Hannes Wader

deutscher Liedermacher, Sänger und Gitarrist
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Hannes Wader (* 23. Juni 1942 in Hoberge-Uerentrup bei Bielefeld, Nordrhein-Westfalen als Hans Eckard Wader) ist ein Liedermacher, Sänger und Gitarrist.

Hannes Wader auf dem UZ Pressefest 2003 in Dortmund

Hannes Wader ist neben Reinhard Mey, Franz Josef Degenhardt, Konstantin Wecker u. a. einer der letzten Liedermacher der „alten Schule“. Anfänglich musikalisch stark beeinflusst vom französischen Chansonnier Georges Brassens, ließ er sich in den 1970ern und der Folgezeit inspirieren von den Meistern des traditionellen, speziell anglo-amerikanischen Folk Blues, u. a. Bob Dylan und Pete Seeger. Wader profitierte damit zu Beginn seiner Karriere von der internationalen Folk-Welle der 1960er und 1970er, auf der er eine Weile „mitschwamm“, um dann – im Gegensatz zu seinen meisten Freunden und Liedermacher-Kollegen – einen Weg des unkommerziellen Nonkonformismus einzuschlagen.

Seine eigenen lyrischen Texte sind zumeist mit eigenen Kompositionen unterlegt und oft autobiographisch geprägt. Einige seiner Vertonungen wurden Volkslieder und finden sich z. B. in der Mundorgel. In den 1990ern und heute singt er neben seinen eigenen Liedern Vertonungen der Werke großer Dichter wie Eichendorff und interpretiert Lieder bekannter Komponisten, u. a. von Schubert. Arbeiterlieder und sozialistische Hymnen, die in den 1970ern und 1980ern einen wichtigen Teil seines Repertoires ausmachten, singt er heute kaum noch. Als sein wohl bekanntestes Lied gilt „Heute hier, morgen dort“.


Biographisches

1948 wird Hannes Wader eingeschult. Wie er selbst sagt, hat er während der 8 Jahre Volksschule nie etwas anderes gekonnt als Singen und Zeichnen. Nach dem Schulabschluss beginnt Wader eine 3-jährige Lehre als Dekorateur in einem Schuhgeschäft und arbeitet anschließend noch 3 Jahre in dem Beruf. Während dieser Zeit lernt er Mandoline und Gitarre, 1957 stirbt sein Vater in seinem 55. Lebensjahr.

Nach eigenen Angaben hatte Wader nie Freude an seinem Beruf. Er wird mit der Zeit in seinem Pflichtgefühl immer nachlässiger und 1962 enlässt ihn sein Chef schließlich wegen Unfähigkeit, Streitsucht und Musizierens während der Arbeitszeit. Wader hatte ihm im Streit „ein paar Schuhe vor den Wanst“ geworfen.

Noch während seiner Lehrzeit macht Hannes Wader die ersten Schritte als Musiker. Er beginnt sich für den Jazz zu interessieren, spielt inzwischen Klarinette und Saxophon. Wader tritt in eine Amateurband ein und wird dort, natürlich noch im kleinen Kreis, bereits als musikalisches Wunderkind gefeiert. Nach seiner Kündigung 1962 spielt Hannes Wader also in verschiedenen Jazzkapellen und tritt als Klarinettist und Saxophonist in Bars und Lokalen auf. Noch im selben Jahr lernt er eine Modegraphik-Studentin kennen, die ihn dazu animiert, ein Graphik-Studium an der „Werkkunstschule“ in Bielefeld zu beginnen. Wader beginnt wieder zu zeichnen, bewirbt sich für ein Studium und wird angenommen.

Er studiert 3 Semester, bekommt Ärger mit Dozenten und entschließt sich, Bielefeld zu verlassen. Mit einer Mappe unter dem Arm trampt er nach Berlin, um sich an der „Akademie für Graphik, Druck und Werbung“, der heutigen „Hochschule der Künste“ anzumelden. Er wird wieder angenommen. Während dieser Zeit (1962/63) hört Wader das erste Mal Georges Brassens und ist „ungeheuer fasziniert“. An dessen Bandbreite von Zynismus bis Zärtlichkeit - musikalisch nur sparsam unterlegt, aber ausgefeilt bis ins Detail - orientiert sich Hannes Wader vornehmlich in seinen ersten Gehversuchen als Liedermacher. Der Kontakt mit der Musik des französischen Chansonniers kann wohl als „Initialzündung“ und erste Inspirationsquelle für Waders Werk bezeichnet werden. Er beginnt, selbst zu singen, Gitarre zu spielen und eigene Lieder zu schreiben. „Das Loch unterm Dach“ ist sein erstes Lied.

Wader führt vorerst sein Studium fort, weiterhin in der Absicht, Graphiker zu werden. Er hört zum ersten Mal vom Folk- und Songfestival auf der Burg Waldeck. Dort, wo u.a. auch Reinhard Mey, Katja Ebstein und Ingo Insterburg ihre Karriere begannen, hat er Pfingsten 1966 selbst seinen ersten Auftritt, welchen man als eine Art Durchbruch bezeichnen kann.

Schnell beginnt Hannes Wader in der bereits lebendigen Liedermacherszene Berlins Fuß zu fassen. Er steht jeden Abend auf bis zu fünf Bühnen, kassiert eine Spitzengage und kommt nie vor 5 Uhr morgens ins Bett. Anfang 1967 bricht er sein Studium ab, seine täglichen Pflichtübungen beschränken sich bald nur noch auf Zähneputzen und Waschen. In der Folgezeit tourt Wader mit Reinhard Mey durch Deutschlands Kneipen und Clubs - ihre Auftritte sind gefragt, doch ihr Repertoire an Liedern ist noch relativ klein, so dass sie einige ins Französische übersetzen und allabendlich zweimal vortragen.

1969 lernt Hannes Wader nach einem Konzert den etablierten Musiker und Sänger Knut Kiesewetter kennen. Kiesewetter gefallen Waders Lieder so gut, dass er ihm vorschlägt, auf seine Kosten eine Schallplatte zu produzieren. So entsteht das erste Album „Hannes Wader singt...“ - ausschließlich mit eigenen Texten und Kompositionen. Hannes Wader ist mittlerweile 27 Jahre alt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, eine Plattenfirma zu finden, verkauft sich das Album wider Erwarten mehrere 10.000 mal binnen weniger Monate.

Wader legt bei dieser Aufnahme zeitweise einen Biss und eine Sozialkritik an den Tag, die auf den folgenden Platten, aber auch in seinen späteren Texten regelmäßig wiederkehrt und sicherlich einen großen Teil seiner musikalischen Identität definiert, bzw. dies tat.

In den 1970er Jahren wurde Hannes Wader durch seine provokanten Texte einer der Stars der links-alternativen Szene. Er war von 1977 bis 1991 selbst Mitglied der DKP (Deutsche Kommunistische Partei).

Als Wader Anfang der 1970er nach Hamburg zog, überließ er seine Wohnung für einige Monate Hella Utesch, einer vermeintlichen NDR-Reporterin. Während dieser Zeit trampte Wader ein letztes Mal durch Europa, um anschließend mit seiner gerade fertiggestellten und sehr erfolgversprechenden LP „7 Lieder“ auf Tournee zu gehen. Nach seiner Rückkehr fand er seine Wohnung jedoch in einem Zustand völliger Verwüstung vor. „Hella Utesch“ war der Deckname Gudrun Ensslins, Mitglied der sogenannten „Baader-Meinhof-Bande“, die sich Waders Behausung als Hauptquartier einrichteten und dort Experimente mit Sprengstoff durchführten. Bei einem Konzert wurde Wader quasi von der Bühne herunter verhaftet. Der Staat strengte gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen „Unterstützung einer kriminellen Vereinigung“ an. Er und seine Freunde wurden in der Folgezeit observiert und abgehört. Die Medien reagierten mit Boykott, dennoch zeichneten sich seine Sängerkollegen Reinhard Mey & Co. in dieser Zeit durch eine Solidarität aus, ohne die Wader als Liedermacher erledigt gewesen wäre: Bei einem geplanten, gemeinsamen Rundfunkauftritt heißt es im Vorfeld: „Herr Wader, sie nicht!“ Seine Kollegen drohen damit, den Auftritt platzen zu lassen, und so kommt Wader doch zu seiner Performance. Erst nach Jahren wurde das Verfahren eingestellt.

Den Plan, nach Hamburg zu ziehen, betrachtete Wader als gescheitert. Er zog 1973 nach Struckum in Nordfriesland in eine Windmühle, wo auch einige der späteren Alben entstanden und aufgenommen wurden. Dort lebte er mit seiner Familie bis zu dem Umzug 1998 auf einen Resthof im Kreis Steinburg. Hannes Wader hat zwei Kinder.

Musikerlaufbahn

Seine Lieder wurden auf zahlreichen Alben veröffentlicht. Zahlreiche Tourneen führen ihn immer noch kreuz und quer durch Deutschland. Er gehört zu den wenigen Liedermachern der „alten Schule“, die auch heute noch große Hallen zu füllen vermögen. Ebenso tritt er bei Freiluftkonzerten und in Clubs auf.

Seine Vielseitigkeit bewies er auch bei der Übersetzung und Interpretation von Liedern des schwedischen Volkssängers Bellman (CD Liebe, Schnaps, Tod - Wader singt Bellmann). Bemerkenswert sind auch heute noch seine immer wieder aktuellen, sozialkritische Themen aufgreifenden Lieder.

Hannes Wader hat oft mit anderen Künstlern zusammengearbeitet. Unter anderem entstanden daraus zwei Produktionen Folk Friends mit Interpreten aus England, Irland, Schottland und den USA.

Neben Franz Josef Degenhardt gilt Wader heute als profiliertester aktiver „Polit-Barde“.

Bekannte Lieder (Auswahl)

  • Abschied (1985)
  • Am Fluß (1985)
  • Anke's Bioladen (1989)
  • Arschkriecher-Ballade (1971)
  • Begegnung (1969)
  • Blumen des Armen (1969)
  • Damals (1985)
  • Darfst nun getrost (1996)
  • Das Loch unterm Dach (1969)
  • Der Büffel (1983)
  • Der Rattenfänger (1974)
  • Der Tankerkönig (1972)
  • Die bessere Zeit (1983)
  • Eltern (1995)
  • Erinnerung (1980)
  • Erste Liebe (1991)
  • Es ist an der Zeit(1980)
  • Große Freiheit (1989)
  • Gut, wieder hier zu sein (1983)
  • Heute hier, morgen dort (1972)
  • Hotel zur langen Dämmerung (1976)
  • Ich hatte mir noch so viel vorgenommen (1971)
  • Jepestinja Stepanowas Garten (1986)
  • Johnny (1985)
  • Kleine Stadt (2001)
  • Kokain (1972)
  • Krieg ist Krieg (2004)
  • Leben einzeln und frei (1982)
  • Lisa (1985)
  • Manche Stadt (1974)
  • Milliardäre (2004)
  • Monika (1971)
  • Nach Hamburg (1989)
  • Novemberlied (2001)
  • Nachtfahrt (1995)
  • Pablo (1983)
  • Rohr im Wind (1972)
  • Rosen im Dezember (1990)
  • Schlaf, Liebste (1979)
  • Schon morgen (1976)
  • Schon so lang (1972)
  • Schön ist das Alter (1991)
  • Schön ist die Jugend (1991)
  • Sowas gibt es noch (1979)
  • Stellungnahme (2004)
  • Talking-Böser-Traum-Blues (1974)
  • Tagtraum (1995)
  • Traum vom Frieden (1979)
  • Traumtänzer (1991)
  • Trotz alledem (trad., neue textliche Fassung Waders; 1976)
  • Unterwegs nach Süden (1972)
  • Vaters Land (nicht zu verwechseln mit „Vaterland“ von K. Wecker; 2001)
  • Viel zu schade für mich (1969)
  • Wir werden sehn (1985)
  • Wünsche (2001)

Diskographie

 
Hannes Wader
  • 1969 Hannes Wader singt (Conträr)
  • 1971 Ich hatte mir noch so viel vorgenommen (Mercury)
  • 1972 7 Lieder (Mercury)
  • 1973 Der Rattenfänger (Mercury)
  • 1974 Plattdeutsche Lieder (Mercury)
  • 1975 Volkssänger (Mercury)
  • 1976 Kleines Testament (Mercury)
  • 1977 Hannes Wader singt Arbeiterlieder (Mercury)
  • 1978 Hannes Wader singt Shantys (Mercury)
  • 1979 Wieder unterwegs (Pläne - ARIS)
  • 1980 Es ist an der Zeit (Pläne - ARIS)
  • 1982 Dass nichts bleibt wie es war (live) (Pläne - ARIS)
  • 1983 Nicht nur ich allein (Pläne - ARIS)
  • 1985 Glut am Horizont (Pläne - ARIS)
  • 1986 Liebeslieder (Pläne - ARIS)
  • 1987 Bis jetzt (live) (Mercury)
  • 1989 Nach Hamburg (Mercury)
  • 1990 Hannes Wader singt Volkslieder (Mercury)
  • 1991 Nie mehr zurück (Mercury)
  • 1992 Schon so lang "'62 – '92" (Compilation) (Mercury)
  • 1992 Blick zurück – Das Beste aus den 80er Jahren (Compilation) (Pläne - ARIS)
  • 1995 Zehn Lieder (Pläne - ARIS)
  • 1996 Liebe Schnaps Tod – Wader singt Bellmann (mit R. Mey & K. Hoffmann) (Pläne - ARIS)
  • 1997 An dich hab ich gedacht – Wader singt Schubert (Pläne - ARIS)
  • 1998 Auftritt (live mit Klaus Weiland & Benjamin Huellenkremer) (Pläne - ARIS)
  • 1999 Der Poet (Compilation / 2 CD) (Mercury)
  • 1999 Der Rebell (Compilation / 2 CD) (Mercury)
  • 1999 Der Volkssänger (Compilation / 2 CD) (Mercury)
  • 2001 Was für eine Nacht (live mit K. Wecker, Pläne)
  • 2001 Wünsche (Pläne)
  • 2003 Mey Wader Wecker - das Konzert (Live 2 CD / Pläne, mit R. Mey & K. Wecker))
  • 2004 ... und es wechseln die Zeiten (Pläne)
  • 2004 Wein auf Lebenszeit - Hannes Wader liest Kurt Kusenberg (Hörbuch) (Pläne)
  • 2005 Jahr für Jahr (Pläne)

Literatur

  • Thomas Rothschild: Liedermacher. 23 Portraets. Frankfurt,Fischer, 1980.
  • Ulrich Maske: Daß nichts bleibt wie es war - Hannes Wader und seine Lieder. Pläne, Dortmund, 1984
  • Matthias Henke: Hermes Handlexikon. Die großen Chansonniers und Liedermacher. Düsseldorf, 1987.
  • Beate Dapper (Hrsg.): Hannes Wader - Liederbuch. Frankfurt, Bund-Verlag, 1999.
  • Reginald Rudorf: Schach der Show : über Lach- und Liedermacher in Deutschland. Wiesbaden, Breitkopf & Härtel, 1974
  • Hannes Wader: Lieder. Frankfurt, Zweitausendeins, 1977