Beim Pilgerweg nach Jerusalem handelt es sich um den Weg christlicher Pilger ins Heilige Land. Diese Pilgerfahrt kann spätestens seit dem 4. Jahrhundert nachgewiesen werden, in dem sich christliche Pilger auf den Weg zum Heiligen Grab und anderer zentraler biblischer Stätten aufgemacht haben. Auf Pilgerreise nach Jerusalem, deren spiritueller Hintergrund unter anderem auf die Lehren des Heiligen Hieronymus zurückgeht, begaben sich zunächst vor allem Frauen.
Geschichte
Besonders berühmt ist die Wallfahrt der Kaiserin Helena, der Mutter Kaiser Konstantins, die bereits im ersten Drittel des 4. Jahrhundert stattfand. Bei Grabungen in Jerusalem soll sie der Legende nach Reste des Wahren Kreuzes und das Heilige Grab gefunden haben. An dessen Stelle veranlasst sie den Bau einer Kirche, ebenso initiiert sie den Bau der Geburtskirche in Bethlehem wie auch den Bau der ehemaligen Eleona-Basilika auf dem Ölberg, die sich in der Folge als wichtige Pilgerziele entwickeln.
Auch andere christliche Frauen machen sich einige Jahre später auf den Weg ins Heilige Land. So begeben sich sowohl die christliche Römerin Paula mit ihrer Tochter Eustochium (teilweise gemeinsam mit Hieronymus), die geweihte Jungfrau Egeria und die heilige Melania mit ihrer gleichnamigen Großmutter in der Spätantike auf den Weg und verfassen zum Teil Pilgerberichte.[1] Das von Egeria verfasste Itinerar stellte allerdings weniger einen Reisebericht im heutigen Sinne dar, sondern war vielmehr eine Beschreibung der Kulthandlungen der christlichen Gemeinde in Jerusalem und der heiligen Stätten in der Umgebung der Stadt.
Die frühesten Aufzeichnungen eines christlichen Pilgers über den Weg nach Jerusalem stammen aus dem Jahr 333, dem sogenannten Itinerarium Burdigalense, in der ein Pilger aus dem heutigen Bordeaux seinen Weg zum Heiligen Grab beschreibt.[2]
Neben den Wallfahrten nach Rom und Santiago de Compostela entwickelt sich der Pilgerweg nach Jerusalem im frühen Mittelalter zu einem der drei zentralen christlichen Pilgerwege und besitzt zeitweise den Rang des bedeutendsten christlichen Pilgerweges überhaupt.
Ähnlich wie der Pilgerweg nach Santiago steht der Pilgerweg nach Jerusalem in enger Verbindung mit dem Kampf gegen das Vordringen des Islam in Europa, bzw. mit dem Versuch um dessen Zurückdrängung. Anders als bei den Pilgerwegen nach Santiago und Rom stehen sehr früh machtpolitische Interessen der europäischen Staaten und des Vatikans im Vordergrund einer Pilgerreise ins Heilige Land. Diese hatten zum Ziel, die Heiligen Stätten für die christliche Herrschaft zu erobern oder zu verteidigen, weswegen sich im Rahmen der Kreuzzüge immer wieder europäische Ritterheere auf den Weg der Wallfahrt mit Schild und Schwert machten.
Nach der endgültigen Niederlage der Kreuzritterheere und dem langfristigen Verlust der Heiligen Stätten in Jerusalem an die Saraszenen im Jahr 1244 nahm auch die friedliche Wallfahrt nach Jerusalem zu Gunsten der beiden anderen großen christlichen Pilgerziele merklich ab.[3]
Pilgerrouten
Eine vorgegebene Pilgerroute aus Mitteleuropa nach Jerusalem ist nicht erkennbar, vielmehr wird sich die Wahl des Weges an der jeweiligen politischen Situation, sowie an Sicherheits- und Finanzerwägungen orientiert haben. Wohlhabende Pilger haben in der Regel den Weg über die Alpen nach Venedig vorgezogen, um von dort mit dem Schiff ins Heilige Land zu reisen. Ärmere Pilger oder solche, mit einem besonderen Interesse an den am Weg liegenden heiligen Stätten, haben den Landweg über den Balkan und Konstantinopel durch das Gebiet der heutigen Türkei bevorzugt. Die vorhandenen Pilgerberichte, die vornehmlich von reichen und gebildeten Pilgern verfasst wurden, beschreiben also in ihrer überwiegenden Mehrheit den Weg über Venedig.[4] Dies ist aber nicht zwingend ein Indiz dafür, dass dieser Weg auch von der Mehrheit der Pilger gewählt wurde. Vielmehr ist anzunehmen, dass eben nur eine kleine Gruppe der Pilger, nämlich die wohlhabenden und gebildeten, solche Reiseberichte verfasst und der Nachwelt erhalten hat.
Der Landweg durch den Balkan folgt keiner einheitlichen Route, während einige vorhandene Berichte den Weg über Györ und Nis nach Philipopolis und Adrianopel beschreiben, berühren andere das heutige Belgrad oder ziehen entlang der heute kroatischen und albanischen Küste, wobei alle diese Wege spätestens in Adrianopel zusammenkommen.[5]
Für die Durchquerung des Gebietes der heutigen Türkei scheinen vor allem zwei Routen für den mittelalterlichen Pilger als gangbare Routen bekannt gewesen zu sein. Zum einen beschreiben Pilger den Weg von Konstantinopel nach Süden über Südkleinasien nach Antiochia. Eine Alternative bestand im Weg von Konstantinopel nach Westen über Kappadokien nach Antiochia um dann weiter über Tripolis und Akkon nach Jerusalem zu ziehen.[5]
Eine dritte beschriebene Route besteht im Pilgerweg von Mitteleuropa über die Alpen nach Apulien, wo in das Gebiet des heutigen Albanien übergesetzt werden konnte, um dann dem Weg weiter über Thessaloniki nach Konstantinopel zu folgen.
- ↑ Klein, Konstantin: Vertraute Fremdheit - erlesene Landschaft. Arbeit an Präsenz im Reisebericht der Egeria. In: Baumann, Helge/Weise, Michael u.a. (Hrsg.): Habt euch müde schon geflogen? Reise und Heimkehr als kulturanthropologische Phänomene, Marburg 2010
- ↑ Cuntz, Otto (Hrsg.): Itineraria Romana. Band 1: Itineraria Antonini Augusti et Burdigalense. Accedit Tabula Geographica, Leipzig 1929
- ↑ Röhricht, Reinhold: Die Pilgerreisen nach dem Hl. Lande vor den Kreuzzügen, Gütersloh, 1875
- ↑ Röhricht, Reinhold: Deutsche Pilgerreisen nach dem Hl. Lande, Innsbruck, 1900 (online: http://www.archive.org/details/deutschepilgerr00rhgoog )
- ↑ a b Donner, Herbert: Pilgerfahrt ins Heilige Land – Die ältesten Berichte christlicher Palästinapilger (4.-7.Jh.), Stuttgart, 2002