Genitiv, im Deutschen auch Genetiv oder Wesfall (lat. casus genetivus, „die Herkunft bezeichnender Fall“) ist in der deutschen Grammatik der 2. Fall.
Im Genitiv stehen u.a. Wortgruppen, die ein Besitzverhältnis ausdrücken. In der Wortgruppe die Tür des Hauses steht des Hauses im Genitiv. Mit der Frage „Wessen Tür ist das?“ kann man das Genitivattribut ermitteln. Dieser Gebrauch des Genitivs wird in der lateinischen Grammatik als genetivus possessivus bezeichnet. In der Funktion als Bezeichner von Attributen in dieser possessiven Bedeutung (Possessivgenitiv) kommt der Genitiv im Deutschen am häufigsten vor. In der Universalienforschung wird er deshalb auch als possessive marker bezeichnet.
Der genetivus possessivus kann durch präpositionale Fügungen mit von ersetzt werden (z. B. die Werke von Goethe). Dies geschieht vor allem in der Umgangssprache. Außerdem kann man mit der Konstruktion mit von die Unbestimmtheit von Pluralausdrücken betonen (eine Mutter von drei Kindern). Stehen mehrere Attribute nebeneinander, werden die Genitiv- und die von-Konstruktionen zur stilistischen Variation benutzt (am Tag von Marias Geburtstag anstatt am Tag des Geburtstags der Maria).
Daneben werden in der lateinischen Grammatik folgende weitere Funktionen des Genitivs unterschieden, die auch in der deutschen Sprache vorkommen:
- genetivus qualitatis (G. der Eigenschaft): Tal der Tränen, des Lebens ungeteilte Freude
- genetivus partitivus (G. des Teilens): die andere Seite der Medaille
- genetivus subiectivus (G. des Subjekts): Rat des Freundes
- genetivus obiectivus (G. des Objekts): Beachtung der Gesetze
In der deutschen Sprache wird der Genitiv in seiner Funktion als Genitiv des Objekts von einigen, manchen heute eher altmodisch anmutenden Verben (z. B. gedenken, bedürfen, bemächtigen, befleißigen) verlangt. Einige deutsche Präpositionen, die heute vor allem mündlich als eher altmodisch empfunden werden oder einem geschraubten Kanzleistil entstammen, fordern ebenfalls den Genitiv (z. B. längs, behufs, eingedenk, angesichts, hinsichtlich, bezüglich, dank, kraft, vermöge, zeit, zwecks). Bei gängigen Präpositionen wie z. B. wegen oder während wird der Genitiv in der Umgangssprache zunehmend durch den Dativ ersetzt, was oft mit dem Satz Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod umschrieben wird. Anderseits ist neuerdings auch die umgekehrte Entwicklung zu beobachten. Im Bemühen um einen besonders gehobenen und offiziellen Sprachstil werden in Rundfunk und Presse gelegentlich Präpositionen, die in der Hochsprache unangefochten den Dativ verlangen (entsprechend, entgegen, gemäß), gelegentlich mit dem Genitiv verbunden, was zu dem anderen Wahlspruch Rettet dem Dativ geführt hat.
Unabhängig von solchen Überlegungen muss der Genitiv bei Präpositionen durch den Dativ ersetzt werden, wenn ein Nomen im Plural weder durch einen Artikel noch ein Adjektiv mit Fallendungen begleitet wird. So ist im Ausdruck "wegen Hagels" der Genitiv möglich, im Ausdruck "wegen Hagelschauern" muss Dativ stehen, da der Genitiv im Plural am Nomen nicht markiert werden kann.