Silikat steht allgemein für eine chemische Verbindung von Silizium und Sauerstoff () und einem oder mehreren Kationen (positiv geladene Ionen), möglicherweise auch Wasser, Hydroxid oder Fluorid.
Die Geologie unterscheidet zwischen Silikatmineralen und technischen Silikaten. Erdkruste und Erdmantel bestehen zu über 90% aus Silikaten.
Struktur der Silikate
Allen Silikaten ist ein gemeinsames Bauprinzip eigen, deshalb lassen sie sich einfach in eine systematische Ordnung bringen.
Grundbaustein aller Silikate sind SiO4-Tetraeder. Ein Siliziumatom ist dabei von vier Sauerstoffatomen umgeben. Die Sauerstoffatome berühren sich wegen ihrer Größe, in der Mitte bleibt Platz für das relativ kleine Siliziumatom (der freie Raum heißt Tetraederlücke).
Eine weitere Eigenschaft der Silikate besteht in der Fähigkeit der Sauerstoffatome gleichzeitig an verschiedenen SiO4-Komplexen teilzuhaben. Daraus ergeben sich neben isolierten SiO4-Tetraedern weitere, zusammengesetzte Bauelemente:
- isolierte Tetraeder
- Doppeltetraeder
- Ringstrukturen
- Einfach- und Doppelketten
- Schichtstrukturen
- Gerüststrukturen
Silizium kann durch das sich chemisch ähnliche verhaltende Aluminium ersetzt (substituiert) werden. Solche Silikate nennt man Alumosilikate. Wird das vierwertige Silizium (Si4+) durch dreiwertiges Aluminium (Al3+) substituiert, muss Ladungsausgleich durch Einbau weiterer positiv geladener Ionen (Kationen) erfolgen. Das Al:Si-Verhältnis kann allerdings den Wert 1 nicht überschreiten, reine Aluminate kommen also in der Natur nicht vor.
Systematik
Die Silikate bilden wie bereits erwähnt eine äußerst ausgedehnte Mineralfamilie. Es treten große Unterschiede hinsichtlich chemischer Zusammensetzung, Kristallsymmetrie, Bindungsarten und Struktur der Grundbausteine auf. Es bestehen deshalb verschiedene Klassifikationsschemata für Silikate, siehe dazu die Literaturhinweise. Das in Deutschland übliche Klassifikationsschema teilt die Silikate nach dem Grad der Polymerisation der SiO4-Tetraeder ein.
Klassifizierung nach dem Polymerisationsgrad der SiO4-Tetraeder
Inselsilikate (Nesosilikate)
Bei den Inselsilikate liegen isolierte SiO4-Tetraeder vor. Wichtige Vertreter sind z.B. Olivin ( ), oder Zirkon ( ).
Gruppensilikate (Sorosilikate)
Je zwei [SiO4-Komplexe sind über ein Sauerstoffatom zu Doppeltetraedern verbunden, wobei dieser sogennante Brückensauerstoff jedem SiO4-Tetraeder zur Hälfte angehört. Das Si:O Verhältnis ist damit 2:7. Diese Struktur kommt weniger häufig vor, ein Beispiel ist das Mineral Gehlinit (Ca2Al[(Si,Al)2O7]).
Ringsilikate (Cyclosilikate)
In Ringsilikaten sind die SiO4-Tetraeder zu isolierten Dreier-, Vierer- und Sechserringen gruppiert. Jedes Siliziumion teilt sich je zwei Sauerstoffionen mit zwei benachbarten Tetraedern. Daraus ergeben sich die folgenden Formeln für die Ringstrukturen :
- [Si3O9]6-
- [Si4O12]8-
- [Si6O18]12-.
Beryll (Al2Be3[Si6O18]) und Cordierit ((Mg,Fe)2[Al4Si5O18]*nH2O) gehören zu den Ringsilikaten.
Einfach- und Doppelkettensilikate (Inosilikate)
Zu den Inosilikaten gehören zwei wichtige Gruppen von gesteinsbildenden Mineralen: Pyroxene und Amphibole. Die Pyroxene bilden eindimensionale Einfachketten, dabei gehören je zwei der Sauerstoffionen gleichzeitig zwei Tetraederkomplexen an, woraus sich ein Si:O-Verhältnis von 1:3 ergibt (z.B. Diopsid (CaMg[Si2O6]).
Amphibole bilden eindimensionale Doppelketten. Dabei sind zwei Einfachketten seitlich über Brückensauerstoffe verbunden. Gegenüber den Einfachketten hat zusätzlich jeder zweite Tetraeder jeder Einfachkette mit seinem jeweiligen Nachbarn ein Sauerstoffion gemeinsam. Das Si:O-Verhältnis bei Doppelkettensilikaten beträgt 4:11. In solchen silikatischen Doppelketten sind Hohlräume vorhanden, in die (OH)-- und F--Ionen eintreten können. In der chemischen Summenformel wird das durch einen vertikalen Strich zum Ausdruck gebracht. Ein Mineral aus der Gruppe der Amphibole ist Aktinolith (Ca2(Mg,Fe)5[(OH)2|Si8O22]).
Schichtsilikate (Phyllosilikate)
Durch weitergehende Polymerisation bilden sich aus Kettenstrukturen zweidimensionale Schichtstrukturen von SiO4-Tetraedern. Innerhalb einer Schicht teilt sich dabei jedes Siliziumion drei seiner Sauerstoffionen mit seinen Nachbarn. Das Si:O-Verhältnis der Schichtsilikate beträgt 2:5. Zwischen den SiO4-Schichten befinden sich Hohlräume die mit (OH)-- und F--Ionen besetzt werden können.
Die Schichtsilikate besitzen eine weitergehende Systematik und werden unterteilt in Zwei- und Dreischichtsilikate, eine weitere Unterteilung berücksichtigt die Strukturen und Ionen, die sich zwischen zwei Tetraederschichten befinden.
Zu den Schichtsilikaten gehören Mineralgruppen wie Glimmer, Talk, Serpentin und Tonminerale, Beispiele sind Muscovit (ein Dreischichtsilikat) (KAl2[(OH)2|AlSi3O10]) und Kaolinit (ein Zweischichtsilikat) (Al4[(OH)8|Si4O10].
Gerüstsilikate (Tectosilikate)
Bei Schichtsilikaten gehört jedes Sauerstoffion gleichzeitig zwei benachbarten Tetraedern an. Dadurch entstehen dreidimensionale Netzwerkstrukturen.Es ergibt sich die chemische Summenformel SiO2, das ist Quarz. Für weitere Gerüstsilikate muss Silizium durch Aluminium ersetzt werden. Der Ladungsausgleich erfolgt durch Einlagerung von Kationen. Zu den Gerüstsilikaten gehören die Feldspäte und Feldspatvertreter, eine wegen ihrer Häufigkeit außerordentlich wichtige Gruppe von Mineralen. Beispiele sind Minerale aus der Mischreihe der Plagioklase (Albit - Anorthit): (NaAlSi3O8 - CaAl2Si2O8).
In das weitmaschige Gitternetz einiger Gerüstsilikate können sogar große Moleküle wie [[H2O|Wasser]] eingebaut werden. Bei hoher Temperatur entweicht das Wasser, wird jedoch bei niedriger Temperatur in mit Wasserdampf gesättigter Umgebung wieder ins Kristallgitter eingebaut. Diese wasserhaltigen Minerale gehören zur Gruppe der Zeolithe (z. B. Natrolith (Na2[Al2Si3O10]*nH2O).
Klassifikation nach Kostov (siehe Referenzen)
Diese Einteilung beruht hauptsächlich auf der chemischen Zusammensetzung des Silikats und seiner Kristallmorphologie.
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Klassifikation nach Zoltai (siehe Referenzen)
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Vorkommen
- Silikate kommen in allen Wässern in niedriger Konzentration gelöst vor
- biogene Silikate: Diatomeen (Kieselalgen)
- auf allen erdähnlichen Planeten
Verwendung von Silikaten
Schmuck- und Edelsteine
- Amethyst, Avanturin, Chalcedon, Citrin, Moosachat (alles Quarzvarietäten: Schmucksteine)
- Granat, Olivin (in Peridotiten: Wandverkleidungen?), Topas, Zirkon (blaue Farben bei Zirkon kommen durch "Brennen" der Kristalle zustande) (alles Inselsilikate)
- Amazonit, Labradorit (Feldspäte: Schmucksteine)
- Sodalith (Feldspatvertreter: Schmuckstein)
- Smaragd (Varietät von Beryll: Edelstein)
Kosmetischer Bereich
- Talk, gemahlen als Grundstoff für Kosmetika (gemahlener Talk wird in der Industrie Talcum genannt)
Industrie
- Talk ist vielseitig verwendbar: Farben- und Glasindustrie, Schmiermittel
- Asbest aus Chrysotil: Isolier-, Dämm- und Feuerfeste Produkte, wegen gesundheitsschädigender Nebenwirkungen mittlerweile (2002) aus der Mode gekommen
- Ton (Mineral) und Kaolin wichtige Rohstoffe für die Keramikindustrie, feuerfeste Tiegel, Mauer- und Dachziegel
- Herstellung feuerfester und korrosionsbeständiger Werkstoffe: Zirkon; Andalusit, Sillimanit, Disthen
- Muscovit: Elektro- und Hitzeisolation
- Zeolithe: Ionentauscher, Molekularsiebe, Phosphat-Ersatz zur Enthärtung von Wasser, Nahrungsergänzung zur "Entschlackung" (Firma und Produkt: megamin©right vertrieben von VIP Domotec GmbH Rheinstrasse 96 56235 Ransbach-Baumbach)
- Silizium für integrierte Schaltkreise
- Brillengläser, Gläser
- Auto- und Motorradreifen
- Zusatz im Trinkwasser (bis 40mg sind zulässig) als Korrosiosschutz für Leitungen
- Schneiden mit Wasser/Silikatmischung
weitere Verwendungszwecke?
Links
Referenzen
- BRAGG, W. L. (1930): The stucture of silicates. Z. Kristallogr., 74:237--305.
- DEER, W. A., HOWIE, R. A. und ZUSSMAN, J. (1982): Rock-Forming Minerals, Volume 1A: Orthosilicates. Longman, London, 2. Auflage.
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- MATTHES, S. (1993): Mineralogie. Springer-Verlag, Berlin, 4. Auflage.("inzwischen gibt es eine neue Ausgabe, Datum unbekannt")
- NA´RAY-SZABO´, S. (1930): Ein auf der Kristallstruktur basierendes Silicatsystem. Z. Physik. Chem. Abt.. B9: 356--377.
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