Plansprache
Als Plansprachen bezeichnet man bewusst geschaffene Sprachen, die erfunden sind, also sich nicht entwickelt haben. Man betrachtet sie meist als Untergruppe der künstlichen Sprachen. Sie sollen entweder als "Welthilfssprachen" eine Verständigung zwischen unterschiedlichen Sprachen und Kulturen ermöglichen oder als logische Basis zur Erforschung und Entwicklung neuer Sprachen dienen. Das bekannteste Beispiele ist Esperanto. Weitere Plansprachen sind z.B. Ido, Interlingua, Occidental, und Volapük, sowie die nicht zur einfachen Verständigung geschaffenen logischen Sprachen wie z.B. Loglan, Lojban und Teran.
Kontroverse über die Basis einer Welthilfssprache
Schon früh entstand in der Weltsprachenbewegung eine Kontroverse zwischen Anhängern einer weniger stark an natürliche Sprachen angelehnte Plansprache wie etwa Volapük oder Esperanto und Anhängern einer Plansprache auf der Grundlage der romanischen Sprachen bzw. des Lateins um eine "natürlichere" Welthilfssprache zu entwickeln. Drei dieser "romanischen" Plansprachen erlangten eine gewisse Bedeutung: Interlingua, Occidental und "Latino sine flexione". Diese drei Sprachen ähneln sich sehr und sind auch gegenseitig einigermaßen gut verständlich. Sie ähneln allerdings vielen Dialekten, denen eine straffe Normierung fehlt, was ihre Brauchbarkeit einschränkt. Darüber hinaus sind sie für Sprecher nicht-romanischer Sprachen wesentlich schwerer zu erlernen als Esperanto, da ihre Struktur stark europäisch-romanischen Mustern folgt. Esperanto hat ebenfalls eine weitestgehend auf romanischen Wurzeln bestehenden Wortschatz, ist aber von seiner Struktur eher mit den sogenannten agglutinierenden Sprachen zu vergleichen, die im allgemeinen mit geringerem Aufwand breitere Ausdrucksmöglichkeiten bieten.
Geschichte
Antike
Schon aus der griechischen Geschichte bekannt sind die ersten Versuche Welthilfssprachen zu schaffen, die dazu gedacht sind die Verständigung zwischen verschiedenene Sprachen zu erleichtern.
19. Jahrhundert
Die erste Plansprache die eine größere Verbreitung fand war das 1879/80 geschaffene Volapük des badischen Prälaten Johann Martin Schleyer. Anfangs sehr erfolgreich, brach die Bewegung jedoch schnell wieder zusammen, da die Sprache doch relativ schwer zu erlernen war. Darüber hinaus betrachtete Schleyer Volapük als sein geistiges Eigentum, über das nur er zu verfügen hatte. Mit dem Erscheinen von Esperanto 1887, das wesentlich leichter zu erlernen ist, war Volapük praktisch gescheitert und viele der früheren Anhänger des Völapük wendeten sich dem Esperanto zu.
20. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg
1907 erschien dann Ido, eine Sprache die auf Esperanto aufbaute, jedoch einige Verbesserungen einführen wollte. Da aber Ido in immer kürzerer Zeit neue Verbesserungsvorschläge heraus gab, enstand ein Chaos, so dass schließlich auch Ido immer mehr Anhänger verlor, die sich teilweise wieder der Esperanto-Bewegung anschlossen. Mit dem ersten Esperanto-Weltkongrerss 1905 begann eine erstaunliche Erfolgsgeschichte, die innerhalb dreier Jahrzehnte eine große Zahl an Sprechern, Originalliteratur, wissenschaftlichen Werken etc. hervorbrachte. Mit dem Aufstieg Hitlers, Stalins sowie anderer totalitärer Regime begann eine Zeit, in der alle Anhänger von internationaler Verständigung zwischen einfachen Menschen als Staatsfeinde betrachtet wurden und so landeten vor allem viele Esperantisten als Anhänger der verbreitetsten Plansprache in KZs oder in sowjetsche Straflagern (GULAG). Dadurch wurde Esperanto entscheidend geschwächt, da viele Aktivisten ermordet oder seelisch zerstört wurden. Die Esperanto-Vereine in fast ganz Europa waren zwangsaufgelöst oder zerstört und viele Menschen hatten nach dem Krieg andere Sorgen als den Wiederaufbau der Esperanto-Bewegung, die deshalb in einen "Dornröschenschlaf" verfiel.
Seit dem Zweiten Weltkrieg
Mit dem Ausbruch des kalten Krieges nach dem Zweiten Weltkrieg versuchten die jeweiligen Siegermächte ihre Nationalsprache jeweils zur internationalen Welthifssprache zu machen. Französisch verlor nach dem Verlust seiner Kolonien in den sechziger Jahren und der Erweiterung der EU jedoch immer schneller an Bedeutung, Russisch veschwandt nach den Zusammenbruch des Sowjet-Imperiums fast augenblicklich als internationale Welthilfssprache. Die englischsprachige Welt hatte nach den Sieg im 2. Weltkrieg wenig Interesse eine mit dem Englischen konkurrierende Welthilfssprache auzubauen (einzige Ausnahme ist "Basic English" bzw. sein Nachfolger "Simple English") und konzentriert seitdem all ihre Kräfte auf die endgültige Etablierung des Englischen als der einzigen alle anderen Sprachen dominierender Weltsprache.
Als Ende der Siebziger Jahre der Siegeszug des Englischen immer deutlicher wurde, waren fast alle Versuche eine andere Sprache als allgemeine Weltsprache zu etablieren gescheitert, nur die Esperanto-Bewegung verfügte noch über eine Vielzahl von zum Teil glühenden Anhängern. Deshalb enstand eine neue Richtung der Esperanto-Bewegung, die sich nicht mehr zum Ziel setzte Esperanto statt Englisch zur Weltsprache zu machen, sondern ihre eigene gewachsene pazifistische-völkerverständigende Kultur zu pflegen. Diese neue Esperanto-Kultur hat dann auch bis heute nicht nur überlebt, sondern ist zwar langsam aber stetig gewachsen und dabei auch vielfältiger geworden.
Erst seit mit dem Beginn des "Kampfes gegen den Terror" und dem Irak-Krieg der Unmut über die Dominanz des Englischen in weiten Teilen der Welt wächst, ist ein neues Interesse an einer neutralen Sprache wiedererwacht. Einzig "überlebende" Konkurrenten sind heute Esperanto und Interlingua, das seine beiden Latein-basierten Schwestersprachen (Latine sine flexione und Occidental) beinahe aufgesogen hat. Dabei ist Interlingua vor allem eine in wissenschaftliche Publikationen zur Verfassung von Resumées ("Abstracts") gebrauchte Sprache, die kaum je gesprochenen wird. Esperanto dagegen ist eine auf einer vergleichsweise vielschichtige Bewegung "von unten" ruhende, oft auch auf Kongressen für jedermann gesprochene Sprache, die mittlerweile jene oben skizzierte, eigene "Esperanto-Kultur" entwickelt hat.
Neue Herausforderungen
Mit der Erweiterung der EU wird das Sprachproblem innerhalb der Gemeinschaft immer drängender. Statt elf wird die EU ab den 1. Mai 2004 einundzwanzig Amtssprachen haben. Nach einer Anfangsphase in der Französisch in der damaligen EWG eindeutig dominierte, zeichnet sich heute ein völliger Sieg des Englischen in der EU ab. So wurden in den letzten Jahren hunderte Stellen in der EU nur für englische Muttersprachler ausgeschrieben, wogegen die Universala Esperanto-Asocio ("Allgemeine Esperanto-Vereinigung") am europäischen Gerichtshof klagte. In Zukunft wird die Frage sein, ob alle Europäer sich der Dominanz des Englischen unterwerfen und Englisch de facto zur EU-Amtssprache wird oder ob es eine Renaissance einer neutralen, einfach zu erlernenden Sprache geben wird, die keine Sprachgemeinschaft ungerechtfertigt zur privilegierten Schicht in der EU macht.
Siehe auch: simbolz-Sprache