagranti seinen Ausstieg bei Deichkind bekannt.[13] Er wurde dann durch Ferris MC ersetzt.
Am 21. Februar 2009 verstarb Sebastian „Sebi“ Hackert, Produzent der Band, im Alter von 32 Jahren in seiner Wohnung.[17] Da er „maßgeblich mitverantwortlich“[4] für die musikalische Ausrichtung der Band war, ließen die Bandmitglieder zunächst offen, ob sie nach den bereits feststehenden Festivalauftritten im Sommer des Jahres die Band weiterführen wollen.[18][4] Nach den Festivalauftritten entschied man sich allerdings zur Fortführung von Deichkind.
Anfang 2010 hatte das erste Theaterstück von Deichkind mit dem Namen „Deichkind in Müll – eine Diskurs-Operette“ in Hamburg Premiere.[19]
Diskografie
Alben
Jahr | Titel | Chartplatzierungen[20] | ||
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DE | AT | CH | ||
2000 | Bitte ziehen Sie durch | 18 | – | – |
2002 | Noch fünf Minuten, Mutti! | 17 | 56 | – |
2006 | Aufstand im Schlaraffenland | 68 | – | – |
2008 | Arbeit nervt | 13 | 30 | 80 |
2012 | Befehl von ganz unten | 2 | 5 | 16 |
Singles
Jahr | Titel | Chartplatzierungen[21] | Album / Anmerkungen | ||
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DE | AT | CH | |||
1998 | Wer bremst das?! | – | – | – | |
2000 | Kabeljau Inferno | – | – | – | Bitte ziehen Sie durch |
Bon voyage (feat. Nina) | 11 | 17 | 34 | ||
Komm schon | 76 | – | – | ||
Weit weg! (feat. Bintia) | 67 | – | – | ||
2002 | Limit | 21 | 25 | 95 | Noch fünf Minuten, Mutti! |
Pferd im Stall | – | – | – | ||
2005 | Electric Super Dance Band | – | – | – | |
2006 | Remmidemmi (Yippie Yippie Yeah) | 68 | – | – | Aufstand im Schlaraffenland |
2008 | Arbeit nervt | 23 | 29 | – | Arbeit nervt |
2009 | Luftbahn | 36 | – | – | |
Die Toco Die / Ich verabscheue euch wegen eurer Kleinkunst zutiefst | – | – | – | (Deichkind vs. Tocotronic, auf 500 Stück limitierte Splitsingle) | |
2011 | Kalimba D'Ilona | – | – | – | Jonas – Stell dir vor, es ist Schule und du musst wieder hin! |
2012 | Bück dich hoch | 11 | 33 | – | Befehl von ganz unten |
Leider geil | 6 | 6 | 61 | ||
Der Mond | 68 | 61 | – |
Sonstige
- 2000 Arschbombe – DJ Friction feat. Deichkind (Science Friction, Album 2000)
- 2000 "…und andere Prioritäten" – Eins Zwo feat. Deichkind (Splash! Allstar Event Album, 2000)
- 2005 Justified & Ancient – The KLF Cover (KLF vs. DEICHKIND) Vinyl Single August 2005
- 2008 Crash dein Sound – Marsimoto feat. Deichkind (Zu zweit allein, Album Oktober 2008)
- 2008 Over the Top – Das Bo feat. Kryptik Joe / Philipp von Deichkind (Dumm aber schlau, Album 2008)
- 2009 Brenner – T.Raumschmiere feat. Deichkind & The Crackwhore Society (I Tank U, Album 2009)
Remmidemmi (Yippie Yippie Yeah)
Das Stück „Remmidemmi (Yippie Yippie Yeah)“ vom Album „Aufstand im Schlaraffenland“ wurde als Single ausgekoppelt und avancierte zu einem der erfolgreichsten Titel der Band. Das Lied belegte Platz 68 in den deutschen Singlecharts und war insgesamt 15 Wochen unter den Top 100[22]. In den Jahrescharts der Spex belegte das Stück Platz 4 bei den Kritikern und Platz 3 bei den Lesern[23], in den Kritiker-Jahrescharts der Intro belegte es Platz 2.[24] Später wurde der Song von der Band Fotos[25], von Nena (auf deren Album „Cover Me“)[26], von Pete Blume[27], von Rotfront[28], von Mambo Kurt sowie von Egotronic gecovert.
Bück dich hoch
Der Musiktitel „Bück dich hoch“ vom Album „Befehl von ganz unten“ konnte sich als Singleauskopplung sowohl in den deutschen als auch in den österreichischen Singlecharts platzieren. Außerhalb der Musikszene erhielt der Titel Aufmerksamkeit, nachdem in Rödinghausen ein Angestellter eine fristlose Kündigung seines Arbeitgebers erhielt, nachdem er bei Facebook einen Eintrag veröffentlichte, der das Video von „Bück dich hoch“ enthielt.[29] Der Angestellte hat gegen diese Kündigung Rechtsmittel eingelegt.[29]
Einzelnachweise
- ↑ http://www.braunschweiger-zeitung.de/kultur/aus-den-scherben-des-punk-id89155.html
- ↑ Interview mit Ferris von Deichkind auf dasding.de
- ↑ a b MZEE.com: Deichkind Produzent gestorben
- ↑ a b c orf.at: „Deichkind-Mastermind ist tot“
- ↑ a b Biographie auf laut.de
- ↑ netzeitung: Deichkind-Mitglied überraschend verstorben
- ↑ Deichkind auf rme-audio.de
- ↑ Deichkind für Mecklenburg-Vorpommern auf tvtotal.prosieben.de
- ↑ Deichkind Biografie auf sweetlyrics.com
- ↑ a b Lu Yen Roloff: Deichkind auf Tour: Die Rapper Horror Picture Show auf spiegel.de
- ↑ http://www.stuttgarter-nachrichten.de/stn/page/2303702_0_9223_-deichkind-beim-aufprall-entsteht-ein-politischer-moment-.html
- ↑ Deichkind auf backstage7.de
- ↑ a b Buddy Inflagranti verlässt Deichkind auf musicattack.de
- ↑ Sebastian "Porky" Dürre: Udo ist der Star - kein anderer beim Hamburger Abendblatt vom 25. Oktober 2008
- ↑ Thomas Heyen: Musik-Familie – So sehen stolze Eltern aus: "Porky" ist ihr "Deichkind" bei der Bergerdorfer Zeitung vom 12. Oktober 2010
- ↑ Ex-Deichkind spielt jetzt Country bei bergedorfer-zeitung.de am 23. Oktober 2009
- ↑ Tod mit 32 – Deichkind trauert um Produzenten auf welt.de
- ↑ http://www.deichkind.de/ vom 3. März 2009
- ↑ Deichkind bleibt bestehen
- ↑ Chartquellen: DE AT CH
- ↑ http://acharts.us/
- ↑ Chartverfolgung auf musicline.de
- ↑ Jahrescharts (Spex), 2006 auf indiepedia.de
- ↑ Jahrescharts (Intro), 2006 auf indiepedia.de
- ↑ Remmidemmi mit den Fotos am Fuße des Brocken auf motor.de
- ↑ Nena / Cover Me auf musicline.de
- ↑ Rezension von Pete Blume - Demonstrieren: Sonntags! auf bizarre-radio.de
- ↑ Rotfront / Emigrantski Raggamuffin auf rotfront.com
- ↑ a b Westfalen Blatt: Kündigung wegen Facebook-Eintrag, Herford/Rödinghausen, Bernd Bexte, 15. Mai 2012