Freier Beruf (Deutschland)

Berufe, die nicht der Gewerbeordnung unterliegen; selbständig ausgeübte Tätigkeit
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Als Freie Berufe oder Freiberuf werden Berufe bezeichnet, die nicht der Gewerbeordnung unterliegen.

Charakter der freien Berufe

Die Freien Berufe haben im allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt.

Ein Angehöriger eines freien Berufs ist auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Eine Vertretung im Fall vorübergehender Verhinderung steht der Annahme einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit nicht entgegen.

Nicht zu den freien Berufen gehört z.B. die Ausübung eines Gewerbes, ein Land- und Forstwirt, die Verwaltung eigenen Vermögens oder die selbstständige Ausübung eines Berufes, der nicht unter die Definition eines freien Berufes fällt, z. B. Hellseher. Der Status der Freiberuflichkeit kann entfallen, wenn ein Freiberufler vornehmlich gewerbliche Leistungen vollbringt. Hierzu gehören beispielsweise der Verkauf von Waren (zum Beispiel bei Apothekern). Eine Kapitalgesellschaft wird, unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Aktivität, nie als Freiberufler behandelt.

Katalogberufe und ähnliche Berufe

Katalogberufe gem. § 18 EStG bzw. § 1 PartGG sind: die selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit sowie ähnliche Berufe.

In den juristischen Berufen

In den Heilberufen

In den kreativen Berufen

In den publizistischen Berufen

In den kaufmännischen und pädagogischen Berufen

Technische Berufe

Vorteile eines freien Berufs

Ein Freiberufler ist nicht gewerbesteuerpflichtig; er kann auch als sog. "Freier Mitarbeiter" tätig werden.

Angehörige der freien Berufe sind im Gegensatz zu Gewerbetreibenden bei der Wahl ihres Geschäftssitzes nicht an die Vorgaben und Zulässigkeiten eines Bebauungsplanes gebunden, sondern können sich nach § 13 Baunutzungsverordnung (BauNVO) in allen Gebietstypen mit Ausnahme von Sondergebieten niederlassen, solange sie nicht mehr als 50 % der Gebäudefläche beanspruchen.

Wirtschaftliche Bedeutung der freien Berufe

In Deutschland gibt es derzeit etwa 1 Million Freiberufler, von denen ca. 857.000 selbstständig sind. Diese beschäftigen rund 2,7 Millionen Mitarbeiter und 160.000 Auszubildende (IFB-Schätzung, Stand: 1. Januar 2005) und erwirtschaften etwa 9 % des BIP. Die wirtschaftliche Bedeutung ist also mit dem des Handwerks oder des Mittelstandes vergleichbar. Dem entsprechend gibt es innerhalb des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit ([1]) ein eigenes wirtschaftspolitisches Referat für die Freien Berufe.

Abgrenzungsprobleme

Auch gilt, wie am Beispiel der Tätigkeit eines "freien" Programmierers zu belegen ist, dieser regelmäßig nicht als sog. katalogähnlicher Freiberufler, wenn er Anwendungen schreibt, die vermarktet werden. Der Begriff der freien Berufe ist dabei eng auszulegen:

Zitat BayObLG BB 2002, 853, 854: Bei den Berufen, die nicht schon nach den vorgenannten Kriterien zu den freien Berufen im Sinne des HGB zählen, ist letztlich die Verkehrsanschauung für die Einordnung maßgeblich. Neuere Tendenzen gehen dahin, den Kreis der freien Berufe eher eng zu ziehen und alle Tätigkeiten im Zweifel als gewerblich anzusehen, die nicht im Bereich der klassischen, historisch überlieferten, in der Regel durch besondere Berufsordnungen geregelten freien Berufe angehören bzw. in ihrer unmittelbaren Nähe anzusiedeln sind oder nicht eindeutig durch eine individuelle, künstlerische oder wissenschaftliche Leistung geprägt sind (…) Die Software-Entwicklung ist gewerblich, vor allem, wenn die Software auch vermarktet wird

Weiter wird ausgeführt, dass die Entwicklung zumindest bestimmter Computer-Programme als hochwertige geistige Leistung angesehen werden müsse. Auf der anderen Seite würden viele Programme den hier zu stellenden Leistungsanforderungen nicht gerecht. Dazu komme, dass es in vielen Fällen eben gar nicht so sehr um höchstpersönlich zu erbringende Leistungen gehe, sondern um eine sachbezogene Leistung des "Software-Hauses"; die Entwicklung habe inzwischen durchaus industrielle Ausmaße erreicht. Außerdem könne die Leistungsverwertung hier nicht außer Betracht bleiben. Gerade sie spiele bei Software-Programmen eine entscheidende Rolle. Nur bei entsprechender Vermarktung ließen sich die Entwicklungskosten amortisieren. Dies gelte gleichermaßen für den Vertrieb von Standardprogrammen wie auch von individuellen Software-Produkten. Erforderlich sei ein marktnahes, wettbewerbsorientiertes Verhalten, das sich vom Marktauftritt freier Berufe wesentlich unterscheide (Urteilsbegründung S. 1911).

Zusammenschluss von Freiberuflern

Seit 1994 gibt es die Partnerschaftsgesellschaft. [2] Die Partnerschaft ist eine Gesellschaft, in der sich Angehörige Freier Berufe zur Ausübung ihrer Berufe zusammenschließen. Sie übt kein Handelsgewerbe aus. Angehörige einer Partnerschaft können nur natürliche Personen sein. Für Verbindlichkeiten der Partnerschaft haften den Gläubigern neben dem Vermögen der Partnerschaft die Partner als Gesamtschuldner. Die §§ 129 und 130 des Handelsgesetzbuches sind entsprechend anzuwenden. Die Partnerschaftsgesellschaft wird in das Partnerschaftsregister eingetragen und ist somit fähig, im Rechtsverkehr unter ihrem Namen zu handeln. Die Partnerschaftsgesellschaft wird trotz ihrer weitreichenden Vorteile bisher kaum genutzt.

Scheinselbstständigkeit

1999 definierte der deutsche Gesetzgeber Kriterien für eine sogenannte Scheinselbstständigkeit. Wer sie erfüllte, verlor den Status der Freiberuflichkeit. Diese Gesetzesänderungen ließen die meisten Arbeitsverhältnisse von Freien Mitarbeitern illegal werden und verleiteten die Arbeitgeber zu zahlreichen Entlassungen, da sie nachträgliche Sozialabgaben befürchteten. Das Gesetz ist mittlerweile wieder außer Kraft.

Standesordnungen

In der Kritik sind derzeit die zum Teil überkommenen Standesregeln der Freien Berufe: So hat etwa die EU-Kommission im Februar 2004 und erneut am 5. September 2005 als sog. Follow-up (KOM[2005]-405) auf wettbewerbsrechtliche Probleme hingewiesen und die Mitgliedstaaten dazu aufgerufen, nicht zu rechtfertigende gesetzliche Beschränkungen für freiberuflichen Dienstleister, zum Beispiel Gebührenordnungen oder bei der Werbung, aufzuheben.

Siehe auch