Der Deutsche Orden (auch Ordo Teutonicus, Ordo domus Sanctae Mariae Theutonicorum Ierosolimitanorum, Orden der Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem, Deutschherrenorden, Kreuzritterorden, Deutschritterorden oder Deutscher Ritterorden, abgekürzt OT) ist ein geistlicher Ritterorden und war maßgeblich an der Deutschen Ostkolonisation, beteiligt. Seit 1929 ist er ein klerikaler Orden. Er ist neben dem Johanniter- bzw. Malteserorden und den Templern der dritte große Ritterorden, der während der mittelalterlichen Kreuzzüge gegründet wurde.
Zeichen, Kleidung, Motto
Das Ordenszeichen ist ein schwarzes Kreuz auf weißem Grund. Zur typischen Ordenskleidung gehört für die Geistlichen, welche Soutane, Halskreuz und Brustkreuz tragen, ein weißer Mantel, auf dem linksseitlich ein schwarzes Kreuz angebracht ist. Das Motto des Ordens heisst: "Helfen, Heilen, Wehren".
Generalabt des Ordens, der den Titel Hochmeister trägt, ist seit 2000 Dr. Bruno Platter.
Geschichte
Gründungszeit und Kreuzzüge
Die Gründung des Deutschen Ordens fand 1190 während des Dritten Kreuzzuges statt. Der ursprüngliche Krankenpflegeorden wurde im März 1198 in einen geistlichen Ritterorden umgewandelt, der seinen Sitz in der Hafenstadt Akkon im heiligen Land, im Norden des heutigen Israel, hatte. Der Templerorden diente bei dieser Umwandlung als Vorbild. Diese Umwandlung ist auf das Betreiben des Deutschen Reiches zurückzuführen und begann bereits unter Kaiser Heinrich VI. im Jahre 1197. Der Orden, dessen Militarisirung durch die Johanniter und Templer geduldet wurde, sollte der Einflussnahme des Reiches im Heiligen Land dienen, da die Deutschen dort keinen Stützpunkt besaßen, welcher ihre Interessen vertreten konnte. Im Heiligen Land gelang dem Orden nicht nur der Erwerb des Hafenzolls in Akkon und 1220 der Erwerb der Seigneurie de Joscelin, sondern auch das Erlangen eine Lehnsexemtion, welche ihn zwar nicht aus dem Lehnsverband des Königreiches löste, wohl aber von allen Verpflichtungen diesem gegenüber befreite. Zu diesem trat noch die, wenn auch in sarazenischer Hand befindlichen, Baronie Toron. Diese aus jeglichem Lehnsverband herausgenommen und bildete eine gänzlich eigenständige Herrschaft. Dieser Verzicht des Königreichs Jerusalem auf alle Reichsrechte ist ohne Beispiel und findet seinen Grund darin, dass Kaiser Friedrich II., zugleich König von Jerusalem, den Orden besonders privilegieren und an herausragender Stelle in seine imperiale Politik einbauen wollte. Er wiederholte dies übrigens mit der Übergabe der noch vom Orden zu erobernden Gebiete an der Ostsee. Unzweifelhaft ist dies alles auf den Hochmeister Hermann von Salza zurückzuführen, welcher der bedeutenste Berater des Kaisers war und der nichts ohne seinen Rat unternahm.
Konzentration auf Europa und Ostkolonisation
Nach dem Scheitern der Kreuzzüge suchte der Orden eine Heimat in Deutschland. Andreas II. von Ungarn bot im Jahre 1211 an, durch Kriegsdienste gegen die Kumanen ein Heimatrecht im Burzenland in Siebenbürgen zu erwerben. Der Versuch des Ordens, diese Heimat als einen unabhängigen Staat zu entwickeln, endete mit der Vertreibung des Ordens im Jahre 1225.
Ein zweiter Versuch des Landerwerbs war erfolgreich: Der Ordenshochmeister Hermann von Salza ließ sich vom deutschen Kaiser Friedrich II. mit der Goldenen Bulle von Rimini und vom Papst Gregor IX. mit der Goldenen Bulle von Rieti garantieren, dass nach der Unterwerfung und Missionierung des Baltikums (u.a. der Pruzzen) das eroberte Land an den Orden falle.
Eine Kampagne zur Unterstützung des polnischen Herzogs der Piasten, Konrad I. von Masowien, begann im Jahre 1226. Konrad von Masowien schenkte dem Orden nach längerem Zögern im Vertrag von Kruschwitz 1230 "auf ewige Zeit" das Kulmer Land. Kontrovers ist am Kruschwitzer Vertrag weniger das Rechtsgeschäft als vielmehr das Echtheitsproblem (bestritten von M. Perlbach; von der poln. Historiographie weitgehend übernommen). A. Seraphim hat erhebliche Gründe für die Authentizität dieses Vertrages namhaft gemacht. Die Echtheitskontroverse hat insofern grundsätzlich Bedeutung, als im Fälschungsfalle die rechtliche Basis des Ordensstaates in Preußen defizient sein könnte. Außer Frage steht, dass das Ergebnis der Entwicklung in Preußen nicht den ursprünglichen Absichten Konrads I. entsprach. Der Deutsche Orden betrachtete den Vertrag als Instrument zur Schaffung eines selbständigen Herrschaftsgebietes in Preußen.
(1388 in Elbing angefertigt, jetzt im Schloss zu Marienburg).
Die Geschichte des Ordens von dieser Zeit bis zum Jahre 1525 ist eng mit dem Schicksal des Ordensstaates verknüpft, aus dem später Ostpreußen, Kurland, Livland und Estland hervorgingen.
Die Unterwerfung Preußens (einhergehend mit der Christianisierung des Landes) mit Hilfe von Kreuzfahrerheeren aus dem Reich beschäftige den Orden mehr als fünfzig Jahre und wurde erst 1285 abgeschlossen. Er schuf sich ein machtvolles Herrschaftsgebiet und musste dabei keine Konkurrenz des zersplitterten polnischen Staates fürchten. 1309 zog der Hochmeister in der Marienburg an der Nogat ein, Preußen war zum Zentrum des Ordens geworden. 1237 hatte sich der 1201 in Riga gegründete Schwertbrüderorden (weißer Mantel mit rotem Kreuz) nach seiner Niederlage 1236 in der Schlacht von Saule gegen die Litauer und Semgaller mit dem Deutschen Orden vereinigt; damit wurde Livland als zweites Kernland erworben und wie Preußen mit einem System von Burgen überzogen. Eine weitere Expansion nach Osten gelang aber auch dem Deutschen Orden nicht. 1242 wurde ein Ritterheer in der Schlacht auf dem Peipussee von Alexander Newski, dem Fürsten von Nowgorod, besiegt. Litauen im Südosten stieg allmählich zu einem machtvollen Großfürstentum auf und eroberte riesige Gebiete von der Goldenen Horde.
Miniatur aus dem Codex Manesse
Auch in Polen konnte sich der Zentralstaat unter König Wladislaw I. (1306–1333) wieder konsolidieren. Die Okkupation Danzigs und Pommerellens durch den Orden im Jahre 1308 vergiftete das Verhältnis zum südlichen Nachbarn. Auch der Frieden von Kalisch, in dem Polen 1343 auf Pommerellen verzichtete, brachte kaum eine Entspannung.
Der Hochmeister Winrich von Kniprode (1351–1382) führte den Ordensstaat zu seiner größten Blüte und besiegte 1370 die Litauer. Unter Konrad von Jungingen (1393–1407) wurde mit der Erwerbung von Gotland, der Neumark und Samaitens die größte Ausdehnung erreicht. Aber 1386 hatten sich durch die Heirat von Großfürst Jagiello von Litauen (1377–1434) und Königin Hedwig von Polen (1382–1399) die beiden mächtigsten Gegner des Ordens vereint. Am 15. Juli 1410 wurde das Heer des Ordens unter Ulrich von Jungingen bei Tannenberg geschlagen. Den Kern seines Territoriums konnte der Orden im Ersten Frieden von Thorn 1411 behaupten. Allerdings waren hohe Reparationen zu leisten.
In den folgenden Jahrzehnten höhlten innere Streitigkeiten den Ordensstaat aus. Landsmannschaftliche Gruppen stritten um Einfluss im Orden, der Deutschmeister strebte nach stärkerer Unabhängigkeit vom Hochmeister. Die Städte und Landadel forderten aufgrund der hohen Besteuerung Mitbestimmung und schlossen sich 1440 im „Preußischen Bund“ zusammen. 1453 verbündete sich dieser Bund mit König Kasimir IV. von Polen, ein langer Krieg brach aus. Im zweiten Frieden von Thorn 1466 verlor der Orden u. a. Pommerellen, das Kulmerland und die Marienburg; er musste die polnische Oberhoheit anerkennen, die aber strittig blieb. Zum weiteren Erhalt des Ordensstaates waren nun große Subventionen aus den Balleien des Reiches nötig, die viele Kommenden in eine prekäre finanzielle Lage brachten. Der Deutschmeister suchte Unterstützung beim Kaiser und erkannte 1494 die Lehenshoheit Maximilians I. an.
Zeit nach der Reformation
Die Gedanken der beginnenden Reformation breiteten sich auch schnell in den Ordensstaat aus. Auf Rat Martin Luthers fällte der Hochmeister Markgraf Albrecht von Brandenburg den Entschluss, den Orden zu säkularisieren und den König von Polen als Souverän anzuerkennen. Der Ordensstaat wurde in das Herzogtum Preußen umgewandelt, und der Hochmeister residierte ab dem 9. Mai 1525 als Albrecht I. in Königsberg. Preußen erhielt eine lutherische Landeskirche. Ebenso wurde Kurland zum weltlichen Herzogtum unter Gotthard Kettler. Sowohl Preußen als auch Kurland unterstanden polnischer Oberhoheit. Livland wurde direkt polnisch, während Estland zu Schweden kam. Diese nördlichen Gebiete kamen später zum Russischen Reich (siehe Ostseegouvernements).
Nun konzentrierte sich der Deutsche Orden auf seine Besitzungen im Deutschen Reich. Da er über kein geschlossenes Territorium verfügte, sondern über stark zerstreuten Splitterbesitz, entwickelte man ein dreistufiges Verwaltungssystem:
- Ein Herrschaftsbezirk wurde zu einer Kommende zusammengefasst und unterstand dem Komtur.
- Mehrere Kommenden bildeten eine Ballei. Seit der Reformation war der Orden trikonfessionell, so dass es katholische, lutherische und reformierte Balleien gab.
- Der gesamte Ordensbesitz unterstand dem Hochmeister (und nicht, wie die anderen Orden, einem Großmeister), der seinen Sitz in Bad Mergentheim hatte.
Insgesamt gab es zwölf deutsche Balleien:
19./20./21. Jahrhundert
Die Säkularisierung des Ordens im frühen 19. Jahrhundert betraf seine Besitzungen gleichermaßen wie seine Mitglieder. Da der materielle und personelle Schwerpunkt des Ordens seit den Kreuzzügen im Baltikum lag, verblieb nur ein kleinerer Rest des Ordens im Deutschen Reich. Der Sitz wurde unter dem Hochmeister Walther von Cronberg nach Mergentheim verlegt.
Von Napoleon wurde der Orden im Jahre 1809 verboten, der dessen Besitztümer seinen Verbündeten zusprach. Nur in Österreich konnte er weiter existieren. Erst 1834 war der Orden als „Deutscher Ritterorden“ wieder offiziell zugelassen, aber die meisten Güter blieben in weltlichem Besitz. 1929 wurde der Orden in einen rein geistlichen Orden umgewandelt und trägt den Namen „Deutscher Orden“. Auch in der Zeit des Nationalsozialismus von 1938-1945 wurde der Orden von den Machthabern aufgehoben und verboten.
Ab dem Ende der 90er Jahre entwickelte der D.O. sich in kurzer Zeit zu einem großen Sozialkonzern. Unter anderem übernahm er zahlreiche Kliniken und engagierte sich mit Grabungs-Projekten sowie Tourismus-Projekten in Israel und den Palästinensergebieten. Dabei übernahm sich die Führung des Ordens offensichtlich. Im Januar 2000 musste die deutsche Brüderprovinz Zahlungsunfähigkeit anmelden, die Führungsspitze musste gehen. Die Arbeit eines Untersuchungsausschusses zum Deutschen Orden im Bayerischen Landtag verlief 2002/03 im Sande.
Sitz und Einrichtungen
Heute ist Wien Sitz des Hochmeisters. Dort befindet sich, gleich hinter dem Stephansdom, das Deutsch-Ordens-Zentralarchiv und ein sehenswertes Museum.
Seit 1996 existiert ein Deutschordensmuseum im ehemaligen Deutschordensschloss von Bad Mergentheim, das von 1525 bis 1809 Residenz der Hochmeister des Deutschen Ordens war.
Mitglieder
Aktuell hat der Orden etwa 1000 Mitglieder. Davon rund 100 Priester, 200 Schwestern und 700 Familiaren. Während die Priester, organisiert in 5 Provinzen (Priorate: Italien, Österreich, Deutschland, Tschechien und Slowenien), vornehmlich in der Pfarrseelsorge tätig sind, widmen sich die Schwestern der Kranken- und Altenpflege.
Bekannte Mitglieder sind:
- Theodor de Croix
- Eduard Gaston Pöttickh von Pettenegg
- Clemens August I. von Bayern
- Winrich von Kniprode
- Maximilian Franz von Österreich
- Hermann von Salza
- Martin von Lynow
- Johann Tiergart
- Dietrich Tanke
- Rutger von Brüggenei
- Ludolf von Kurland
- Albrecht von Brandenburg-Ansbach
- Heinrich von Plauen
- Peter Rigler
- Gotthard Kettler
Siehe auch: Liste der Hochmeister
Verwandte Artikel
- Schwertbrüder-Orden, Deutschbalten, Bistum Kulm, Liste der Bischöfe von Kulm, Bistum Kurland, Liste der Bischöfe von Kurland, Ordensburg Marienburg, Malbork, Schlacht bei Tannenberg_(1410), Bischöfe des Deutschen Ordens, Liste der Kommenden des Deutschen Ordens, Pfarrei Deutscher Orden, Ritter des Deutschen Orden, Deutschordensland
- Hanse
- Ritterorden
Literatur
- Marian Tumler: Der Deutsche Orden im Werden, Wachsen und Wirken bis 1400. Wien, 1954
- Hartmut Boockmann: Der Deutsche Orden. ISBN 3-406-38174-X
- Kreuz und Schwert. Der Deutsche Orden in Südwestdeutschland, in der Schweiz und im Elsass. Ausstellungskatalog Mainau, 1991
- Alain Demurger: Die Ritter des Herren, Geschichte der geistlichen Ritterorden. C.H. Beck ISBN 3-406-50282-2
Weblinks
- Deutschordensmuseum Bad Mergentheim
- Offizielle Seite des Deutschen Ordens in Deutschland
- Offizielle Seite des Deutschen Ordens in Österreich
- Akkon heute und früher
- Geschichte der Bistümer im Ordensstaat
- Sehr guter -nichtautorisierter - Kurzabriss über die Geschichte des D.O.
- Seminararbeit zum Handelsvertrag von 1409 zwischen dem Deutschen Orden und König Heinrich IV. von England
- Zum D.O.-Skandal