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Freie Syrische Armee

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Syrien 1961 Freie Syrische Armee
Armée syrienne libre
الجيش السوري الحر
Syrien 1961
Führung
Oberbefehlshaber: Colonel Riad al-Asaad
Verteidigungsminister: Stabschef Colonel Ahmad Hidschasi
Militärischer Befehlshaber: Vize-Befehlshaber Colonel Malik Kurdi
Sitz des Hauptquartiers: Hatay Türkei
Militärische Stärke
Aktive Soldaten: 50.000 - 60.000[1](Behauptung der Freien Syrischen Armee)
1.000 bis 25.000 (unabhängige Schätzungen)
Wehrpflicht: nicht bekannt
Wehrtauglichkeitsalter: nicht bekannt
Haushalt
Militärbudget: nicht bekannt
Anteil am Bruttoinlandsprodukt: nicht bekannt
Geschichte
Faktische Gründung: 29. Juli 2011

Die Freie Syrische Armee (arabisch الجيش السوري الحر al-Dschaisch as-Suri al-Hurr, französisch Armée syrienne libre, Kürzel FSA) ist eine besonders von der sunnitischen Mehrheit Syriens getragene[2] bewaffnete Oppositionsgruppe.[3] Sie ist mit dem Syrischen Nationalrat verbunden.[4]

Die Freischärler geben als vordergründiges Ziel den Schutz von Zivilisten an. Zur Erreichung ihres eigentlichen Ziels greifen sie jedoch auch die staatlichen Sicherheitskräfte der Regierung unter Präsident Baschar al-Assad an. Der Spitzname der Armee ist auch Bewegung Freier Offiziere (arabisch حركة الضباط الأحرار), ihr Motto ist „Freie Armee, Freies Syrien!“ (arabisch جيش حر, سوريا حرة). Die Kennfarben der Armee sind Grün, Rot, Weiß und Blau.

Human Rights Watch wirft der FSA schwere Menschenrechtsverletzungen vor.[5] Die Syrisch-Orthodoxe Kirche beklagt „ethnische Säuberungen gegen Christen“ in Homs durch islamistische Mitglieder der FSA.[6]

Gründung und Ziele

Die Formation der bewaffneten Oppositionsgruppe wurde am 29. Juli 2011 in einem Webvideo angekündigt, das durch eine Gruppe von uniformierten Überläufern des syrischen Militärs herausgegeben wurde. Darin werden auch Mitglieder der syrischen Armee aufgerufen, überzulaufen und der FSA beizutreten.[7] Der Anführer der Männer, welcher sich selbst als Colonel Riad al-Asaad bezeichnet, kündigte an, dass die FSA mit den Demonstranten der Proteste in Syrien 2011 zusammenarbeite, um das System zu stürzen und erklärte, dass alle Sicherheitskräfte, die Zivilisten attackieren, gerechtfertigte Ziele der FSA sind.[8][9]

Riad al-Asaad betonte, dass die Freie Syrische Armee keine politischen Ziele habe, mit Ausnahme des Sturzes der Regierung Präsident Baschar al-Assads.[10][11] Die Freie Syrische Armee behauptet, dass der Konflikt in Syrien 2011 kein religiöser sei und dass sie in ihren Reihen auch Alawiten hätten, die gegen das Regime opponieren. Es werde keine Vergeltungsmaßnahmen geben, wenn das Ziel erreicht sei.[12]

Zusammensetzung

Die Freie Syrische Armee besteht primär aus dem übergelaufenen Personal der Streitkräfte Syriens, die seit dem Bürgerkrieg in Syrien aktiv sind.[3] Hinzu kommen auch immer mehr Zivilisten, die sich der FSA anschließen, um gegen die Regierung Assad zu kämpfen und ihre jeweiligen Heimatorte zu verteidigen.[13] Als dritte Gruppe gibt es immer wieder Berichte über ausländische Kämpfer, insbesondere aus dem Libanon[14] und Libyen [15], aber auch aus anderen arabischen Ländern, die sich der FSA aus unterschiedlichen Motiven angeschlossen haben. Am 23. September 2011 vereinigte sich die Freie Syrische Armee mit der Bewegung Freier Offiziere (arabisch حركة الضباط الأحرار, Ḥarakat aḍ-ḍubbāṭ al-aḥrār) und wurde zur größten Oppositionsarmee.[3][16] Im Dezember 2011 gab es nach Angaben der Aktivisten etwa 15.000 bis 25.000 Überläufer von den syrischen Streitkräften,[17] westliche Geheimdienstquellen schätzten die Zahl der Kämpfer auf mehr als 10.000 Überläufer.[18] Im März 2012 hat die Freie Syrische Armee angegeben 50.000-60.000 Soldaten zu kommandieren.[1] Die genaue Zahl der Soldaten, die zur Freien Syrischen Armee übergelaufen sind, ist jedoch unbekannt. Nach Angaben ihres Anführers Riyad Asad gewinnt die Freie Syrische Armee jedes Mal, wenn sie einen Angriff durchführten, „100 bis 300 weitere Mitglieder“.[19]

Der FSA wird nachgesagt, auch Kindersoldaten einzusetzen. Es war der UN-Beauftragten für Kinder in bewaffneten Konflikten Radhika Coomaraswamy jedoch „nicht möglich“, diese Informationen „zu verifizieren“.[20]

Die FSA wird von den Kurden in Syrien durch viele Demonstrationen und militärische Hilfe in den Regionen Afrin, Qamischli und vielen anderen Regionen unterstützt. Nicht unterstützt wird sie von den Schiiten[2] Syriens.

Bewaffnung

Die Freie Syrische Armee ist primär mit leichten Waffen wie AK47-Gewehren und RPG-7-Panzerbüchsen ausgestattet.[21] Hinzu kommen Scharfschützengewehre sowie schwere PK-Maschinengewehre. Diese stammen zu großen Teilen aus den Beständen der Syrischen Armee und wurden von desertierenden Soldaten beim Verlassen ihres Postens mitgenommen. Hinzu kommen Überfälle auf Waffenlager und Konvoys der Armee, die der FSA erlaubten, größere Mengen leichter Waffen in ihre Gewalt zu bringen. Zudem gibt es Berichte über Soldaten in der Syrischen Armee, die ihre Waffen an die Rebellen verkaufen. Weitere wichtige Quellen sind die Schwarzmärkte im Irak und dem Libanon sowie die wachsende internationale Unterstützung aus Saudi-Arabien, Katar und Libyen. Seit Mai/Juni 2012 verfügt die FSA offenbar über immer effektivere Panzerabwehrwaffen, die sie dazu befähigt, auch gegen schwer gepanzerte T-72 Panzer erfolgreiche Angriffe durchzuführen.[22] [23] Es gibt Hinweise darauf, dass die FSA auch gepanzerte Fahrzeuge und Panzer unter ihre Kontrolle gebracht und vereinzelt auch eingesetzt hat.[24] Aufgrund fehlender Luftunterstützung, geringer Mobilität und mangelnder Panzermunition werden sie aber kaum verwendet. Gerade in ländlichen Regionen sind aber immer häufiger so genannte "Technicals" anzutreffen, d.h. Pick-Ups mit aufgesetzten schweren Maschinen- oder Luftabwehrgeschützen.[25] Zusätzlich werden immer häufiger so genannte Improvised Explosive Devices (IEDs) eingesetzt, um Armee-Konvoys oder Einrichtungen der Sicherheitsorgane anzugreifen.[26] Davon abzugrenzen sind Bombenanschläge wie die in Damascus am 10. Mai 2012, die zwar teilweise in der Nähe von Sicherheitseinrichtungen stattfanden, jedoch primär zivile Opfer forderten. Während die Regierung Al-Qaida für solche Anschläge verantwortlich gemacht hat, schieben Oppositionelle die Verantwortung für derartige Anschläge auf die Regierung, die die Oppositionsbewegung diskreditieren und ihr Narrativ von ausländischen terroristischen Gruppen stützen will.[27]

Militärisches Vorgehen

Hinsichtlich des strategischen Vorgehens der FSA gibt es nur Vermutungen. Beobachter halten es für möglich, dass versucht wird, zunächst die Küstenregion vom Landesinneren abzutrennen. Die Linie, an der dies erfolgen solle verläuft entlang der Städte Qusair, Homs, Hama und Idlib. Dieses "Großlibanon" solle dann, vergleichbar der Rolle Bengasis 2011 in Libyen, als Aufmarschgebiet für weitere Kämpfe dienen.[28]

Die FSA operiert in vielen Teilen Syrien, in städtischen Gebieten ebenso wie im Landesinneren. FSA-Einheiten sind im Nordwesten (Idlib, Aleppo), der Zentralregion (Homs, Hama und Rastan), der Küste um Latakia, dem Süden (Deraa und Houran), dem Osten (Dayr al-Zawr, Abu Kamal), und dem Damaskus-Gebiet aktiv. Die größte Konzentration ihrer Kräfte erscheint in der Zentralregion, vor allem in Homs, Hama und dem umliegenden Gebieten. Hier sind mehr als neun Bataillone aktiv.[29]

Internationale Unterstützung

Der libysche Nationale Übergangsrat kündigte im November 2011 an, dass er in Gesprächen mit dem Syrischen Nationalrat stehe, und es in Erwägung ziehe, Waffen und freiwillige Kämpfer der Nationalen Befreiungsarmee zur Freien Syrischen Armee zu schicken und eine internationale Intervention nur Wochen bevor stehe. Nach Angaben von Vertretern des Nationalen Übergangsrates bieten die Libyer Geld, Waffen und Ausbildungskräfte für jene an, die loyal zum Syrischen Nationalrat stehen.[30]

Nach Angaben libyscher Quellen wurden am 29. November mindestens 600 Kämpfer der Libyschen Nationalen Befreiungsarmee von Libyen nach Syrien gesandt, um die Freie Syrische Armee zu unterstützen. Sie drangen von der Türkei aus nach Syrien ein.[31] Auch Saudi-Arabien soll gemäß Diplomatenkreisen Waffen an die FSA liefern. Diese sollen über Jordanien nach Syrien gelangen[32] Ebenso sollen Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate die FSA mit Geld, Logistik und Waffen unterstützen und die Hilfe aus Libyen koordinieren[33]. Der Golfstaat Kuwait hat der FSA ebenfalls Hilfeleistung zugesagt[34]. Ebenfalls soll die Freie Syrische Armee Waffen aus dem Libanon kaufen, welche zuvor von dem syrischen Regime geschenkt worden waren.[35]

Islamisierung

Der Führer von al-Qaida, Aiman az-Zawahiri hat seine Unterstützung für die syrischen Rebellen ausgedrückt, hat die Syrer aufgerufen, sich gegen die Regierung zu stemmen und bat Menschen in den benachbarten Ländern, den Syrern zu helfen.[36] In den vom Regime nicht mehr kontrollierten Gebieten Nordsyriens zwischen den Städten Idlib und Aleppo und der türkischen Grenze hat Al-Qaida im Verlauf des Konflikts seine Präsenz ausgebaut. Bisher trifft das Netzwerk jedoch unter der Zivilbevölkerung und in den säkular ausgerichteten Teilen der FSA auf wenig Unterstützung. Nichtsdestotz weht die Flagge der Organisation wohl über einigen Ortschaften in den ländlichen Gebieten Nordsyriens. Inwiefern hier aber von einer direkten Kontrolle durch die Organisation zu sprechen ist, ist zweifelhaft. [37]

Knapp 90 % der christlichen Bevölkerung von Homs, etwa 10.000 Einwohner, wurden aus ihren Häusern durch Mitglieder der „Faruq-Brigade“ vertrieben.[38] Lokale christliche Familien bestätigten, dass sie aus Homs vertrieben wurden, da sie als "dem Regime nah" betrachtet wurden.[6]

Im späten Mai 2012 traten 300 Libanesen der FSA bei, um einen Dschihad gegen die syrische Regierung zu führen. Die Anwesenheit von Algeriern, Tunesiern, Jordaniern und Kämpfern aus Saudi-Arabien wurde ebenfalls bestätigt.[39]

Einzelnachweise

  1. a b Thomas Seibert: Syriens Flüchtlinge wollen Waffen. In: Tagesspiegel. 21. März 2012, S. 2, abgerufen am 21. März 2012.
  2. a b Tim Arango: Syria’s Sectarian Fears Keep Region on Edge in der New York Times am 28. Februar 2012.
  3. a b c Ayla Albayrak: Turkey Plans Military Exercise on Syrian Border In: Wall Street Journal, 4. Oktober 2011 
  4. Syrian opposition to co-ordinate with Free Syrian Army In: BBC News, 1. Dezember 2011 
  5. http://www.heise.de/tp/artikel/36/36729/1.html
  6. a b ASIEN/SYRIEN - Beobachter beklagen Menschenrechtsverstöße der Opposition und „ethnische Säuberung“ in Homs während Jesuiten humanitäre Hilfe leisten. Fides Agenzia, 21. März 2012, abgerufen am 7. April 2012.
  7. Joshua Landis: Free Syrian Army Founded by Seven Officers to Fight the Syrian Army. Syria Comment, 29. Juni 2011, abgerufen am 7. August 2011.
  8. Defecting troops form 'Free Syrian Army', target Assad security forces, 3. August 2011. Abgerufen am 7. August 2011 
  9. Syrian Army Colonel Defects forms Free Syrian Army, 1. August 2011. Abgerufen am 7. August 2011 
  10. Commander of Free Syrian Army: Al Asad to face Gaddafi's fate In: Trend, 10. Oktober 2011. Abgerufen am 22. Oktober 2011 
  11. Thair Abbas: Asharq Al-Awsat visits the Free Syrian Army In: Asharq Al-Awsat, 10. September 2011. Abgerufen am 22. Oktober 2011 
  12. Salam Hafez: Syrian Opposition Call for No-Fly Zone In: The Journal of Turkish Weekly, 8. Oktober 2011 
  13. http://www.aljazeera.com/indepth/features/2012/02/201221315020166516.html
  14. http://www.dailystar.com.lb/News/Politics/2012/May-30/175072-lebanese-join-the-free-syrian-armys-struggle.ashx#axzz1wNF5ae2M
  15. http://www.albawaba.com/news/libyan-fighters-join-free-syrian-army-forces-403268
  16. Johnathon Burch: War is only option to topple Syrian leader In: Reuters, 7. Oktober 2011 
  17. Salem Hafez: Syria: How Far Has Uprising Spread? Institute for War and Peace Reporting, abgerufen am 27. Oktober 2011.
  18. Nada Bakri: Defectors Claim Attack That Killed Syrian Soldiers In: The New York Times, 26. Oktober 2011 
  19. http://www.businessweek.com/news/2011-11-30/free-syrian-army-seeks-no-fly-zone-vows-to-reach-palace.html
  20. Gewalt in Syrien: Rebellen sollen Kindersoldaten eingesetzt haben im Focus am 27. März 2012.
  21. http://observers.france24.com/content/20111118-free-syrian-army-soldier-lack-weapons-homs-army-defectors-bashar-al-assad-syrian-national-council
  22. http://www.youtube.com/watch?v=RcIApANsu9I
  23. http://www.youtube.com/watch?v=VpWi9xbImT0
  24. http://blogs.aljazeera.com/topic/syria/syria-feb-2-2012-0019
  25. http://brown-moses.blogspot.de/2012/07/latest-weapons-of-free-syrian-army.html
  26. http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/middleeast/syria/9367015/Idlib-dispatch-Syrian-rebels-are-better-armed-more-numerous-and-stronger-by-the-day.html
  27. http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-18015935
  28. Karin Leukefeld: ai schont Assad-Gegner in junge Welt am 25. Mai 2012.
  29. Asads armed opposition - the free Syrian army, Now Lebanon, 30. November 2011 
  30. syrian dissidents to get arms, volunteers from Libya, Al Arabiya, 26. November 2011 
  31. http://m.albawaba.com/en/node/403268
  32. Saudi-Arabien schickt angeblich Waffen an syrische Aufständische. In: Zeit Online. ZEIT ONLINE GmbH, 19. März 2012, abgerufen am 19. März 2012.
  33. de.rian.ru vom 2. Dezember 2012; 100 Millionen Dollar Unterstützung für Freie Syrische Armee focus-online.de 2. April 2012
  34. "Kuw. parliament says supports Syria's rebel army" Reuters 1. März 2012
  35. http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,830540,00.html
  36. Syria uprising: Al-Qaeda's al-Zawahiri lends support. In: BBC. 12. Februar 2012, abgerufen am 7. April 2012.
  37. http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/middleeast/syria/9396256/Al-Qaeda-tries-to-carve-out-a-war-for-itself-in-Syria.html
  38. Abuse of the opposition forces, "ethnic cleansing" of Christians in Homs, where Jesuits remains. Abgerufen am 2. April 2012 
  39. Lebanese join the Free Syrian Army’s struggle