Kloster Hachborn

deutsche Organisation
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Das Kloster Hachborn (auch Stift Hachborn) war ein Prämonstratenserinnenstift in Hachborn, einem Ortsteil der Gemeinde Ebsdorfergrund (Landkreis Marburg-Biedenkopf), das 1186 gegründet und 1527 im Zuge der Reformation aufgelöst wurde.

Ehemalige Klosterkirche in Hachborn mit Kirchenmauer im Vorder- und ehemaliger Klostermauer im Hintergrund

Geschichte

 
Das Mainzer Domkapitel bestätigt die Schutzerteilung für das Kloster Hachborn durch den Mainzer Erzbischof Siegfried II. (1215 April 3), Hessisches Staatsarchiv Marburg, Urk. 25, Nr. 6[1]

Die Gründung des Prämonstratenserstifts Hachborn erfolgte 1186 durch eine Schenkung der Grafen von Merenberg. Die Brüder Giso und Hartrad der Jüngere (III.) hatten dem Prämonstratenserstift Arnstein ein Allod im Dorf Hachborn unter der Bedingung gestiftet, dass der Ort zum Gottesdienst gemäß der Prämonstratenserregel eingerichtet werde. Bestätigt wird die Schenkung durch eine Urkunde des Arnsteiner Stifts vom 31. Mai 1186.[2]

Zu Beginn handelte es sich vermutlich um ein Doppelstift, da zunächst von Brüdern (fratres) die Rede ist, die das Stift bewohnten, in der Mitte des 13. Jahrhunderts aber auch eine Meisterin für Hachborn bezeugt ist.[3] Ab diesem Zeitpunkt kann vom Bestehen eines reinen Frauenstiftes ausgegangen werden. Zur Schenkung der Grafen kam das Patronat des Klosters über die nahegelegene Ebsdorfer Kirche hinzu, die ebenfalls der Mainzer Kirche und deren Erzbischof unterstellt war.[4] Einem Plan aus dem Jahr 1698 lassen sich die zum Stift gehörigen Gebäude sowie die unmittelbar um die Wirtschafts- und Wohngebäude gelegenen Gärten und Nutzflächen entnehmen. Die Kirche, die in mehrfach umgebauter Form noch besteht, muss im 13. Jahrhundert einem Brand zum Opfer gefallen sein, da der Konvent laut einer Urkunde für deren Restaurierung bzw. Wiederaufbau Spenden sammelte.[5]

Der Auflösung des Stifts im Zuge der Reformation 1527 ging bereits eine allgemeine wirtschaftliche Krise voran.[6] Mit dem vergleichsweise kleinen Grundbesitz, über den das Stift verfügte, war es schließlich nicht mehr in der Lage, sich selbst zu versorgen und Abgaben zu leisten. Auch die Abgaben, die dem Stift von Seiten der Pächter zustanden, blieben ausweislich der Rechnungsbücher aus.[7] Bereits Ende des 15. Jahrhunderts kam es so weit, dass einzelne Stiftsfrauen mit ihrem Privatvermögen verpfändeten Besitz des Klosters auslösen mussten, damit die Selbstversorgung weiterhin gewährleistet war.[8] Der verpfändete städtische Besitz in Marburg konnte nicht mehr ausgelöst werden und fiel nach der Auflösung des Stifts an die Stadt Marburg.

Wirtschaft und Besitz

Der Ausgangspunkt für Besitz und Versorgung des Hachborner Stifts war der zur Stiftung des Geschlechts von Merenberg gehörende Grundbesitz, der sich aus landwirtschaftlich nutzbaren Flächen und Wald zusammensetzte.[9] Die landwirtschaftlichen Flächen dienten der Viehzucht und zum Gemüse- sowie Getreideanbau, während die Waldflächen zur Brennholzversorgung und Schweinemast genutzt wurden. Gemäß der Ordensregel der versorgten sich die in Hachborn ansässigen Stiftsfrauen in Eigenwirtschaft, wurden hierbei allerdings durch Laienbrüder bzw. -schwestern unterstützt.

Der Besitzschwerpunkt des Hachborner Stifts lag den Urkunden zufolge südlich von Marburg, insgesamt verfügte das Kloster über Besitzungen in den Kreisen Marburg, Gießen, Alsfeld, Wetzlar, Biedenkopf und Frankenberg. Zum Besitz des Klosters gehörten neben reinem Grundbesitz auch Mühlen, Fischteiche und Gewässer, städtische Immobilien und Höfe bzw. sogenannte Hofstellen, die das Kloster und seine Bewohner mit ihren Erträgen versorgten.[10] Die wichtigste Mühle des Stifts, die Sandmühle, befand sich in Hachborn selbst, hier wurde der Großteil des Getreides gemahlen und direkt im Kloster gelagert und verbraucht. Es ist anzunehmen, dass die Dorfbevölkerung die Klostermühle mitbenutzte. Der vergleichsweise hohe Arbeitsaufwand, der sich durch die großflächigen Besitzungen ergab, erforderte zahlreiche Arbeitskräfte, die sich nicht allein aus den Reihen der Stiftsfrauen rekrutieren ließen. Vielmehr stammte das Gros der für Hachborn belegten Konversen bzw. Konversinnen aus dem Ort selbst oder zumindest aus der nahen Umgebung.[11] Sie waren mit der Verrichtung landwirtschaftlicher Arbeiten und der Bewirtschaftung des Streubesitzes betraut, während sich die Stiftsfrauen gemäß des Grundsatzes der Klausur lediglich im Bereich des Stifts aufhielten.

Dass es nicht zu allen Zeiten eine ausreichende Zahl an Konversen gegeben hat, legt die Tatsache nahe, dass für kleinere Aufträge und landwirtschaftliche Arbeiten zusätzlich Tagelöhner bzw. Lohnarbeiter hinzugezogen wurden.[12] Doch nicht nur von Flächen, die das Stift unmittelbar selbst bewirtschaftete, profitierten die Schwestern. Vielmehr war ein Großteil des entfernter gelegenen Besitzes verpachtet und erbrachte Abgaben an das Hachborner Konvent. In diese Gruppe fällt auch der etwa vier Kilometer von Hachborn bei Ilschhausen gelegene Hof Fortbach, der gleich an zwei Pächter gegeben wurde. Eine anderer Hof, der Mönchhof, befand sich direkt in Hachborn und wurde von Konversen und Prämonstratenserinnen bewirtschaftet.

Der Großteil des Besitzes setzte sich aus gestifteten und im Laufe der Zeit erworbenen Flächen zusammen, wobei eine Tendenz zur Arrondierung von Grundbesitz in und um Hachborn zu erkennen ist, während aus verwaltungstechnischen Gründen versucht wurde, weiter entfernt gelegenen Besitz zu vermeiden bzw. zu verpachten oder zu veräußern. Einen Radius von 50 Kilometer um das Stift haben die Besitzungen nie überschritten, was durchaus auch mit der Größe des Konvents in Verbindung zu bringen ist.[13] Die Wirtschaftstätigkeit der Prämonstratenserinnen in Hachborn blieb trotz allem beschränkt, wenn auch der Handel mit überschüssigen Erträgen oder Tieren belegt ist.[14] Eine Ausweitung der Handelstätigkeit, wie sie den Zisterzienserinnenklöstern Caldern und Georgenberg durch deren Tuchproduktion möglich war, erfolgte hier nicht.

Eine weitere Einnahmequelle des Stiftes waren sogenannte Seelgerätestiftungen, mit denen die Spender für ihr Seelenheil zu sorgen gedachten, indem sie dem Kloster Geldsummen, Grundbesitz oder andere Güter wie beispielsweise Wachs stifteten.[15] Auch das Patronat der Ebsdorfer Kirche, das dem Stift bei der Gründung übertragen wurde, erwies sich als rentabel, gehörten doch zu Ebsdorf zwölf Dörfer, deren kirchliche Einnahmen an das Stift flossen.

 
Grabsteine nahe der Kirche des ehemaligen Klosters; im Hintergrund Reste der Klostermauer

Verwaltet wurde der Besitz des Hachborner Prämonstratenserinnenstifts durch die Meisterin, die dem Konvent seit Mitte des 13. Jahrhunderts vorstand.[16] Gemeinsam mit ihr überwachte eine Priorin die Einnahmen und Ausgaben des Stifts sowie den rechtzeitigen Eingang der Abgaben aus den verpachteten Gütern.

Konvent

Über die Frauen, die als Nonnen im Laufe der Zeit in das Stift eintraten, wurde anhand der Quellen festgestellt, dass es sich keineswegs nur um Töchter hochadliger Familien handelte. Vielmehr entstammten sie häufig niederem Adel, städtischem Patriziat oder nichtpatrizischem Bürgertum.[17] Auch ist als Grund für den Eintritt in das Hachborner Konvent weniger ausgeprägte Religiosität zu sehen, als vielmehr der Wunsch der Familie die Tochter bzw. die Töchter einer gesicherten Existenz zuzuführen. Normalerweise musste zum Eintritt in ein Konvent eine Mitgift aufgebracht werden, in Hachborn ist jedoch für die gesamte Zeit seines Bestehens keine einzige belegt.[18] Vermutlich wurde der Unterhalt durch die persönlichen Leibrenten der Frauen gesichert. Diese wurden entweder von den Familien der Nonnen gestellt oder von den Frauen selbst erworben und fielen oft nach dem Tod an das Kloster. Als das Stift 1527 aufgelöst wurde, befanden sich noch fünf, vor der Auflösung noch neun Nonnen in Hachborn, die durch den Landgrafen abgefunden wurden.

Heute

 
Kirche Hachborn

Das einzige erhaltene Gebäude des ehemaligen Klosters Hachborn ist die Klosterkirche, die heute als Gemeindekirche Hachborns dient.

Sie entstand vermutlich, bevor die Grafen von Merenberg das Gelände dem Arnsteiner Stift schenkten. Das würde die Lage der Kirche abseits der ehemaligen Klostergebäude erklären. Bei der Außenrenovierung 1990 wurden Zeichen diverser Umbauten deutlich, die jedoch heute unter einer neuen Putzschicht verborgen sind.[19] Hinter der Kirche befinden sich Reste der ehemaligen Klostermauer sowie ein Keller, der heute Teil eines Privatgrundstückes ist.

Quellen

Gedruckte Quellen

  • Friedrich Schunder (Hrsg.): Die oberhessischen Klöster. Regesten und Urkunden I. Marburg 1961.

Archivalische Quellen (Auswahl)

Hessisches Staatsarchiv Marburg:

  • Handschriften 142 a, Kloster Hachborn, Deduction über Gründung, Aufhebung etc., 1629[20]
  • Urkunden 25[21].

Literatur

  • Festschrift zur 800-Jahrfeier des Prämonstratenserklosters Hachborn. 1987.
  • Eckhart G. Franz: Die hessischen Klöster und ihre Konvente in der Reformation. In: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte. Band 19, 1969, S. 147–233.
  • Eckhart G. Franz: Die hessischen Klöster in der Reformation. In: Blätter für deutsche Landesgeschichte. Band 109, 1973, S. 259–264.[22]
  • Heinrich Lauer, Georg Mann: Hachborn und Ilschhausen. Band I. Menschen und Häuser. Heimatverein Hachborn und Ilschhausen, Gießen 1995.
  • Christina Vanja: Besitz- und Sozialgeschichte der Zisterzienserinnenklöster Caldern und Georgenberg und des Prämonstratenserinnenstiftes Hachborn in Hessen im späten Mittelalter. Darmstadt 1984.

Einzelnachweise

  1. Hessisches Archiv-Dokumentations- und Informations-System. Abgerufen am 21. Juni 2012
  2. Friedrich Schunder (Hrsg.): Die oberhessischen Klöster. Regesten und Urkunden I. Marburg 1961, S.257.
  3. Friedrich Schunder (Hrsg.): Die oberhessischen Klöster. Regesten und Urkunden I. Marburg 1961, S. 797.
  4. Christina Vanja: Besitz- und Sozialgeschichte der Zisterzienserinnenklöster Caldern und Georgenberg und des Prämonstratenserinnenstiftes Hachborn in Hessen im späten Mittelalter. Darmstadt 1984, S. 12.
  5. Friedrich Schunder(Hrsg.): Die oberhessischen Klöster. Regesten und Urkunden I. Marburg 1961, 798.
  6. Christina Vanja: Besitz- und Sozialgeschichte der Zisterzienserinnenklöster Caldern und Georgenberg und des Prämonstratenserinnenstiftes Hachborn in Hessen im späten Mittelalter. Darmstadt 1984, S.34 ff.
  7. Christina Vanja: Besitz- und Sozialgeschichte der Zisterzienserinnenklöster Caldern und Georgenberg und des Prämonstratenserinnenstiftes Hachborn in Hessen im späten Mittealter. Darmstadt 1984, S.34 ff.
  8. Christina Vanja: Besitz- und Sozialgeschichte der Zisterzienserinnenklöster Caldern und Georgenberg und des Prämonstratenserinnenstiftes Hachborn in Hessen im späten Mittelalter. Darmstadt 1984, S.34 ff.
  9. Friedrich Schunder (Hrsg.): Die oberhessischen Klöster. Regesten und Urkunden I. Marburg 1961, 787.
  10. Christina Vanja: Besitz- und Sozialgeschichte der Zisterzienserinnenklöster Caldern und Georgenberg und des Prämonstratenserinnenstiftes Hachborn in Hessen im späten Mittelalter. Darmstadt 1984, S. 378.
  11. Christina Vanja: Besitz- und Sozialgeschichte der Zisterzienserinnenklöster Caldern und Georgenberg und des Prämonstratenserinnenstiftes Hachborn in Hessen im späten Mittelalter. Darmstadt 1984, S. 82 ff.
  12. Friedrich Schunder (Hrsg.): Die oberhessischen Klöster. Regesten und Urkunden I. Marburg 1961, 864.
  13. Christina Vanja: Besitz- und Sozialgeschichte der Zisterzienserinnenklöster Caldern und Georgenberg und des Prämonstratenserinnenstiftes Hachborn in Hessen im späten Mittelalter. Darmstadt 1984, S. 38.
  14. Christina Vanja: Besitz- und Sozialgeschichte der Zisterzienserinnenklöster Caldern und Georgenberg und des Prämonstratenserinnenstiftes Hachborn in Hessen im späten Mittelalter. Darmstadt 1984, S. 104.
  15. Christina Vanja: Besitz- und Sozialgeschichte der Zisterzienserinnenklöster Caldern und Georgenberg und des Prämonstratenserinnenstiftes Hachborn in Hessen im späten Mittelalter. Darmstadt 1984, S. 23.
  16. Friedrich Schunder (Hrsg.): Die oberhessischen Klöster. Regesten und Urkunden I. Marburg 1961, 797.
  17. Christina Vanja: Besitz- und Sozialgeschichte der Zisterzienserinnenklöster Caldern und Georgenberg und des Prämonstratenserinnenstiftes Hachborn in Hessen im späten Mittelalter. Darmstadt 1984, S.126 ff.
  18. Christina Vanja: Besitz- und Sozialgeschichte der Zisterzienserinnenklöster Caldern und Georgenberg und des Prämonstratenserinnenstiftes Hachborn in Hessen im späten Mittelalter. Darmstadt 1984, S.132 ff.
  19. Heinrich Lauer, Georg Mann: Hachborn und Ilschhausen I. Menschen und Häuser. Gießen 1995, S. 41 f.
  20. Nachweis in Hadis
  21. Nachweis in Hadis
  22. Digitale Ausgabe

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