Nach dem Santa Cruz Massaker (auch Dili Massaker) vom 12. November 1991 auf dem gleichnamigen Friedhof in Dili, der Hauptstadt der damals von Indonesien besetzten Osthälfte von Timor, starben insgesamt 271 Menschen durch indonesisches Militär, 382 wurden verletzt. Nach dem Vorfall sind 270 Menschen spurlos verschwunden.

Geschichtlicher und Politischer Hintergrund
Kolonialzeit
Am Anfang des 16. Jahrhunderts entdeckte der portugiesische Seefahrer António de Abreu als erster Europäer die Insel Timor auf der Suche nach den Gewürzinseln. Mit der Ankunft der Niederländer um 1640, die ihren Einfluss in der Region immer mehr vergrößerten, wurde die Insel politisch geteilt. Seit dieser Zeit herrschten die Portugiesen über den östlichen Teil Timors und die Exklave Oecussi-Ambeno, mit Ausnahme des 2. Weltkriegs, als japanische Truppen die Insel besetzten. Als sich ab 1974 mit einem Putsch linker Millitärs in Portugal die Kolonialpolitik des Landes änderte und ihren Gebieten mehr Freiheiten einräumte, begann in Portugiesisch-Timor eine Zeit der Gründungen freier politischer Organisationen und Zeitungen.
Über die Zukunft herrschte unterschiedliche Auffassung. Eine enge Bindung an die frühere Kolonialmacht befürwortete die UDT, wogegen die APODETI, eine von Jakarta finanzierte Tarnvereinigung, den Anschluss an Indonesien anstrebte. Die linksorientierte FRETILIN, die für die Unabhängigkeit plädierte, bekam in der Wahl vom März 1975 mit 55 % die Mehrheit der Stimmen. Während Anfang des Sommers die afrikanischen Kolonien Mosambik, Kap Verde und São Tomé und Príncipe die Unabhängigkeit von Portugal erlangten, brachen nach Intrige indonesischer Geheimdienste („Operasi Komodo“) Kämpfe um die Macht aus, in denen die besser bewaffnete und von der Bevölkerung breiter unterstütze FRETILIN die Oberhand gewinnen konnte. Am 16. September wurde Papua-Neuguinea, der östliche Teil der Insel Neuguinea, ebenfalls in die Weltgemeinschaft aufgenommen. Der Zeitpunkt für ein unabhängiges Osttimor schien gekommen. Schließlich proklamierte am 28. November die FRETILIN eine demokratische Republik Timor-Leste.
indonesische Besetzung
Mit der Unterstützung des US Präsidenten Gerald Ford, der kurz nach dem Ende des Vietnamkriegs im Frühjahr des Jahres und mitten im Kalten Krieg keinerlei Machtgewinne linker Kräfte in der Region dulden wollte, besetzten ab 7. Dezember 1975 („Operasi Seroja“) indonesische Truppen Timor-Leste und töteten zehntausende Menschen. Australien, das zum Ende der Amtszeit von Premierminister Gough Whitlam unter einer innenpolitischen Krise litt und schon 1972 mit dem Vielvölkerstaat Indonesien den Grenzverlauf von Westtimor in der Timorsee festgelegte, hatte so die Möglichkeit, auch im Osten von Timor eine Seegrenze günstig festzulegen, mit dann erheblichen Anteilen der Erdölvorräte im sogenannten Timor Gap auf seiner Seite. Portugal versuchte, seine ehemalige Kolonie zu unterstützen, hatte aber gegen die Interessen der beteiligten Staaten nur diplomatische Möglichkeiten. [1]; [2]
José Ramos-Horta, der als möglicher Außenminister eines unabhängigen Staates Timor-Leste drei Tage nach der Invasion nach New York geflohen war, sollte den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über das Vorgehen des Indonesischen Militärs informieren. Die UN erkannte die Besetzung nicht an und forderte Indonesien in mehreren Resolutionen auf, das Millitär „... unverzüglich abzuziehen“. Stattdessen gliederte die Regierung unter Suharto das Gebiet am 17. Juli 1976 als 27. Provinz in das Inselreich ein. Es folgte eine Zeit, in der mindestens 200.000 Menschen ihr Leben verloren, geprägt von Terror und der Umsiedlung der Zivilbevölkerung, Verfolgung von Anhängern der Unabhängigkeitsbewegung durch pro-indonesische Millizen und Armee. Die Menschen fanden sich mit der Besatzung nicht ab und unterstützten bewaffnete Verbände, die vom Gebirge des Landes aus die Besatzer in einem Guerillakrieg bekämpften. Im Ausland lebende Osttimoresen gründeten einen nationalen Rat des Widerstandes . Gewalt, Mord, Vergewaltigungen und andere Greueltaten provozierten die bewaffneten Kämpfer der FRETILIN, am 8. August 1983 in Kraras (Viqueque Distrikt) zu einem Überfall auf eine Einheit der indonesischen Armee, bei dem 16 Soldaten ums Leben kamen. Mit der Vergeltungsaktion der Militärs starben über 200 Angehörige es Dorfes, zahlreiche wurden verhaftet, andere konnten in die Berge fliehen. Der Osttimor-Konflikt wurde in der Weltöffentlichkeit kaum wahrgenommen. HRW [3] (pdf)
Der Vorschlag der katholischen Kirche, einen Volksentscheid über die Unabhängigkeit oder den Verbleib als Provinz Indonesiens durchführen zu lassen, initiierte erneute Diskussionen über die Zunkunft der Krisenregion. Carlos Felipe Ximenes Belo, der 1988 zum Bischof geweiht wurde, versuchte mit dem Einfluss der Kirche des Leid zu mindern. Der Besuch des Papstes Johannes Paul II. am 12. Oktober 1989 in Osttimor stärkte den Mut der Bevölkerung und rückte den Konflikt für kurze Zeit in das Bewusstsein der Menschen außerhalb der Region. Verschiedene Menschenrechtsorganisationen, etwa Human Rights Watch, kritisierten seit Jahren das brutale Vorgehen indonesischer Behörden in Osttimor und anderen Unruheherden wie West-Neuguinea oder Aceh, im nördliche Sumatra.
Die Ereignisse im Herbst 1991
Vorgeschichte
Das indonesische Millitär hatte überall im Land Angehörige seiner Spezialeinheiten stationiert und terrorisierte die Bevölkerung schon geraume Zeit mit Verhaftungen, Folter und Mord. Im Spätsommer sollte eine Delegation des portugiesischen Parlamentes Timor Timur besuchen, wie die neue Provinz in indonesischer Sprache damals hieß, sagte dann aber ab. Die Mitglieder der Unabhängigkeitsbewegung wollten eine friedliche Demonstration organisieren und zeigten sich enttäuscht über die Absage der Diplomaten. Angehörige der APODETI und bewaffnete Milizen verbreiteten Angst im Land, trotz der Anwesenheit von UN-Beobachtern und angereisten Journalisten, und bedrohten die Menschen im ganzen Land, die Schutz in den Kirchen erhofften, die einzige unabhängige Organisation in Osttimor zu jener Zeit.
In der Nacht des 27. Oktober starb Sebastião Gomes bei einer Aktion indonesischer Sicherheitskräfte in der San Antonio de Motael Kirche. Er wurde angeschossen und verblutete, nachdem junge Anhänger in der Kirche Zuflucht suchten, um der Verhaftung zu entgehen. Die Kundgebung war für den 11. November geplant, zwei Wochen nach der Ermordung von Gomes, dem Tag des Besuches von Pieter H. Kooijmans, damaliger UN-Sonderberichterstatter für Folter und späterer Außenminister der Niederlande. Den endgültigen Termin verschoben die Anführer der Freiheitsbewegung, mit Einverständnis des Rebellenführers Xanana Gusmão, aber dann auf Mittwoch, den 12. November, nach dem Morgengottesdienst.
Verlauf der Demonstration und Opfer
Am frühen Morgen des 12. November 1991 versammelte sich eine Menschenmenge zu einer Messe für den getöteten Sebastião Gomes an der katholischen Motael Kirche in Dili. Der Trauerzug setzte sich etwa gegen 7.00 Uhr zum Friedhof Santa Cruz in Bewegung. Unterwegs schlossen sich viele junge Männer, Frauen, Kinder mit Schuluniformen und Alte in traditionellen Kleidern der Kundgebung an, die bisher größte in Osttimor seit dem Beginn der Besatzung. Mehrere Tausend Menschen zogen durch die Stadt, vorbei am Sitz des Gouverneurs Mario Carrascalao bis zu dem Friedhof. Einige trugen die Flagge von Osttimor und der FALINTIL, andere riefen laut den Namen des Rebellenführers Xanana Gusmão, oder anti-indonesische Parolen. Die wenigen Polizisten und Soldaten, die entlang der Route auftauchten, konnten die Menschen nicht aufhalten. Etwa einen Kilometer vor dem Friedhof kam es zur ersten Auseinandersetzung zwischen Teilnehmern der Demonstration und Sicherheitskräften, bei denen angeblich ein Major und einen Soldat in ziviler Kleidung mit einem Messer verletzt wurden.
Das Militär, mit amerikanischen M16-Sturmgewehren bewaffnet, war schon vor Ort, als der Hauptteil der etwa 3000 bis 4000 Menschen zählenden Demonstration am Friedhof ankam und sich zum Gebet versammelte. LKWs erreichten das Geschehen und brachten mehr uniformierte Soldaten, die sich um den Friedhof postierten und ihre Waffen bereit machten. Trotz der Anwesenheit internationaler Journalisten eröffneten die Soldaten das Feuer vor dem Friedhof. Die Mauer des Friedhofes erschwerte den Menschen die Flucht. Nach fünf bis fünfzehn Minuten verstummten die Schüsse. Die Soldaten stachen und schlugen aber weiterhin mit Bajonetten und anderen Gegenständen auf die Verletzten ein. Es bot sich ein grausames Bild: blutende Menschen flohen in Panik in alle Richtungen und suchten Unterschlupf. Tote und Verletzte lagen auf dem Friedhof, wurden später in Militärfahrzeugen abtransportiert und teilweise lebendig in Massengräbern verschüttet oder ins Meer geworfen. Zwei US-amerikanische Journalisten, Amy Goodman und Allan Nairn, beobachteten das Geschehen und wurden selbst Ziel von Angriffen. Der 20-jährige Neuseeländer Kamal Bamadhaj, Student der University of New South Wales in Sydney, starb als einziger Ausländer bei dem Massaker. Max Stahl machte mit einer Videokamera Aufnahmen für Yorkshire Television, einem Fernsehkanal in Großbritannien.
Im örtlichen Krankenhaus versammelten sich viele Leicht- und Schwerverletzte, einige verhafteten Soldaten nach der Behandlung und überführten sie in das nahe "Wire Husada" Militärkrankenhaus, das der Öffentlichkeit unzugänglich war. Zeugen berichteten später von schrecklichen Szenen. Mädchen, von Soldaten verhaftet und in das Militärkrankenhaus gebracht, wurden nachts mehrmals vergewaltigt. Mit Steinen schlugen sie die Köpfe einiger Häftlinge ein. Die Gesamtzahl der Leichtverletzten lag bei 278, es gab viele Verhaftungen. Von insgesamt 270 Menschen fehlt nach dem Massaker jede Spur. Durch dieses Blutbad verloren 271 Menschen ihr Leben, darunter viele Kinder und Jugendliche. [4]; [5]; [6]
Proteste
Die Berichte der Journalisten, die das tragische Ereignis beobachten hatten, erreichten über die Nachrichtenagenturen viele Wohnzimmer der westlichen Welt und wurden mit Bestürzung aufgenommen. Max Stahls Aufnahme wurde nach Australien geschmuggelt und im Januar 1992 im Fernsehen gezeigt. Es gab weltweite Proteste, sogar in der indonesischen Hauptstadt Jakarta.
Auch Wochen nach dem Massaker gab es zahlreiche Verhaftungen durch Sicherheitskräfte. Im Frühjahr standen die ersten Angeklagten vor Gericht. Amnesty International veröffentlichte Listen vermisster Menschen und dokumentierte die Verurteilungen der Häftlinge. Fernando de Araujo, der wegen Subversion und "... undermining the Indonesian Government and disgracing the nation in the eyes of the international community" - „... dem Untergraben der indonesischen Regierung und der Entehrung der (indonesischen) Nation in den Augen der Weltgemeinschaft“ angeklagt wurde, erhielt 15 Jahre Gefängnis.
Der Internationale Gerichtshof stellte über die Verurteilungen der Osttimoresen fest, dass Indonesien damit gegen Artikel 19 und 20 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verstoßen hat. Im Sommer 1993 erhob die portugiesische Regierung schwere Vorwürfe gegen diese Gerichtsverfahren gegen die vermeintlichen Anstifter der Demonstration, die zum Teil zu beträchlichen Haftstrafen verurteilt wurden.
Untersuchungen
von indonesischer Seite
Das indonesische Militär setzte eine interne Untersuchungskommission ein und behauptete 19 Menschen seien durch die Umstände auf dem Friedhof ums Leben gekommen. Präsident Suharto bevollmächtigte eine Kommission (Komisi Penyelidikan Nasional, KPN) mit Degree Nr.53 am 18. November. Drei Tage später starteten die sieben Mitglieder in Jakarta ihre Arbeit mit der Sammlung von Informationen. Eine Kommission untersuchte offiziell zum ersten mal in der indonesischen Geschichte ein Vergehen wegen möglichen Menschenrechtsverletzungen im Land. Ab dem 28. November trafen sie sich in Osttimor mit Angehörigen von Militär, Mitgliedern der Kirche, besuchten Verwundete und Häftlinge. Eine Rekonstruktion des Geschehens mit Angehörigen des laut späteren Berichtes beteiligten Infanterie Batallions 303 fand am 10. Dezember statt, aber ohne Mitglieder der Demonstration. Die angeblich 19 Todesopfer lagen noch vollständig bekleidet in einem Massengrab und wurden später exhumiert, darunter auch der Neuseeländer Kamal Bamadhaj. Am 14. Dezember, dem letzten Tag in Dili trafen sie sich mit Mitgliedern des örtlichen Parlamentes.
Mit der Vorlage eines ersten Berichtes am 26. Dezember erhöhte sich die Anzahl der Toten auf "über 50", ohne genaue Angaben über Personalien der Opfer zu machen, und die Zahl der Vermissten auf 90. Detailierte Informationen über beteiligte Einheiten und Befehle wurden nicht veröffentlicht.
Auszug des Berichtes:
"The 12 November 1991 incident in Dili ... is the culmination of a series of earlier demonstration/incidents perpetrated by the anti-integration group/Fretilin ... was clearly not an act ordered by or reflecting the policy of the Government of the Armed Forces ... was essentially a tragedy which should be deeply regretted."
„Der Vorfall vom 12. November 1991 in Dili ... ist der Höhepunkt einer Serie früherer Ereignisse, die von Gruppen der Anti-Intregrationsbewegung Fretilin verübt wurden ... war sicherlich kein Akt, der von den Befehlshabern des Militärs angeordnet, oder deren Anordnungen wiederspiegelte ... war hauptsächlich eine Tragödie, die zu tiefst bedauert werden sollte.“
Der Bericht beschreibt eine aufgeheizte Stimmung bei den hauptsächlich jungen Demonstranten mit ihrer anti-indonesischer Einstellung und die Anwesenheit von westlichen Journalisten. Als Auslöser der Schüsse ist angegeben:
"As the tense atmosphere reached a boiling point, started by the stabbing of an Armed Forces officer and the wounding of a private, and aggravated by the provocative belligerence and aggressive attitude assumed by the crowd which was perceived by the security personnel as posing a threat to their arms and to their safety, a spontaneous reaction took place among the security personnel to defend themselves, without command, resulting in the excessive shooting at the demonstrators, causing deaths and wounded. At the same time, another group of unorganized security personnel, acting outside any control or command, also fired shots and committed beating, causing more casualties."
„Die angespannte Stimmung erreichte den Siedepunkt, als ein bewaffneter Offizier mit einem Messer angegriffen und ein Soldat verletzt wurden, und setzte das provozierende und aggressive Verhalten der Menschenmenge voraus, welches den Eindruck einer Bedrohung für ihre Waffen und Sicherheit auf die Sicherheitskräfte machte. Eine spontane Reaktion der Selbstverteidigung ereignete sich bei dem Sicherheitspersonal, ohne Befehl, und löste die Schüsse auf die Demonstranten aus, die Tot und Verletzte hinterließ. Etwa zur gleichen Zeit eröffnete eine andere Gruppe unorganisierter und unkontrollierter Sicherheitsleute das Feuer, begann die Menschen zu schlagen und verursachte mehr Verletzte.“
Angehörige der Opfer beschuldigten Geheimdienstmitarbeiter der KOPASSUS für die angebliche Messerattacke verantwortlich zu sein. Zmag [7]
Zur Verantwortung der Schüsse kategorisiert der Bericht: Sechs Offiziere wurden wegen Fehlverhaltens für schuldig befunden. Major General Sintong Panjaitan aus dem obersten Wehrbereich für Nusa Tenggara Kodam IX/Udayana, Brigadier General Rudolf Warouw der örtliche Kommandierende für Osttimor und ein weitere Offizier wurden entlassen. Die anderen drei erhielten vorläufig keine Beförderung. Die Vorgesetzen am Tatort und Angehörige der Armee, die ohne Befehl und über den akzeptablen Normen handelten werden vor ein Militärgericht gestellt. Insgesamt: vier Offiziere, drei Unteroffiziere und ein Soldat. Weitere Ermittlungen gegen fünf Offiziere werden angestellt.
Zwischen 26. Mai und 6. Juni 1992 standen zehn Personen in Denpasar unter Anwendung des Militärstrafrechts und Beobachtung der Presse vor Gericht. Keiner der Soldaten und Offiziere wurden wegen Mord oder Totschlag angeklagt. Alle Angeklagten erhielten wegen Missachtung der Dienstvorschriften Haftstrafen zwischen 10 und 18 Monaten. Ein Angeklagten befand man schuldig einem Demonstranten ein Ohr abgeschnitten zu haben.
der Vereinten Nationen
Eine Arbeitsgruppe der Menschenrechtskommission nahm ihre Arbeit auf und versuchte das Schicksal von der getöteten und verschwundenen Menschen zu klären. Der Sonderbevollmächtigte des Generalsekretärs der UNO Amos Wako bereiste Osttimor und Indonesien Anfang Februar und legte seinen Bericht dem Generalsekretär der Vereinten Nationen am 19. Februar 1992 vor. Der Sonderbevollmächtigte untersuchte dabei auch Behauptungen, nach denen Angehörige der "Hasanuddin Division" nach der Tat konsequent Augenzeugen hingerichtet haben sollen. Am 17. Dezember 1992 trafen sich der indonesische Außenminister mit seinem portugiesischen Kollegen unter Anwesenheit des UNO-Generalsekretärs Javier Pérez de Cuéllar zu einer Sitzung in New York, um die Lage zu erörtern, und vereinbarten, ihre Gespräche im darauf folgenden Sommer in Rom fortzusetzen.
Titel: "Report of the Secretary-General on the situation in East Timor" UN E/CN.4/1993/49 [8] (pdf)
In einem Brief datiert vom 19. November 1993 an die indonesische Regierung erklärte der UN-Sonderberichterstatter für aussergerichtliche, summarische und willkürliche Hinrichtungen Bacre Waly Ndiaye sein Interesse Osttimor zu besuchen, unter Angabe der Menschenrechtsresolutionen 1993/71 "Extrajudicial, summary or arbitrary executions", 1993/47 "Human rights and thematic procedures" und dem Sonderbericht zur Lage in Osttimor 1993/97, in dem die UN-Menschenrechtskommission die Regierung in Jakarta drängt einen eine UN-Gesandten einzuladen. Unter Berufung auf die Resolutionen 1993/71 und 1993/47 hatte die indonesische Regierung den Sondergesandten eingeladen die Ereignisse vor Ort zu untersuchen, bekräftigte aber, das sie und andere Länder die Resolution 1993/97 abgelehnt hatten.
Dem Wunsch des Sonderberichterstatters auch die Krisengebiete Aceh und Irian Jaya zu besuchen lehnte die Regierung ab.
Die Ziele seines Besuches waren die folgenden:
- Zusammentragen von Informationen über die tragischen Umstände der Ereignisse vom 12. November 1991 in Dili
- Abschätzung, wie die indonesische Regierung internationale Normen zur Anwendung von Gewalt erfüllt
- Gerechtigkeit für die Opfer zu erlangen
- einen Ausgleich für die Opfer zu erwirken
- verlässliche Informationen über die Situation der Menschrechte in Osttimor nach dem Vorfall zu sammeln
Während seines zehntägigen Aufenthaltes im Juli 1994 in der Region besuchte er den Santa Cruz Friedhof, traf Minister, Mitglieder von Militär und Polizei, Angehörige von nationalen Menschenrechtsorganisationen, Augenzeugen, Bischof Belo und den inzwischen eingefangenen Anführer der FRETILIN Xanana Gusmão.
Sein Abschlussbericht vom 1. November 1994 kritisiert unter anderem die Verhaftung und Verurteilung der Organisatoren der Demonstration und die Arbeit der von Präsident Suharto eingesetzten Kommission NIC. Wichtige Dokumente hatte die indonesische Regierung den Beauftragen vorenthalten. Berichte von indonesischer Seite, Teilnehmer der Demonstration wären bewaffnet gewesen, konnte Bacre Waly Ndiaye nicht bestätigen. Die Stöcker aus Holz dienten zur Befestigung von Transparenten und waren keine Waffen. Die von den Behörden angegebenen Fälle der Verletzung von Militärangehörigen ereigneten sich Zeugenaussagen zufolge eine Stunde vor dem Massaker. Es lagen Berichte vor, dem zufolge die Sicherheitskräfte in Dili im Vorfeld von der Demonstration gewusst hatten. Augenzeugen berichteten, es wurden Gräben ausgehoben und das am Vortag des Geschehens möglichen Teilnehmern abgeraten wurde bei der Kundgebung mitzumachen.
Schlussfolgerungen:
a) eine angemessene Operation zur Kontrolle der Menge im Vorfeld hätte die Tötungen verhindern können
b) es waren reguläre Mitglieder der indonesischen Armee, die die Tötungen verübten
c) die Prozession, die sich am 12. November 1991 ereignete, war eine friedliche Demonstration von politisch Andersdenkenden und unbewaffneten Zivilisten; die Behauptungen von einigen Offiziellen, die Sicherheitskräfte hatten die Schüsse aus Selbstverteitigung abgegeben sind unbegründet
d) es gibt plausible Anzeichen dafür, das die Handlungen der Sicherheitskräfte keine spontane Reaktion waren, sondern eine geplante Operation des Militärs
Die Regierung in Jakarta hatte gegen folgende internationale Vereinbarungen zur Anwendung von Waffengewalt verstossen.
- "Eighth United Nations Congress on the Prevention of Crime and Treatment of Offenders" - verabschiedet im Sommer 1990 in Havanna
- "The Code of Conduct for Law Enforcement Officials" - verabschiedet von UNO-Generalversammlung im Dezember 1979
Titel: "Extrajudicial, summary or arbitrary executions Report by the Special Rapporteur on his mission to Indonesia and East Timor" UN E/CN.4/1995/61.Add1 [9] (pdf)
mögliche Hintermänner
Seit 1978 hatte das Militärhauptquartier der ABRI in Jakarta Osttimor einem speziellen Bereich Kolakops zugeordnet, der unter dessen direkter Führung stand. Angehörige der Spezialeinheit KOPASSUS und dessen Geheimdienst INTEL versuchte die Anti-Integrationsbewegung zu unterwandern. Zusätzlich waren reguläre Polizei und Brimob, Sondereinheit der Polizei im Gebiet stationiert. Einer Zeugenaussage zufolge sind etwa 75 Männer des Batallions 700 den Demonstranten hintergerannt. Ein lokaler Regierungsmitarbeiter berichtete von Bereitschaftspolizei und Einheiten der Batallione 700 und 744. Der Bericht der Kommission KPN besagte die Teilnahme des Batallions 303, die für die Stadt die Verantwortung trug, und einer Gruppe unorganisierter Sicherheitskräfte, ohne Aussage über Identität jener Gruppe zu machen.
Diesen Aussagen, und die Betrachtung dem Geheimdienst ist die Vorbereitung der Demonstration nicht verborgen geblieben, ließen die Vermutungen aufkommen, das Massaker wurde von einigen Angehörigen des Militärs angeordnet. Der Oberbefehlshaber der Truppen in Osttimor Rudolf Warouw befand sich zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung wahrscheinlich in einem Treffen mit dem UN-Gesandten Pieter H. Kooijmans. Syafrie Syamsuddin, ein Untergeordneter Offizier von Warouw, und Prabowo Subianto wurden als Hintermänner vermutet. Syamsuddin befehligte um 1990 eine Gruppe eines Sonderkommandos auf Westjava.
Im September 1991 sandte man ihn nach Jakarta, als Mitarbeiter für Spezielle Operationen. Wenige Tage vor der Demonstration besuchte er Mitgliedern des KOPASSUS-Geheimdienstes zur Truppenkoordination in der Kaserne des Batallions 744 Yonif. Prabowo Subianto, ein Schwiegersohn von Präsident Suharto und Freund von Syamsuddin befand sich wenige Tage vor dem Massaker ebenfalls in Osttimor. Die Berichte, das Militär hatte am Tag vor der Demonstration Gräben ausgehoben und das koordinierte Verfallen der Soldaten während der Schüsse, zu sehen auf dem Band von Max Stahl, erhärten die Vermutungen einer geplanten Aktion des indonesischen Militärs.
Nachwirkungen
Das Massaker war einer der Höhepunkte der Grausamkeit der indonesischen Besatzung. Menschenrechtler waren empört, einige starteten Monitoring-Programme, die Informationen über die Vorfälle sammelten und regelmässig veröffentlichten. Die Regierung in Jakarta musste sich vor den Vereinten Nationen wegen der vielen Töten, der Vermisstenfälle und Folter rechtfertigen und wurde von ausländischen Diplomaten scharf kritisiert. Mit der Verhaftung des Anführers der Rebellenbewegung Xanana Gusmão am 20. November 1992 und der Weigerung von indonesischer Seite, Verwandte und Angehörige des Internationalen Roten Kreuzes zu den Gefangenen zu lassen, verschärfte sich der Konflikt noch weiter. Die Komisi Penyelidikan Nasional, diente in Indonesien als Vorbild der späteren Nationalen Kommission für Menschenrechte. 1993 wurde das Kolakops Osttimor aufgelöst und als Korem 164/Wira Dharma direkt der Führung des Kodam IX/Udayana auf Bali unterstellt.
Reaktionen
Beiträge der militärischen Unterstützung für ABRI, in Form des IMET Trainingsprogrammes, stellte die amerikanische Regierung im Frühjahr nach dem Massaker auf Antrag des US-Kongresses vorläufig ein. Mitte der 1990er unter der Regierung Clintons, als sich die Lage „stabilisiert“ hatte, durften offiziell Indonesier nur noch theoretisch geschult werden. Später wurden Informationen über ein vom Pentagon geheim gehaltenes Projekt (JCET) bekannt, in dem Mitglieder der amerikanischen Green Berets mit der indonesischen Eliteeinheit Red Berets in verschiedenen Folter- und Tötungstechniken trainierten. Zmag [13]; [14]
Unter der australischen Regierung von Paul Keating, der nur Wochen nach dem Vorfall ab 20. Dezember 1991 ins Amt kam, absolvierten Angehörige der Spezialeinheit ASASR ab 1993 mit Teilen der KOPASSUS-Einheiten, die an vielen brutalen Einsätzen in Osttimor beteiligt waren, gemeinsames Training auf Java. Berüchtigte indonesische Fallschirmjägerverbände absolvierten zusammen mit Australiern Übungen in der Luft. 1995 ist das Land wichtigster Partner des indonesischen Militärs, zumindest in Angelegenheiten der Ausbildung WSWS [15]; [16]; [17]
Den Besuch des indonesischen Präsidenten Suharto am 1. April 1995 zur Hannover Messe und anderen Städten in Deutschland begleiteten Proteste, obwohl der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Ländern lobte. Das asiatische Land hatte von der deutschen Regierung Waffen aus den ehemaligen Beständen der NVA, U-Boote und Hubschrauber vom Typ Bo 105 erhalten. Der Stadtrat von Weimar erklärte Suharto zur unerwünschten Person. In Dresden verwehrte man ihm einen Eintrag in das Goldene Buch der Stadt, bewarf ihn mit Flugblättern und hinderte sein Fahrzeug an der Weiterfahrt. Suharto bevollmächtigte Angehörige des indonesischen Geheimdienstes in Deutschland zu ermitteln, wer für diese Demonstrationen verantwortlich gemacht werden könnte. Diese Ermittlungen zielten hauptsächlich auf Osttimoresen, die in Deutschland lebten, aber auch auf Sri-Bintang Pamungkas, Mitglied der PPP und des damaligen indonesischen Palamentes, der sich zur selben Zeit in Deutschand aufhielt. [18]; [19]; [20]
Unabhängigkeit
Durch die Bekanntgabe der Auszeichnung von Bischof Carlos Felipe Ximenes Belo und Jose Ramos-Horta mit dem Friedensnobelpreis 1996 erlangte der Osttimorkonflikt größere internationale Aufmerksamkeit. 1997 erschütterte die Asienkrise die südostasiatischen Tigerstaaten tief. Ein Jahr später musste General und Machthaber Suharto nach Studentenprotesten zurücktreten. Der neue Präsident Bacharuddin Jusuf Habibie sagte im Januar 1999 zu, eine Volksabstimmung über die Autonomie oder die Unabhängigkeit des Ostteils der Insel durchführen zu lassen und reformierte die Armee. Mit massiver Einschüchterung und Bedrohung der Bevölkerung reagierten die pro-indonesischen Kräfte auf diese Ankündigung. Im April verübte eine Miliz aus dem Liquiça-Distrikt ein Massaker an über 40 Flüchlingen. Menschrechtskommissarin Mary Robinson äußerte große Besorgnis über die angespannte Lage. HRW[21]
Zehntausende, die vorher in den Westteil der Insel flohen um der Gewalt zu entgehen, waren dort den indonesischen Einheiten ausgeliefert. Trotz aller Repressalien entschied sich die Bevölkerung am 30. August 1999 bei einer Wahlbeteiligung von 98,2 Prozent mit mehr als 78 Prozent für die Unabhängigkeit des Landes. Nach der Bekanntgabe des Ergebnisses eskalierte die Gewalt am 4. September. Die enttäuschten Gegner der Unabhängigkeitsbewegung und Angehörige des Militärs massakrierten in vielen Landesteilen Menschen und hinterließen verbrannte Erde nach ihrem Abzug nach Westtimor. Die von den Vereinten Nationen eiligst gesandte und 5000 Mann starke Eingreiftruppe INTERFED, unter der Frührung der australischen Luftwaffe, landete am 20. September und stellte die Sicherheit wieder her, in dem von pro-indonesischen Milizen verwüsteten Land. Die Flüchtlinge in Westtimor wurden noch Monate nach der offiziellen Übergabe an die Friedensmission der UN am 25. Oktober in Lagern festgehalten und ermordet. [22]
Schätzungen gehen davon aus, dass ungefähr ein Drittel der 800.000 Einwohner Osttimors ihr Leben während der indonesischen Herrschaft verloren. Seit dem 20. Mai 2002 ist Timor-Leste offiziell unabhängig. Der 12. November ist heute ein Feiertag, der die Menschen an die Opfer eines der blutigsten Tage im Kampf um die Freiheit des Landes erinnern soll.
Referenzen
- East Timor Action Network Nach dem Massaker im Dezember 1991 von Aktivisten gegründet (engl.)
- Homapage von Watch Indonesia! Deutscher Verein schaut auf Demokratie in Indonesien und Osttimor
- The Santa Cruz Massacre East Timor’s Unfinished Struggle: Inside the Timorese Resistance (engl.)
- Humanist deutschsprachige Seite mit mit Sammlung von Zeitungsartikeln zu der Gewalt in Osttimor
- Informationen und Analysen - Universität Kassel
- Informationsdienst zu Osttimor - University of Coimbra (engl.)
- Genocide Studies Program - Universität Yale (engl.)
Siehe auch : Verbrechen gegen die Menschlichkeit