Weinbau

Kultivierung von Reben
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Weinbau oder Weinanbau bezeichnet die landwirtschaftliche Kultivierung von Weinreben zum Zwecke der Gewinnung von Wein. Die eigentliche Weinherstellung, als Winzerei bezeichnet, ist in der Praxis so gut wie immer eng mit dem Anbau verknüpft; nur in seltenen Fällen liegen Anbau und Weinerzeugung in komplett unterschiedlichen Händen. Die Wissenschaft von Weinbau und Weinerzeugung ist die Önologie.

Rote Weintraube der Sorte Flame Seedless

Voraussetzungen

 
Weinberge bei Hambach an der Weinstraße
 
Weinberg am Bodensee
 
Weinbau im Alten Ägypten, dargestellt in einer Grabmalerei
 
Der Rebmann aus Jost Ammans Ständebuch (1568)
 
Manuelle Traubenlese

Weinreben benötigen viel Sonneneinstrahlung, deswegen werden sie oft auf nach Süden ausgerichteten Weinbergen oder Rebbergen angebaut. Aber auch in der Ebene wird Weinbau in Weingärten (in Rheinhessen und Pfalz als Wingert, in Baden, Württemberg und Franken als Wengert bezeichnet) betrieben. Insbesondere im Mittelmeerraum liefern auch die Ebenen qualitativ gute Weine in erheblichen Mengen.

Anbaugebiete

Wein wird in der Regel in geschlossenen Weinanbaugebieten angepflanzt, die für den Weinbau einheitliche Rahmenbedingungen, wie bestimmte Licht- und Temperaturschwellenwerte, aufweisen. Neben der Rebsorte und der Qualitätsstufe gehört der Standort zu den wichtigsten Faktoren, die den Charakter und Geschmack eines Weines bestimmen. Je nach Bodenbeschaffenheit, Sonneneinstrahlung und Tradition sind für einzelne Anbaugebiete unterschiedliche Rebsorten typisch.

Siehe Hauptartikel: Weinbaugebiete der Welt

Geschichte

Ursprünge

Schon 5000 v. Chr. lässt sich in der vorderasiatischen Landschaft Sumer (heute südlicher Irak) erstmals die Domestizierung von Weinreben nachweisen. Der Weinbau breitete sich im gesamten Nahen Osten aus, und etwa 1700 v. Chr. kultivierten die Griechen erste Edelreben. Im Römischen Reich wurde der Wein so massenhaft produziert, dass er zuweilen billiger als Wasser war. In Italien prägten sich verschiedene Erziehungsmethoden aus: an Bäumen, als Dachspalier am Kurzstamm oder kriechend auf dem Boden. Mit den Römern breitete sich der Weinbau nach Spanien, Gallien und Nordafrika aus, etwas verspätet auch nach Germanien.

Neuesten Erkenntnissen zufolge soll der Weinbau sogar noch älter als 9000 Jahre sein. Funde in China deuten darauf hin. Tongefäße, die mit Spuren eines gegorenen Getränkes aus Reis, Honig und Trauben oder Hagedorn gefüllt waren, wurden in der nordchinesischen Provinz Henan entdeckt.

Römerzeit bis Mittelalter

Bereits in vorrömischer Zeit wurde durch die Kelten an der Donau Wein kultiviert. Ab dem Jahr 100 wurde von den Römern an Rhein, Mosel und Ahr Weinbau betrieben. Das Getränk und der Weinbau wurden in Deutschland immer beliebter, um 1500 war die Anbaufläche auf mehr als 300.000 ha angewachsen.

Im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit wurde Weinbau auch in klimatisch weniger günstigen Lagen betrieben. Deshalb musste der Wein oftmals mit Zusatzstoffen (Honig, Gewürze) trinkbar gemacht werden. In den guten Lagen achtete man jedoch meist auf hochwertige Rebsorten und erzeugte nach den Kriterien der Zeit sehr gute Weine.

Dreißigjähriger Krieg

In den betroffenen Gebieten bildete der Dreißigjährige Krieg einen starken Einschnitt. Einerseits wurden die Rebflächen drastisch reduziert, weil durch den Bevölkerungsverlust sowohl Arbeitskräfte wie auch Verbraucher fehlten. Andererseits erzwangen die umherziehenden Soldaten hohe Weinabgaben, so dass nun in den Weinbergen viele "Massenträger", also Rebsorten geringer Güte mit hohem Ertrag, gepflanzt wurden.

Definierte Anbaugebiete

Das erste Weinanbaugebiet wurde 1756 in Portugal für den Portwein festgelegt. 1855 folgte die Klassifizierung der Weingüter im Médoc in Frankreich.

Erfindungen

Im 19. Jahrhundert setzten in vielen Ländern Bemühungen zur Verbesserung des Weinbaus ein. Man experimentierte mit neuen Rebsorten und mit verbesserten Gärmethoden. Auch die Bearbeitung der Reben und die Kellereitechnik wurden wissenschaftlich untersucht; statt der gemischten (verschnittenen) Weine wurden nun sortenreine Weine produziert. Es gelang auch, Schaumwein in Flaschengärung (Champagner-Methode) als Massenprodukt herzustellen. 1826 gründete Georg Christian Kessler in Esslingen am Neckar die erste deutsche Sektkellerei.

Schädlinge

Einen schweren Rückschlag für den Weinbau bedeutete der weiträumige Befall der Weinberge mit der Pilzkrankheit Peronospora (Falscher Mehltau) in den 1880er Jahren. Der gesamte Weinbau in Mitteleuropa war durch diese Rebkrankheit bedroht. Und nur wenig später, um 1890, wurde die Reblaus aus Amerika nach Südfrankreich eingeschleppt. Der Schädling, der an den Wurzeln der Rebe saugt und diese quasi verhungern lässt, verbreitete sich schnell in allen europäischen Weinanbaugebieten. Erneut gingen die Rebflächen zurück, in Frankreich kam der Weinbau teilweise ganz zum Erliegen. Nur die Pfropfung europäischer Reben auf amerikanischen Wurzelreben rettete schließlich den europäischen Weinbau.

Wirtschaftliche Bedeutung

Weinanbau in Zahlen

Wein wird heute in Deutschland in 14 Weinanbaugebieten kultiviert; hier liegen ca. 100.000 ha der weltweit rund 8.000.000 ha Anbaufläche (5.000.000 ha liegen in Europa). Der Durchschnittsflächenertrag liegt etwa bei 1 l/m2, je hochwertiger ein Wein ausgebaut wird, desto geringer ist der Ertrag.

54 % der 77.388 Weinbaubetriebe (1990) in Deutschland haben eine Anbaufläche von unter einem halben Hektar, weitere 15 % bis ein Hektar, weitere 24 % bis fünf Hektar. Viele Betriebe werden von Nebenerwerbslandwirten bewirtschaftet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hielten neue Kellereitechniken weltweit Einzug. Vollernter, Edelstahltanks, eine temperaturgesteuerte Gärung gehören heute zur Standardausrüstung jeder größeren Kellerei.

Gleichzeitig wurde der Weinbau zum globalen Geschäft. In verschiedenen Ländern wie USA, Australien, Chile, aber auch in Osteuropa baute man Weinberge neu auf oder intensivierte und modernisierte den Weinbau. Damit entstand auf dem Weinmarkt eine internationale Konkurrenz.

Aus dem Weinbauern wurde so der "Winemaker", der häufig in einem weitgehend industrialisierten Prozess große Mengen an Wein herstellt. Damit zeichnet sich eine Standardisierung des Weins ab, begünstigt durch Verarbeitungsmethoden wie Konzentrierung, Färbung, chemische Behandlung, die heute schon in vielen Ländern Standard sind.

Gleichzeitig sinkt der Weinkonsum in den europäischen Ländern stetig, vor allem in den klassischen Verbraucherländern Frankreich und Italien. Dies stellt für die Weinwirtschaft, vor allem im mittleren und unteren Preissegment, ein ernst zu nehmendes Problem dar.

Sonderformen

Sonderformen des Weinbaus sind der ökologische Anbau, der Qualitätsausbau sowie der Anbau von Weinen, die als Zwischenprodukt dienen. Gemeinsames Merkmal der ersten beiden Formen ist der deutlich geringere Ertrag gegenüber dem regulären Weinbau. Dies ist beim ökologischen Anbau auf die größeren Verluste durch Schädlinge und Pflanzenkrankheiten aufgrund vermindertem Einsatz von Pestiziden und Insektiziden zurückzuführen. Beim Qualitätsausbau werden bewusst schlechtere Trauben vor der Reife entfernt, damit der Weinstock mehr Kraft in die verbleibenden investieren kann.

Biologischer Weinbau

Um 1970 entstanden die ersten ökologisch bzw. biologisch-dynamisch bewirtschafteten Weingüter. Zu dieser Zeit stand offensichtlich die biologische Verarbeitung im Vordergrund, und die Qualität der Weine ließ meist zu wünschen übrig.

Aus diesem Grund waren Bio-Weine bis vor wenigen Jahren oftmals im Visier vieler Weinkritiker. Dies hat sich in den letzten Jahren erheblich verändert. In vielen Ländern nehmen immer mehr Winzer die teilweise sehr lange Umstellung in Kauf und produzieren hochwertige Weine mit durchaus auch für Weinkritiker überzeugender Qualität.

Vor allem in Deutschland, Frankreich und in Italien, aber auch in anderen Weinanbauländern findet man heute immer mehr Spitzenproduzenten, die nach den Methoden eines ökologischen bzw. biologisch-dynamischen Weinanbau arbeiten und vielleicht gerade deshalb exzellente Weinqualitäten vorweisen können.

Der ökologische Weinbau verzichtet weitgehend auf den Einsatz von chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln und setzt auf biologische Schädlingsbekämpfung z.B. mit der Verwirrmethode.

Grundlagen des Weinbaus

Bodenbegrünung im Ökologischen Weinbau

Die Aufgaben der Begrünung im Weinbau haben sich in den letzten Jahren grundlegend geändert: war die Begrünung lediglich eine Oberflächenabdeckung, Erosionsschutz und eine Maßnahme zur bessern Mechanisierung, so kommen ihr heute weitaus mehr Aufgaben zu, nicht nur unter ökologischen, sondern auch unter qualitätssteigernden Gesichtspunkten.

Ziele und Nutzen von Begrünungen

Die Hauptziele einer Begrünung lassen sich unter drei Hauptkriterien zusammenfassen.

  1. An oberster Stelle dabei steht die Ökonomie, da sich diese direkt auf Arbeitsweise und Kosten des praktischen Winzers auswirkt. Anbautechnische und ökologische Gesichtspunkte spielen in der Praxis Bedauernswerterweise meist eine weniger wichtige Rolle. Eine strenge Aufteilung der einzelnen Kriterien lässt sich allerdings nicht vornehmen, da Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Begrünungsmaßnamen auftreten. Allgemein lässt sich sagen, dass bei einer an den Standort gut angepassten Begrünung eine Stabilisierung des Ökosystems Weinberg einhergeht. Dieses wird vor allem durch ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Nützlingen und Schädlingen, durch einen harmonischeren Rebwuchs sowie durch die Aktivierung des Bodenlebens erreicht.
  2. Durch Erhöhung der pflanzlichen Artenvielfalt, wird einerseits die Monokultur gebrochen, Nützlinge angelockt und das Bodenleben verstärkt belebt. Zudem stellt sich eine Harmonisierung des Wuchses der Kulturpflanze ein, welches wiederum Einfluss auf die Anfälligkeit bezüglich pilzlichen Krankheiten, Zusammensetzung des Beerensaftes und der Beereninhaltsstoffe hat. Hervorgerufen wird dies hauptsächlich durch Veränderungen im Boden: Durch die Schaffung einer Schattengare, einer Erhöhung der Humusproduktion und damit des Humusgehaltes sowie einer verminderten Mineralstoffauswaschung wird die Pufferwirkung des Bodens gegenüber schadstoffeinträgen verbessert und das Wasseraufnahme- und Haltevermögen erhöht.
  3. Anforderungen an Standort und Begrünung: Um eine „optimale“ Begrünung an einem Standort anzusiedeln bedarf es allerdings einiger Vorkenntnisse. Zum einen muss ermittelt werden, welche Standortmodalitäten im zu begrünenden Weingarten vorherrschen zum anderen muss aber auch die Arbeitskapazität im Betrieb überdacht werden, da manche Begrünungen extrem Arbeitsintensiv sind, und die Biologie der Begrünungspflanzen entscheidenden Einfluss auf die Gesamtbegrünung hat.

Standort – Modalitäten

Die Standort – Modalitäten lassen sich auf drei Hauptkriterien zusammenfassen:

  • Klima: Hier spielen vor allem die Niederschläge eine bedeutende Rolle, da sie meist der begrenzende Faktor für Begrünungen im Weinbau darstellen. Dabei ist aber nicht nur der Gesamtniederschlag entscheidend, sondern auch die Niederschlagsverteilung während der Vegetationsperiode. Dies hängt damit zusammen, dass der Gesamtniederschlag ausreichend sein kann, aber durch lange Trockenperioden im Sommer extremer Trockenstress auftreten kann, welcher dann noch durch einer Begrünung verstärkt werden würde.
  • Boden: Neben den Niederschlägen ist auch das Speichermedium für Wasser, der Boden von zentraler Bedeutung. Neben der Bodenart, spielen hier vor allem Bodenmächtigkeit sowie der Humusgehalt des Bodens eine wichtige Rolle. Diese drei Faktoren bestimmen maßgeblich die Wasserhalte- und Speicherkapazität und geben der Rebe somit die Chance auch kurzfristige Trockenperioden ohne nennenswerten Stress zu überstehen.
  • Lage: Auch die einzelne Weinbergslage hat großen Einfluss auf den Wasserhaushalt und damit auf die Modalitäten des Standortes. Hier spielen vor allem Ausrichtung des Weingartens (Himmelsrichtung) sowie die Steigung (Einfallswinkel der Sonne) eine bedeutende Rolle. Dies betrifft vor allem den Evapotranpirationskoeffizienten, der sich aus der Verdunstung von Wasser aus dem Boden, sowie der Veratmung von Wasser durch die Pflanze (Kühlung) zusammensetzt.

Oenologie

Wein als Zwischenprodukt

Eine dritte Sonderform des Weinanbaus bezieht sich auf die Bereiche, in denen der Wein nicht als Endprodukt vermarktet wird, sondern weiterer Verarbeitung unterworfen wird. Wein als Zwischenprodukt wird insbesondere benötigt für die Herstellung von Weinbränden, Schaumweinen und verstärkten Weinen. Dabei wird dem Ausbau des Weines weniger Bedeutung zugemessen; in aller Regel werden die zur Weiterverarbeitung vorgesehenen Weine verschnitten, bevor die eigentliche Veredelung zum Endprodukt durchgeführt wird.


Ausbildung und Berufsbilder

Zum landwirtschaftlichen Weinbau benötigen Winzer Fachwissen im Bereich der Rebbiologie, Standort, Klima, Lage, Rebanlage, Arbeiten im Weinberg, Bodenkunde und Pflanzenschutz.

In Deutschland gibt es zum einen den Studiengang für Weinbau und Önologie mit dem Abschluss Dipl.-Ing. Weinbau an der Fachhochschule Wiesbaden mit ihrem Studienort Geisenheim im Rheingau.

Zum anderen bietet die Fachhochschule Heilbronn einen Studiengang für Weinbetriebswirtschaft an, der zum Abschluss Dipl.-Betriebswirt (FH) führt.

In der Schweiz kann Önologie und Hortikultur (mit Spezialisierung auf Weinbau) an der Hochschule Wädenswil und an der Ecole d'Ingénieurs de Changins studiert werden. Die Berufslehre als Winzer wird von einigen Kantonen angeboten.

In Österreich gibt es einen Studiengang in Önologie an der Universität für Bodenkultur Wien sowie die Ausbildung an der Höheren Bundeslehranstalt für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg (1).

Fachsprache

Die deutschsprachige Fachterminologie des Weinbaus erfassen das Wörterbuch der deutschen Winzersprache und der Wortatlas der kontinentalgermanischen Winzerterminologie.

Siehe auch

Portal:Wein | Weinbaugebiete der Welt | Weinrebe

Literatur

  • Friedrich von Bassermann-Jordan: Geschichte des Weinbaus, Nachdruck Pfälzische Verlagsanstalt, Landau 1991, ISBN 387629181X