Die Schlacht um Verdun begann am 21. Februar 1916 mit einem Angriff deutscher Truppen auf die französischen Stellungen bei Verdun und endete am 20. Dezember desselben Jahres, ohne dass es zu wesentlichen Verschiebungen des Frontverlaufs gekommen war. Über 200.000 Deutsche und Franzosen wurden in der Schlacht getötet, die neben der Schlacht an der Somme zu den verlustreichsten des Ersten Weltkriegs zählt. Die monatelangen, erbitterten Kämpfe vor Verdun gelten bis heute als Symbol für die Sinnlosigkeit von Stellungskriegen, werden aber auch als Mahnung für die Notwendigkeit der deutsch-französischen Aussöhnung betrachtet.
Der Generalstabschef des deutschen Heeres, Erich von Falkenhayn, wollte mit einem Großangriff zum entscheidenden Schlag gegen das vermeintlich stark geschwächte Frankreich ausholen, wodurch u.a. das auf französischem Boden kämpfende britische Expeditionskorps zu einem Abfall seiner Bündnisverpflichtungen gebracht werden sollten. Als Ziel der Offensive wurde das lothringische Verdun gewählt, eine an der Maas gelegene Stadt, die in der ersten Kriegszeit als eher untergeordnete Festung Frankreichs definiert wurde. Aufgrund ihrer langen Geschichte als Bollwerk gegen Eindringlinge aus dem Osten (seit Ende des römischen Reiches) war ihr Wert in Frankreich, vor allem in der französischen Bevölkerung, von großem symbolischen und von geringem strategischen Wert.
Zusammenfassung
Nachdem der eigentliche Angriffstermin am 12. Februar wegen des eiskalten und nassen Wetters mehrfach verschoben wurde, begann am 21. Februar 1916 der deutsche Angriff. Diese Verzögerung des Angriffs zwischen dem 12. und 21. Februar gab der französischen Aufklärung aber die Zeit, Joffre zu überzeugen, dass ein großangelegter Angriff in Vorbereitung war. Hastig zog er aufgrund der unwiderlegbaren Beweise der deutschen Konzentration an der Front frische Truppe zur Unterstützung der verteidigenden II. französischen Armee zusammen. Am bedrohten Ostufer zogen die Franzosen etwa 200.000 Verteidiger zusammen, die einer deutschen Übermacht von etwa 1.000.000 Soldaten der V. deutschen Armee gegenüberstanden.
Zuerst machte der Angriff gute Fortschritte. Bereits am 25. Februar gelang die Einnahme des Fort de Douaumont im Handstreich. Daraufhin wurde Henri Philippe Pétain zum neuen Oberbefehlshaber des Frontabschnittes befördert. Wie von deutscher Seite erwartet, unternahm er alle Anstrengungen, Verdun zu verteidigen. Das Dorf Douaumont konnte erst nach hartem Kampf am 4. März erobert werden. Um dem flankierenden Feuer zu entgehen, wurde der Angriff jetzt auch auf das linke Ufer der Maas ausgeweitet. Die Höhe "Toter Mann" wechselte unter schlimmsten Verlusten mehrfach den Besitzer. Am rechten Ufer wurde das Fort de Vaux lange umkämpft und bis zum letzten Tropfen Wasser verteidigt. Am 7. Juni kapitulierte das Fort.
Infolge der Brussilow-Offensive mussten deutsche Truppen aus dem Kampfgebiet abgezogen werden. Trotzdem startete am 22. Juni eine weitere Großoffensive. Das Zwischenwerk Thiaumont und das Dorf Fleury konnten eingenommen werden. Die von den Briten gestartete Schlacht an der Somme führte wie geplant dazu, dass weitere deutsche Truppen von Verdun abgezogen werden mussten. Trotzdem wurde am 11. Juli eine letzte Offensive gestartet, die die deutschen Truppen bis auf das Dach von Fort de Souville führte. Von dort konnten sie das zerstörte Verdun erstmals sehen. Der Angriff brach dann durch den franzöischen Gegenangriff zusammen. Nach einer Zeit relativer Ruhe fiel am 24. Oktober das Fort de Douaumont wieder zurück an Frankreich, das Fort Vaux musste am 2. November geräumt werden. Die französische Offensive ging noch weiter bis zum 20. Dezember, dann wurde auch sie abgebrochen.
Hintergrund
Militärische Lage
Wenige Monate nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs erstarrte die Front im November 1914 in Westbelgien und Nordfrankreich. Beide Kriegsparteien errichteten ein komplexes System aus Schützengräben, das von der Nordseeküste bis zur Schweiz reichte. Der massive Einsatz von Maschinengewehren, schweren Geschützen und ausgedehnten Stacheldrahthindernissen begünstigte eine defensive Kriegsführung, was zum verlustreichen Scheitern sämtlicher Offensiven führte, ohne dass die Angreifer dabei nennenswerte Geländegewinne erzielen konnten. Im Februar 1915 versuchte man auf alliierter Seite erstmals, die gegnerischen Stellungen durch stundenlanges Geschützfeuer zu zerstören, um danach einen Durchbruch erzielen zu können. Die Gegner wurden jedoch durch das Trommelfeuer vor einem bevorstehenden Angriff gewarnt, und stellten Reserven bereit. Zudem entstanden durch die explodierten Geschosse zahlreiche Granattrichter, welche den Vormarsch der angreifenden Soldaten erschwerten. Die alliierten Offensiven in der Champagne und im Artois mussten deshalb nach hohen Verlusten abgebrochen werden.
Strategie der OHL
Im Winter 1915 begann die Oberste Heeresleitung (OHL) unter Erich von Falkenhayn mit der Planung einer Offensive für das kommende Jahr. Es wurden alle strategisch möglichen und gewinnversprechenden Frontabschnitte diskutiert. Die OHL kam zu der Überzeugung, dass England aus dem Krieg getrieben werden musste, da es durch seine exponierte maritime Lage und durch seine industrielle Leistungsfähigkeit der Motor der Entente war. Auf Basis dieser Überlegungen wurde Italien als unwichtiges Angriffsziel verworfen.
Ebenso Russland: Obwohl deutsche und österreichisch-ungarische Truppen im Kampf gegen Russland von Juli bis September 1915 größere Gebietsgewinne erzielt hatten, war Falkenhayn ebenso davon überzeugt, dass die deutschen Kräfte für einen entscheidenden Vorstoß aufgrund der gewaltigen Größe des russischen Zarenreiches nicht ausreichten. Selbst die Einnahme von St. Petersburg wäre nur symbolischer Natur und würde durch einen Rückzug der russischen Armee in den Raum keine Entscheidung bringen. Die Ukraine wäre aufgrund ihrer Landwirtschaft eine willkommene Frucht einer solchen Strategie, die jedoch nur mit einem eindeutigen Einverständnis Rumäniens gepfückt werden dürfte, denn man wollte den Kriegseintritt an der Seite der Entente verhindern. Weitere Schauplätze in Nahost oder Griechenland wurden als bedeutungslos bezeichnet. So blieb ein Angriff an der Westfront als einzig denkbare Alternative übrig: die Positionen der Briten in Flandern waren mittlerweile jedoch so stark ausgebaut, dass Falkenhayn eindeutig die französische Front als entscheidenden Kriegsschauplatz vorschlug.
Er argumentierte dabei: "Frankreich [ist] in seinen Leistungen bis nahe an die Grenze des noch Erträglichen gelangt - übrigens in bewundernswerter Aufopferung. Gelingt es, seinem Volk klar vor Augen zu führen, dass es militärisch nichts mehr zu hoffen hat, dann wird die Grenze überschritten, England sein bestes Schwert aus der Hand geschlagen werden." Falkenhayn hoffte, dass auf den Zusammenbruch des französischen Widerstands der Rückzug der britischen Streitkräfte folgen würde.
Als Angriffsziel zog er die Festungsstädte Belfort und Verdun in Erwägung. Aufgrund der strategisch eher unbedeutenden Lage Belforts in der Nähe der deutsch-französischen Grenze und der möglichen Flankierung der Festung Metz entschied sich die Oberste Heeresleitung für die Festung Verdun.
Die strategische Lage von Verdun im Frontgürtel versprach auf den ersten Blick ein lohnendes Ziel: Nach den Grenzschlachten im September 1914 hatte die deutsche Offensive einen Keil in der Front bei St. Mihiel gebildet, der als ständige Bedrohung vor den französischen Verteidgern hing. Dadurch konnte die deutsche V. Armee unter Kronprinz Wilhelm von drei Seiten angreifen, während das französische Oberkommando (GQG - Grand Quartier Général) gezwungen war, von anderen, wesentlich wichtigeren Frontabschnitten, Truppen abzuziehen und über den schmalen Korridor zwischen Bar-le-Duc und Verdun an den angegriffenen Abschnitt zu verlegen. Andererseits vermittelt ein Blick auf die Geographie ein völlig anderes Bild: die französischen Befestigungsanlagen waren in die Hänge, Wälder und auf den Gipfeln der Côtes Lorraines eingegraben worden. Befestigte Unterstände, Laufgänge, abris, Infanteriewerke und nicht zuletzt die Forts waren für die angreifende Soldaten fast unmöglich zu nehmende Hindernisse, ganz zu schweigen von den Stacheldrähten, dem Gestrüpp und Unterholz und dem zu überwindenden Höhenunterschied von 100 Metern. Es musste mit großen Verlusten gerechnet werden.
Operation 'Gericht'
Um diesen Bedingungen zu begegnen, sollte mit einem Geschützfeuer von zuvor nicht gekanntem Ausmaß der Angriff der deutschen Verbände vorbereitet werden.
Der strategische Plan erhielt den Namen "Chi 45" - nach dem damals gültigen Geheimschlüssel die Bezeichnung für "Gericht". Weihnachten 1915 erteilte Kaiser Wilhelm II. die Erlaubnis für die Durchführung der Offensive. Den eigentlichen Angriff sollte dabei die deutsche Fünfte Armee unter Kronprinz Wilhelm von Preußen am Ostufer der Maas durchführen.
Ein großangelegter Angriff auf beiden Seiten des Flusses wurde von Falkenhayn ausgeschlossen. Dieser Plan, der die überlegene Stellung der Deutschen auf beiden Seiten des Flusses nicht berücksichtigte, wurde sowohl von Kronprinz Wilhelm als auch von Konstantin Schmidt von Knobelsdorf, Stabschef der V. Armee und eigentlicher Entscheidungsträger, kritisiert. Trotzdem wurden keine Modifikationen an "Chi 45" vorgenommen.
Welche Ziele Falkenhayn mit dem Angriff auf Verdun verfolgte, wurde von ihm niemals offen ausgesprochen. Die Einnahme der Stadt durch deutsche Truppen hätte zwar negative Auswirkungen auf die französische Kriegsmoral gehabt, doch hätte sich Verdun nicht als Ausgangspunkt für einen entscheidenden Angriff auf Frankreich nutzen lassen können.
Die Entfernung zur französischen Hauptstadt Paris beträgt 262 Kilometer, die in einem derartigen Stellungskrieg nahezu unüberwindbar gewesen wären. In seinen nach dem Krieg (1919) erschienen Memoiren behauptet Falkenhayn, er hätte bereits im Jahre 1915 von einer Strategie der Zermürbung gesprochen, einer Taktik des 'Herausreissens und Haltens'. Zur Erklärung wird dabei häufig die Tatsache herangezogen, dass Falkenhayn keinen konzertierten, erfolgversprechenden Angriff auf beiden Flussufern startete, um keinen direkten Erfolg zu erzielen, der den Plan der "Ausblutung" zunichte gemacht hätte. Falkenhayn hätte also nicht die Einnahme Verduns, sondern die Verwicklung der französischen Armee in eine langwierige Abnutzungsschlacht beabsichtigt, die schließlich zur völligen materiellen und personellen Erschöpfung Frankreichs führen sollte.
Wahrscheinlicher ist, dass Falkenhayn nicht diesem strategischen Ziel gefolgt war, sondern dass er es erst im Laufe der Schlacht vom Mittel zum Ziel erklärt hat, um den erfolglosen Vorstoss zu rechtfertigen. Dafür sprechen auch die Befehle and die kämpfende Truppe: Falkenhayn befahl eine Offensive 'im Raum der Meuse in Richtung Verdun',der Kronprinz erklärte, 'die Festung Verdun schnell zu Fall zu bringen' und Knobelsdorf hatten den beiden Angriffskorps die Aufgabe gstellt, 'soweit wie möglich vorzurücken'. Gerade diese letzten Befehl wurden auch von der angreifenden V. Armee direkt umgesetzt, ohne taktisches Abwarten, ohne gezielt hohe fremde Verluste zu provozieren, sondern klares, direktes Vordringen zu dem herausgegebenen Ziel: Verdun.
Die Festung Verdun
Vom französischen Standpunkt aus, war die Verteidigung Verduns eine patriotische Pflicht, die dem modernen militärischen Blickwinkel jedoch völlig widerspricht: Ein strategischer Rückzug auf die bewaldeten Höhenrücken westlich von Verdun hätte eine wesentlich einfachere Verteidigungsposition geschaffen, die Ausbuchtung gelöscht und Truppen freigesetzt.
Die von Joffre vehement vertretene französische Militärdoktrin von 1910 erlaubte aber lediglich die Offensive "à l'outrance", Vormarsch bis zum Rhein. Eine defensive Taktik oder Strategie wurde vollkommen vernachlässigt und jegliche Bedenken von Offizieren gegen diese Doktrin wurden als defätistisch abgelehnt. So hatte der Kommandeur des wichtigen Abschnitts im Caures-Wald, Oberstleutant Emile Driant, der das 56. und 59. Batallion kommandierte und im ersten Angriff sein Leben liess, mehrfach vergeblich versuchte, das GQG zu einer deutlichen Verbesserung des französischen Grabensystems zu bewegen. Stattdessen verliessen sich Joffre und das GQG auf die Stoßkraft des "poilu", des einfachen Soldaten, der durch sein "cran", seine Kampfkraft, den entscheidenden Vorteil bringen sollte.
Nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 ging man in Frankreich dazu über, die Grenze zum Deutschen Reich durch die Errichtung zeitgemäßer Befestigungsanlagen zu sichern. Zu diesem Zweck wurden mehrere ostfranzösische Städte mit einem Ring aus Forts umgeben, darunter auch das an der Maas gelegene Verdun. Verdun galt vor allem als Ersatz für das verloren gegangene Metz, dessen alte Befestigungen durch das Kaiserreich stark ausgebaut wurde. Die Gegend um Metz sollte nach Vorstellungen der Obersten Heeresleitung ein Glacis bilden, auf dem Frankreich sich im zu erwartenden Revanchekrieg verbluten sollte. Verdun verfügte bei Kriegsbeginn über 40 Befestigungen, darunter 16 Forts und Zwischenwerke, die mit Maschinengewehren, gepanzerten Beobachtungs-, Geschütztürmen und Kasematten bestückt waren.
Bereits vom 22. bis 25. September 1914 war es vor Verdun zu Kämpfen gekommen, welche den deutschen Vormarsch im Maas-Gebiet beendet hatten. Unter dem Eindruck der enormen Zerstörungskraft der deutschen Belagerungsgeschütze vor Namur und Lüttich, sah man die Bedeutung von starken Festungsanlagen bei einem starken Angriff mit Belagerungsgeschützen unter einem anderen Sichtwinkel. Dies und der Umstand, dass sich die Kriegsparteien in der Folgezeit der Grenzschlachten auf andere Frontabschnitte konzentrierten, führte zu einer Neudefinition der Bedeutung von Verdun als von geringerer Wichtigkeit: das GQG unter Joseph Joffre erklärte Verdun zu einem ruhigen Abschnitt. Am 5. August 1915 wurde die Festung Verdun sogar offiziell zum Zentrum der Région Fortifiée de Verdun - RFV ("Befestigte Region von Verdun") herabgestuft. In den darauf folgenden Monaten wurden konzequenterweise 43 schwere und 11 leichte Geschützbatterien aus dem Festungsring abgezogen und die meisten Maschinengewehre der Forts an Feldeinheiten übergeben. Es waren jetzt nur noch drei Divisionen des XX. Korps stationiert: die 72. Reservedivision, die 51. Reservedivision aus Lille und die 14. reguläre Division aus Besancon. Die 37. Division aus Algerien lag in Reserve.
Verlauf
Vorbereitung der deutschen Offensive
Bereits Ende 1915 begannen die Vorbereitungen für den deutschen Angriff. Auf engstem Raum wurden 1.220 Geschütze zusammengezogen, während 1.300 Munitionszüge zweieinhalb Millionen Artilleriegeschosse an die Front transportierten. Um die französischen Gegner nicht auf den Plan aufmerksam zu machen, musste das Einschiessen der Geschütze nach und nach erfolgen, was zu einer sehr langen Vorbereitungszeit führte.
Nächtelang hob man auf deutscher Seite Angriffsstellungen aus, die man vor Fliegereinsicht tarnte. Zur Bekämpfung der französischen Infanterie stellte das deutsche Heer zahlreiche Geschütze der Kaliber 7,7 cm und 13 cm bereit, während gegen die französischen Nachschublinien 15 cm-Geschütze mit großer Reichweite eingesetzt werden sollten. Hinzu kamen 21 cm-Geschütze, die aufgrund ihrer hohen Feuerrate und Beweglichkeit besonders schlagkräftig waren. Daneben bot das deutsche Heer 17 Škoda-Mörser vom Kaliber 30,5 cm auf. Die schwersten deutschen Geschütze, die in das Angriffsgebiet transportiert wurden, waren zwei 38 cm-Schiffsgeschütze (Langer Max) und 13 Mörser mit einem Kaliber von 42 cm, auch als "Dicke Bertha" bekannt. Auch die Mannschaftsstärke der V. Armee wurde um 10 zusätzliche Divisionen, darunter sechs reguläre, ebenfalls kräftig erhöht. Insgesamt sollten zwölf Regimenter den ersten Angriff tragen: das VII. Reservekorps (aus Westfalen und Rheinland) im Norden, das XVIII. reguläre Korps (aus Hessen) in der Mitte und das III. reguläre Korps (aus Brandenburg) im Süden.
Trotz mehrfacher Warnung durch den Geheimdienst wurde sich die militärische Führung auf französischer Seite erst am 10. Februar bewusst, dass ein Angriff auf Verdun unmittelbar bevorstand. Dieser war für den 12. Februar geplant, doch musste er aufgrund von Hagelschauern verschoben werden. Joffre befahl, Verstärkungen nach Verdun zu verlegen, währendessen begann die Garnison von Verdun auf Befehl des Gouverneurs der Stadt, General Herr, mit der notdürftigen Errichtung von Feldbefestigungen. Zwar existierte vor den Forts von Verdun ein simples System aus Schützengräben, doch war dieses nicht auf die Abwehr eines groß angelegten Angriffs ausgerichtet. Als am 20. Februar das Wetter aufklarte, setzte der deutsche Generalstab den Angriffsbeginn auf den darauf folgenden Morgen fest.
Die ersten vier Tage
Am Morgen des 21. Februar 1916 feuerte um 8.12 Uhr MEZ ein im Wald von Warphemont stehendes deutsches 38 cm-Schiffsgeschütz eine Granate auf das 13 Kilometer entfernte Verdun ab. Die Granate sollte eine Brücke über die Maas zerstören, verfehlte jedoch ihr Ziel und explodierte entweder neben der Kathedrale der Stadt oder in der Nähe des Klosters. Danach eröffneten die 1.220 deutschen Geschütze aller Kaliber das Feuer auf die französischen Stellungen und auf das Hinterland. Es tat sich die Hölle auf: Feldgeschütze befeuerten die ersten französischen Linien, die schweren Geschütze zielten auf die zweite und dritte Verteidgungsanlage, und die schwersten Kaliber nahmen die Versorgungslinien der Franzosen unter Feuer.
Durch die nahe gelegenen Versorgungslinien der Frontbahn mit ausreichend Munition versorgt, war auf dem gesamten Frontabschnitt eine Geschossmenge von etwa 100.000 Stück pro Stunde möglich. Um 13.30 Uhr wurde das Geschützfeuer durch 150 Minenwerfer intensiviert, die auf französischer Seite besonders schwere Verwüstungen anrichteten. Der Höhepunkt des Infernos war um 16:00 Uhr erreicht: die deutsche Artillerie ging zu Trommelfeuer auf die französischen Linien über.
Währenddessen standen sechs deutsche Infantriedivisionen zum Angriff bereit. Zunächst wurden kleine Trupps vorgeschickt, die das zerschossene Terrain nach den besten, und nicht mehr widerstandsfähigen Angriffslücken für dier Sturmtruppen überprüfen sollten. Als spezieller Truppenteil waren diese darauf trainiert gleichzeitig zu laufen und zu feuern, eine Technik die von Hauptmann Willy Rohr 1915 entwickelt und von Falkenhayn zur allgemeinen Einführung befohlen wurde. Die Sturmtruppen hatten das Bajonett aufgepflanzt und waren ausgerüstet mit Patronengurt (250 Schuss), Handgranaten und Gasmasken, einige trugen Flammenwerfer. Die Spitzen der Pickelhauben waren abmontiert worden, um nicht im Stacheldraht hängen zu bleiben; einige wenige Soldaten trugen bereits einen M1916-Stahlhelm, der hier zum ersten Mal im Gefecht eingesetzt wurde.
Die erste Angriffswelle um 17:00 bestand demnach aus Aufklärern, Sturmtruppen, Artilleriebeobachtern und Pionieren. Hinter ihnen rückte die breite Masse der restlichen Infanterie vor, die mit Schanzzeug und Arbeitswerkzeugen zum Ausbau der eroberten Stllungen asugerüstet waren. Die deutschen Truppen hatten Befehl, zunächst das Gebiet nur zu erkunden, die vordersten französischen Gräben einzunehmen, und sie gegen etwaige Gegenangriffe auszubauen.
Das VII. Reservekorps unter General von Zwehl stieß unter Missachtung dieser Weisungen zum Bois d'Haumont vor, den es nach fünfstündigem Kampf einnehmen konnte. Als General Schmidt von Knobelsdorf über die deutschen Anfangserfolge informiert wurde, ordnete er an: "Gut, denn man alles heute nehmen!" (Im Sinne von: Dann erobert das restliche Gelände heute auch noch). Sehr schwer hatte es das XVIII. Armeekorps, das den Caureswald angreifen sollte und dort auf die Jägerbatallione unter Oberst Driant stiess, von denen viele dank der ausgebauten Stellungen das Trommelfeuer überlebt hatten und nun als Eliteeinheiten ihren Abschnitt bis zum Letzten verteidigten (von 600 Mann Sollstärke waren am Abend noch 160 einsatzfähig). Das III. Armeekorps lag vor den französischen Stellungen im Herbebois fest.
Als Resultat des ersten Tages musste festgestellt werden, dass trotz des massiven Artilleriebeschusses der französische Widerstand viel zäher war, als man es auf deutscher Seite erwartet hatte. Am ersten Tag der Schlacht wurden etwa 600 deutsche Soldaten getötet oder verwundet. Hätte Wilhelm einen direkten, massiven Infanterieangriff am frühen Vormittag befohlen, so die gängige Meinung der Historiker, wären die verwüsteten Stellungen der Franzosen genommen worden und die Festung Verdun gefallen. So aber ging der völlig sinnlose Kampf noch Monate weiter.
Am 22. Februar setzte das deutsche Heer seine Angriffe unbeirrt fort. Die französischen Soldaten verteidigten sich in versprengten Widerstandsnestern, konnten den deutschen Vormarsch aber nicht aufhalten. Zu besonders heftigen Kämpfen kam es im Bois des Caures mit den noch lebenden Verteidigern der 'chasseurs à pied'. Dem 159. Infanterie-Regiment aus Mühlheim gelang die Einnahme des Dorfes Haumont. Weiter wurde der Bois de Champneuville und der Bois de Brabant genommen.
Am 23. Februar folgten heftige Gefechte um die Dörfer Brabant, Herbebois und Wavrille. Vor allem beim Kampf um Samogneux kam es zu einem tragischen Ereignis. Deutsche Truppen hatten Samogneux eingenommen, waren jedoch kurz darauf durch einen französischen Gegenangriff wieder zurückgeschlagen worden. Die französischen Artilleristen nahmen das Dorf unter Feuer, weil sie davon ausgingen, dass es sich noch in deutschen Händen befände. Dabei richteten sie schwere Verluste unter ihren Kameraden an und ebneten den Deutschen den Weg für einen weiteren Angriff, der ihnen endgültig die Kontrolle über Samogneux einbrachte. Es wurden keine größeren Erfolge gemeldet.
Am 24. Februar nahm das XVIII. Infanterie-Korps Beaumont ein, wobei französische MG-Stellungen zahlreiche Angreifer töteten oder verwundeten. Weiterhin wurden die Dörfer Samogneux, Brabant, Wavrille und Herbebois, die Höhe 344, das Vaux-Kreuz und die Wälder Caures, Chaume und Wavrille genommen.
Die Geländegewinne der Deutschen waren an diesem Tag die größten seit Beginn der Offensive, deshalb zog General Herr die Räumung des rechten Maas-Ufers in Erwägung, doch befahl General Joffre unter Androhung standrechtlicher Hinrichtungen, dass jede Stellung zu halten sei.
Am 25. Februar erreichten die Hessen das Dorf Louvemont und wurden von mehreren MG-Nestern gestoppt. Nach mörderischem, zweistündigem Kampf wurde es genommen, für ein weiteres Vorrücken reichte die Kraft nicht mehr aus. Die großen Verluste waren nicht nur durch direktes Maschinengewehrfeuer, sondern auch durch die französischen Geschütze bedingt, die jetzt auf der anderen Seite der Meuse in ihrem Rücken lagen. Jetzt zeigte sich erstmals in aller Deutlichkeit, dass der Kronprinz Recht hatte mit seiner Forderung, auf beiden Seitend es Flusses anzugreifen. Weiterhin richteten sich die deutschen Angriffe gegen das Dorf Bezonvaux, das vom 44. Französischen Infanterie-Regiment verteidigt wurde. Die Franzosen leisteten erbitterten Widerstand, doch konnten die Deutschen das Dorf bis zum Einbruch der Nacht unter Kontrolle bringen. Von Bezonvaux existierten zu diesem Zeitpunkt nur noch Ruinen. Am selben Tag gelang deutschen Soldaten in einem Handstreich die Einnahme des Forts de Douaumont.
26. Februar - Eroberung des Forts de Douaumont
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Das Fort Douaumont war 1885 als modernste französische Festungsanlage im Verteidgungsgürtel von Verdun errichtet worden. Mit Aufkommen und Einsatz neuartiger Hohlgeschosse, die ohne weitere Probleme die bis dahin üblichen Stein- und Ziegelfestungen durchschlagen konnten, musste eine Erneuerung der Anlage jedoch bereits 1888 eingeleitet werden. Die Decke der zentralen Kaserne wurde im Laufe des Jahres mit einer Betonschicht von 2,50 m Dicke verstärkt, die östlichen Kasematten erhielten eine Schicht von 1,50 m. Man hoffte durch diese Umbaumaßnahmen die zerstörerische Gewalt selbst der größten deutschen Geschosse Kaliber 380 und 420 mm durch neutralisieren zu können, was sich im Angriffsfeuer von 1916 jedoch als völlig unzureichend heraus stellte.
Weiterhin wurde im Zuge der Herabstufung Verduns zur Zone Fortifiée de Verdun die Mehrzahl der im Douaumont untergebrachten Geschütze verlegt, so dass während des entscheidenden deutschen Angriffs nur noch ein verteidigendes Geschütz Kaliber 155 mm zur Verfügung stand.
Das 24. Brandenburgische Infanterie-Regiment erhielt am 25. Februar den Befehl, sich etwa 1 Kilometer vom Fort de Douaumont zu verschanzen, um das Vorgehen des 12. Infantrie-Regiments gegen das Dorf Douaumont zu unterstützen. Die Soldaten des Regiments arbeiteten sich jedoch eigenmächtig bis an das Fort heran und warfen die aussen verteigende 37. französische Division zurück. Die Garnison des Forts hatte sich mit Ausnahme der Kanoniere des Geschützes in die untersten Kasematten zurückgezogen, so dass die Deutschen nicht bemerkt wurden. Ein Feldwebel namens Kunze entdeckte einen direkt in das Fort führenden Schacht, den er mit Hilfe einer von seiner Truppe gebildeten Menschenpyramide betreten konnte. Als ihn die Kanoniere erblickten, flohen sie sofort in die unteren Kasematten, um ihre Kameraden zu warnen. Während Kunze das oberste Stockwerk des Forts erkundete, verschafften sich Leutnant Radtke, Leutnant Brandis, Hauptmann Haupt und einige ihrer Soldaten durch ein weggesprengtes Gitter ebenfalls Zutritt. Die aus 67 Soldaten bestehende französische Garnison wurde von etwa 20 deutschen Eindringlingen überrumpelt und zur Aufgabe gezwungen. Das stärkste Fort im Verteidigungsring war in deutscher Hand, es waren 32 Angreifer gefallen, 63 waren verletzt worden.
Die Nachricht von der Eroberung des Douaumont wurde im Deutschen Reich als großer Sieg gefeiert. Zahlreiche Extrablätter erschienen, während man vielerorts die Kirchglocken läuten ließ.
Leutnant Brandis und Hauptmann Haupt erhielten den Pour-le-Mérite-Orden, doch musste sich Leutnant Radtke mit einer signierten Fotografie des Kronprinzen begnügen. In Frankreich herrschte nach der Einnahme des Fort de Douaumont durch die Deutschen Entsetzen, da der Fall Verduns unmittelbar bevorzustehen schien.
Als besondere Schande wurde die Tatsache empfunden, dass das Fort ohne nennenswerten Widerstand in deutsche Hände gefallen war. Obwohl das Fort de Douaumont vor Beginn der deutschen Offensive stark an Bedeutung verloren hatte und zeitweilig sogar zur Sprengung vorgesehen war, beschloss man auf französischer Seite, dass es um jeden Preis zurückzuerobern sei.
Am 26. Februar wurde noch die Einnahme einiger Infanteriewerke des Forts Hardaumont mitgeteilt, danach war der Angriff zum Stehen gekommen. Aus den Quellen der OHL ist zu entnehmen, dass dieser Tag als erster bezeichnet wurde, an dem man keine Bewegung mehr in der Front melden konnte.
General Pétain und "La Voie Sacrée"
Am 26. Februar wurde General Pétain zum neuen Oberbefehlshaber der französischen Zweiten Armee ernannt und übernahm somit die Verteidigung von Verdun. Pétain erkannte, dass es sich bei der Beschränkung des deutschen Angriffs auf das rechte Maas-Ufer um einen schweren taktischen Fehler handelte. Er ließ zahlreiche 155 mm-Geschütze auf dem linken Ufer postieren, von wo aus sie dem VII. Reservekorps schwere Verluste zufügten. Die Franzosen hatten dabei völlig freie Sicht auf die deutschen Stellungen, so dass ihr Geschützfeuer äußerst zielgenau war. Vor diesem Hintergrund bat General von Zwehl den Kronprinzen darum, die Offensive auf beide Ufer auszuweiten.
Zu den ersten Maßnahmen von General Pétain zählte neben Änderungen der französischen Taktik zur Stärkung der Artillerie auch die effektivere Organisation des Nachschubs. Zur Versorgung von Verdun stand ihm nur die Straße nach Bar-le-Duc zur Verfügung, die sich als einzige Nachschublinie außerhalb der Reichweite der deutschen Geschütze befand. Diese Straße sollte in Frankreich als La Voie Sacrée ("Der Heilige Weg") bekannt werden.
Sie ist auch heute noch die einzige Straße in Frankreich, die keine Straßennummerierung (z. B. N69, D481...) hat. Über die "Voie Sacrée" gelangte ein endloser Strom an Transportfahrzeugen in die Stadt, die in ganz Frankreich requiriert wurden. Blieb ein Wagen mit technischen Defekten stehen, wurde er einfach zur Seite geschoben, um einen Stau zu verhindern. Eine Reserve-Division hatte die Aufgabe, die Straße instand zu halten. Die Truppen mussten neben der Straße auf den Feldern marschieren, um den Fluss an Transportfahrzeugen nicht zu unterbrechen. Der Nachschub - in der Anfangsphase der Schlacht mussten täglich 1.200 Tonnen Material und Verpflegung auf 3.000 Fahrzeugen an die Front geschaft werden, durch Beschlagnahmungen in ganz Frankreich wuchs der Fahrzeugpark während der Schlacht aber auf über 12.000 Fahrzeuge - über die "Voie Sacrée" sorgte dafür, dass die französische Armee den deutschen Angreifern in Bezug auf Kriegsgerät und Truppenstärke allmählich ebenbürtig wurde.
Die Schlacht im März 1916
Wenige Tage nach der Einnahme des Forts de Douaumont unternahmen die deutschen Truppen Angriffe auf das westlich gelegene Dorf Douaumont. Unterstützt durch MG-Schützen, die sich in den Geschütztürmen des Forts verschanzt hatten, griff das 24. Brandenburgische Infanterieregiment die französischen Stellungen im Dorf an und wurde unter hohen Verlusten abgewiesen.
Ein sächsisches Regiment, das ebenfalls einen Sturmangriff auf Douaumont durchführte, geriet in eigenes Geschützfeuer und musste sich zurückziehen. Besonders schwere Kämpfe tobten zwischen dem 27. Februar und dem 2. März. Am 27. Februar geriet der schwer verwundete französische Hauptmann Charles de Gaulle in deutsche Gefangenschaft. Der französische Widerstand sollte durch die immer nähere Verlegung der deutschen Artillerie an die Front gebrochen werden. Bis zum 2. März konnten die Deutschen mit dem 52. Infanterie-Regiment aus Cottbus das Trümmerfeld Douaumont vollständig besetzen. Die Eroberung des Dorfes hatte sich für die deutschen Truppen als äußerst verlustreich erwiesen. Bereits am 27. Februar hatte das schlesiche V. Reservekorps den Auftrag erhalten das Fort Vaux einzunehmen, das zwar kleiner und schwächer war als Douaumont, aber von Pétain als direkte Gegenmassnahme eine sehr starke Besatzung unter Major Raynal bekommen hatte.
Der Angriff gegen Fort Vaux geriet zu einem blutigen Desaster, da die deutschen Truppen aus dem höherliegenden Fort Vaux aber auh von der anderen Maasseite unter Feuer genommen wurden. Am 8. März hatten sie sich endlich bis auf 250 Meter an das Fort heran gearbeitet, die Franzosen hielten jedoch ihre Stellung. Am 9. März wurde die Falschmeldung verbreitet, das Fort sei gefallen. Als dem deutschen Generalstab dies bewusst wurde, befahl er die tatsächliche Einnahme von Fort Vaux. Am 10. März unternahmen die deutschen Truppen mehrere Sturmangriffe, die unter hohen Verlusten scheiterten. Im Heeresbericht fanden diese Ereignisse keine Erwähnung. Der Kampf um Fort Vaux dauerte bis in den Juni 1916 an.
März und April 1916 - Höhe 304 und Toter Mann
Mit der hervorragenden taktischen Position der französischen Geschütze am westlichen Massufer und dadurch mit der Möglichkeit die deutschen Angreifer im Osten im Rücken zu treffen, beschloss das OHL nun doch einen Angriff auf beiden Seiten des Flusses.
Am 6. März Dieses Gelände besass eine völlig andere Geographie als am Ostufer: kein Wald, keine Schluchten sondern offenes Hügegelände. Falkenhayn, Kronprinz Wilhelm und General Schmidt von Knobelsdorf gaben damit dem Drängen des Generals von Zwehl nach, dessen Truppen vom linken Ufer aus permanent unter Beschuss genommen wurden. begann die zweiten Offensive und die schlesische 22. Reservedivision ging nach einem vorbereitenden Artilleriefeuer in zwei Spitzen zum Angriff gegen die dortigen französischen Stellungen über. Dabei gelang ihnen die Einnahme der Dörfer Regneville und Forges und der strategisch wichtigen Côte de l'Oie (Gänserücken). Die französische 67. Infanterie-Division brach unter dem Angriff zusammen. In der Folge stießen die Deutschen zum Bois des Corbeaux (Rabenwald) vor, mit seinem nordöstlichen Ausläufer, einer Anhöhe namens Le Mort-Homme ("Toter Mann"). Dieser Hügel hatte zwei Gipfel (265 und 295) und war nach einer dort im 16. Jahrhundert gefundenen Leiche benannt.
Westlich des Toten Mannes befindet sich die nach ihrer Höhe über dem mittleren Meeresspiegel benannte Côte 304 ("Höhe 304"), die ebenfalls zum Ziel der deutschen Angriffe wurde. Hinter beiden Hügeln hatten die Franzosen große Geschützbatterien postiert, welche die deutschen Stellungen auf dem rechten Maas-Ufer gefährdeten. Am 7. März eroberten die Deutschen einen Teil der Höhe 304 Ein französischer Gegenangriff unter Oberleutnant Macker drängte die deutschen Truppen bereits am 8. März aus dem Bois des Corbeaux zurück. Bei einem weiteren Gegenangriff, der am 10. März durchgeführt wurde, fiel auch Oberleutnant Macker im Artilleriebeschuss. Seine Soldaten standen unter Schock und zogen sich zurück. Die Deutschen konnten den Bois des Corbeaux nun endgültig einnehmen und sich dem Toten Mann zuwenden. .
Bis Anfang April zogen sich die zermürbenden Kämpfe hin und gegen Ende des Monats März war die Anhöhe teilweise in deutscher Hand. Die Franzosen erklärten den zweiten Gipfel zum Hauptgipfel, den sie immer noch hielten, um so den Deutschen einen symbolischen Triumph zu rauben.
Am 9. April fiel die Entscheidung eine weitere Offensive mit einem massiven Angriff auf der Gesamtlänger der jetzt insgesamt 30 Km langen Front zu beginnen. Bereits am ersten Tag meinten die deutschen Sturmtruppen doch noch den Gipfel eingenommen zu haben, doch der Höhenzug, der erreicht wurde, stellte sich lediglich als Kamm heraus. Sowohl der Tote Mann als auch die Höhe 304 wurden jetzt ununterbrochen von den Geschützen beider Seiten unter Feuer genommen, die Verluste unter den kämpfenden Infanterieeinheiten waren enorm.
Es war äußerst schwierig, einen Graben auszuheben, da tagsüber zahlreiche Scharfschützen aktiv waren, während die Erde nachts gefror. Der Kampf um den Toten Mann und Höhe 304 waren zu einem Zeichen eines völlig entmenschlichten Krieges geworden: die Soldaten fielen den einschlagenden Granaten zum Opfer, ohne auch nur einen Feind gesehen zu haben. Der vom 9. bis 14. April am Toten Mann in Stellung liegende französische Hauptmann Augustin Cochin vom 146. Regiment sah in der ganzen Zeit keinen einzigen angreifenden deutschen Soldaten. Er beschrieb diese Hölle so: "Die letzten zwei Tage in eisigem Schlamm, unter furchtbarem Artilleriefeuer, mit keiner anderen Deckung als der Enge des Grabens...Natürlich hat der boche nicht angegriffen, das wäre auch zu dumm gewesen... Ergebnis: Ich bin hier mit 175 Mann angekommen und mit 34 zurückgekehrt, von denen einige halb verrückt geworden sind.... Sie antworteten nicht mehr, wenn ich sie ansprach."
Nach nur vier Tagen blieb der Angriff vom 9. April stecken, diesmal hauptsächlich aufgrund des strömenden Regens, der bis zm Ende des Monats anhielt und eine "relative" Offensivpause beider Seiten erforderte.
Das erfolgreiche Stoppen des deutschen Angriffs veranlasste General Pétain am 10. April eine an die Soldaten der Zweiten Armee gerichtete Mitteilung zu verfassen, in der er seine Truppen zu noch größeren Anstrengungen auffrief:
Le 9 avril est une journée glorieuse pour nos armées; les assaut furieux des armées du Kronprinz ont été partout brisés : Fantassins, artilleurs, sapeurs, aviateurs de la IIe Armée ont rivalisé d'héroïsme. Honneur à tous ! Les Allemands attaqueront sans doute encore, que chacun travaille et veille pour obtenir le même succès qu'hier ! Courage !... On les aura !... Ph. Pétain, [ordre du jour N° 94 du 10 avril 1916]
Diese Zuversicht und unerschüttlerliche Standhaftigkeit mit der Pétain seinen Soldaten den Sieg ankündigte, trug in der Nachkriegszeit viel zu seiner Aura als Retter Frankreichs bei und machte ihn zu einem Nationalhelden. Während des gesamten Monats April befahl Pétain den unerbittlichen Vorstoss auf Douaumont, um so eine neue Flanke zu öffnen. Die französischen Truppen stürmten immer wieder an und hatten horrende Verluste, aber sie bekamen die Mondlandschaft um das Douaumont vorerst nicht mehr in Ihren Besitz. Pétain wurde am 30. April für den ohne Zweifel erfolgreiche Abwehrkampf zum Befehlshaber der französischen Heeresgruppe Mitte befördert. Offiziell war diese Leistung auch der Grund für seine Beförderung nach nur 2 Monaten im Amt vor Verdun. Inoffiziell kann man andere Bewergründe für die Weglobung von Pétain erkennen: Es scheint vielmehr zutreffend, dass sogar das gegen das menschliche Leid an der Front abgebrühte GQG von der unflexiblen Kaltblütig- und Gleichgültigkeit Pétains gegenüber Verlusten erschüttert war und ihn deshalb von seiner Position entfernte.
Kämpfe im Mai
Neuer Kommandant der französischen Zweiten Armee wurde General Robert Nivelle, der den Übergang zu einer aggressiveren Taktik anstrebte. Währenddessen hatte sich auf der Führungsebene der deutschen Fünften Armee Unmut bemerkbar gemacht. Da die Zahl der Todesopfer bis zum April gewaltige Ausmaße angenommen hatte, bat Kronprinz Wilhelm die OHL um den Abbruch der Offensive. Falkenhayn lehnte dies strikt ab, da er von deutlich höheren Verlusten auf französischer Seite ausging und somit die Offensive als Erfolg betrachtete. Wie erwartet, gab es auf französischer Seite den Befehl, daß jeder General, der einen Rückzugsbefehl gibt, degradiert wird und vor ein Kriegsgericht gestellt wird.
Zwischenfall im Fort de Douaumont
Am 8. Mai kam es im heftig umkämpften Fort de Douaumont, das von den Deutschen den Spitznamen "Sargdeckel" erhalten hatte, zu einem blutigen Zwischenfall. Zur Verteidigung des Südausgangs hatten die deutschen Soldaten zwei Flammenwerfer und einen Korb mit scharfgemachten Handgranaten bereitgestellt. Unter ungeklärten Umständen explodierte eine der Handgranaten, wodurch die Flammenwerfer entzündet wurden. Als daraufhin Soldaten mit rußgeschwärzten Gesichtern in das Fort liefen, wurden diese für französische Kolonialtruppen gehalten und mit Handgranaten beworfen. Diese wiederum brachten weitere Handgranaten in den Gängen und französische 210 mm Granaten zur Explosion. Die Detonation zerriss mehreren Hundert Soldaten die Lunge, während die Decke des Forts beschädigt wurde und die Wasservorräte ausliefen. Pioniere bargen die Überreste von insgesamt 679 Soldaten, welche sie in zwei Räume in einem Untergeschoß des Forts einmauerten.
Die Franzosen hatten die Explosionen im Fort de Douaumont aus größerer Entfernung bemerkt und daraus die richtigen Schlüsse gezogen. Der Kommandant der französischen Truppen in dem betreffenden Frontabschnitt, General Charles Mangin, wollte den geschwächten Zustand des Forts ausnutzen und bat General Nivelle um die Genehmigung zur Durchführung eines Großangriffs. Als dieser am 22. Mai mit einem heftigen Artilleriefeuer auf das Fort eingeleitet wurde, waren die Deutschen bereits seit Tagen über die französischen Pläne informiert gewesen. Die anstürmenden Franzosen erlitten äußerst schwere Verluste, konnten aber nach weniger als einer Viertelstunde in das Fort de Douaumont eindringen. General Mangin teilte Nivelle noch am selben Tag mit, dass der Douaumont vollständig unter französischer Kontrolle sei. Die französischen Soldaten hatten jedoch die untersten Kasematten des Forts nicht eingenommen. Durch einen unterirdischen Tunnel erhielten die deutschen Verteidiger Verstärkungen und gingen am 23. Mai zum Gegenangriff über. Bis zum Morgen des 24. Mai drängten sie die überraschten Franzosen aus dem Fort zurück und nahmen dabei etwa 1000 von ihnen gefangen.
Kampf um das Fort Vaux
Ende Mai konnten deutsche Truppen nach fast dreimonatigem Kampf den "Toten Mann" vollständig besetzen, doch nutzten sie diesen Gebietsgewinn nicht aus. Die deutschen Angriffe konzentrierten sich Anfang Juni zum wiederholten Mal auf das Fort de Vaux. Das Fort wurde zu dieser Zeit von 600 französischen Soldaten des Infanterie-Regiments Nr. 142 verteidigt, von denen nur etwa 150 kampffähig waren. Ihr Kommandant war seit der Nacht auf den 31. Mai Major Sylvain-Eugène Raynal. Bereits am 2. Juni gelang es deutschen Truppen, sich nach einem heftigen Bombardement Zugang in das Fort zu verschaffen. Es kam zu erbitterten Kämpfen mit den Franzosen, bei denen die deutschen Angreifer unter anderem Flammenwerfer und Giftgas einsetzten.
Die Verteidiger hielten den Angriffen stand, doch machte sich der zunehmende Wassermangel unter ihnen bemerkbar. Major Raynals einzige Verbindung zur Außenwelt stellten vier Brieftauben dar, die er bis zum 4. Juni mit einer Botschaft in Richtung Verdun ausschickte, um Hilfe anzufordern. Lediglich die letzte von ihnen erreichte ihr Ziel, wenn auch schwer verwundet. Die Franzosen antworteten mit mehreren Entlastungsangriffen, die im deutschen Geschützfeuer scheiterten, während sich die Situation für Raynal und seine Einheit permanent verschlechterte. Zuletzt erhielt jeder Verteidiger des Forts de Vaux nur einen Becher Wasser täglich, so dass sich Raynal am 7. Juni zur Kapitulation gezwungen sah. Kronprinz Wilhelm war von der zähen Verteidigung des Forts so beeindruckt, dass er Raynal in sein Hauptquartier einlud.
Die Hölle von Verdun
Das Schlachtfeld bei Verdun hatte sich aufgrund des massiven Einsatzes von Geschützen auf engem Raum innerhalb weniger Monate in eine Kraterlandschaft verwandelt, in der von Wäldern oftmals nur Baumstümpfe verblieben. Zeitweilig wurden über 4.000 Geschütze in dem vergleichsweise kleinen Kampfgebiet eingesetzt. Durchschnittlich 10.000 Granaten und Minen gingen stündlich vor Verdun nieder und erzeugten eine ohrenbetäubende Geräuschkulisse. Beim Explodieren schleuderten sie große Mengen Erde hoch, die zahlreiche Soldaten bei lebendigem Leibe begruben. Nicht alle konnten rechtzeitig aus dem Erdreich befreit werden.
Aufgrund des allgegenwärtigen Geschützfeuers mussten viele Tote und Verletzte im Niemandsland zwischen den Fronten liegen gelassen werden, weshalb insbesondere in den Sommermonaten ein schwerer Leichengestank über dem Schlachtfeld hing. Zudem war es im permanenten Geschoßhagel oftmals nicht möglich, die Frontsoldaten ausreichend mit Nachschub zu versorgen oder sie abzulösen.
Bereits auf dem Weg zur vordersten Linie verloren zahlreiche Einheiten weit über die Hälfte ihrer Männer. Kaum ein Soldat, der vor Verdun eingesetzt wurde, überstand die Schlacht ohne zumindest leicht verwundet worden zu sein.
Die Soldaten mussten häufig stundenlang ihre Gasmasken tragen und mehrere Tage ohne Nahrung auskommen. Der Durst trieb viele von ihnen dazu, verseuchtes Regenwasser aus Granattrichtern oder sogar ihren Urin zu trinken. Sowohl den französischen als auch den deutschen Soldaten graute es vor dem Fronteinsatz bei Verdun. Das Schlachtfeld wurde von ihnen als "Blutpumpe", "Knochenmühle" oder schlichtweg "die Hölle" bezeichnet. Bei Regen glich das Kampfgebiet einem Schlammfeld, wodurch das Vorrücken von Truppen stark erschwert wurde. Jeder Weg wurde eingeebnet, das ganze Gebiet war ein einziges Trichterfeld. Immer stärkere Pferdegespanne mussten eingesetzt werden, um ein einziges Geschütz bewegen zu können. Diese Gespanne erlitten unter dem Beschuss besonders hohe Verluste: Bis zu 7000 Pferde sollen an einem einzigen Tag umgekommen sein. Eine besondere Bedeutung kam den Forts vor Verdun zu, die den Truppen Schutz boten und zur Erstversorgung von Verwundeten genutzt wurden. Auch dort herrschten katastrophale hygienische Verhältnisse. Der militärischen Führung auf beiden Seiten war durchaus bewusst, was die Soldaten in der Schlacht zu erdulden hatten, doch hatte dies keine Konsequenzen.
Die letzten deutschen Großangriffe
Der Druck auf das deutsche Heer hatte sich Anfang Juni gewaltig erhöht. Ohne sich mit der OHL abzusprechen, hatte der österreichisch-ungarische Generalstabschef Hötzendorf einen Großangriff auf die italienischen Stellungen angeordnet, mit dem am 14. Mai begonnen wurde.
Da deshalb zahlreiche österreichisch-ungarische Einheiten von der Ostfront abgezogen wurden, nutzte die russische Armee diese Situation aus und führte seit dem 4. Juni die nach dem zuständigen General benannte Brussilow-Offensive durch. Der österreichisch-ungarische Widerstand brach an großen Frontabschnitten völlig zusammen, weshalb Falkenhayn Truppen vor Verdun abziehen musste, um die Ostfront zu stabilisieren. Trotzdem wurde die deutsche Offensive vor Verdun nicht vorzeitig beendet.
Nach der Eroberung des Forts de Vaux plante General Schmidt von Knobelsdorf einen groß angelegten Angriff auf das Fort de Souville, das Zwischenwerk Thiaumont und das Dorf Fleury, womit er den vergeblichen Widerstand des Kronprinzen provozierte. Für den Angriff bot das deutsche Heer 30.000 Mann auf, darunter auch die Soldaten des kurz zuvor an der Westfront eingetroffenen Alpenkorps, das als Elite-Einheit galt. Einen besonderen Effekt erhoffte sich Knobelsdorf von der erstmaligen Verwendung von Phosgen-Granaten, aufgrund der Farbe ihrer Markierung auch als Grünkreuz bekannt.
Am 22. Juni begann der deutsche Großangriff mit einem heftigen Geschützfeuer auf die französischen Stellungen beim Fort de Souville. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit feuerte die Artillerie Tausende von Grünkreuz-Granaten ab, die von manchen Franzosen zunächst für Blindgänger gehalten wurden. Innerhalb kurzer Zeit entfaltete das Phosgen eine verheerende Wirkung, da die französischen Gasmasken ihre Träger nur bedingt vor diesem Kampfstoff schützten. Zahlreiche Franzosen flohen in Panik, während andere unter Qualen die Stellung hielten. Auf den Gasangriff folgte ein weiteres, heftiges Bombardement, das bis in die frühen Morgenstunden des 23. Juni anhielt. Als um 7 Uhr das Geschützfeuer eingestellt wurde, verließen die deutschen Infanteristen ihre Gräben und gingen zum Sturmangriff über. Soldaten des Alpenkorps, unter ihnen auch der spätere SA-Stabschef Ernst Röhm, wandten sich gegen das Zwischenwerk Thiaumont, das von Einheiten des 121. französischen Bataillons verteidigt wurde.
Nach einem heftigen Kampf, den nur 60 Verteidiger überlebten, wurde Thiaumont eingenommen. Von dort aus rückten vier bayerische Kompanien zum Côte de Froideterre (Zwischenwerk Kalte Erde) vor, wo sie das 114. französische Bataillon in einem blutigen Gefecht wieder zurückdrängte. Dem Bayerischen Leibregiment und den 2. Preußischen Jägern gelang es währenddessen, das Dorf Fleury einzuschließen und bis zum Ende des Tages zu erobern. Einigen schwachen Abteilungen gelang es, bis zum Grabensystem der "Filzlaus" vorzudringen, das seinen Namen aufgrund von Luftbildern erhielt. Von dort aus waren es nur noch 3000 Meter bis zum Stadtkern von Verdun, das Ziel war erstmals zu sehen. Der deutsche Sturm auf das Fort de Souville brach jedoch nach einem französischen Gegenangriff zusammen, womit die Offensive gescheitert war. Am 24. Juni leiteten britische und französische Truppen mit einem gewaltigen Geschützfeuer die Schlacht an der Somme ein. Das deutsche Heer musste deshalb weitere Einheiten aus dem Maas-Gebiet abziehen. Insbesondere schwere und schwerste Geschüzte mußten durch das unwegsame Trichterfeld zurück zur Eisenbahn geschafft werden. Außerdem wurde der Munitionsnachschub zur Somme umgeleitet, so dass die Offensiven vorerst eingestellt werden mußten. Vom 25. bis 30. Juni gingen durch französische Gegenangriffe die vorgeschobenen Stellungen verloren. Am 3. Juli wurde dann ein letztes Mal ein letzter Versuch genehmigt, allerdings unter möglichster Schonung der Munitionsreserven, auch wenn dafür Menschen fallen müssten.
Es gelang auch unter hohen Verlusten, die Batterie Damloup einzunehmen. Nachdem sie die französischen Stellungen mit Grünkreuz-Granaten beschossen hatten, gingen die deutschen Truppen ein weiteres Mal gegen das Fort de Souville vor. Am Morgen des 12. Juli gelangten 30 deutsche Soldaten auf das Dach des Forts, von wo aus sie Verdun erblickt haben sollen. Der Garnison des Forts gelang es nach kurzer Zeit, die Deutschen zurückzuschlagen. Nachdem auch dieser Angriff gescheitert war, wurde von deutscher Seite strikte Defensive befohlen. Ab dem 14. Juli begannen die Franzosen daraufhin mit Gegenstößen. Fleury wechselte dreizehnmal, Thiaumont dreiundzwanzigmal den Besitzer, jedesmal unter großen Opfern.
Abbruch der deutschen Offensive
Am 15. August zog Falkenhayn in einem Schreiben an Kronprinz Wilhelm erstmalig den Abbruch der Schlacht in Erwägung, da "Sparsamkeit in der Ausgabe von Menschen und Munition" geboten sei. Wilhelms Stabschef Schmidt von Knobelsdorf beharrte jedoch darauf, dass man die Offensive beliebig weiterführen könne. Daher bat der Kronprinz seinen Vater, Kaiser Wilhelm II., um die Abberufung Knobelsdorfs. Am 23. August entsprach Wilhelm II. dieser Bitte und leitete darüber hinaus die Ablösung Falkenhayns in die Wege, die sechs Tage später erfolgte. An Falkenhayns Stelle traten Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg und General Erich Ludendorff. Hindenburg ordnete sofort die Beendigung der Kämpfe und den Ausbau einer festen Stellung in der gewonnenen Frontlinie an.
Explosionsunglück im Tavannes-Tunnel
Am 4. September ereignete sich knapp vier Monate nach dem schweren Unglück im Fort de Douaumont im Tavannes-Tunnel südwestlich vom Fort de Vaux ein vergleichbarer Vorfall. Die französische Armee hatte den Eisenbahntunnel seit Beginn der Schlacht zur Unterbringung von Soldaten und als Munitionslager genutzt, bis es aufgrund des unachtsamen Umgangs mit Geschützgranaten zu einer Reihe von schweren Explosionen kam, denen mehrere Hundert Franzosen zum Opfer fielen. Die Deutschen konnten beobachten, wie Rauchwolken aus dem Tunnel emporstiegen, und nahmen das Gebiet daraufhin mit ihren Geschützen unter Feuer. Französische Soldaten, die aus dem Tunnel entkommen konnten, gerieten somit zwischen einschlagende Granaten. Das Feuer im Tavannes-Tunnel konnte erst nach drei Tagen unter Kontrolle gebracht werden.
Die französische Gegenoffensive
Die Schlacht bei Verdun hatte mit dem Übergang der Fünften Armee zu einer defensiven Taktik noch nicht geendet. General Nivelle plante eine groß angelegte Gegenoffensive, wobei die Rückeroberung des Forts de Douaumont das primäre Ziel war.
Die Erfahrungen aus den bisherigen Angriffen auf das Fort führten Nivelle zu dem Schluss, dass es seinen Truppen an schwerer Artillerie gefehlt habe. Daher ließ er zahlreiche besonders großkalibrige Geschütze nach Verdun transportieren, darunter zwei 40 cm-Mörser. Bei Bar-le-Duc wurde das Angriffsgebiet nachgebildet, so dass sich die französischen Soldaten damit vertraut machen konnten. Sie mussten sich unter anderem darin üben, hinter einer "Feuerwalze" vorzurücken.
Am 24. Oktober gingen die französischen Infanteristen nach einem mehrtägigen Trommelfeuer zum Angriff auf das Fort de Douaumont über. Nachdem ihnen durch MG-Salven schwere Verluste zugefügt worden waren, gelang es den Franzosen, das Fort zu erstürmen. Kurz darauf eroberten sie auch das Dorf Douaumont zurück. Nach einem weiteren französischen Vorstoß sah sich die deutsche Besatzung von Fort Vaux am 2. November zum Rückzug gezwungen. Deutsche Pioniere sprengten Teile des Forts. Diese Gebietsgewinne trugen dazu bei, dass Nivelle am 15. Dezember als Nachfolger von General Joffre zum designierten Oberbefehlshaber der französischen Streitkräfte ernannt wurde. Am selben Tag erfolgte ein letzter französischer Großangriff auf dem rechten Ufer der Maas, der die deutschen Verbände bei Douaumont bis zum 18. Dezember um über drei Kilometer zurückdrängte. Am 20. Dezember wurde die französische Offensive eingestellt.
Verdun bis zum Kriegsende
1917 konzentrierten sich die Kriegsparteien auf andere Frontabschnitte, doch kam es auch vor Verdun noch mehrfach zu Gefechten, auch wenn diese nicht dieselben Ausmaße wie im Vorjahr annahmen. Insbesondere die Höhe 304 und der Tote Mann wurden seit Juni 1917 wieder heftig umkämpft. Bis zum 29. Juni gelang es deutschen Einheiten, die Höhe 304 vollständig zu besetzen. Im August führten französische Angriffe zur endgültigen Räumung der Höhe 304 und des Toten Mannes durch die Deutschen. Es folgten weitere Aktionen, doch sollte das Maas-Gebiet erst gegen Ende des Kriegs wieder zum Schauplatz von größeren Angriffen werden. Durch einen Vorstoß US-amerikanischer Truppen unter General Pershing wurde die deutsche Front südöstlich von Verdun am 30. August 1918 um mehrere Kilometer eingedrückt. Am 25. September folgte eine von Verdun ausgehende, amerikanisch-französische Offensive, welche die Deutschen bis Anfang November aus den Argonnen zurückdrängte. Am 11. November trat der Waffenstillstand in Kraft.
Die Toten
Insgesamt geben die deutschen Quellen die Zahl der Gefallenen zwischen Beginn der Offensive und Juni 1916 mit etwas mehr als 41.000 an. Verglichen mit dem ersten Tag an der Somme (Schlacht an der Somme), an dem allein 20.000 Soldaten gefallen waren, erscheint diese Zahl selbst in den Masstäben des Ersten Weltkrieges als nicht dramatisch. Erschreckend werden die Verluste aber, wenn man den extrem hohen Anteil von über 240.000 Verwundeten im gleichen Zeitraum einrechnet, denn normalerweise wird das Verhältnis Tod/Verwundung von 1/3 angenommen, hier liegt es bei etwa 1/6. Kalkuliert dieses Verhältnis der Zahlen bis zum Ende der Schlacht im Dezember 1916, so kann man annehmen, dass auf beiden Seiten jeweils etwa 100.000 Mann gefallen sind. Diese Zahlen stehen aber für tödliche Direktverluste, also ohne Addition der Soldaten, die im späteren Verlauf und nicht an der Front in Verdun Ihren Verwundungen erlegen sind.
Rechnet man die Verwundeten im im "normalen" Verhältnis von 1 zu 3 hinzu(also 300.000 Verwundete pro Seite), müssten die Gesamtverluste beider Seiten auf etwa 800.000 Soldaten angesetzt werden. Ein Indiz dafür sind die offiziellen Zahlen des französischen Service Historique des Armées gab für den Zeitraum 21. Februar bis 12. Dezember:
Gefallen: 61.269 (1.925 Höhere Dienstgrade, 59.304 Mannschaften) Vermisst: 101.151 (1.808 Höhere Dienstgrade, 99.243 Mannschaften) Verwundet: 216.337 (5.055 Höhere Dienstgrade, 211.282 Mannschaften) Gesamt: 378.687 Tote, Vermisste oder Verwundete
Es ist anzunehmen, dass mindestens 50% der Vermissten gefallen sind. Die genauen Zahlen werden sich aber nie klären lassen, da die offizielle Quellen ihre Verluste nicht genau sondern beschönigend darstellten.
Entgegen den Erwartungen von Falkenhayn waren die Verluste auf französischer Seite nur geringfügig höher als auf deutscher. Die französische Armee wurde durch die Schlacht um Verdun stark geschwächt, doch stellte sich die Situation auf deutscher Seite ähnlich dar.
Sowohl die Somme-Schlacht als auch die Schlacht um Verdun offenbarten einen äußerst bedenkenlosen Umgang der militärischen Befehlshaber mit dem Leben ihrer Soldaten. Nicht die Minimierung von eigenen Verlusten, sondern der Verbrauch gegnerischer Ressourcen trat in den Vordergrund. Allein auf deutscher Seite wurden 1.350.000 Tonnen Granaten innerhalb der dreißig Hauptkampfwochen verfeuert. Etwa 50 Tonnen Stahlsplitter liegen heute noch auf jedem Hektar des Schlachtfeldes.
Verdun als Mythos
In Frankreich wurde die Verteidigung Verduns gegen die scheinbar übermächtigen deutschen Streitkräfte als Heldentat verklärt. Die Festung Verdun wurde als unüberwindbares Bollwerk betrachtet, das den Fortbestand der französischen Nation garantiert hatte. Für das Grabmal des unbekannten Soldaten beim Arc de Triomphe in Paris exhumierte man die Leiche eines vor Verdun gefallenen Franzosen. General Pétain wurde von den Franzosen als Nationalheld gefeiert und 1918 zum Marschall von Frankreich ernannt. Ihm zu Ehren wurde nach dem Krieg eine Statue auf dem Schlachtfeld vor Verdun errichtet, auf deren Sockel der zentrale Satz des französischen Verdun-Mythos zu lesen ist: Ils ne passeront pas ("Sie kommen nicht durch"). Ein Satz der bei Dienstantritt des Generals Pétain in Verdun Anfang März 1916 gefallen sein soll und der zur Durchhalteparole für die Franzosen wurde. Die Verklärung der Verdun-Schlacht zur erfolgreichen Behauptung einer unbezwingbaren Festung sollte im Zweiten Weltkrieg verheerende Folgen für Frankreich haben.
Obwohl die Kriegsjahre 1917 und 1918 gezeigt hatten, dass die zukünftige Kriegsführung eine offensive, auf Schnelligkeit ausgelegte Taktik begünstigen würde, errichteten die Franzosen in den dreißiger Jahren ein aus zahlreichen Bunkern und Feldbefestigungen bestehendes Verteidigungssystem, die Maginot-Linie.
Als die deutsche Wehrmacht 1940 in Frankreich einfiel, umging sie jedoch in einer "Blitzkrieg"-Taktik erfolgreich die Maginot-Linie. Pétain fiel im weiteren Verlauf des Krieges beim französischen Volk in Ungnade, da er als Machthaber des Vichy-Regimes mit dem Dritten Reich kooperierte. Er wurde im August 1945 zum Tode verurteilt, doch hatte er es wahrscheinlich seinen Verdiensten in der Schlacht um Verdun zu verdanken, dass seine Strafe in lebenslängliche Haft umgewandelt wurde.
Da die Offensive an der Maas weder zur Einnahme Verduns noch zur völligen Abnutzung der französischen Armee geführt hatte, konnte man die Schlacht im Deutschen Reich nicht als Sieg betrachten. Trotzdem handelten die meisten deutschen Kriegsromane, die zu Zeiten der Weimarer Republik erschienen, von der Schlacht um Verdun. "Verdun" wurde dabei zum Sinnbild des modernen, vollständig industrialisierten Krieges. Dabei ging es nicht mehr um Sieg oder Niederlage, sondern um die Erfahrung der Materialschlacht. Auch die Frage nach dem Sinn der blutigen Stellungskämpfe wurde angesichts der gewaltigen Zerstörungskraft des modernen Kriegsgeräts als nebensächlich eingestuft. Nicht die kritische Nachbetrachtung, sondern das Erleben der Schlacht stand im Mittelpunkt des deutschen Verdun-Mythos. Eine zentrale Rolle übernahm dabei der Verdun-Kämpfer, der als neuer Typus des Soldaten betrachtet wurde. Dieser wurde als charakterlich entleert, kalt und hart beschrieben und verdrängte frühere, romantisch verklärte Idealbilder, wie sie insbesondere im bürgerlichen Milieu vorherrschten.
Das Schlachtfeld heute
Auf dem umkämpften Gebiet explodierten über 40 Millionen Geschützgranaten und Minen - etwa 2 pro Quadratmeter. Die Landschaft wurde mehrfach durchpflügt, wovon sie sich bis heute nicht vollständig erholt hat. Nach wie vor befinden sich zahlreiche Blindgänger, Gewehre, Helme, Ausrüstungsstücke und menschliche Knochen im Erdreich des Schlachtfelds. Die ehemals umkämpften Forts und Zwischenwerke wie Douaumont und Vaux wurden schwer beschädigt, können jedoch besichtigt werden. Im Umland von Verdun befinden sich zahlreiche Friedhöfe und Beinhäuser. Im Beinhaus von Douaumont werden die Knochen von etwa 130.000 nicht identifizierten deutschen und französischen Soldaten verwahrt. Bei Fleury befindet sich das Mémorial de Verdun, wo damals verwendetes Kriegsgerät ausgestellt wird.
Siehe auch: Liste von Schlachten, Liste von Kriegen
Literatur
- German Werth: Verdun: Die Schlacht und der Mythos, Augsburg 1990, ISBN 3-89350-016-2
- Arnold Zweig: Erziehung vor Verdun, Aufbau Verlag, Taschenbuch, ISBN 3-7466-5211-1
- Malcolm Brown: Verdun 1916, ISBN 0-7524-2599-4
- Kurt Fischer, Stefan Klink: Spurensuche bei Verdun, ISBN 3-7637-6203-5
- Paul Ettighofer: Verdun - Das große Gericht, Bechtermünz Verlag, ISBN 3-82890-735-0
- Holger Afflerbach: Die militärische Planung des Deutschen Reiches, in: Der Erste Weltkrieg, Wirkung, Wahrnehmung, Analyse, (München: Piper, 1994)
Weblinks
- Die Schlacht um Verdun - Eine europäische Tragödie - Detaillierte Informationen und zahlreiche Fotos über die Festungsanlagen von Verdun und die Gefechte, die von 1914-1918 im Maas-Gebiet stattfanden.
- http://www.rkwetterau.de - Viele weitere Infos und Hunderte von aktuellen und historischen Fotos (Link auf der Startseite unter "Militärgeschichte des jeweiligen Kapitels...")
- http://www.battleofverdun.nl (Englisch/Niederländisch)
- http://www.verdun14-18.de - Historische Betrachtung der Schlacht um Verdun, Tips zum Besuch auf den Schlachtfeldern