Die Schmutzkampagne ist eine Kampagne, die mit unfairen und unlauteren Mitteln geführt wird. Der Ruf eines Individuums oder einer Gruppe wird schlecht gemacht, um deren öffentliches Wirken zu verhindern. Sie bewegt sich vielfach in der Grauzone von Rufmord und Verleumdung.
Ziele
Ziele solcher Kampagnen sind in der Öffentlichkeit bekannte Personen (Regierungsglieder, Politiker, Unternehmensführer) und Organisationen (Politische Parteien, Unternehmen, Konsumentenschutzorganisationen). Seltener Privatpersonen (Pfarrer, Lehrer, Zeugen in Gerichtsfällen), werterhaltende und sich gegen den Zeitgeist und Reformen stellende Gruppierungen (Kirche usw.).
Urheber
Urheber können sowohl Einzelpersonen oder Organisationen und Pressure Groups (Umwelt-, Minderheiten-, Tier-, Konsumentenschutz usw.) sein. Oft entwickelt die Kampagne eine nicht mehr steuerbare Eigendynamik.
Methoden
Die Schmutzkampagne bedient sich den Konzepten der Propaganda, Medientäuschung (media bias), Regenbogenpresse, negativ besetzter Begriffe mit dem Charakter von Pejoration oder Beleidigung. Im Extremfall könne Schmutzkampagnen den Charakter flächendeckender Verfolgung annehmen (Beispiel: Dolchstosslegende).
Die Taktiken unterscheiden sich von einer normalen Diskussion oder Debatte, weil sie sich nicht um die Sache oder die Argumente kümmern, sondern nur die Verunglimpfung ihres Zieles bezwecken, um dessen Glaubwürdigkeit zu untergraben.
Schmutzkampagnen wirken auch als Ablenkungsmanöver, weil sie die Aufmerksamkeit von der Sache auf die Person lenken. Das Ziel einer Schmutzkampagne ist dann gezwungen von seiner Sache abzulassen und ein Rückzugsgefecht zu führen, um seinen Ruf verteidigen zu können.
Beliebt ist die Pingpong-Methode: Journalist A reisst in einer Zeitung eine eventuell auch erfundene Geschichte auf. Sein Freund B übernimmt sie gemäss vorheriger Absprache im Fernsehen und bauscht sie weiter auf. Kollege C doppelt in einer Wochenzeitung nach. D behandelt dasselbe Thema in einer Radiosendung und so weiter im Kreis herum, bis eine flächendeckende Wirkung und eine scheinbare öffentliche Meinung fabriziert ist.
Bei der Zersetzungsmethode findet eine systematische Diskreditierung des öffentlichen Rufes, des Ansehens und des Prestiges auf der Grundlage miteinander verbundener wahrer, überprüfbarer und diskreditierender sowie unwahrer, glaubhafter, nicht widerlegbarer und damit ebenfalls diskreditierender Angaben statt.
Semantische Werkzeuge
Der Missbrauch von Begriffen für Kampagnen hat eine lange Geschichte. Zitat Konfuzius (551-479 v.Chr.) „Wenn Worte ihre Bedeutung verlieren, verlieren Menschen ihre Freiheit“. Bei Schmutzkampagnen werden oft nicht einklagbare Meinungen (berühmtes Beispiel: Soldaten sind Mörder), Tatsachenbehauptungen, Halbwahrheiten, Lügen, konstruierte Tatsachen oder nicht überprüfbaren Gerüchte verbreitet. Wenn die wahren Tatsachen ans Licht kommen, ist es meist zu spät, weil der Ruf bereits beschädigt ist. Begriffe mit negativ semantischer Identifikation sind etwa: repressiv, reaktionär, faschistoid, elitär, patriarchalisch, umstritten usw.
Deutschland
- Westdeutsche Politiker sollen gemäss den Gauck-Unterlagen beim DDR-Staatsicherheitsdienst fabrizierte Dossiers bestellt haben, die dann während der Wahlkampfzeit in den Medien auftauchten und zu etlichen Skandalen führten.
- Der Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann wurde nach einer längeren Kampagne wegen einer als antisemitisch kritisierten Rede aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und aus der Partei ausgeschlossen.
Schweiz
- Affäre Kopp: Die erste Schweizer Bundesrätin, Elisabeth Kopp, musste aufgrund der öffentlichen Kampagne wegen angeblicher Verstrickung ihres Mannes in eine Geldwäscherei-Affäre zurücktreten, obwohl sie das Bundesgericht freigesprochen hatte.
- Affäre Borer: Der Schweizer Botschafter in Berlin, Thomas Borer verlor seinen Posten, weil man gegen ihn eine Kampagne wegen einem angeblichen Sexabenteuer entfachte.
- Ein Tierschutzverein prangert auf seiner Internetseite unbescholtene Privatpersonen als angebliche Tierquäler mit Adresse und Telefonnummer an, weil diese ihre Kaninchen in den traditionellen Kästen anstatt in vom Verein propagierten Freilaufgehegen halten.
USA
- In den 60er Jahren wurde der Konsumentenschützer Ralph Nader Opfer einer Schmutzkampagne, weil er sich mit einer Kampagne für sicherere Autos einsetzte.
Literatur
- Jeanne Hersch (Hrsg.), Rechtsstaat im Zwielicht – Elisabeth Kopps Rücktritt, Verlag Peter Meili, Schaffhausen, ISBN 3-85805-153-5
- Brigitte Klump, Das rote Kloster, Ullstein Zeitgeschichte 1993, ISBN 3-548-34990-0
- Hubertus Knabe, Der diskrete Charme der DDR – Stasi und Westmedien, Econ Ullstein List Verlag 2001, ISBN 3-549-07137-X