Berlin Ostbahnhof | |
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Westseite der heutigen Empfangshalle, Juli 2007
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Daten | |
Bahnsteiggleise | 9 |
Abkürzung | BHF BOSB (S-Bahn) |
Preisklasse | 1 |
Eröffnung | 23. Oktober 1842 |
Webadresse | s-bahn-berlin.de |
Profil auf bahnhof.de | 530 |
Lage | |
Land | Berlin |
Staat | Deutschland |
Koordinaten | 52° 30′ 36″ N, 13° 26′ 5″ O |
Eisenbahnstrecken | |
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Bahnhöfe in Berlin |
Der Berliner Ostbahnhof ist nach Berlin Hauptbahnhof und Berlin Südkreuz der drittgrößte Bahnhof in Berlin, der zunächst als Frankfurter Bahnhof erbaut wurde und seinen Namen so oft gewechselt hat wie kein anderer Berliner Bahnhof. Vielfach strittig war dabei in der letzten Zeit, wann der Bahnhof welchen Namen hatte. Die häufige Namensänderung führte auch zu Verwechslungen mit dem heutigen Berliner Hauptbahnhof oder auch mit dem Alten Ostbahnhof. Am Gleis 1 am südöstlichen Ende der Bahnhofshalle wurde dazu im Jahr 2000 unter dem Bahnhofsschild „Berlin Ostbahnhof“ eine Tafel „Historischer Bahnhofsname“ angebracht. Demzufolge hieß der Bahnhof von
- 1842 bis 1881 Frankfurter Bahnhof,
- 1881 bis 1950 Schlesischer Bahnhof,
- 1950 bis 1987 Ostbahnhof,
- 1987 bis 1998 Hauptbahnhof,
- seit 1998 Ostbahnhof.[2]
Möglicherweise gab es allerdings bei verschiedenen Organisationen gleichzeitig andere Benennungen. So ist im Kursbuch der Deutschen Reichs-Postverwaltung von 1880 für die Strecke Berlin – Breslau Berlin, Ostbf. und für die Strecke Berlin – Erkner Berlin (Ost-Bahnhof) eingetragen.[3] Dieser Eintrag könnte allerdings auch auf eine provisorische Benutzung des Alten Ostbahnhofs hindeuten, die dem Umbau des Frankfurter Bahnhofs in einen Durchgangsbahnhof (siehe nächster Abschnitt) geschuldet war.
Im bahnamtlichen Betriebsstellenverzeichnis wird der Bahnhof unter der Bezeichnung BHF geführt. Der Bahnhof gehört zu den 20 Bahnhöfen der höchsten Bahnhofskategorie der DB Station&Service.
Geschichte
Bau und erste Jahre
1842 wurde der Bahnhof als westlicher Endpunkt der Frankfurter Eisenbahn (nach Frankfurt (Oder)) eröffnet. Mit dem Bau der Stadtbahn unter Einbezug des Schlesischen Bahnhofs wurde 1882 der ursprüngliche Kopfbahnhof in einen Durchgangsbahnhof umgebaut, wie er heute noch besteht. Zu diesem Zeitpunkt befand sich schon seit 1867 etwa 400 Meter nordöstlich der erste Ostbahnhof als Endpunkt der Königlichen Ostbahn. Zu diesem wurde während der Bauarbeiten der Personenverkehr der Frankfurter sowie auch der mit dieser verbundenen Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn umgeleitet, parallel dazu auch ein dauerhafter Gleisanschluss für die Ostbahn zum Schlesischen Bahnhof angelegt. Der bisherige Ostbahnhof wurde seinerseits nach der Wiedereröffnung des Schlesischen Bahnhofs geschlossen. Um den Schlesischen Bahnhof herum bildete sich ein typisches Bahnhofsmilieu mit Nachtlokalen, Bordellen und billigen Hotels. Im Volksmund wurde der Schlesische Bahnhof auch „Kathol'scher Bahnhoff“ genannt, da hier zahlreiche Reisende aus den östlichen, katholisch geprägten Gebieten Preußens (Provinz Posen, Oberschlesien) in der Landeshauptstadt Berlin eintrafen.
Das Tor nach Osten
Vor allem durch die Zusammenlegung mit der Ostbahn wurde der Schlesische Bahnhof zum Ausgangspunkt für alle Reisen von Berlin nach Ost- und Südosteuropa. 1903 hielt hier etwa der Nord-Express Sankt Petersburg–Paris/Ostende, der Schnellzug nach Moskau sowie mehrere Verbindungen über Königsberg (Pr.) und Eydtkuhnen nach Sankt Petersburg und Moskau. Hier traf der Strom jüdischer Emigranten aus dem Zarenreich ein, die dann weiter nach Hamburg und Bremen reisten.
Im Jahr 1914 gab es folgende Verbindungen vom Schlesischen Bahnhof:
- Berlin – Küstrin – Landsberg – Schneidemühl – Dirschau – Königsberg (Pr.) – Insterburg – Gumbinnen – Stallupönen – Eydtkuhnen – Sankt Petersburg
- Berlin – Küstrin – Landsberg – Schneidemühl – Dirschau – Danzig
- Berlin – Küstrin – Landsberg – Schneidemühl – Bromberg – Thorn – Allenstein – Insterburg – Tilsit – Memel
- Berlin – Frankfurt (Oder) – Bentschen – Posen – Thorn
- Berlin – Frankfurt (Oder) – Breslau – Gleiwitz – Kattowitz mit weiterführenden Zügen bis nach Wien, Budapest und Konstantinopel.
Die schnellsten Verbindungen 1914 brauchten vom Schlesischen Bahnhof nur vier Stunden nach Breslau, nur sechs Stunden nach Danzig und nur acht Stunden nach Königsberg. Diese Reisezeiten wurden nach dem Ersten Weltkrieg bis heute nicht mehr erreicht. Für die Fahrgäste der Fernzüge Berlin – Königsberg (Pr.) – Sankt Petersburg bestand vor dem Ersten Weltkrieg eine Anschlussmöglichkeit von Sankt Petersburg nach Omsk und weiter nach China.
Des Weiteren bestand 1914 die regionale Eisenbahnstrecke von Berlin, Schlesischer Bahnhof über Werneuchen, Wriezen, Jädickendorf nach Königsberg (Neumark).
Im August 1914 wurden die zivilen Zugverbindungen wegen des Ersten Weltkrieges eingestellt, und die Züge fuhren ins besetzte Gebiet Ober Ost. Während des Spartakusaufstands 1919 war auch der Schlesische Bahnhof umkämpft. Erst 1926 nahm der Nord-Express, zunächst bis Warschau und Riga, den Verkehr wieder auf. Ab 1927 konnte man dann sogar durchgehende Fahrscheinbücher bis nach Fernost erwerben; die zwölftägige Reise von Berlin nach Tokio kostete zum Beispiel 650 Mark.
In den Jahren 1926 bis 1932 wurden erstmals die beiden Hallentragwerke vollständig erneuert.[4]
Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden täglich 165 ankommende und 176 abfahrende Züge abgefertigt. Noch 1940 waren für den Umschlag von der russischen Breitspur auf die Normalspur zwei Bahnhöfe bei Brest und bei Przemyśl gebaut worden. Im Zweiten Weltkrieg begannen im Schlesischen Bahnhof zahlreiche Soldatentransporte zunächst für den Krieg gegen Polen, dann gegen die Sowjetunion. Am 22. und 23. April 1945 eroberte die Rote Armee das Bauwerk. Sie begann sofort mit den Aufräumarbeiten und schon am 25. April trafen schwere Eisenbahngeschütze ein, um das Feuer auf die Innenstadt zu eröffnen. Zur Versorgung sowjetischer Truppen war ein Gleis der Strecke nach Brest beim Vorrücken der Roten Armee auf 1524 mm Spurbreite umgebaut worden. Am 28. Juni 1945 erreichte der erste Personenzug aus Moskau den Bahnhof, wo die Gleise 1 bis 3 umgespurt waren. Die Breitspurgleise wurden zwecks Erhöhung der Transportleistung bis 20. September 1945 wieder auf Normalspur zurückgespurt.[5] Ab dem 2. September 1945 fuhr täglich wieder der Blaue Express bis Brest. Durch den Kalten Krieg wurde allerdings für viele Züge aus Osteuropa der Durchgangsbahnhof zu einem Endbahnhof.
DDR-Zeit
1950 erfolgte die Umbenennung des Schlesischen Bahnhofs in Ostbahnhof, um den Bezug zu den ehemaligen deutschen Ostgebieten nach der Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze seitens der DDR 1950 aufzugeben. Ein anderes Beispiel für eine solche politische Umbenennung ist die des Stettiner Bahnhofs in Nordbahnhof.
Der Bahnhof diente unter anderem dem internationalen Verkehr nach Skandinavien und dem Balkan (Neptun und Ostsee-Express nach Kopenhagen, Berlinaren und Saßnitz-Express nach Malmö sowie Expresszüge nach Prag, Budapest und Wien). Der Zugname Vindobona blieb bis heute erhalten. Ab 1962 gab es Zubringerzüge von Berlin Zoo, später Kurswagen. Hier hielten auch die Ost-West-Züge zwischen Polen und Belgien (wie Moskau – Warschau – Köln – Brüssel – Paris). Der Name Ostbahnhof hielt sich bis zum 15. Dezember 1987, als der Bahnhof (in Widerspruch zu seinem Verkehrsaufkommen) in Berlin Hauptbahnhof umbenannt [6] und modernisiert wurde.
Gegenwart
Am 10. Januar 1994 fand am Ostbahnhof eine große Feier anlässlich des Zusammenschlusses der beiden deutschen Staatsbahnen zur Deutschen Bahn AG statt. Eine Dampflok und ein ICE-Triebkopf fuhren feierlich aufeinander zu und wurden aneinander gekuppelt.[7]
Zum Fahrplanwechsel am 24. Mai 1998 wurde der Bahnhof in Ostbahnhof zurückbenannt.[8] Im selben Jahr folgte ein erneuter Umbau, hierbei wurden u.a. die Fernbahnsteige verlängert und das östliche Gleisvorfeld im Zusammenhang mit der Sanierung des Stadtbahn-Viadukts umgestaltet. Am 29. Juni 2000 wurde die gläserne Empfangshalle eingeweiht.[9]
Heute präsentiert sich der Ostbahnhof in modernisierter Form inklusive eines InterCity-Hotels und zweier großer Bürotürme an seiner Westseite. Der Bahnhof hat neun Bahnsteiggleise, davon vier für die S-Bahn, und zwei Durchgangsgleise ohne Bahnsteig.
Seit 2011 wird die Gleishalle grundhaft saniert. Das Dach, die Oberlichter und das Entwässerungssystem werden erneuert, die Blechbogenträger erhalten einen grauen Korrossionschutz sowie eine Brandschutzbeschichtung, die Fassade an der Erich-Steinfurth-Straße wird neu verglast und mit Jalousien ausgestattet. Die Arbeiten sollen voraussichtlich im Dezember 2015 abgeschlossen sein.[4]
Umgebung
Seit 1903 befand sich direkt nördlich an den Schlesischen Bahnhof anschließend der sogenannten „Wriezener Bahnsteig“, seit 1924 Wriezener Bahnhof, für die Personenzüge Richtung Wriezen. Der Bahnhof wurde zum 31. Dezember 1949 für den Personenverkehr geschlossen und fortan nur noch für den Postverkehr genutzt. Nach der Schließung des Postbahnhofs im Wriezener Bahnhof wurden die Hallen und Bahnanlagen entfernt und Großmärkte gebaut.
Der südöstlich des Ostbahnhofs liegende Ostgüterbahnhof wurde 2003 abgerissen, um Platz zu schaffen für die noch ausstehende Bebauung rund um die 2008 eröffnete O₂ World. Direkt südlich des Ostbahnhofs befindet sich außerdem der ehemalige Postbahnhof, dessen Halle erhalten ist und heute für Ausstellungen, als Club, sowie für Konzerte genutzt wird.
Anbindung
Seit der Eröffnung des neuen Berliner Hauptbahnhofs und des Nord-Süd-Fernbahntunnels im Jahr 2006 halten in wesentlich geringerer Zahl ICE- und IC-Züge am Ostbahnhof. Der Bahnhof ist Haltepunkt mehrerer RE-Linien u. a. aus den Richtungen Potsdam, Berlin-Spandau, Königs Wusterhausen und Flughafen Berlin-Schönefeld. Er wird außerdem von den S-Bahn-Linien S5, S7 und S75 bedient.
Fernverkehr
Linie | Linienverlauf | Takt |
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ICE 10 | Berlin Ostbahnhof – Hannover – Bielefeld – Hamm (Westf) – (Flügelung:) Dortmund – Duisburg – Düsseldorf (– Köln Messe/Deutz – Köln/Bonn Flughafen) oder Wuppertal – Köln Messe/Deutz – Köln (– Bonn – Koblenz) | Stundentakt |
ICE 11 | Berlin Ostbahnhof – Braunschweig – Göttingen – Kassel-Wilhelmshöhe – Frankfurt (Main) – Mannheim – Stuttgart – Augsburg – München | Zweistundentakt |
ICE 12 | Berlin Ostbahnhof – Braunschweig – Göttingen – Kassel-Wilhelmshöhe – Frankfurt (Main) – Mannheim – Freiburg – Basel SBB | Zweistundentakt |
ICE 75 | Berlin Ostbahnhof – Hamburg – Lübeck – Kopenhagen | ein Zugpaar |
ICE 76 | Berlin Ostbahnhof – Hamburg – Flensburg – Aarhus | ein Zugpaar |
IC 56 | Cottbus – Berlin Ostbahnhof – Potsdam – Magdeburg – Hannover – Bremen – Oldenburg (Oldb) – Emden – Norddeich Mole | ein Zugpaar |
IC 77 | Berlin Ostbahnhof – Stendal – Wolfsburg – Hannover – Osnabrück – Amsterdam Schiphol | Zweistundentakt |
EC 95 | Berlin Ostbahnhof – Frankfurt (Oder) – Posen Główny – Warszawa Centralna | jeweils einzelne Züge |
Berlin Ostbahnhof – Frankfurt (Oder) – Posen – Danzig – Gdingen | ||
EC 99 | Hamburg – Uelzen – Stendal – Berlin Ostbahnhof – Cottbus – Wrocław – Kraków | ein Zugpaar |
HBX | Harz-Berlin-Express Berlin Ostbahnhof – Magdeburg – Halberstadt – Quedlinburg – Thale / Wernigerode – Vienenburg |
einzelne Züge |
Regional- und S-Bahnverkehr
Linie | Linienverlauf |
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RE 1 | Magdeburg – Brandenburg – Golm – Berlin Ostbahnhof – Fürstenwalde (Spree) – Frankfurt (Oder) (– Cottbus) |
RE 2 | Wismar – Schwerin – Wittenberge – Berlin Ostbahnhof – Königs Wusterhausen – Cottbus |
RE 7 | Berlin Zoologischer Garten – Berlin Ostbahnhof – Berlin-Schönefeld Flughafen – Rangsdorf – Wünsdorf-Waldstadt |
RB 14 | Nauen – Berlin-Spandau – Berlin Ostbahnhof – Berlin-Schönefeld Flughafen – Lübben (Spreew) – Senftenberg
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Nahverkehr
Die Nahverkehrsanbindung erfolgt durch die Buslinien 140, 142, 147, 240, 248, 347 und N40 der Berliner Verkehrsbetriebe.
Literatur
- Laurenz Demps: Der Schlesische Bahnhof in Berlin. Berlin 1991.
- Joachim Seyppel: Schlesischer Bahnhof, Erinnerungen. Herbig Verlagsbuchhandlung, München 1998. ISBN 3776620536
- Karl Schlögel: Das Russische Berlin – Ostbahnhof Europas, Kapitel: Asien beginnt am Schlesischen Bahnhof. Pantheon, München 2007, S. 21–50, ISBN 978-3-570-55022-9.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Täglich 90.000 Reisende und Besucher. In: bahnhof.de. Abgerufen am 13. Dezember 2008.
- ↑ Historische Bahnhofsnamen – Veröffentlichung vom 9. August 2000
- ↑ Kursbuch der Deutschen Reichs-Postverwaltung … 1. Juli 1880, Tabelle 41 und 42. Pürgen 1992 (Repr.). ISBN 3-921304-84-9
- ↑ a b Der Ostbahnhof bekommt ein neues Dach. In: punkt 3. Nr. 2011/24, 22. Dezember 2011, S. 11 (online [abgerufen am 23. April 2012]).
- ↑ Dirk Winkler: Eisenbahnmetropole Berlin 1935 bis 1955. EK-Verlag, Freiburg 1998, S. 42–45. ISBN 3-88255-563-7
- ↑ Berliner-Untergrundbahnen.de
- ↑ Manfred Schell: Die Lok zieht die Bahn. Rotbuch-Verlag, Berlin 2009, S. 137f. ISBN 3-86789-059-5
- ↑ Meldung Aktuelles in Kürze. In: Eisenbahn-Revue International, Ausgabe 4, 1998, ISSN 1421-2811, S. 114
- ↑ Schlechte Zeiten, gute Zeiten. Berliner Zeitung, 4. März 2003, abgerufen am 23. April 2012.