Die Conservative and Unionist Party, meist nur Conservative Party (deutsch: Konservative Partei) oder Tories genannt, ist eine politische Partei im Vereinigten Königreich und besteht seit dem 19. Jahrhundert. Im auf dem Mehrheitswahlrecht basierenden britischen Zweiparteiensystem ist sie eine der beiden Parteien, die abwechselnd die Rolle der Regierungs- und die der offiziellen Oppositionspartei wahrnehmen. Ihre Gegenspielerin war bis zum Ersten Weltkrieg die Liberal Party, deren Rolle danach allmählich von der Labour Party übernommen wurde. Auf europäischer Ebene ist die Konservative Partei Mitglied der Europäischen Demokraten, welche nach der Europawahl 2009 in der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformisten (ECR) sowie der Europapartei Allianz der Europäischen Konservativen und Reformisten (AECR) aufgingen.
Conservative Party Konservative Partei | |
---|---|
![]() | |
![]() | |
Parteiführer | David Cameron |
Gründung | 1830 |
Gründungsort | London |
Hauptsitz | 30 Millbank London SW1P 4DP |
Jugendorganisation | Conservative Future |
Ausrichtung | Konservatismus, Europaskepsis |
Farbe(n) | Blau |
Parlamentssitze | 305 von 650 (Unterhaus, 2010) |
Internationale Verbindungen | Internationale Demokratische Union |
Europapartei | Allianz der Europäischen Konservativen und Reformisten (AECR) |
EP-Fraktion | Europäische Konservative und Reformisten (ECR) |
Website | www.conservatives.com |
Geschichte
Die Konservative Partei bildete sich um 1830 um Robert Peel aus einer lockereren Gruppierung, der Tory Party. Die Konservativen werden daher heute noch als Tories bezeichnet.
Ihr erstes Programm, das „Tamworth Manifest“, formulierte sie 1834. Als informelle Vereinigung ihrer Führungszirkel gilt der renommierte Carlton Club. Nach 1846 befand sich die Partei in der Opposition. 1874 errang die Partei unter Benjamin Disraeli wieder eine Mehrheit und stellte mit Lord Salisbury und Lord Balfour erfolgreiche Premierminister.
Seit der 1912 erfolgten Vereinigung mit der Unionist Party, einer Abspaltung von den Liberalen, die gegen die irische Selbstregierung eintrat, heißt die Partei offiziell Conservative and Unionist Party.
Im 19. Jahrhundert waren die Konservativen die Hauptverfechter der Politik des Imperialismus. Unter Premierminister Benjamin Disraeli wurde Königin Victoria zur Kaiserin von Indien gekrönt. Die Frage des Freihandels spaltete allerdings die Partei während des ganzen 19. Jahrhunderts und führte 1906 zum letzten großen Wahlsieg der Liberalen. Der spätere konservative Premierminister Winston Churchill verließ während dieser Zeit die Konservativen und wurde ein Liberaler.
1922 führte eine parteiinterne Revolte in der Konservativen Partei zum Sturz des liberalen Premierministers David Lloyd George, der seit dem Kriegsjahr 1917 einer Koalitionsregierung vorstand. Seitdem stellten die Konservativen im 20. Jahrhunderts meist den Premierminister. In den 1920er und 1930er Jahren löste die Labour Party die Liberalen als Hauptkonkurrent ab und konnte 1945 erstmals die absolute Mehrheit erringen und somit eine Alleinregierung bilden. Sie löste die seit 1940 bestehende Kriegskoalition unter Winston Churchill ab, der allerdings 1951 wieder einen Wahlsieg für die Tories errang. Die längste Amtszeit im 20. Jahrhundert hatte die konservative Premierministerin Margaret Thatcher, für deren Politik der Begriff „Thatcherismus“ geprägt wurde.
Unter Thatcher wurden die Tories auch zur euroskeptischeren der großen Parteien des Vereinigten Königreiches. Die Haltung zur Europäischen Union und zur Einführung des Euro hat die Partei bislang gespaltet. Nach dem Wahlausgang 2010 ist ein Memo zur Europapolitik bekanntgeworden, das die Koalitionsverhandlungen beeinflusste.[1]
Ein Problem für die Partei ist die starke Überalterung ihrer Mitgliederschaft; sie ist seit 1980 von annähernd 400.000 auf etwa 260.000 zurückgegangen. Mit den Conservative Trade Unionists verfügt die Conservative Party über eine (kleine) Arbeitnehmerorganisation.
Vom Wahlsieg der Labour Party unter Tony Blair 1997 bis zur Bildung einer Koalition mit den Liberal Democrats im Mai 2010 unter der Führung von David Cameron waren die Konservativen letztmalig in der Opposition.
Parteiführer
Name | Amtszeit (Beginn) | Amtszeit (Ende) |
---|---|---|
Spencer Perceval (Tory Party) | 1809 | 1812 |
Robert Banks Jenkinson, 2. Earl of Liverpool (Tory Party) | 1812 | 1827 |
Frederick John Robinson, 1. Viscount Goderich (Tory Party) | 1827 | 1828 |
Arthur Wellesley, 1. Duke of Wellington (Tory Party) | 1828 | 1834 |
Robert Peel | 1834 | 1846 |
Edward Geoffrey Smith Stanley, 14. Earl of Derby | 1846 | 1868 |
Benjamin Disraeli, Earl of Beaconsfield | 1868 | 1881 |
Robert Gascoyne-Cecil, 3. Marquess of Salisbury | 1881 | 1902 |
Arthur James Balfour | 1902 | 1911 |
Andrew Bonar Law | 1911 | 1921 |
Austen Chamberlain | 1921 | 1922 |
Andrew Bonar Law | 23. Oktober 1922 | 22. Mai 1923 |
Stanley Baldwin | 22. Mai 1923 | 28. Mai 1937 |
Neville Chamberlain | 28. Mai 1937 | 9. Oktober 1940 |
Winston Churchill | 9. Oktober 1940 | 7. April 1955 |
Anthony Eden | 7. April 1955 | 9. Januar 1957 |
Harold Macmillan | 11. Januar 1957 | 19. Oktober 1963 |
Alec Douglas-Home | 19. Oktober 1963 | 27. Juli 1965 |
Edward Heath | 27. Juli 1965 | 11. Februar 1975 |
Margaret Thatcher | 11. Februar 1975 | 28. November 1990 |
John Major | 28. November 1990 | 19. Juni 1997 |
William Hague | 19. Juni 1997 | 13. September 2001 |
Iain Duncan Smith | 13. September 2001 | 6. November 2003 |
Michael Howard | 6. November 2003 | 6. Dezember 2005 |
David Cameron | 6. Dezember 2005 | - |
Geschäftsführender Vorsitzender (Chairman)
Der Vorsitzende der Partei ist für den internen Geschäftsbetrieb der Partei zuständig und Leiter des Zentralen Parteibüros. In den Zeiten, in denen die Conservative Party den Premierminister stellt, ist der Vorsitzende in der Regel Mitglied der Regierung, meist als Minister ohne Geschäftsbereich. Neben dem Vorsitzenden bestehen oftmals stellvertretende Vorsitzende (Deputy or Vice-Chairman) für wichtige Politikfelder wie Jugend, Frauen oder Kommunalpolitik. Bisherige Vorsitzende der Konservativen waren:
- 1911–1916: Arthur Steel-Maitland
- 1916–1923: George Younger, 1. Viscount Younger of Leckie
- 1923–1926: Stanley Jackson
- 1926–1930: John Davidson
- 1930–1931: Neville Chamberlain
- 1931–1936: John Baird, 1. Viscount Stonehaven
- 1936–1942: Douglas Hacking
- 1942–1944: Thomas Dugdale
- 1944–1946: Ralph Assheton
- 1946–1955: Frederick Marquis, 1. Earl of Woolton
- 1955–1957: Oliver Poole, 1. Baron Poole
- 1957–1959: Quintin Hogg, 2. Viscount Hailsham
- 1959–1961: Rab Butler
- 1961–1963: Iain Macleod
- 1963–1963: Oliver Poole, 1. Baron Poole (2. Mal, gemeinsam mit Macleod)
- 1963–1965: John Hare, 1. Viscount Blakenham
- 1965–1967: Edward du Cann
- 1967–1970: Anthony Barber
- 1970–1972: Peter Thomas
- 1972–1974: Peter Carington, 6. Baron Carrington
- 1974–1975: William Whitelaw
- 1975–1981: Peter Thorneycroft
- 1981–1983: Cecil Parkinson (1. Mal)
- 1983–1985: John Gummer
- 1985–1987: Norman Tebbit
- 1987–1989: Peter Brooke, Baron Brooke of Sutton Mandeville
- 1989–1990: Kenneth Baker, Baron Baker of Dorking
- 1990–1992: Chris Patten
- 1992–1994: Norman Fowler
- 1994–1995: Jeremy Hanley
- 1995–1997: Brian Mawhinney
- 1997–1998: Cecil Parkinson (2. Mal)
- 1998–2001: Michael Ancram
- 2001–2002: David Davis
- 2002–2003: Theresa May
- 2003–2005: Liam Fox und Maurice Saatchi
- 2005–2007: Francis Maude
- 2007–2009: Caroline Spelman
- 2009-2010: Eric Pickles
- seit 2010: Sayeeda Warsi
Weblinks
- The Conservative Party
- The Scottish Conservative & Unionist Party
- Welsh Conservatives
- Conservatives in Northern Ireland
- Ein Archiv Konservativer Wahlprogramme von 1900 bis heute und ein Verzeichnis konservativer Partei-Websites, einschließlich Wahlkreisorganisationen (englisch)
- Government, Parties in rulers.org
Einzelnachweise
- ↑ The Tory letter on Europe in full. The Guardian, 9. Mai 2010.