Gedenkorte, Mahnmale und Denkmäler, die an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern, gibt es seit 1946 in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf in großer Zahl. Sie sind teilweise dezentral, wie etwa die Düsseldorfer Stolpersteine oder erinnern an Einzelpersonen oder ganze verfolgte Gruppen, wie etwa Juden oder Sinti und Roma. Seit 1987 sind zahlreiche Initiativen von der städtischen Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf zur Konzeption solcher Gedenkorte im öffentlichen Raum ausgegangen. Ideen und Anregungen kamen von Bürgern, Geschichtsvereinen, Bezirksvertretungen oder dem Stadtrat. Die Gedenkorte spiegeln das Bedürfnis nach Auseinandersetzung mit der Stadtgeschichte zwischen 1933 und 1945, aber auch die jeweiligen Zeitumstände und Geschichtsbilder ihrer Entstehungszeit wider. Die hier angeführten Orte sind nur eine Auswahl.
Gedenkstein am ehemaligen Standort der Synagoge (1946)
Der Stein wurde am 9. November 1946 durch Karl Arnold (Politiker) und Vertreter der britischen Militärregierung enthüllt. Er erinnert an die Große Synagoge (Düsseldorf), die 1904 errichtet worden war und 1938 während des Novemberpogroms zerstört wurde. Er war der erste Gedenkstein dieser Art in einer deutschen Stadt und wurde später durch ein Relief ergänzt, das die Synagoge zeigt und am 9. November 1983 eingeweiht wurde.
Jürgens-Richtstätte (1957)
Der Ort erinnert an die Aktion Rheinland und befindet sich in Bilk an der Anton-Betz-Straße. Eine kleine Tafel an einem Ziegelmauerstück im Innern weist auf die Mordstelle hin (Inschrift: »Die Richtstätte vom 16. April 1945«). Eine erste Gedenktafel in der Einbuchtung der Einfassungsmauer aus dem Jahre 1957 wurde 1965 erneuert. Sie lautet: „Am 16. April 1945 fielen auf diesem Gelände für die Befreiung der Stadt Düsseldorf von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft die pflichtbewußten Bürger Oberstleutnant der Schutzpolizei Franz Jürgens · Theodor Andresen Karl Kleppe · Josef Knab · Hermann Weill Unsere Liebe – Ihr Lohn.“
Drei Nornen (1958)
Das Mahnmal „Drei Nornen“, konzipiert und erbaut 1954 bis 1958 für die Opfer des Feldes, der Heimat und des politischen Terrors von Jupp Rübsam, Ulrich Wolf und Willy Tapp, steht auf dem Nordfriedhof. Das Denkmal wurde an der Stelle errichtet, an der bis nach dem Zweiten Weltkrieg das Schlageterdenkmal stand, welches auf Veranlassung der britischen Besatzungsbehörden gesprengt wurde.
Gedenktafel für politisch Verfolgte in Gerresheim (1986)
In Gerresheim wurde am 22. November 1986 an dem früheren Jugendhaus neben dem Hochbunker „Heyebad“, Torfbruchstraße 350, eine Bronzetafel angebracht, die an die Widerstandskämpfer aus dem Glashüttenviertel, ehemals eine Hochburg des Arbeiterwiderstands, erinnert. Sie ist dem Gedenken aller gewidmet, »die Leid ertragen mußten«. „Die Inschrift heißt: Zu Ehren der Opfer des Naziregimes 1933 bis 1945“.
Mahn- und Gedenkstätte der Landeshauptstadt Düsseldorf (1987)
Die Gedenkstätte im historischen Stadthaus (Düsseldorf) wurde 1986 konzipiert und am 17. September 1987 eröffnet. Das städtische Forschungsinstitut zeigt eine Dauerausstellung (2011–2013 geschlossen) und führt Veranstaltungen, Bildungs- und Vermittlungsarbeit durch. Siehe Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf.
Gedenktafeln (1980er Jahre)
Mitte der 1980er Jahre wurden zahlreiche bronzene Gedenktafeln angebracht, so etwa an der Schlachthofmauer Rather Straße (Sammelort der deportierten Juden)[1], an der Reuterkaserne (SS-Foltergefängnis), am Stadthaus an der Mühlenstraße (Polizeipräsidium bis 1934) oder in der Nähe des Schlegelkellers.
Gedenktafel mit Halbrelief für Hilarius Gilges (1988)
Erschaffen durch die Künstlerin Hannelore Köhler wurde das Halbrelief, das an die Ermordung des Schwarzen Hilarius Gilges am 21. Juni 1933 durch die SS erinnert, links neben der Tonhallenpassage (Joseph-Beuys-Ufer). Der Text auf der Gedentafel von Hannelore Köhler lautet: Hilarius Gilges, geb. am 28.4.1909 in Düsseldorf. Farbiger Stepptänzer und Mitglied der Agitprop-Gruppe W. Langhoffs. Am 20.6.1933 in Düsseldorf von den Nationalsozialisten ermordet.[2]
Gedenktafel KZ-Außenlager Stoffeler Kapelle
Am Stoffeler Kapellenweg 188, Nähe Haus Kolvenbach, macht seit dem 28. Mai 1988 eine Tafel darauf aufmerksam, dass sich hier ein Außenlager des Konzentrationslagers Sachsenhausen befand. Auf der Gedenktafel ist zu lesen: „Von Oktober 1942 bis Februar 1943 befand sich hier ein Außenlager des KZ Sachsenhausen. In Düsseldorf gab es insgesamt sechs Außenkommandos verschiedener Konzentrationslager. Von den 500 Häftlingen dieses Außenlagers am Stoffeler Kapellenweg, die überwiegend zur Trümmerbeseitigung eingesetzt waren, starben mindestens 111. Ihr Tod ist uns Mahnung“.
Gedenktafel am „Zigeunerlager Höherweg“ (1993)
Die Tafel am Höherweg/Posener Straße wurde am 5. Juli 1993 anlässlich des 100. Geburtstages von Otto Pankok enthüllt.[3] Der deutsche Künstler und Bildhauer hatte sich Anfang der dreißiger Jahre bis zu ihrer Vertreibung mit den Sinti angefreundet und eng an ihrem Leben teilgenommen. Der Text lautet: „ZUM GEDENKEN AN DIE DÜSSELDORFER SINTI, DIE DURCH DEN NATIONALSOZIALISMUS IM LAGER HÖHERWEG OPFER DES VÖLKERMORDES WURDEN. IM LAGER HÖHERWEG WAREN VON 1937 BIS 1945 MEHR ALS 200 DÜSSELDORFER SINTI INTERNIERT. UNTER DEN UNMENSCHLICHEN BEDINGUNGEN IM LAGER STARBEN VIELE VON IHNEN; ÜBER 100 WURDEN VON DORT DEPORTIERT UND ERMORDET.“
Gedenktafel „Bücherverbrennung“ (1993)
Am 14. Dezember 1993 wurde eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Bücherverbrennung in unmittelbarer Nähe der Tonhalle (früher Planetarium), dem historischen Ort der ersten Bücherverbrennung in Düsseldorf am 11. April 1933[4], enthüllt mit dem Text: „»… dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende Menschen …« Heinrich Heine / Zur mahnenden Erinnerung an die von den Nationalsozialisten veranstaltete/Bücherverbrennung, die am 11. April 1933 vor diesem Haus und/reichsweit am 11. Mai 1933 stattfand. Gestiftet von Bürgern der Stadt Düsseldorf 1993.“
Mahnmal „Ehra oder Kind mit Ball“ (1997)
Die Skulptur Ehra oder Kind mit Ball von Otto Pankok wurde am 52. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, dem 27. Januar 1997, am Alten Hafenbecken in der Altstadt aufgestellt. Es erinnert an die Verfolgung und Ermordung der Düsseldorfer Sinti. Die dazu gehörige Tafel trägt die Inschrift „Zum Gedenken an die Sinti und Roma, die durch den Nationalsozialismus Opfer des Völkermordes wurden. Diese Figur des Sinti-Mädchens Ehra schuf der Künstler Otto Pankok (1893–1966) zur Erinnerung an die mit ihm befreundeten Düsseldorfer Sinti, von denen über 100 aus dem Lager Höherweg abtransportiert und ermordet wurden. Das Mädchen Ehra selbst gehörte zu den wenigen KZ-Überlebenden.“ Die Einweihung erfolgte unter Anwesenheit von Eva Pankok.[5]
Stolpersteine (2003–2010, 2012)
Zwischen 2003 und März 2010 wurden insgesamt 230 Stolpersteine auf dem gesamten Stadtgebiet durch den Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt. Sie erinnern an Einzelpersonen, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden und liegen an deren letzten Wohnorten im Bürgersteig. Im Juni 2012 wird ein weiterer Stein für einen jüdischen Anwalt vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verlegt.
Gedenktafel für Moritz Sommer (2005)
Der jüdische Klempner Moritz Sommer hatte sich bis 1945 erfolgreich vor den Nazis verstecken können. Nur zwei Tage vor Einmarsch der Amerikaner entdeckte ihn eine Heeresstreife und kannte kein Erbarmen. Der 72-Jährige wurde am 16. April 1945 auf dem Oberbilker Markt ohne Prozess gehenkt und zur Schau gestellt.[6] Die Gedenktafel wurde am 14. April 2005 enthüllt.[7] Die Inschrift lautet: „Der 72-jährige jüdische Mitbürger Moritz Sommer wurde am 16. April 1945 auf dem Oberbilker Markt erhängt. Er stand unter dem Verdacht, Deserteuren geholfen zu haben. Eine Heeresstreife führte dieses Verbrechen zur Abschreckung der Bevölkerung aus. Zwei Tage später marschierten amerikanische Truppen in Düsseldorf ein.“
Hartoch-Stele (2007)
Am 12. Oktober 2007 wurde in der Altstadt an der Ecke Flinger Straße/Schneider-Wibbel-Gasse eine zweisprachige Gedenkstele eingeweiht, die an das Düsseldorfer Warenhaus Hartoch erinnert.[8] Das moderne Warenhaus mit Jugendstilfassade und Glaspassage gehörte mit 2500 m² zur damaligen Zeit zu den großen in Europa. In Folge der Weltwirtschaftskrise musste die Familie Hartoch 1932 Konkurs anmelden, der auch durch eine Kooperation mit dem Woolworth-Konzern nicht abgewendet werden konnte. Nur einigen Familienmitgliedern gelang die Flucht vor der nationalsozialistischen Verfolgung ins Ausland.
Gedenktafel für Kaplan Rossaint (2010)
Auf Initiative der VVN-BdA und der katholischen Kirche Düsseldorf wurde am 28. April 2010 eine Gedenktafel für den Widerstandskämpfer und Kaplan Joseph Cornelius Rossaint an einem Turm der Kirche St. Mariä Empfängnis (Düsseldorf) angebracht.[9][10][11]
Historischer Pfad „Weg der Befreiung“ (2011)
Der Weg der Befreiung ist ein Geschichtsprojekt in der Stadt Düsseldorf und in der Kreisstadt Mettmann. Es erinnert an das Kriegsende im rheinisch-westfälischen Raum und an die Befreiung der Stadt Düsseldorf im April 1945 (Aktion Rheinland). Der Weg wurde am 17. April 2011 durch Oberbürgermeister Dirk Elbers eingeweiht.[12]
Mahnmal am ehemaligen Güterbahnhof (2012)
Am 22. April 2012 wurde südlich der Jülicher Brücke durch Oberbürgermeister Elbers ein Mahnmal in Erinnerung an die Deportationen aus dem Regierungsbezirk (1941–1945) eingeweiht. Dieser „Ort des Gedenkens“ erinnert an die über 6.000 niederrheinische Juden, die über den ehemaligen Güterbahnhof Düsseldorf-Derendorf in nationalsozialistische Ghettos und Lager verschleppt wurden. In den Boden eingelassene Eisenbahnschwellen, Schienenstränge und eine rund 40 Meter lange Stahlwand, die die Namen der Zielorte Litzmannstadt, Minsk, Riga, Theresienstadt, Izbica und Auschwitz trägt, sowie eine Informationsstele bilden am historisch-authentischen Ort ein Ensemble des Gedenkens. Das Mahnmal wird in den Abend- und Nachtstunden beleuchtet. Im weiter südlich gelegenen Bereich an der Schinkelstraße steht eine weitere Informationsstele.[13]
Siehe auch
Liste der Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus
Literatur
- Rolf Purpar: Kunststadt Düsseldorf. Objekte und Denkmäler im Stadtbild. 2. Aufl. Grupello-Verlag, Düsseldorf 2009.
- Ulrike Puvogel, Martin Stankowski: Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Eine Dokumentation. Bd. 1, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1996.
- Udo Achten: Düsseldorf zu Fuß oder per Rad. 19 Stadtrundgänge durch Geschichte und Gegenwart. Essen 2009.
- Hildegard Jakobs/Carolin Huber/Vera Luchtenberg: Zeitspuren in Düsseldorf. Ein Stadtführer. Hrsg. vom Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, 2. erw. Aufl., Düsseldorf 2003.
- Hildegard Jakobs: „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“. Rundgänge zu den „Stolpersteinen“ in Düsseldorf (Folge 1). In: Augenblick. Berichte, Informationen und Dokumente der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf 32/33 (2006), S. 20–21.
- Hildegard Jakobs/Angela Genger/Andrea Kramp (Hrsg.): Stolpersteine. Erinnerungen an Menschen aus Düsseldorf, Erkrath, Monheim, Langenfeld und Ratingen. (deutsch/englisch), Droste-Verlag, Düsseldorf 2012
Einzelnachweise
- ↑ http://www.google.de/imgres?q=gedenktafel+rather+stra%C3%9Fe+d%C3%BCsseldorf&um=1&hl=de&biw=1104&bih=567&tbm=isch&tbnid=_Orf0LulL-e2eM:&imgrefurl=http://afaarea.blogsport.de/2011/10/25/gedenkveranstaltung-und-ausstellung/&docid=DnLdoWew-FNNMM&imgurl=http://www7.pic-upload.de/28.10.11/p4r2l157fshc.jpg&w=2736&h=3648&ei=zsnQT9u7AsLUtAae5rH-DQ&zoom=1&iact=hc&vpx=85&vpy=106&dur=706&hovh=259&hovw=194&tx=110&ty=83&sig=111032295603049521690&page=1&tbnh=112&tbnw=84&start=0&ndsp=20&ved=1t:429,r:0,s:0,i:68
- ↑ http://www.hilarius-gilges.de/1894223.htm
- ↑ http://gedenkorte.sintiundroma.de/index.php?ortID=15
- ↑ Georg Arnold: Bücherverbrennung in Düsseldorf – 11. April vor dem Planetarium; in: Orte der Bücherverbrennungen in Deutschland 1933. Hg. von Julius H. Schoeps und Werner Treß, Hildesheim/Zürich/New York 2008, S. 270–277.
- ↑ Angela Genger: Gedenktage – Politische Bildung oder Ritual? Neue Formen des Gedenkens, in: Augenblick. Berichte, Informationen und Dokumente der Mahnund Gedenkstätte Düsseldorf, Nr. 16, Düsseldorf 2000, S. 8–9.
- ↑ Landeshauptstadt Düsseldorf, Stadtbezirk 3 (Hrsg.): 1933–1945. Einzelschicksale und Erlebnisse von Bürgern, die im Bereich des heutigen Stadtbezirks 3 wohnen. Band 2: Moritz Sommer, Düsseldorf 1986.
- ↑ http://www.rp-online.de/region-duesseldorf/duesseldorf/nachrichten/zwei-tage-vor-kriegsende-gehenkt-1.1142986
- ↑ http://www.duesseldorf.de/presse/pld/d2007/d2007_10/d2007_10_12/p23483.shtml
- ↑ http://www.marienkirche-duesseldorf.de/index.php?option=com_content&task=view&id=439&Itemid=36
- ↑ http://duesseldorf.vvn-bda.de/artikel/2010/20100428.html
- ↑ Karl Heinz Jahnke, Alexander Rossaint: Hauptangeklagter im Berliner Katholikenprozess 1937: Kaplan Dr. Joseph Cornelius Rossaint. Frankfurt a. M. 2002.
- ↑ http://www.rp-online.de/region-duesseldorf/mettmann/nachrichten/auf-dem-weg-der-befreiung-1.923957
- ↑ http://www.rp-online.de/region-duesseldorf/duesseldorf/nachrichten/gedenken-an-juden-deportation-1.2803196