Paradies (Begriffsklärung)

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Mit Paradies wird in verschiedenen Religionen ein heiler Urzustand der Menschheit, ein vergangenes Goldenes Zeitalter bezeichnet. Dies ist oft zugleich der Ort, an den die Seele nach dem Tod kommt oder wo der Mensch wiedergeboren wird. An diesem Ort ist für alle Bedürfnisse gesorgt, so dass Glückseligkeit möglich wird. Meist gibt es aber Bedingungen, die man einhalten muss, bevor es möglich wird, dorthin zu gelangen. Im Christentum z.B. sind Buße, Umkehr und die Annahme der Erlösung durch Jesus Christus die Voraussetzung. Gewissermaßen ist das Gelangen in das Paradies die Befreiung von allem Irdischen und die Belohnung für ein (streng) religiöses Leben.

Der Islam kennt zwar sehr anschauliche Beschreibungen für ein Paradies voller Wonne, mit Früchten und kühlen Bächen, Paradiesjungfrauen die trotz Geschlechtsverkehrs mit ihnen nie ihre Jungfräulichkeit verlieren, mit Kissen und weichen Teppichen usw., eine einheitliches Wort dafür gibt es aber nicht. Meist gebraucht man Wörter die einem Garten bezeichnen, nur ist das klassische hocharabische Wort für Garten جن dschan meist durch das persische Lehnwort بستان bustan ersetzt. Das den klassischen Hocharabischen verwandte جنّة dschanna ist nicht so häufig. Auch gibt es das Wort Paradies als Lehnwort فردوس farduus und Garten Eden ist auch nicht unbekannt جنّة عدن dschanna adn. Die Vortellung von einem in verschiedene Stufen geteilten Paradies mit den "Siebten Himmel" als höchster Stufe ist recht populär. Insgesamt ist die Vorstellung eines Paradieses voller weltlicher Freuden im Islam sehr verbreitet, auch wenn islamische Theologen manchmal versuchen, die Vorstellung von krassen sinnlichen Freuden mehr ins Abstrakte zu ziehen.

Spezielle Bezeichnungen in den verschiedenen Religionen:

Der Buddhismus bildet allerdings eine Ausnahme, da er keine Seele kennt und im Nirwana nichts wiedergeboren wird.

Die Vorstellungen vom Paradies und dem Leben darin sind sehr vielfältig und geben einen interessanten Einblick in die Bedürfnisse und Sehnsüchte der jeweiligen Kultur. War es für die Christen in dem meist ländlichen Mittelalter die Stadt - das Himmlische Jerusalem (Offb. 21) -, rückte später der Garten Eden (Gen. 2) in den Vordergrund. Die Klostergärten, die ja nach dem Paradieswunsch gestaltet wurden, geben uns bis heute das Bild wieder von einer (geometrisch) geordneten, in sich geschlossenen Welt. Höhepunkt dieser Vorstellung war der französische Garten im Barock. Seit der Aufklärung wird der Paradiesgarten jedoch immer mehr einer Urlandschaft gleichgesetzt, einer Welt noch vor der Zivilisation, also auch vor dem Sündenfall. Für den ökologisch bewussten Menschen der heutigen Zeit ist Paradies meist eine Wildnis, ein Urwald oder Biotop, in dem die durch Kultur und Technik hervorgerufene Entfremdung überwunden wäre.