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Tibiscum

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Kastell Jupa
Alternativname Tibiscum/Tibiskon
Limes Dakischer Limes
Abschnitt A / IV / 9[A 1]
Datierung (Belegung) traianisch
Typ Reiter- und Kohortenkastell
Einheit a) legio IIII Flavia Felix ?,

b) legio XIII Gemina ?,
c) cohors I saggitariorum millaria equitata,
d) numerus Palmyrenorum Tibiscensium,
e) cohors I vindelicorum millaria civium romanorum,
f) vexillatio Africae et Mauretaniae,
g) numerus Maurorum Tibiscensiu

Größe Mehrphasige, rechteckige Anlage mit abgerundeten Ecken,
a) 195 m × 310 m
b) 89 m × 107 m
Bauweise a) Holz-Erde-Kastell,
b) Steinkastell
Erhaltungszustand Umwehrung des zweiten Steinlagers im Gelände als Erhebung erkennbar, einige Grundmauern des Vicus wurden konserviert.
Ort Jupa
Geographische Lage Koordinaten fehlen! Hilf mit. Vorlage:Infobox Limeskastell/Wartung/Breitengrad fehlthf
Vorhergehend Kastell Färliug (westlich),
Anschließend a) Kastell Zävoi (nordöstlich),
b) Kastell Teregova südlich)

Das Kastell Jupa war ein römisches Hilfstruppenlager bzw. bedeutene Zivilstadt und Bestandteil der Festungskette des dakischen Limes (limes Daciae/Provinz Dacia Superior bzw. später ''Dacia Apulensis'') auf dem Gebiet des heutigen Caransebeș (Karansebesch/Karánsebes/Karanšebeš) eine Stadt im Kreis Caraș-Severin, Region Banat im Südwesten von Rumänien.

Kastell, Vicus und Zivilstadt erstrecken sich über eine Fläche von 27 ha und zählen heute zu den bekanntesten archäologischen Stätten in Rumänien. Lagervicus und Municipium entwickelten sich im 3. Jahrhundert n.Chr. zu einem Zentrum für Handel und Warenproduktion (vor allem Keramik) und damit zu einer der wirtschaftlich bedeutendsten Städte im römischen Dakien. Tibiscum spielte auch eine wichtige Rolle bei der Romanisierung der einheimischen Bevölkerung und gilt als eine der Ausgangspunkte für die christliche Missionierung Dakiens.

Lage

Lager, Militärvicus und Zivilstadt liegen auf dem Gelände der Ortsteile von Jupa, Iaz und Ciuta, entlang beider Ufer der oberen Timiş, einem linken Nebenfluss der Donau (lat. Istros). Das Kastellareal befindet sich 2 km südöstlich von Jupa auf einer Niederterasse, am linken Flussufer.[1] Die Fundstelle ist auch unter den Flurnamen “Cetate" (Festung) oder “Dupa ziduri" bekannt. Im Gelände sind heute noch zwei Seiten der Befestigungswälle als Erhebung deutlich erkennbar.

Name

Der antike Name (griech. Τιβίσκον/Tibískon) bedeutet „sümpfiger Ort”, stammt aus dem thrako-dakischen Sprachkreis und leitet sich vermutlich von der Beschaffenheit der Uferlandschaft am nahegelegenen Fluss, lat. Tibiscus (auch Tibisia, Temesch), ab. In den antiken Quellen wird Tibiscum bei Claudius Ptolemäus Geographica (3,8,10), in der Tabula Peutingeriana (Segmentum VII,4) und beim Geographen von Ravenna (4,14), erwähnt. Um 1020 scheint in der Liste der dem Erzbistum von Ohrida untertänigen Kirchensprengeln ein Ort namens „Dibiskos” auf. Viele in der einschlägigen Forschung glauben, dass sich der Name direkt von Tibiscum ableitet, bzw. damit die im Mittelalter entstandene Nachfolgerin der Römerstadt gemeint ist. Einige Urkunden aus dem 15. Jahrhundert erwähnen noch stark verzerrte Varianten wie z.B. Tyvisk oder Tywsk, danach verschwinden aber aber auch diese letzten epigraphischen Hinweise auf die antike Siedlung aus den historischen Quellen.

Funktion

Tibiscum entwickelte sich entlang zwei wichtigen Heerstrassen die den mösischen Donaulimes mit dem Inneren Dakiens verband:

  • LederataArcidavaBersobisTibiscum und
  • DiernaTibiscumSarmizegetusa (Colonia Ulpia Traiana).

Die Besatzung des Kastells sicherte die Kreuzung und einen Abschnitt dieser beiden Hauptverbindungen, überwachte den Straßenverkehr und die Bevölkerung der sich auf den umliegenden Hügeln befindlichen dakischen Siedlungen.

Forschungsgeschichte

Das Areal des Kastells und der beiden Zivilsiedlungen ist nur abschnittsweise erforscht. Die Ruinen wurden erstmals im 19. Jahrhundert von C. Mannert als römisch erkannt. Die ersten Probegrabungen wurden 1875, am rechten Ufer der Timis, gestartet (wo sich auch der größte Teil der Zivilstadt befindet) und wurden von Ortvay Tivadar angeregt, Autor zahlreicher historischer Werke über das Banat. Erste genauere wissenschaftliche Untersuchungen fanden von 1923-1924 durch G. Matcescu, Professor an der Universität von Cluj, im Bereich des großen Steinkastells statt, die Befunde blieben jedoch unveröffentlicht. 1977 wurden die Ausgrabungen am linken Ufer der Timis zur archäologischen Schutzzone erklärt. Von 1965-1989 fanden Ausgrabungen durch M. Moga, Flores Medelec, R. Petrovszky, M. Petrovszky, Petru Bona, Doina Benea und Petru Rogoszea statt. 1984 konnten während der Grabungen an der westlichen Mauer des großen Steinlagers die Überreste von Lager III entdeckt werden. 1991-1992 konnte man auch seine nördliche Seite lokalisieren. 2001 wurden wieder archäologische Forschungen, diesmal im Ortsteil Obreja, durchgeführt. Dabei konnte eine Fläche von 20 m x 1,5 m untersucht werden, wo wiederum Abschnitte der Kastellumwehrung ans Tageslicht kamen. Sie wurden als die Überreste eines Grabens (fossa) und des Wall’s (agger) aus der Holz-Erde- und der Steinperiode des Kastells, erkannt. Sie stammten größtenteils aus dem 2. Jahrhundert n.Chr.

Entwicklung

Vorrömische Zeit

Die günstigen natürlichen Bedingungen förderten schon in vorrömischer Zeit die Gründung von Ansiedlungen. Das Umland von Caransebeș ist schon seit frühester Vorzeit besiedelt. So stieß man hier auf Werkzeuge aus der Altsteinzeit (ca. 35.000 bis 10.000 v. Chr.) und in der Balta Sarata auch auf Siedlungen der Vinča-, Starčevo- und Criș Kultur aus dem 6. bis 5. Jahrtausend v. Chr. Des weiteren fand sich bei Dealul Mare Siedlungsspuren aus der mittleren Bronzezeit (etwa 1600 bis 1200 v. Chr.), Funde aus der Hallstattzeit und eine Münze aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. In weiterer Folge wurden auch dakische Keramikfragmente und Grabhügel (lat. Tumuli) aus dem 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. entdeckt. Die frühesten Spuren der Besiedlung durch die Daker wurden in Obreja, ein ca. 7 km entferntes Dorf, beobachtet.

2. Jahrhundert

Bedingt durch seine geographische Lage, war das Banat für die Römer eines der Hauptzugangstore zu den dakischen Provinzen. Nachdem zwei römische Heeressäulen im Frühjahr des Jahres 101 die Donau auf zwei Schiffbrücken – eine bei Lederata und die zweite bei Dierna überquert hatten, rückten sie weiter ins Banat vor. Nach der Schlacht von Tapae, wahrscheinlich im Bereich des heutigen Zeicani Bahnhofs, die sich im Herbst des Jahres 101 n.Chr. ereignete, richtete sich die römische Invasionsarmee, welche den dakischen Widerstand in dieser Region weitgehend zerschlagen hatte, für ihren ersten Winter im Feindesland ein (Cassius Dio - Römische Geschichte). Zu diesem Zweck wurden zahlreiche temporäre Marschlager bzw. feste Kastelle im Banat und benachbarten Oltenien errichtet, so auch in Tibiscum. Das frühe Kastell (Lager I) war wohl ab 106 n.Chr. etabliert - nach Beendigung des zweiten Dakerkrieges - und befand sich am rechten Ufer der Timis. Es ist aber auch möglich, dass hier schon vorher ein römischer Stützpunkt existiert hatte.

Einige Zeit später wurde auf diesem Platz eine größere Holz-Erde-Befestigung errichtet die das erste Lager ersetzte. Dieses neue Kastell dehnte sich etwas weiter nach Süden aus (Lager II) und bestand wahrscheinlich bis zum Jahr 170 n. Chr. Die hier stationierte Besatzung setzte sich aus in Syrien rekrutierten Bogenschützen zusammen. Nach der Ankunft dieser Einheit errichtete man einen Militärvicus wo sich die Familien der Soldaten und mit der Zeit wohl auch zahlreiche Handwerker und Kaufleute niederliesen. Gleichzeitig wurde etwa 3 km entfernt ein dem Apollon geweihter Tempel errichtet. Nach dem Tod Traians im Jahr 117 n.Chr., verbünden sich die Iazygen mit den freien Dakern und greifen die Römer an mehreren Punkten an. Auch die Provinzhaupstadt Colonia Ulpia Traiana Augusta Dacica wurde dabei schwer in Mitleidenschaft gezogen. Der neue Kaiser, Hadrian, marschierte rasch aus dem Orientprovinzen heran und brachte frische, in Syrien rekrutierte Einheiten mit, darunter auch palmyrenische Bogenschützen die in Tibiscum ihr Quartier nahmen.

118–119 n.Chr. tritt ein besonders tatkräftiger Statthalter aus dem Ritterstand, Quintus Marcius Turbo Fronto Publicius Severus, sein Amt an, der sich besonders im Rahmen eines Sonderkommandos um die Verteidigung der Provinz gegen die Sarmaten verdient machte.[2] Ihm zu Ehren wurden in Sarmizegetusa und in Tibiscum Statuen aufgestellt. Eine im 20. Jahrhundert in Caransebeș entdeckte Inschrift feiert die Wiederherstellung der Ruhe und Ordnung unter diesem Statthalter. Infolge des Iazygeneinfalls wurde auch das zweite Holz-Erde-Lager niedergebrannt. Seine Mannschaftsbaracken wurden danach auf ihren alten Standplätzen neu aufgebaut und bestanden wieder ausnahmslos aus Holz, während die Kastellmauer in Stein wiedererrichtet wurde (Lager IVa). Der auffällig lange Bestand der Holz-Erde-Lager erklärt sich vielleicht aus einer langen Friedeszeit, in der keine Notwendingkeit zm Umbau des Lagers in Stein bestand.[3]

Während der letzten Herrschaftsjahre des Kaisers Antoninus Pius, um 158–160 n.Chr., flammten wieder Unruhen an der Westgrenze Dakiens auf und die Römer mussten erneut einige Feldzüge gegen die freien Daker führen. Unter diesem Kaiser fanden deshalb auch größere Umbauarbeiten in Tibiscum statt.[4] Da hier mittlerweile mehrere Einheiten standen, wurde das Lager erheblich nach Westen und Süden erweitert (Lager IVb). Eine in der Principia entdeckte Inschrift stammt aus dem Jahr 165 und beweist, dass das „große Lager” zu jener Zeit fertiggestellt wurde. Auch das archäologische Fundmaterial stützt diese Annahme.[5] Etwas außerhalb des Kastells, in der Nähe der nordöstlichen Ecke wurden eine Votivtafel und eine Inschrift für I*O*M* (Iupiter Optimus Maximus) entdeckt. Sie lassen annehmen, dass durch die Angriffe der Markomannen, Quaden und ihrer Verbündeten, den freien Dakern, in den Jahren von 167–170 auch Tibiscum schwer beschädigt wurde.

3. Jahrhundert

In der Zeit der severischen Dynastie setzte für Tibiscum eine wirtschaftliche Blütezeit ein. Während der Herrschaft des Septimius Severus (193–211 n. Chr.) wurden auch einige größere Denkmäler errichtet. Die meisten der hier freigelegten Ehreninschriften sind jedoch seinen beiden Söhnen, Caracalla und Geta gewidmet. Einer von beiden könnte die Siedlung in den Status einer Stadt zweiter Ordnung, eines Munizipiums, erhoben haben, epigraphisch kann dies jedoch erst seit der Zeit des Gallienus (253 bis 260 n.Chr.) bestätigt werden. Wahrscheinlich verursachten wiederholte Einfälle von Barbarenvölkern wieder große Verheerungen. In der Zivilsiedlung konnte man vor allem bei den Gebäuden II, VII, X deutliche Brandspuren beobachten. Ständige neue Überfälle der Barbaren, eine fortgesetzte Schwächung der Zentralmacht, damit verbundene endemische Aufstände des Heeres und rasche Kaiserwechsel in der Zeitperiode der Soldatenkaisern (sogenannte Reichskrise des 3. Jahrhunderts) führten in Dakien mehr und mehr zum Verfall der römischen Zivilisation und Kultur. Nur sehr wenige Inschriften in Tibiscum datieren daher noch in die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts n.Chr. Nach dem Rückzug von Armee und Verwaltung hinter den Donaulimes unter Aurelian, 275 n. Chr., harrte die Mehrzahl der hier ansässigen Dako-Romanen dennoch weiter in Tibiscum aus, wie der Wiederaufbau einiger Gebäude und die Entdeckung von ihren Besitzern nicht mehr gehobener Münzhorte belegt. Die bisherigen Forschungsergebnisse brachten zutage, dass die Stadt auch im 4. Jahrhundert n.Chr. noch alle Funktionen eines römischen Munizipiums ausfüllte. Dies war vor allem durch die Aufrechterhaltung der engen Beziehungen mit dem Römischen Reich möglich. Sie begünstigten auch die rasche Verbreitung des Christentums im nördlichen Donauraum.

4. bis 5. Jahrhundert

Zwischen den Jahren 306-337, unter der Herrschaft von Kaiser Konstantin I., erlangen die Römer wieder die Kontrolle über einige donaunahe Gebiete der ehemaligen dakischen Provinzen zurück. Nach 313, wird Tibiscum, mit Erhebung des Christentums zur neuen Staatsreligion des Römischen Reiches, zu einem der kirchlichen Zentren in Dakien. 375 dringen Goten und Alanen in das Oströmische Reich ein und zerschlagen die Grenztruppen am mösischen Donaulimes. Im 5. Jahrhundert n.Chr. verwüsten die Hunnen Dakien und Mösien. Das Schweigen der literarischen Quellen, über die politischen Vorgänge in den südwestlichen Gebieten des heutigen Rumäniens erschweren jedoch die genaue Rekonstruktion der Abläufe der Ereignisse die hier stattgefunden haben. Der Hunneneinfall in die Pannonische Tiefebene muss für die dako-romanischen Siedlungen schwerwiegende Folgen gehabt haben. Vermutlich trug dies entscheidend zum weitgehenden Verschwinden des urbanen Lebens in Dakien bei. Nach dem Tod von König Attila (453) löst sich sein Reich zwar rasch wieder auf, aber erst unter Kaiser Justinian I. (527-565) erlangen die Römer die Kontrolle über die untere Donau wieder für kurze Zeit zurück.

6. bis 12. Jahrhundert

558 fallen die Awaren, angeführt von Khan Bayan (558-605), 559 die Kutriguren, mit ihren Verbündeten, den Slawen und Bulgaren, in Dakien und Mösien ein. 593 führen die byzantinischen Generäle Petros und Priscus noch einmal einen Feldzug gegen die Slawen und Awaren an der Donau. 602 fallen aber auch die letzten römisch besetzten Kastelle an der Donau in die Hände der Slawen. Die ersten archäologischen Funde aus Caransebeș, die die Existenz einiger Siedlungen der Slawen oder Awaren belegen, stammen aber erst aus dem 8. und dem 9. Jahrhundert n.Chr. Ein Dokument aus der Zeit Kaiser Basileus II. (976-1025), erwähnt um 1020 eine Bischofskirche in einem Ort namens Dibiskos (siehe dazu auch Abschnitt Namen). Im 11. Jahrhundert n.Chr. dringen vor allem Ungarn in das Gebiet um Caransebeș ein, das bald zu einem ihrer Zentren im Banat aufsteigt. Im 12. Jahrhundert n.Chr. wandelt sich die antike Siedlung endgültig zu einer mittelalterlichen Stadt, deren Kernbereich rund um die 1289 erstmals urkundlich erwähnte Festung liegt.

Kastell

Bei den Grabungen im 20. Jahrhundert konnten mehrere Bauphasen festgestellt werden:

Holz-Erde-Kastell I bis III

Das frühe Holz-Erde-Kastell (Kastell I) befand sich in der NO-Ecke des späteren Steinkastells (Kastell IVb) und entstand in der Okkupationszeit zwischen 101 – 106 n.Chr. Seine Spuren wurden erst während der jüngsten Ausgrabungen entdeckt. Die Reste lagen etwa 1,80-2,00 m tief unter dem heutigen Bodenniveau. Es handelte sich um eine rechteckige Anlage deren genauer Umfang aber nicht genau bekannt ist. Seine Umwehrung war 6 m breit und 1,20 m hoch, am Südabschnitt fand man die Überreste von zwei Gräben im Abstand von 2,25 m (10-2,20 m x 2,25 m und 2 m x 2,10 m). Hinter den Gräben konnte man auch noch Reste des Erdwalls (agger) beobachten. Die Befestigung musste bald erweitert werden und wurde weit über den Wall des Vorgängerkastells ausgedehnt. Dieses wurde vorher einplaniert, sodass sich das Niveau des neuen Lagers (Kastell II) um 25-30 cm anhob. Seine Abmessungen betrugen 110 x 101 m, es bedeckte eine Fläche von 1,11 ha. Nach Brandspuren an Palisadenresten aus dem Gräben zu schließen, wurde das Lager durch ein Feuer zerstört. Die Brandspuren datieren in die Jahre um 118 n.Chr. und sind wohl eine Folge der Abwehrkämpfe der Römer gegen das Reitervolk der Sarmaten. Der Erdwall hatte eine Breite von 5 m und war von zwei Verteidigungsgräben umgeben – der erste 2,75 m breit und 0,75 m tief, der zweite 3,50 m breit und 1,25 m tief. An jeder Seite des Lagers gab es je ein mit zwei Türmen flankiertes Tor. Das östliche lag 48,80 m von der nordöstlichen Lagerecke entfernt. Seine quadratischen Türme waren in Holzbauweise ausgeführt. Sie standen auf je vier Holzbalken (0,25 x 0,25 m), ihre Wände bestanden aus Rutengeflecht mit Strohlehmbewurf. An der Wallaussenseite konnten noch die Balkenlöcher nachgewiesen werden. Die Abmessungen der Türme betrugen 2,40 x 2,40 m. Das Tor war 3,90 m breit. 1984 wurde auch das etwas kleinere südliche Lagertor freigelegt seine Flankentürme waren ebenfalls quadratisch (2,55 x 2,55 m), während das Tor selbst eine Breite von 3,25 m hatte. Das Nordtor wurde 1965 von M.Moga erforscht. Da es während der ganzen Nutzungszeit des Militärstützpunktes in Funktion blieb, wurde es mehrere Male umgebaut, sodass sein ürsprungliches Aussehen sich nur mehr mit großen Schwierigkeiten rekonstruieren ließ. Die Torbreite beträgt 3 m, die Flankentürme waren, im Vergleich mit den anderen Tortürmen, etwas unterschiedlicher aufgebaut. 1987 konnte der nordwestliche 2,40 x 2,40 m große Eckturm freigelegt werden. Er war ebenfalls quadratisch stand auf vier Holzbalken und verfügte über aus Rutengeflecht und Strohlehmbewurf aufgebauten Wänden. Die Innengebäude von Lager I und II waren zur Gänze aus Holz gebaut. Die Mannschaftsbaracken waren vermutlich in West-Ost Richtung aufgestellt, längs der Achse der Lagerhauptstraße, der via principalis. An der Innenseite des Walles konnte man zusätzlich noch einen Abschnitt der Wallstraße, der via sagularis, erkennen. Sie verfügte über einen Kiesbelag und war 3 m bis 3,10 m breit. Südlich des großen Steinkastells fand sich ein weiteres Holz-Erde Kastell (Kastell III). Es stammt vermutlich aus der Mitte des 2. Jahrhunderts n.Chr. und bedeckte eine Fläche von 89 m x 107 m. Das Süd- und das Osttor waren mit rechteckigen Tortürmen flankiert. Hier waren vermutlich die palmyrenischen Bogenschützen stationiert, die zur Zeit des Hadrian hierher abkommandiert worden waren.

Steinkastell IVa (kleines Lager)

Nach der Wiederherstellung der uneingeschränkten römischen Herrschaft über die Provinz wurde das Kastell in Stein neu aufgebaut. Der Außenseite des alten Erdwalls wurde dabei eine Steinmauer vorgeblendet, deren Breite 3,25 m betrug. Das Fundament bestand aus zwei Lagen Flussgeröll über die eine Schicht Mörtel gegossen worden war. Die Mauer selbst war aus zugehauenen Kalksteinblöcken aufgebaut. Die Tortürme wurden ebenfalls neu in Stein aufgeführt und massen nun 4,20 x 4,20 m, während die Breite der Durchfahrt unverändert blieb. Im Lagerinneren wurden die Gebäude wieder exakt an ihren alten Standorten aus Holz errichtet. Obwohl man mittels Sondagen nach der Principia gesucht hat, konnte man ihre Lage bisher noch nicht genau lokalisieren. Sie war vermutlich in ihrer Ausrichtung nach Süden orientiert.

Steinkastell IVb (großes Lager)

Das sogenannte „große Lager” entstand durch die Verlängerung der nördlichen bzw. der östlichen Seite von Lager IVa. Das Steinkastell war von seinen Erbauern in klassischer Manier der frühen und mittleren Kaiserzeit als trapezförmige, etwas nach NW verzogene, vermutlich 195 m x 310 m große Anlage mit abgerundeten Ecken (Spielkartenform) gestaltet worden. Aufgrund der totalen Zerstörung der Südseite konnte sein genauer Umfang nicht mehr genau bestimmt werden. Der westliche Abschnitt der Kastellmauer bezog auch das Areal der Westseite des Kastell III ein was zu einer deutlichen Abweichung von der üblichen rechtwinkeligen Form führte. Der hohe periodische Grundwasserpegel machte allerdings auch spezielle Konsolidierungsarbeiten bei den Fundamenten notwendig. Im 3. Jahrhundert n.Chr. wurde das Kastell unter Kaiser Gallienus noch einmal von Grund auf renoviert.

Umwehrung, Tore und Türme

Der innere Erdwall des neuen Lagers war 5,50 m breit. An seiner Außenseite wurde wieder eine auf einen Fundament aus Flussgeröll stehende Umwehrung aufgezogen. Die 1,50 m breite Umfassungsmauer war in Opus incertum Technik ausgeführt und bestand aus vermörtelten Bruchsteinen in der auch Inschriftensteine aus der Zeit des Kaiser Gordianus verbaut worden waren. Nachgewiesen werden konnten das Westtor mit einer 3,90 m breiten Durchfahrt und seinen zwei quadratischen, leicht vorspringenden Flankentürmen (7 m x 5,80 m). Das 7,50 m breite Haupttor (porta praetoria) im Osten mit zwei durch einen Mittelpfeiler (spina) getrennten 3,90 m breiten Durchfahrten, seine Flankentürme bestanden aus massiven Kalksteinblöcken. Ihre inneren Abmessungen betrugen 5,10 x 3,40 m. Durch die Mitte der südlichen Durchfahrt verlief ein Abwasserkanal. Im 3. Jahrhundert n.Chr. wurden die Innenseiten der Tortürme noch einmal mit Bruchsteinen ausgebessert. Das Nordtor des kleinen Steinlagers wurde in das neue Kastell miteinbezogen und in seiner Lage nicht verändert. Was den Archäologen hier zuerst als Fundament einer Sperrmauer erschien, stellte sich später als Torschwelle heraus, die durch die Anpassung an das höhere Bodenniveau des Lagers IVa entstanden war. Die inneren Abmessungen seiner Flankentürme betrugen 3,10 x 3,10 m, die Breite der Durchfahrt 3,25 m. Das Südtor ist nicht mehr erhalten. Die Lagerecken waren vermutlich ebenfalls durch innen angesetzte, trapezförmige Türme verstärkt.

Innenbebauung

Die Bauten im Lagerinneren konnten samthaft in das 2. Jahrhundert n.Chr. datiert werden. Bei den Ausgrabungen der Jahre 1964-1975 wurden von M. Moga drei Gebäude in der nordöstlichen Ecke des Lagers freigelegt. Das erste fand man ca. 6,40 m weit von der Kastellmauer entfernt. Es hatte eine quadratische Form, mass 28,80 x 6,80 m und besaß zwei Räume. Der Ausgräber vermutete in dem Gebäude ein Offiziersquartier aus der Zeit des Septimius Severus. Das zweite Gebäude lag 2 m westlich des Offiziershauses. Es hatte eine Nord-Süd Orientierung und war im inneren durch drei Räume unterteilt. Ursprunglich war aber wahrscheinlich nur ein - durch eine Absis abgeschlossener - Raum vorhanden. Wofür es verwendet wurde konnte nicht mehr geklärt werden. Es könnte sich dabei um ein Waffendepot oder auch einen Verwaltungsbau gehandelt haben. Das dritte Gebäude (34 x 6,40 m) umfasste insgesamt 7 Räume und scheint als Mannschaftsbarracke gedient zu haben. In der praetentura des Lagers stieß man auch auf die Reste der Lagertherme, die 1924 teilweise von G.G. Matescu freigelegt wurde. An der Rückseite der Principia konnten die 4,50 m breiten Reste der Via Decumana beobachtet werden.

Principia

Von den Gebäuden im Lagerinneren wurde besonders das dreiphasige Kommandogebäude genauer untersucht. Die Archäologen fanden ein im Grundriss rechteckiges Gebäude (35 m x 45 m) vor, das nach Osten orientiert war. Man betrat es durch einen überdachten und 15 m x 27 m messenden, säulenbestandenen Vorhof (atrium) der an Nord- und Südseite von weiteren Räumen flankiert wurde. Auf zwei parallele Steinfundamenten, etwa 2,40 m von den danebenliegenden Räumen entfernt saßen je 4 Säulenbasen (1,00 x 0,80 m). In der zweiten Bauphase wurde der Eingang in den Innenhof verengt. Längs der Achsen welche den Torpfeilern entsprachen, wurden je 3 quadratische Steinbasen aufgestellt. Sie dienten vermutlich als Basis für Altäre oder Statuen. Die Säulen bildeten zwei überdachte Verbindungsgänge zur 8 m x 45 m großen Querhalle (basilica). Eine hier aufgefundenene Ehreninschrift, welche die cohors I Sagittariorum dem Kaiser Marcus Aurelius im Jahre 165 n.Chr. gewidmet hat, ist ein Hinweis darauf, dass zu diesem Zeitpunkt die principia und damit - wahrscheinlich - auch das Lager selbst weitgehend fertiggestellt waren. Im Gegensatz zu dem des Innenhof’s war der Fussboden der Basilica um 20-30 cm höher. Die Schwellen dieser Räume bestanden aus großen Kalksteinblöcken auf denen Spuren von Vertiefungen zu sehen waren, die wohl zur Verankerung des metallenen Absperrgitters des Fahnenheiligtums dienten. An der Westseite befanden sich insgesamt 5 Räume und das zentral gelegene, rechteckige Fahnenheiligtum (aedes) in der die Feldzeichen der Kastellbesatzungen und ein Kaiserstandbild aufbewahrt wurden. Unter den Fussboden des Fahnenheiligtums lag ein Keller in dem die Soldkasse des Lagers aufbewahrt wurde. An der Nord- und Südseite der Querhalle befanden sich jeweils zwei 7 m x 10 m große Kammern die wohl als Waffenkammern (armamentaria) dienten. In den zwei Räumen links des aedes befanden sich die Schreibstuben der Kommandantur. Rechts davon lagen die Räume der Feldzeichenträger, die die Finanzen der Truppe verwalteten. Auch diese Räume waren einst mit einem eisernen Gitter verschlossen. Im letzten, westlichsten Raum wurde ein Altar aus Ziegelsteinen entdeckt der im Estrich des Fussbodens eingetieft war. Auf ihm und auch im übrigen Raum wurden noch Reste von Tierknochen und Asche gefunden.

Garnison

Zusammen mit Porolissum, Micia, Bologa, Borosneu Mare und Romula zählt Tibiscum zu den Kastellen mit den zahlenmäßig stärksten Besatzungen in Dakien (2 Einheiten). Wahrscheinlich blieben bis zum Ende der römischen Herrschaft jeweils 2 Garnisondeinheiten in Tibiscum stationiert.[6]

Zeitstellung Truppenname Bemerkung
2. Jahrhundert n.Chr. legio IIII Flavia Felix ?
(die vierte flavische Legion, die glückliche)
legio XIII Gemina ?
(die dreizehnte Zwillingslegion)
Die erste Besatzungstruppe des Kastells ist unbekannt geblieben. Möglicherweise handelte es sich um Kohorten dieser beiden Legionen, die vierte Legion war ganz in der Nähe stationiert. Die beiden Legionen sind für das Kastell nur durch Ziegelstempelfunde bekannt, wahrscheinlich stellten sie aber nur Bautrupps für das Kastell.[7]
2. Jahrhundert n.Chr. cohors I saggitariorum millaria equitata
(die erste Kohorte der berittenen Bogenschützen, 1000 Mann stark)
Sie war die erste Auxiliareinheit deren Anwesenheit in Tibiscum durch Ziegelstempel und vor allem durch eine von ihr gestiftete Ehreninschrift für Marcus Aurelius - aus dem Jahr 165 n.Chr. – epigraphisch belegt ist. Gegen Ende des 2. Jahrhunderts n.Chr. wurde die Truppe wieder abgezogen und in das Kastell Drobeta verlegt.
2. Jahrhundert n.Chr. numerus Palmyrenorum Tibiscensium
(eine Schar Palmyrener in Tibiscum)
Die Abteilung wurde im Zuge der Kriegsereignisse von 118 n.Chr. von Syrien nach Dakien versetzt. Zwei in Tibiscum entdeckte Militärdiplome aus dem Jahr 126 belegen die Anwesenheit der Palmyrener im Lager. Der numerus wird in weiterer Folge auch in einer Grabinschrift aus den Jahren 159-160 n.Chr. erwähnt.
2. bis 3. Jahrhundert n.Chr. cohors I vindelicorum millaria civium romanorum
(die erste Kohorte der Vindeliker, römische Bürger, 1000 Mann stark)
Die ursprünglich aus Raetien stammende Auxiliarkohorte kam wahrscheinlich aus dem Lager Arcidava nach Tibiscum und stellte hier ab dem Ende des 2. Jahrhundert die Besatzungstruppe. Die Einheit baute nach den Verheerungen im 3. Jahrhundert n.Chr. das Kastell wieder auf. Zwei im Apollo-Tempel aufgefundene Inschriften bezeugen seine Renovierung in den Jahren 202-204 n.Chr., die auf Anordnung des befehlshabenden Kommandanten, Septimius Severus Diomedes, durchgeführt worden war. Einige Jahre später besuchte Kaiser Caracalla Tibiscum. Aus diesem Anlass widmete ihm die Truppe, die damals vom Tribunen P. Aelius Gemellus geführt wurde, eine Inschrift. Die Räterkohorte lag hier bis zum Abzug der Römer aus Dakien unter Aurelianus (271-275 n.Chr.).
2. bis 3. Jahrhundert n.Chr. vexillatio Africae et Mauretaniae bzw.
numerus Maurorum Tibiscensium
(ein Fähnlein Afrikaner und Mauren und eine Schar Mauren in Tibiscum)
Die Afrikanischen und Maurischen Soldaten wurden ungefähr zur Mitte des 2. Jahrhundert n.Chr. nach Dakien verlegt. Aus ihren Reihen ging später der numerus Maurorum Tibiscensium hervor.

Vicus

Nördlich des Kastell konnte ein ausgedehntes Lagerdorf (vicus) nachgewiesen werden. Die Siedlung entstand wohl gleichzeitig mit dem Holz-Erde-Lager, in der ersten Hälfte des 2. Jahrhundert n.Chr. Das Aufblühen der Wirtschaft und die engen Handelsbeziehungen zu den benachbarten Provinzen verliehen der Militärsiedlung bald kleinstädtischen Charakter. Obwohl die Timiş im Laufe der Zeit einen bedeutenden Teil des Areals zerstört hat, vermutet man, dass der Vicus in seiner Blütezeit eine Fläche von ungefähr 12 ha bedeckte. Er wurde mehrfach durch Brände stark beschädigt, das erste Mal vermutlich um 118 n.Chr. beim Einfall der Sarmaten und dann noch einmal in den Jahren 158/159 n.Chr., aber danach von seinen Bewohnern wieder rasch aufgebaut. Die Anordnung der Gebäude weist darauf hin, dass das Areal zuerst vermessen und in Parzellen eingeteilt worden war bevor man es den Neusiedlern zur Bebauung zuwies. Im Vicus war der Einfluss der Militäriarchitektur auf die Gebäude besonders gut zu beobachten. Die Häuser hatten eine längliche, viereckige Form (Streifenhäuser), eine Bauart, die man überall am Limes antreffen konnte. Vermutlich wurden in ihrer unmittelbaren Nähe auch Gemüse- und Obstgärten angelegt. Sie reihten sich hauptsächlich entlang beider Seiten der großen Durchgangsstraßen auf, die gleichzeitig auch die Funktion eines decumanus maximus erfüllten. Manche von ihnen verfügten zur Straße hin über kleine Säulenhallen (porticus). Moga legte bei seinen Grabungen 11 Gebäude frei, aber nur das Gebäude II wurde bisher vollständig untersucht. Beim Gebäude X konnten zum ersten Mal in einem dakischen Vicus Handwerkereinrichtungen identifiziert werden. Es handelte sich hierbei um Töpfer-, Glas- und Schmuckwerkstätten. Manche markanten Veränderungen im Bauschema des Vicus könnten auch mit der Stationierung einer neuen Besatzungstruppe zusammenhängen. Durch die mehrmalige Wiederherstellung der Gebäude wurden auch ihre Grundrisse verändert. So schwankt die Breite der Bauten zwischen 9 m und 14,40 m. Gegen Ende der Herrschaft Hadrians wurden die meisten Gebäude komplett in Stein neu aufgebaut. Das repräsentativste bisher entdeckte Bauwerk auf dem Gelände der Militärsiedlung ist Gebäude VII, wo u.a. ein lararium aus Marmor gefunden wurde. Manche Häuser (II,VII, X) waren auch mit einer Hypokaustenheizung ausgestattet. Nach Abzug der römischen Armee und Verwaltung in den Jahren zwischen 271-275 n.Chr. konnten aus dieser Zeitschicht bemerkenswerterweise keine Brand- oder Zerstörungsspuren, weder im Lager noch in den Zivilsiedlungen, die im Zusammenhang mit diesem Rückzug gebracht werden konnten, entdeckt werden. In den Gebäuden II, III, VII, VIII und X stellte man nur einige Umbauten an den Innenräumen fest. Es handelt sich dabei um die Einziehung neuer Wände aus Flussgeröllsteinen, die ohne Fundamentierung direkt auf eine Schuttschicht gesetzt wurden. Sie waren nur geringfügig mit Mörtel verbunden worden und 0,50 m breit. In den auf diese Weise neu entstandenen Kammern war das Inventar offenbar nur ärmlich, man fand meistens nur Scherben minderwertiger Provinzialkeramik.

Municipium

Der Forschungsreisende Luigi Ferdinando Marsigli fand im 17. Jahrhundert eine der Kaiserin Salonina vom Stadtrat (ordo municipii) gewidmete Ehreninschrift, sie wurde in der Nähe des Zusammenflusses von Bistra und Timis geborgen. Dies war ein erster Hinweis darauf, dass sich die Zivilstadt am rechten Ufer der Times befand. Der Zuzug von zahlreichen Veteranen, Familienangehörigen der Soldaten, Kaufleute und Handwerken in Tibiscum trug zur raschen Entwicklung einer Stadt zweiten Ranges, ein Municipium, bei. Der Verleihung des Munizipalrechts ging in der Regel eine längere erfolgreiche Entwicklung der Wirtschaft voraus. Insbesondere Hadrian und Marc Aurel traten als Städtegründer in Erscheinung. Der Munizipalstatus könnte Tibiscum theoretisch, so wie auch einigen anderen Städten in Dakien, schon unter Septimius Severus oder seinem Nachfolger Caracalla zuerkannt worden sein. Epigraphisch ist der Munizipalrang der Zivilsiedlung jedoch erst für die Herrschaft des Kaisers Gallienus (260-268 n.Chr.) sicher belegt. Diese ausgesprochen späte Stadtgründung bildete den Abschluss der Urbanisierung in Dakien.[8]

Bevölkerung

Wie auch in anderen römischen Provinzen trugen vor allem die Veteranen, Soldaten und Neusiedler zur raschen Romanisierung der einheimischen Bevölkerung bei. Von den 90 in Tibiscum entdeckten Inschriften beziehen sich 60 auf Grablegungen. Sie belegen u.a. die Anwesenheit von Angehörigen verschiedener ethnischer Gruppen, vor allem aus denjenigen, die die Besatzungstruppen des Lagers bildeten wie z.B. Vindelicer aus Rätien, Palmyrener aus Kleinasien und Mauren aus Nordafrika. Naturgemäß waren die Daker besonders zahlreich vertreten, sowohl im Lager als auch in der Zivilsiedlung. Ihre Anwesenheit ist vor allem durch dakische Keramik dokumentiert. Direkte Belege für das Bildungsniveau der Bewohner kommen in Tibiscum nur selten vor. Man fand jedoch eine große Anzahl von Schreibzeugutensilien aus Bein oder Bronze. Daneben wurden auch Ziegel und Keramikfragmente mit eingeritzten Buchstaben, wahrscheinlich Schreibversuche zur Erlernung des Alphabetes, geborgen.

Wirtschaftsleben

Der Handel war eine der wichtigsten Wohlstandsquellen für die Einwohner Tibiscums. Die große Anzahl römischer Münzen aus den 2.-3. Jahrhundert n.Chr. die man hier gefunden hatte, zeigt eine umfangreiche Handelstätigkeit, die sich aber in der Mitte des 3. Jahrhunderts wieder merklich abschwächte. Zwei von den bisher entdeckten Werkstätten arbeiteten aber auch in postaurelianischer Zeit weiter. Der Weiterbestand des wirtschaftlichen Lebens in 3.- 4. Jahrhundert n.Chr. ist vor allem durch Münzfunde belegt. Abgesehen von dem im Jahre 1925 entdeckten, aus 971 Münzen bestehenden, Hortfund, fand man auch im Bereich der Zivilsiedlung noch über 50 Münzen. Das ist ein Nachweis für weiterhin aufrechte Handelsbeziehungen mit Rom, obwohl sich der Warenverkehr wohl stark vermindert hatte. Zur Mitte des 4. Jahrhunderts n.Chr. scheint der Münzumlauf sogar wieder etwas intensiver zu werden. Aber schon gegen Ende dieses Jahrhunderts weist der Münzverkehr wieder eine abfallende Tendenz auf um später völlig zum Erliegen zu kommen.

Landwirtschaft: Die Fruchtbarkeit des Umlandes von Tibiscum begünstigten die Entwicklung einer prosperierenden Landwirtschaft, da durch die Besetzung der Römer auch neue landwirtschaftliche Methoden eingeführt wurden. Im Zuge der archäologischen Forschungen wurden in der Nähe des Kastells mehrere Villa rustica entdeckt, so z.B. bei Caransebesch, Mahala, Campul lui Cornean und Iaz. Sie waren vermutlich im Besitz römischer Kolonisten und Veteranen die sich hier niedergelassen haben, da sie vermutlich das beste Land zur Bewirtschaftung zugeteilt bekamen. Was damals genau angebaut wurde ist nicht geklärt, da aufschlussreiche Funde in dieser Hinsicht noch fehlen. Zahlreiche Tierknochen belegen jedenfalls eine florierende Viehzucht, darunter vor allem Rinder, Schafe, eher seltener auch die von Schweinen.

Keramikwarenproduktion: Ein bedeutender ökonomischer Zweig war die Keramikherstellung. Produziert wurden vor allem Baumaterialien, Tonrohre, Gefässe, Lampen und Statuetten. In Tibiscum konnten auch mehrere von der Armee betriebene Werkstätten für Keramikprodukte identifizieren. Vorläufig sind viele nur durch ihre Stempel bekannt. Einige von diesen Stempeln wie: ARF, VAM, PCH konnten nicht zufriedenstellend identifiziert werden. Es bleibt ungewiss ob sie aus militärischen oder zivilen Werkstätten stammen. Auf einem Amphorenhenkel war noch der Name Marcus Syrus lesen, vermutlich ein örtlicher Hersteller. Auf dem Rand eines mortariums fand man den weitverbreiteten Namen Severus. In der Herstellung von Tonlampen war ein gewisser Aurelius (Stempel: AVRELVS F[ECIT]) führend.

Der Prozess der graduellen Verschmelzung von einheimischer Bevölkerung und Besatzungssoldaten spiegelt sich besonders in der handgefertigten Keramik dakischer Machart wider.[9] Auf dem Areal der Zivilsiedlung wurden zwei große Töpferwerkstätten, eine aus dem 2. Jahrhundert, die andere aus den 3. oder 4. Jahrhundert n.Chr., freigelegt. Hier wurden verschiedenen Tonwaren für den lokalen Bedarf, von gewöhnlicher Gebrauchskeramik bis zu grossen Mengen von terra sigillata Nachahmungen, produziert. Von den spätrömischen Keramikstücken zeichnen sich vor allem 15 in Tibiscum gefundene Tonlampen mit Adlergriffen aus, welche im 3. oder 4. Jahrhundert angefertigt worden waren.

Metallwarenproduktion: Die überwiegende Anzahl der örtlichen Metallerzeugnisse stammte grösstenteils aus lokalen, in einfachen Holzständerbauten untergebrachten, Werkstätten. In Tibiscum wurde aber auch eine große Menge Importware gefunden. Die örtlich erzeugten Bronzestatuetten sind nur sehr einfach ausgeführt. Sie sind wahrscheinlich Kopien aus Italien importierter Stücke. Ungefähr 25 m nördlich des Lagers stieß man auf eine Schmiede, die in die erste Hälfte des 2. Jahrhundert n.Chr. datiert werden konnte. Eine von ihnen (Werkstatt II) könnte vom Militärangehörigen betrieben worden sein und erzeugte in Ausrüstungsgegenstände wie z.B. Schnallen, Beschläge, Pferdegeschirr usw. In eine erst vor kurzem entdeckten Werkstätte (III) wurde Schmuckgegenstände wie z.B. eine Scheibenfibel mit Emaildekoration hergestellt, die in severische Zeit datiert werden konnte. Da die in einem Holzgebäude untergebrachte Werkstätte durch einen Brand zerstört worden war, konnte von den Archäologen ein fast komplettes Werkzeugeinventar geborgen werden, einschliesslich kleiner Schmelztiegel in denen sogar noch Goldspuren nachzuweisen waren. In weiterer Folge wurden weitere Werkstätten für die Verarbeitung von Edelmetallen wie Bronze, Silber und Gold gefunden. Vermutlich war die antike Stadt in diesem Teil der Provinz ein Zentrum der Schmuckerzeugung.

Glaswarenproduktion: Tibiscum war auch ein bedeutendes Zentrum der dakischen Glaserzeugung. Westlich von den Gebäuden I, II, VII der Zivilsiedlung fand man Werkstätten die vor allem Behältnisse und Schmuck erzeugten.[10]

Steinverarbeitung: Steinmetzbetriebe muss es in Tibiscum ebenfalls gegeben haben, obwohl sie noch nicht entdeckt bzw. ihrer Funktion richtig zugeordnet werden konnten. Manche der Stücke wurden wohl in Ulpia Traiana Sarmizegetusa angefertigt, denn einige Denkmälerfragmente weisen eindeutig Ähnlichkeiten mit in Sarmizegetusa gefundenen Exemplaren auf. Steinerne Götterskulpturen sind in Tibiscum hingegen nur schwach vertreten. Am häufigsten kommen Votivreliefs mit Darstellungen des Jupiter, der Diana und des Merkur vor.

Kult und Religion

Im spirituellen Leben der Bewohner Tibiscums spielten vor allem die griechisch-römischen Gottheiten eine große Rolle. Ihnen widmete man zahlreiche Inschriften:

  • Juppiter (4),
  • Apollo (3),
  • Mars (1),
  • Liber Pater (2),
  • Silvanus (1),
  • Nemesis (1?).

Von einer Weihinschrift für Jupiter Optimus Maximus ist auch der Name eines Bürgers, Iulius Valentinus, epigraphisch bestätigt. Ansonsten hatten noch die Schutzgötter aus den Heimatprovinzen der Kastellbesatzung für die Bevölkerung eine gewisse Bedeutung, wie z.B. aus Palmyra die Gottheiten Malagbel und Bal. 3 km östlich des Kastells wurde ein Tempel des Apollo freigelegt, in dem sich zwei - den Severischen Kaisern gewidmeten - Inschriften befanden, die von der Wiederherstellung bzw. Renovierung des Gebäudes berichten. Er ist bisher der einzige (nur zum Teil) freigelegte Tempel in Tibiscum. Sein relativ simpler Grundriss hat große Ähnlichkeit mit dem des sog. „Tempel der Mauren” in Micia. Es wird weiters vermutet, dass Gebäude III im Vicus ebenfalss als Heiligtum oder Kultstätte diente, da man hier einen übergrossen Statuenkopf des Jupiter und ein kleineres Fragment einer Votivsäule fand.

Limesverlauf (Straßenposten) zwischen Kastell Färliug und Kastell Orastioria de Sus

Die Besatzungen der nachfolgend angeführten Kastelle hatten vorrangig wohl die Straßenverbindung Lederata - Alba Iulia zu überwachen.

Name[A 2] Beschreibung/Zustand Abbildung
Kastell Zävoui (Acmonia ?) Das Kastell liegt auf dem Gebiet der Gemeinde Zävoi, Kreis Caras-Severin. Das in der frühen Okkupationszeit erbaute Holz-Erde-Lager sichterte den Passübergang von Portile de Fir ale Transilvaniei der das heutige Banat von Siebenbürgen trennt. Es wurde nach Konsolisierung der Römerherrschaft in Dakien um 106-107 n.Chr. wieder aufgegeben und verlassen. Sein Areal liegt auf einer vor dem Hochwasser der Bistra geschützten Terrasse, direkt unter dem Ortskern von Zävoi, Flurname „Cetate“ (= Festung).

Archäologisch nicht untersucht, die Umwehrung ist noch als deutliche Erhöhung des Terraines erkennbar aber teilweise durch Wohnbauten und Straßen zerstört worden. Das Lager war exakt nach den vier Himmelsrichtungen ausgerichtet und hatte einen quadratischen Grundriss, der eine Fläche von 336 m x 336 m bedeckte.

Über die Einheiten die hier in Garnison lagen gibt es keine gesicherten Anhaltspunkte. Möglicherweise wurde die Besatzung in der Frühzeit des Kastells von der legio I Minervia gestellt bzw. auch erbaut. Ein Ziegelstempel der ersten Bogenschützenkohorte - die sich auch in Tibiscum aufhielt - lässt vermuten, dass eine Vexillation dieser Truppe ebenfalls hier stationiert gewesen sein könnte. [11]

Kastell Sarmizegetusa (Ulpia Traiana) Das Kastell liegt auf dem Gebiet der Gemeinde Sarmizegetusa im Kreis Hunedoara, etwa 8 km nördlich des wichtigen Passüberganges von Portile de Fir ale Transilvaniei. Die Fundstelle wurde nur wenig untersucht, einige Grabungskampagnen fanden zwischen 1970 und 1985 durch H. Daicoviciu und D. Alicu statt. Die Ausgrabungen bestätigten die Annahme, dass schon vor Gründung der colonia, 107 n.Chr., hier ein Armeestützpunkt bestanden haben musste. Sein Areal ("Cetate") am rechten Ufer des Apa Orasului Flusses, ist heute vom Ortszentrum überbaut. Das Lager war von den römischen Landvermessern, gut vor Hochwasser geschützt, auf einer gegen die Heide vorspringenden Niederterasse angelegt worden. Der teilweise von Wohnhäusern überdeckte Wall ist an allen Seiten auch heute noch gut zu erkennen. Das Kastell wurde von 102 bis 107 n.Chr. benutzt und war mit der legio IIII Flavia Felix belegt, die vor allem durch Ziegelstempel bezeugt ist. Nach Abzug der Legion wurde das Lager im Laufe der Zeit von der Metropole des römischen Dakien, der Colonia Ulpia Traiana, überbaut.

Das in Stein errichtete Lager war in klassischer Manier, rechteckig mit abgerundeten Ecken (Spielkartenform), 546 m x 415 m groß, aufgebaut und exakt nach den vier Himmelsrichtungen ausgerichtet. Die 1,60 m breite Mauer war an den Ecken mit innen angesetzten, trapezförmigen Türmen verstärkt und bestand aus bearbeiteten Steinblöcken (opus quadratum). Sie war zusätzlich von zwei Gräben umgeben, einer 7 m breit und 2,50 m tief, der andere 6 m breit und 1,50 m tief. Von den Innenbauten ist nur die Principia bekannt. Sie bestand aus einem säulenumstandenen Vorhof, einer Querhalle (basilica) und einem Fahnenheiligtum (aedes) das von zwei Räumen (officium) flankiert wurde. Die Funde aus dem Legionslager werden im Muzeul National de Istorie e Transilvaniei in Cluj-Napoca, im Muzeul Judetean Hunedoara in Deva und dem Muzeul Sarmizegetusa.[12]

Plan des Legionslagers und der Zivilstadt von 1872

Hinweis

Am linken Temesufer wurden eine archäologische Schutzzone und eine Dauerausstellung römischer Funde eingerichtet. Sie befinden sich an der nördlichen Ausfahrt von Jupa, etwa 250 m weit von der Nationalstrasse entfernt. Die Funde aus Tibiscum befinden sich heute im Muzeul Banatului in Timiszoara und im Muzeul de Etnografic ci Istorie Localä in Caransebeș.

Denkmalschutz

Die gesamte archäologische Stätte und im Speziellen das Kastell stehen nach dem 2001 verabschiedeten Gesetz Nr. 422/2001 als historische Denkmäler unter Schutz und sind in der nationalen Liste der historischen Monumente (Lista Monumentelor Istorice) eingetragen.[13] Zuständig ist das Ministerium für Kultur und nationales Erbe (Ministerul Culturii şi Patrimoniului Naţional), insbesondere das Generaldirektorat für nationales Kulturerbe, die Abteilung für bildende Kunst sowie die Nationale Kommission für historische Denkmäler sowie weitere wichtige, dem Ministerium untergeordnete Institutionen. Ungenehmigte Ausgrabungen sowie die Ausfuhr von antiken Gegenständen sind in Rumänien verboten.

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Strecke / Abschnitt / Kastellnummer (nach N. Gudea, 1997).
  2. Aufzählung erfolgt von SW nach NO.

Einzelnachweise

  1. Gudea/Lobüscher: 2006, S. 35
  2. Gudea/Lobüscher: 2006, S. 23
  3. Gudea/Lobüscher: 2005, S. 35
  4. Gudea/Lobbüscher: 2006. S. 33
  5. Gudea/Lobüscher: 2005, S.34
  6. Gudea/Lobhüscher: 2006, S. 40
  7. Gudea/Lobüscher: 2006, S. 37
  8. Gudea/Lobüscher: 2006, S. 24
  9. Gudea/Lobüscher: 2006, S. 40
  10. Gudea/Lobüscher: 2006, S.45-46
  11. Nicolae Gudea: 1997, S. 34-37
  12. Nicolae Gudea: 1997, S. 37
  13. Liste der historischen Monumente auf den Internetseiten des Ministeriums für Kultur und nationales Erbe

Literatur

  • Nicolae Gudea: Das Verteidigungssystem des römischen Dakien, Sallburg Jahrbuch Nr. 31, 1974.
  • Nicolae Gudea: Der Dakische Limes. Materialien zu seiner Geschichte. In: Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz. 44. Jahrgang, Teil 2, Mainz 1997, S. 27–28 (Abgerufen aus: PDF).
  • Doina Benea: Die wirtschaftliche Tätigkeit in den dörflichen Niederlassungen zwischen Theiss, Marosch und Donau. Studia Antiqua et Archäeologica, IX, Iasi 2003, S. 299–318.
  • Adrian Ardeţ : Le municipe romain de Tibiscum, în: La Politique edilitaire dans les provinces de L’Empire Romaine, în: Actes du Ier Colloque Romano-Suisse, Deva 1991, Cluj-Napoca, 1993, S. 83-89
  • Adrian Ardeţ : Limitele oraşului roman Tibiscum, în: Studii de Istorie a Transilvaniei, Cluj, 1994, S. 61-65, Pl. I-III.
  • Doina Benea: Oraşul antic Tibiscum. Consideraţii istorice şi arheologice, Apulum XXXII, Alba Iulia, 1995, S. 159-172.
  • R. Bona und M. Petrovszky: Tibiscum-cercetări arheologice (I), (1976-1979), Acta XIX, Cluj Napoca, 1982, S. 321-322.
  • R. Bona und Petru Rogozea: Tibiscum-Cercetări arheologice III, Banatica 8, 1985, S. 156-157, Pl. VI-VII.
  • Ioan Piso und Petru Rogozea: Ein Apolloheiligtum in der Nahe von Tibiscum, Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik, Band. 58, (1985), S. 211-218.
  • Adriana Rusu-Pescaru und Dorin Alicu: Templele romane din Dacia I, Deva, 2000, S. 42-49
  • Alexandru Borza: Banatul ín timpul Romanilor, Monografii despre raporturile dintre Italieni şi Români, [Das Banat zur Römerzeit], Varzi, Timişoara 1943.
  • Dumitru Tudor: Tabula Imperii Romani (TIR): Bucarest. Drobeta-Romula-Sucidava. Académie de la République Socialiste de Roumanie, Bukarest 1969 (Teile der Blätter K-34, K-35, L-34, L-35), hier: TIR L 34.
  • Nicolae Gudea: Limesul Daciei romanc de la Traianus la Aurelianus. In: Acta Musei Porolissensis 1, 1977(in rumänischer Sprache).