Paul Davis Ryan, Jr. (* 29. Januar 1970 in Janesville, Wisconsin) ist ein US-amerikanischer Politiker der Republikanischen Partei und seit 1999 Mitglied des US-Repräsentantenhauses für Wisconsin. Er ist Vizepräsidentschaftskandidat[1] Mitt Romneys, des designierten Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei, Vorsitzender des Haushaltsausschusses („House Budget Committee“) und gilt als einer der einflussreichsten Finanz- und Wirtschaftspolitiker seiner Partei.

Biografie
Herkunft und Ausbildung
Paul Ryan wurde als jüngstes Kind von Elizabeth A. "Betty" (geborene Hutter) und Paul Murray Ryan geboren. Sein Vater war von Beruf Richter.[2][3][4] Ryan ist irisch-amerikanischer und deutschamerikanischer Abkunft[5] und seine Familie ist seit vier Generationen in Wisconsin ansässig.[5]
Nach dem Besuch der Joseph A. Craig High School in Janesville studierte er Ökonomie und Politikwissenschaft an der Miami University in Oxford, Ohio und erwarb dort 1992 einen Bachelor of Arts (B.A. Economy & Political Science).
Ryan ist katholisch, verheiratet mit Janna Little und hat drei Kinder.
Politische Karriere
Nach einer kurzen Tätigkeit in der Bauindustrie wurde er noch 1992 Mitarbeiter im Stab von Bob Kasten, einem republikanischen US-Senator aus Wisconsin. Nach dessen Wahlniederlage gegen den Demokraten Russ Feingold war er von 1993 bis 1995 Vorstandsassistent bei Empower America, einer konservativen Denkfabrik. Danach war er noch zwischen 1995 und 1997 Mitarbeiter im Stab und Direktor für Gesetzgebungsverfahren des republikanischen US-Senators aus Kansas, Sam Brownback.
1998 wurde Ryan schließlich selbst als Kandidat der Republikaner in das US-Repräsentantenhaus gewählt. Dort vertritt er nach sechs anschließenden Wiederwahlen seit dem 3. Januar 1999 den ersten Kongresswahlbezirk von Wisconsin.
Ryans erster Versuch, in den Vereinigten Staaten weitreichende Reformen durchzusetzen, erfolgte im Jahr 2005, als er Präsident George W. Bush von seinem Plan überzeugen konnte, die öffentliche Rentenversicherung Social Security teilweise zu privatisieren. Da lediglich Gelder von Social Security zu privaten Rentenversicherungen verschoben worden wären, hätte der Plan den Staatshaushalt nicht entlastet, sondern im Gegenteil übergangsweise mit zwei Billionen Dollar Umstellungskosten belastet. Der Plan trug mit dazu bei, dass die Republikaner in der Kongresswahl 2006 die Mehrheit im Kongress verloren; die Privatisierung war danach nicht mehr durchführbar.[6] Für Ryan war es jedoch ein Durchbruch, da er bundesweit bekannt wurde und sich einen Ruf als harter Reformer gemacht hatte. Im Jahr 2006 wurde er ranghöchstes Mitglied der republikanischen Minderheitsfraktion (ranking minority member) im einflussreichen Haushaltsausschuss (House Committee on the Budget); im 112. Kongress übernahm er den Vorsitz des Ausschusses. Außerdem gehört er dem Committee on Ways and Means an. Am 26. Januar 2011 fiel ihm die Aufgabe zu, die Erwiderung der Republikanischen Partei auf die State of the Union Address von Präsident Barack Obama abzugeben.
Politische Positionen
Ryan gilt als Anhänger der Philosophin Ayn Rand, sowie der Ökonomen Friedrich Hayek, Ludwig von Mises und Milton Friedman.[7][8] Insbesondere Ayn Rand ist wegen ihrer extremen Positionen und ihres Atheismus eine umstrittene Denkerin. Einige Republikaner argumentierten, dass Ryans Zuwendung zu Ayn Rand überbetont wird. Sie verweisen darauf, dass Ryan als Kongressabgeordneter nicht immer streng libertär abgestimmt hat, etwa bei der Zustimmung zu Präsident Obamas Staatsrettung von General Motors und der Zustimmung zu der Erweiterung von Medicare unter Präsident Bush.[9][10] Einige Libertäre argumentieren, dass Ryans konsistente Zustimmung zur Erhöhung des Verteidigungshaushalts und zu Kriegseinsätzen im Widerspruch zu einem wohlverstandenen Libertarismus steht.[11][12][13] Allerdings ist auch bekannt, dass Ryan gerne Ayn Rands Atlas Shrugged als Weihnachtsgeschenk verschenkt. Auch ist bekannt, dass er seine Praktikanten dazu auffordert Atlas Shrugged zu lesen.[14][15] Im Jahr 2005 erklärte er, dass
“The reason I got involved in public service, by and large, if I had to credit one thinker, one person, it would be Ayn Rand.”
„Wenn ich einen Denker nennen müsste, auf dessen Einfluss es im großen und ganzen zurückzuführen ist, dass ich mich Entschloss in den öffentlichen Dienst ging, dann wäre es Ayn Rand.“
Eine Woche vor seiner offiziellen Nominierung als Kandidat für die Vizepräsidentschaft distanzierte er sich von Ayn Rands Ideen und bezeichnete die Behauptung ein Anhänger Ayn Rands zu sein als "Großstadtlegende":
“I reject her philosophy. It’s an atheist philosophy. It reduces human interactions down to mere contracts and it is antithetical to my worldview. If somebody is going to try to paste a person’s view on epistemology to me, then give me Thomas Aquinas, who believed that man needs divine help in the pursuit of knowledge.”
„Ich lehne ihre Philosophie ab. Es ist eine atheistische Philosophie. Es reduziert die menschlichen Interaktionen auf bloße Verträge und es steht im Gegensatz zu meiner Weltanschauung. Wenn man versuchen würde mir die Erkenntnistheorie eines anderen anzupassen, dann würde ich mich für Thomas von Aqin entscheiden, der glaubte, dass der Mensch zum Erkenntnisgewinn göttlicher Hilfe bedürfe.“
Thomas J. Reese, der jesuitische Chefredakteur des christlichen Magazins America erklärte, dass Ryans Ansichten eher Ayn Rands Philosophie als katholische Glaubensgrundsätze widerspiegeln:
“I am afraid that Chairman Ryan’s budget reflects the values of his favorite philosopher Ayn Rand rather than the gospel of Jesus Christ ... Survival of the fittest may be okay for Social Darwinists but not for followers of the gospel of compassion and love.”
„Ich fürchte, dass Ryans Haushaltsentwurf eher die Werte seiner Lieblings-Philosophin Ayn Rand reflektieren als das Evangelium von Jesus Christus ... Survival of the fittest mag für Sozialdarwinisten OK sein, aber nicht für Anhänger des Evangeliums von Mitgefühl und Liebe.“
Gemeinsam mit dem Mehrheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, Eric Cantor, und dem Abgeordneten Kevin McCarthy bildet er den parteiinternen Zusammenschluss des Young Guns Program. Im April 2011 stellte er den republikanischen Haushaltsentwurf unter dem Titel The Path to Prosperity: Restoring America's Promise vor. Einen ähnlichen Budgetentwurf namens The Path to Prosperity: A Blueprint for American Renewal für das Jahr 2013 stellte er im März 2012 vor. Der Plan sieht eine Senkung des Spitzensteuersatzes vor sowie Kürzungen von Transferleistungen bei gleichzeitiger Erhöhung des Militärbudgets. Staatliche Leistungen für Veteranen, Arbeitslose, Essensmarken für Mittellose etc. würden bis zum Jahr 2021 halbiert.[18]
Geplant ist auch die Abschaffung von Präsident Obamas Gesundheitsreform. Die öffentliche Krankenversicherung für Rentner (Medicare) soll abgeschafft und durch Zuzahlungen für eine private Krankenversicherung ersetzt werden.[19] Nach Analyse des Congressional Budget Office würde sich hieraus keine Kürzung der staatlichen Zahlungen ergeben, diese blieben genauso hoch wie im Falle einer Beibehaltung von Medicare in der bisherigen Form. Da die Kosten für eine private Krankenversicherungen höher sind und zukünftig voraussichtlich auch stärker steigen werden als die Kosten für Medicare, würde die Reform jedoch eine erhebliche finanzielle Auswirkung für die Rentner haben. So würden sich die Krankenversicherungskosten der Rentner im Jahr der Reform um 11 % erhöhen, im Jahr 2030 wären sie bereits doppelt so hoch wie im Falle der Beibehaltung von Medicare.[20] Bei Medicaid, der öffentlichen Krankenversicherung für sehr einkommensschwache Menschen, würden die Bundeszuschüsse eingefroren und nur noch in Höhe der allgemeinen Inflation angepasst. Ab dem Jahr 2022 würden Bundeszuschüsse für die Akutversorgung älterer Menschen eingestellt.[21] Die US-amerikanische Bischofskonferenz erklärte, dass The Path to Prosperity moralische Kriterien verletzt, da arme und schutzlose Menschen von den Kürzungen unverhältnismäßig stark betroffen wären.[22]
Präsident Obamas Anregung, dass reiche US-Bürger, die wenig Steuern zahlten, zukünftig mehr zum Abbau der Staatsverschuldung beitragen sollten, lehnte Ryan als Klassenkampf („class warfare“) ab. Paul Krugman widersprach dem in einem Artikel in der New York Times und machte seinerseits Ryan diesen Vorwurf: „Im Gegenteil, es sind Leute wie Mr. Ryan, der die sehr Reichen vom Tragen der Lasten für die Sanierung unserer Staatsfinanzen ausnehmen will, die den Klassenkampf führen.“[23]
Kandidatur als Vizepräsident
Am 11. August 2012 wurde bekanntgegeben, dass Ryan vom designierten republikanischen Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney zum Vizepräsidentschaftskandidaten für die US-Präsidentenwahl 2012 benannt wurde.[24]
Weblinks
- Webpräsenz beim Kongress
- Paul Ryan im Biographical Directory of the United States Congress (englisch)
- Paul Ryan in der Notable Names Database (englisch)
Fußnoten
- ↑ Romney macht Paul Ryan zum Vizekandidaten. Spiegel Online, 11. August 2012, abgerufen am 11. August 2012.
- ↑ Paul Ryan (R-Wis.), Congressman Paul Ryan. Whorunsgov.com, abgerufen am 9. April 2011 (englisch).
- ↑ That Hair, Those Eyes, That Plan. Milwaukee Magazine, 7. Januar 2005, abgerufen am 9. April 2011 (englisch).
- ↑ Frank A. Aukofer: U.S. Rep. Ryan engaged to Washington lawyer. Milwaukee Journal Sentinel, 7. April 2000, abgerufen am 12. August 2012 (englisch).
- ↑ a b Paul Ryan ancestry website. Freepages.genealogy.rootsweb.ancestry.com, abgerufen am 11. August 2012 (englisch).
- ↑ The New Yorker, Ryan, Lizza, How Paul Ryan captured the G.O.P.
- ↑ Mit Paul Ryan setzt Romney auf radikalen Reformkurs, in: Welt Online, 12. August 2012
- ↑ Paul Ryan And Ayn Rand, The New Republic, 28. Dezember 2010
- ↑ Connor Friedersdorf: If Paul Ryan Were an Atlas Shrugged Character, He'd Be a Villain, in: The Atlantic, 13. August 2012
- ↑ W. James Mantle III: Paul Ryan’s Paradox, The American Conservative, 13. August 2012
- ↑ James E. Miller: Paul Ryan As a Fake, Ludwig von Mises Institute Canada, 13. August 2012
- ↑ Justin Raimondo: The Marketing of Paul Ryan, in: LewRockwell.com, 14. August 2012
- ↑ Gene Healy, Don't Believe the Hype About Paul Ryan in: Reason Magazine, 14. August 2012
- ↑ a b Rick Ungar: Ryan Now Rejects Ayn Rand-Will The Real Paul Ryan Please Come Forward?, in Forbes, 26. April 2012
- ↑ Paul Ryan And Ayn Rand, The New Republic, 28. Dezember 2010
- ↑ Robert Costa: Ryan Shrugged, in: National Review, 26. April 2012
- ↑ Robert Costa: Ryan Shrugged, in: National Review, 26. April 2012
- ↑ Congressional Budget Office, Long-Term Analysis of a Budget Proposal by Chairman Ryan, Seite 11
- ↑ Congressional Budget Office, Long-Term Analysis of a Budget Proposal by Chairman Ryan, Seite 8
- ↑ Congressional Budget Office, Long-Term Analysis of a Budget Proposal by Chairman Ryan, Seite 21, 23
- ↑ Congressional Budget Office, Long-Term Analysis of a Budget Proposal by Chairman Ryan, Seite 9
- ↑ MSNBC, Steve Benen, "Paul Ryan vs. the Bishops.", 20 April 2012; Spiegel-Online, Der talentierte Mr. Ryan
- ↑ http://www.nytimes.com/2011/09/23/opinion/krugman-the-social-contract.html?_r=3
- ↑ Designierter Kandidat der Republikaner wählt Vize: Romney tritt mit Ryan gegen Obama an. Bei: tagesschau.de vom 11. August 2012
Personendaten | |
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NAME | Ryan, Paul |
ALTERNATIVNAMEN | Paul D. Ryan, Jr. (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Politiker (Republikanische Partei) |
GEBURTSDATUM | 29. Januar 1970 |
GEBURTSORT | Janesville, Wisconsin |