Edgar Allan Poe (* 19. Januar 1809 in Boston, Massachusetts, USA; † 7. Oktober 1849 in Baltimore, Maryland) war ein US-amerikanischer Schriftsteller.

Leben
Edgar Allan Poe wurde als Sohn der Schauspielerin Elizabeth Poe, geb. Arnold, verwitwete Hopkins und des Schauspielers David Poe in Boston geboren. 1811 starb seine Mutter nach längerer Leidenszeit an Tuberkulose. Sein Vater David, dem man Neid auf den Erfolg seiner Frau nachsagte, hatte die Familie bereits 1810 verlassen und war spurlos verschwunden.
Edgar Allan wurde von der Familie Allan adoptiert. Das Verhältnis zwischen John Allan und Poe stand bis zu Poes Weggang von seinen Adoptiveltern unter keinem guten Stern. Ständige Geldsorgen und Poes künstlerische Neigungen vertrugen sich nicht mit den Vorstellungen des Tabakhändlers Allan. Im Alter von sechs Jahren zog seine Familie vorübergehend nach Schottland.
Ausbildung
Im Winter 1815 ging Poe auf die Old Grammar School in Irvine, Schottland, von wo er im Alter von acht Jahren auf ein Internat (Manor House, Stoke Newington) in der Nähe von London (GB) wechselte. Im Jahr 1820 beendete er den dortigen Schulbesuch und zog mit der Familie nach New York. Im Alter von 17 Jahren besuchte Poe die Universität von Virginia in Charlottesville. Bereits ein halbes Jahr später brach er sein Studium allerdings wieder ab.
Im darauf folgenden Jahr schrieb er sich in die Armee unter dem Namen Edgar A. Perry ein. Er erreichte den Dienstgrad des Sergeant Major und verließ die Armee, um im Juni 1830 erneut auf die Militärakademie nach West Point zurückzukehren. 1831 verließ er die Akademie und ging nach Baltimore. Mittlerweile hatte er auch seinen ersten Gedichtband veröffentlicht.
Heirat und Exzesse
1836 heiratete er seine 13-jährige Cousine Virginia Clemm in Richmond. Mehrere Engagements bei Zeitungen wechselten in rascher Folge. 1847 starb seine Ehefrau. Ab 1848 reihten sich mehrere Bekanntschaften aneinander, Nancy Richmond, Sarah Helen Whitman, Sarah Elmira Royster. Vermutlich versuchte Poe mehrfach Selbstmord zu begehen. Ob er außer Alkohol andere Suchtmittel konsumierte, steht nicht fest. Forscher gehen jedoch davon aus, dass er neben Laudanum auch Opium zu sich nahm.
Tod von Poe
Am 7. Oktober 1849 starb Poe in einem Hospital (möglicherweise an Sepsis), nachdem er hilflos auf der Straße aufgefunden worden war. Es existiert die Theorie, wonach Poe das Opfer so genannter Wahlschlepper geworden ist. Diese brachten anlässlich politischer Wahlen Menschen auf der Straße in ihre Gewalt, betäubten diese und zwangen sie unter Androhung von Gewalt, für einen bestimmten Politiker zu stimmen. Poe geriet kurz vor seiner Ankunft in Baltimore direkt in einen Wahlkampf. Andererseits galt Poe als Quartalssäufer und als krankhaft empfindlich. Gemäß einer neueren Theorie (1996) jedoch starb er an Tollwut. Dass Poe in Amerika so nachhaltig verdammt wurde und als zügellos und alkoholabhängig hingestellt wurde, liegt auch an seiner Feindschaft mit den führenden Literaten und Verlagen seiner Zeit, die er oft in bissigen und harten Satiren immer wieder angriff. Sein Nachlassverwalter, Rufus Wilmot Griswold - ein konservativer Christ - sorgte weiter dafür, dass sich das Bild Poes als trinksüchtigem Sünder in den USA verfestigte. Erst durch die Franzosen Charles Baudelaire und Paul Verlaine, die zahlreiche Werke Poes übersetzten, wurde Poe in Europa bekannt - und auf diesem Umweg auch erst in den USA wieder als bedeutender Autor anerkannt.
Bedeutung
Poe hatte großen Einfluss auf die Entwicklung der phantastischen Literatur (nicht zu verwechseln mit Fantasy-Literatur) und auf die Kriminalliteratur, insbesondere auf Jules Verne und Arthur Conan Doyle. Sein Frühwerk ist beeinflusst von Autoren der deutschen Romantik, u.a. E.T.A. Hoffmann und Friedrich de la Motte Fouqué. Zu seinen späteren Einflüssen gehören Charles Dickens, den er auch persönlich kennen lernte, und Henry Wadsworth Longfellow (den er literarisch befehdete) und Fürst Hermann von Pückler-Muskau.
Zu seinen stilprägenden Erzählungen gehören Der Untergang des Hauses Usher (The Fall of the House of Usher) und Die Abenteuer Gordon Pyms (The Narrative of Arthur Gordon Pym of Nantucket). Mit Der Doppelmord in der Rue Morgue (The Murders in the Rue Morgue) gilt er als einer der Erfinder der Detektivgeschichte und des deduktiv arbeitenden Krimihelden, der seine Fälle durch Logik und Kombinationsgabe löst. Darüber hinaus wirkte er im Übergang von der Romantik zum Symbolismus als Vermittler, zuerst nach Frankreich und von dort aus wieder zurück in die USA und nach Deutschland, wo sich im Umfeld des Expressionismus eine starke Rezeption seiner Werke entwickelte.
Sein zu Lebzeiten erfolgreichstes Buch war ein malakologisches Schulbuch mit dem Titel The Conchologist´s first book or, a system of testaceous malacology. Dieses Buch wurde allerdings nicht von ihm selbst verfasst, sondern der Verlag wollte mit dem Namen Poes die Verkaufszahlen erhöhen. Poe schrieb lediglich das Vorwort und bekam eine erkleckliche Summe Geld für diesen Handel. Poe beschäftigte sich auch stark mit Fragen der Logik, so mit Geheimschriften und so genannten Automaten - frühen Robotern - beispielsweise in der Geschichte Der Goldkäfer bzw. dem Aufsatz Maelzels Schachspieler über einen Schachautomaten.
Ebenfalls von großer Bedeutung ist sein lyrisches Werk. The Raven (deutsch Der Rabe) und The Bells gelten als die ersten bedeutenden Gedichte Amerikas in der Weltliteratur.
Poe maß bei der Konzeption seiner Gedichte der Musik und dem logisch-formalen Aufbau einen hohen Stellenwert bei und sorgte oft für die klangliche Veranschaulichung der im Gedicht beschriebenen Dinge (The Bells), was ihn zu einem Vorläufer des Symbolismus machte. Poes großes Sujet, das in vielen Geschichten immer wieder auftaucht, ist der Tod einer schönen Frau (Morella, Ligeia, Annabel Lee). Oft thematisiert wird auch die Vorstellung einer lebendig begrabenen Person (The Fall of the House of Usher, Buried Alive). Vielfach erscheinen in Poes Geschichten auch Personen, die geradezu vom „Wahn“ gepackt ihr eigenes Unglück provozieren oder trotz Kenntnis des sich anbahnenden Ungemachs scheinbar machtlos direkt in ihr Verderben laufen und sich darob verzehren (The Tell-Tale Heart, The Black Cat). Poe, der - auch dank zahlreicher Verfilmungen - sein Image als „Horrorautor“ wohl nie ganz verlieren wird, ist, sieht man sein Werk als Ganzes - er verfasste Satiren, Essays, Lyrik und Erzählungen, ja sogar höchst komplexe naturwissenschaftliche Abhandlungen -, nicht einfach unter einen Oberbegriff zu bringen. Sein Werk hat zahlreiche bedeutende Autoren der klassischen Moderne wesentlich inspiriert, u. a. Stéphane Mallarmé, Vladimir Nabokov und Arno Schmidt.
Viele der Geschichten von Poe wurden von Roger Corman in den frühen 1960er-Jahren verfilmt.
Das Alan Parsons Project hat Teile des literarischen Werks Poes in Auszügen vertont (Tales of Mystery and Imagination by Edgar Allan Poe). Der Musiker Lou Reed realisierte im Jahr 2000 zusammen mit Robert Wilson das Musical „POEtry“.
Siehe auch: Schwarze Romantik
Werke (in Auswahl)
- Das Manuskript in der Flasche, 1833
- Das verräterische Herz, 1834
- Berenice, 1835
- Morella, 1835
- Die Abenteuer eines gewissen Hans Pfaall, 1835
- Ligeia, 1838
- Die Abenteuer Gordon Pyms, 1838 (Jules Verne schrieb mit Die Eissphinx eine Fortsetzung der auf ihrem Höhepunkt abbrechenden Geschichte)
- Der Untergang des Hauses Usher, 1839
- William Wilson, 1839
- Der Massenmensch (auch: Der Mann in der Menge), 1840
- Der Doppelmord in der Rue Morgue, 1841
- Der Malstrom, 1841
- Eleonora, 1841
- Das ovale Porträt, 1842
- Die Grube und das Pendel, 1842
- Die Maske des Roten Todes, 1842
- Das Geheimnis der Marie Rogêt, 1842/43
- Der Goldkäfer, 1843
- Die schwarze Katze, 1843
- Der entwendete Brief, 1844
- Die Augengläser, 1844
- Die längliche Kiste, 1844
- Der Fall Valdemar, 1845
- Der Rabe, 1845
- Das Fass Amontillado, 1846
- Hüpffrosch, 1849
Literatur
- Myriam Noemi Bastian: Dimensionen des Fremden in der fantastischen Literatur. E.T.A. Hoffmann, Edgar Allan Poe und Guy de Maupassant. Marburg: Tectum 2005. ISBN 3-8288-8874-7
- Thomas Collmer: Poe oder der Horror der Sprache. Augsburg: MaroVerl. 1999. ISBN 3-87512-151-1
- Ina Conzen-Meairs: Edgar Allen Poe und die bildende Kunst des Symbolismus. Worms: Werner 1989. (= Manuskripte zur Kunstwissenschaft in der Wernerschen Verlagsgesellschaft; 22) ISBN 3-88462-921-2
- Jutta Ernst: Edgar Allan Poe und die Poetik des Arabesken. (= Saarbrücker Beiträge zur vergleichenden Literatur- und Kulturwissenschaft; 3) Würzburg: Königshausen u. Neumann 1996. ISBN 3-8260-1244-5
- Carla Gregorzewski: Edgar Allan Poe und die Anfänge einer originär amerikanischen Ästhetik. Heidelberg: Winter 1982 (= Reihe Siegen; 22; Anglist. Abt.) ISBN 3-533-02927-1
- Tilman Höss: Poe, James, Hitchcock. Die Rationalisierung der Kunst. Heidelberg: Winter 2003. (= American studies; 111) ISBN 3-8253-1611-4
- Dietrich Kerlen: Edgar Allan Poe. Der schwarze Duft der Schwermut. Biographie. Berlin: Propyläen 1999. ISBN 3-549-05823-3
- Walter Lennig: Edgar Allan Poe. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. 15. Aufl. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1995. (= Rowohlts Monographien; 32) ISBN 3-499-50032-9
- Wolfgang Martynkewicz: Edgar Allan Poe. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 2003. (= rororo; 50599; Rowohlts Monographien) ISBN 3-499-50599-1
- Markus Preussner: Poe und Baudelaire. Ein Vergleich. Frankfurt am Main u.a.: Lang 1991. (= Sprache und Literatur; 32) ISBN 3-631-43538-X
- Julian Symons: Edgar Allan Poe. Leben und Werk. München: Heyne 1986. (= Heyne-Bücher; 12, Heyne-Biographien; 144) ISBN 3-453-55145-1
- Liliane Weissberg: Edgar Allan Poe. Stuttgart: Metzler 1991. (= Sammlung Metzler; 204) ISBN 3-476-10204-1
- Claudia Ella Weller: Zwischen schwarz und weiß. Schrift und Schreiben im selbstreferentiellen Werk von Edgar Allan Poe und Raymond Roussel. Frankfurt am Main u.a.: Lang 2001. (= Bonner romanistische Arbeiten; 75) ISBN 3-631-36930-1
- Frank T. Zumbach: Edgar Allan Poe. Eine Biographie. München: Winkler 1986. ISBN 3-538-06800-3
Weblinks
- Vorlage:PND
- The Edgar Allan Poe Society of Baltimore (englisch)
- Werke von Edgar Allan Poe in deutscher Übersetzung im Literaturnetz
- Texte von Edgar Allan Poe in deutscher Übersetzung (Projekt Gutenberg-DE)
- kostenlose Edgar-Allan-Poe-Hörbücher
- Kurzbiografie zu Edgar Allan Poe
Personendaten | |
---|---|
NAME | Poe, Edgar Allan |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 19. Januar 1809 |
GEBURTSORT | Boston, USA |
STERBEDATUM | 7. Oktober 1849 |
STERBEORT | Baltimore, USA |